Der Ring im See bei Aachen
Der Ring im See bei Aachen.
Petrarcha, epistolae familiares Lib. I. c. 3. Pasquier, recherches VI. 33. |
Petrarcha, auf seiner Reise durch Deutschland,
hörte von den Priestern zu Aachen eine Geschichte erzählen,
die sie für wahrhaft ausgaben, und die sich
von Mund zu Munde fortgepflanzt haben sollte. Vor
Zeiten verliebte sich Carl der Große in eine gemeine
Frau so heftig, daß er alle seine Thaten vergaß, seine
Geschäffte liegen ließ, und selbst seinen eigenen Leib
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darüber vernachlässigte. Sein ganzer Hof war verlegen
und mißmüthig über diese Leidenschaft, die gar
nicht nachließ; endlich verfiel die geliebte Frau in eine
Krankheit und starb. Vergeblich hoffte man aber, daß
der Kaiser nunmehr seine Liebe aufgeben würde: sondern
er saß bei dem Leichnam, küßte und umarmte
ihn, und redete zu ihm, als ob er noch lebendig wäre.
Die Todte hub an zu riechen und in Fäulniß über zu
gehen; nichts desto weniger ließ der Kaiser nicht von
ihr ab. Da ahnte Turpin der Erzbischof, es müsse
darunter eine Zauberei walten; daher, als Carl eines
Tages das Zimmer verlassen hatte, befühlte er den
Leib der todten Frau allerseits, ob er nichts entdecken
könnte; endlich fand er im Munde unter der Zunge
einen Ring, den nahm er weg. Als nun der Kaiser
in das Zimmer wiederkehrte, that er erstaunt, wie ein
Aufwachender aus tiefem Schlafe, und fragte „wer
hat diesen stinkenden Leichnam herein getragen?“ und
befahl zur Stunde, daß man ihn bestatten solle. Dies
geschah, allein nunmehr wandte sich die Zuneigung
des Kaisers auf den Erzbischof, dem er allenthalben
folgte, wohin er ging. Als der weise, fromme Mann
dieses merkte und die Kraft des Ringes erkannte,
fürchtete er, daß er ein Mal in unrechte Hände fiele,
nahm und warf ihn in einen See, nah bei der Stadt.
Seit der Zeit, sagt man, gewann der Kaiser den Ort
so lieb: daß er nicht mehr aus der Stadt Aachen weichen
wollte, ein kaiserliches Schloß und einen Münster
da bauen ließ, „und in jenem seine übrige Lebenszeit
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