Der Stadt Hamburg Statuta und Gerichts Ordnung/Teil 1 Kapitel 42
Wann die Execution, wie in vorhergehendem Titul gemeldet / ergangen / und die bewegliche Güter dem Gläubiger geliefert seyn. So sol der Kläger den verlustigen Theil zum nechsten Gerichts-Tage citiren, und / derselbe erscheine oder comparire nicht / die Pfande im Niedern-Gericht auffbieten / und durch den Voigt zu Buche verzeichnen lassen / darauff sol dem Kläger die Pfande zu behalten viertzehen Tage angesetzt werden / nach viertzehen Tagen sol der Kläger / auff abermahlige vorgehende Citation, die Pfande anderweit auffbieten / und Klägern / dieselbe acht Tage zubehalten / aufferlegt werden / alsdann zum dritten mahl / auff vorgehende Citation, die Pfande [142] auffgebothen werden / sol das Gericht dem Kläger über quernacht die Pfande zu behalten ansetzen / und dem verlustigen Theil durch den Voigt anmelden lassen / das er die Pfande löse / thut er das über quernacht nicht / so mag der Kläger die Pfande / da sie Kauffmans Wahren seyn / dem auff die Zeit gemeinem Werth nach / ümb baar Geld verkauffen / und das Geld empfangen. Da aber die verholffene Güter / gemachtes Gold oder Silber / Haußgerath / Kleidere / oder sonst köstliche Kleinodien und Wahren seyn / sollen dieselben durch den bestalten Außminder[1] öffentlich zu dreyen unterschiedlichen Tagen feil gebothen / und dem / so am meisten dafür geben wil / gelassen werden. Findet sich aber nach beschehener Feilbietung / kein Kauffman: So sol das ausgepfandete Gut / durch zween geschworne Werckmeistere / die dessen gut Verständtnüß haben / auff ihren geleisten Eyd (dessen sie zuvor durch die Gerichts-Verwaltere sollen erinnert werden) geschätzt / und alsdann abermahls dem Beklagten durch den Voigt oder Gerichts-Diener angekündiget werden / ob er die Pfande / gleich als sie geschätzt / lösen kan oder wil. Da er dann binnen acht Tagen / nach dieser beschehenen letzten Anzeigung / das außgepfändete Gut nicht einlöset / stehet dem Kläger frey / dasselbe in dem Werth wie taxirt, anzunehmen / oder da es ihm dafür zubehalten bedencklich / mag er etwas minder darauff bieten / und anderweit durch den Außminder zu zween unterschiedlichen Tagen / mit Anmeldung des darauff gesetzten Kauff-Gelds / außruffen lassen / da [143] dann nichts mehr gebohten wird / sol es dem Gläubiger / ümb das von ihm gesetztes Kauffgeld / zugeschlagen werden. Solte dann das Kauffgeld sich höher / als des Gläubigers Schuld / erstrecken / sol er dem Schüldener die Ubermasse heraus geben.
Ist aber der Kläger in des Schüldeners Erbe oder Hauß immittiret, und ihm der Rinck gelieffert: So sol er / so bald Verlassung gehalten wird / in offener Audientz vor den Rath treten / und vermüge des ausgesprochnen Urtheils / und des von dem Gerichts-Voigte ihm mitgetheilten Scheins / ihm das Erbe zu assigniren bitten / darauff ihm das Erbe in dieser Stadt Erb-Buch zugeschrieben / und alsbald nach überliefferung des Rings / sol die Auffkunfft / Haur und Frucht aus dem Erbe / dem Kläger / und nicht dem Beklagten / zukommen und gefolgt werden. Und sol der Kläger solch Erbe / nach beschehener tradition des Rings / Jahr und Tag dem Beklagten zu gute / ob vielleicht derselbe solch Erbe entsetzen / oder auff andere wege ihn befriedigen könte / zuhalten und Beklagter / da er in dem Erbe selbst wohnet / vor die Haure desselben Jahres Bürgen zustellen schüldig seyn.
[144]Würde aber nach verlauff Jahrs und Tags die Entsetzung / oder sonst die contentation und Bezahlung nicht geschehen: So sol auff Anforderung des Klägers / dem Beklagten / aus Befehl des Raths / durch den Voigt angemeldet werden / aus dem Erbe zufahren / und bleibt er darüber / und dem Gebot zu wider / viertzehen Nacht in dem Erbe sitzen / sol er solches bessern mit drey Pfund / und man sol ihm anderweits in acht Tagen aus dem Erbe zufahren gebieten / thut er das nicht / er sol es abermahl mit drey Pfund besseren / alsdann sol man ihm gebieten zum dritten mahl / über Quernacht daraus zufahren / bleibet er darüber ungehorsamlich im Erbe besitzen / so sol ihn der Brogk-Voigt / welchem dafür sechs Schilling Lübisch sollen gegeben werden / bey der Hand daraus leiten / und von der Zeit an / sol die Verwaltung des Erbes bey dem Kläger seyn / welcher auch / zuerlangung dero ihm zu erkandter Schuld / oder eigenthümmlichen Gerechtigkeit des verfolgeten Erbes / ein Proclama im Niedern-Gerichte bitten / und öffentlich am Rathhauß anschlagen lassen sol / darin einem jeden / so auff dasselbe Erbe / wegen des Beklagten / Zuspruch zu haben vermeynet / Sächsische Frist[2] pro termino peremptoriali sol angesetztt werden / da dann in angesetzter Zeit niemand erscheinet / der besser Recht fürbringet / oder auch das Erbe entsetzen würde: So sol der Kläger von der Zeit an das Erbe oder Hauß / dem Beklagten zu [145] gute / noch ein Jahr lang halten / und keine andere Unkosten / als zu des Erbes nothdürfftigem baulichem Wesen und Unterhaltung / anwenden. Da dann in benandter Jahres Frist der Beklagter das Erbe selbst entsetzen / oder einem andern verschaffen kan / der dem Kläger die zuerkandte Schuld / neben auffgewachsenen gebührlichen Zinsen / und den angewandten nothdürftigen Baukosten / auff vorgehende Ermässigung / entrichten wird / ist der Kläger / gegen erlangte Bezahlung / das Erbe wieder abzutreten schüldig. Würde sich aber der Beklagter in obbenandter Zeit nicht entreden: So hat der Kläger macht / das Erbe zuverkauffen / und da dasselbe höher / als seine Schuld sich erstrecket / verkaufft würde / das sol er dem Beklagten wiedergeben. Da auch der Kläger aus der Kauffsummen nicht könte befriediget werden / den Mangel sol der Beklagte erstatten / ist aber der Kläger solch verfolgtes Erbe für seine Schuld anzunehmen erböthig: So sol der Debitor, oder seine Erben schüldig seyn / das Erbe dem Kläger für seine Schuld in offener Audientz für Uns zu Verlassen / oder in Verweigerung dessen / sol dem Kläger / vermöge ergangener Urtheil / und darauff erfolgter prosecution, das Erbe in dieser Stadt Erb-Buch eigenthümlich zugeschrieben werden.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ ein Auktionator, der die Waren an denjenigen verkauft, der die mindest geforderte Summe bezahlt, siehe hierzu Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm
- ↑ Ursprung im sächsischen Recht, umfasst eine Zeit von sechs Wochen und drei Tagen