Der Streitacker

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Textdaten
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Autor: unbekannt
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Titel: Der Streitacker
Untertitel:
aus: Badisches Sagen-Buch II, S. 639–640
Herausgeber: August Schnezler
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1846
Verlag: Creuzbauer und Kasper
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Erscheinungsort: Karlsruhe
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Quelle: Commons, Google
Kurzbeschreibung:
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[639]
Der Streitacker.
(Vergl. vorstehende Sage.)

O Liebe, blinde Liebe! was hast du schon vollbracht!
Wie Viele schon auf Erden gestürtzt in Leidensnacht!
Warme und edle Herzen hast oft du dem Tode geweiht:
Ob in Palästen geboren, ob im Schoße der Dürftigkeit.

5
Bei Wertheim liegt ein Dörfchen, das Reicholzheim genannt,

Da blühte einst ein Mädchen, die Schönst’ im ganzen Land;
Wer in der Gegend sie kannte, dem stets sie vor Augen blieb,
Zwölf rüstige Jünglinge warben zugleich um ihre Lieb!

Die Holde sprach mit Thränen: „Ihr seyd mir Alle werth,

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Und gerne folgt’ ich Jedem von euch zu Haus und Herd –

Sucht euch in Frieden zu einen, und Welchem ihr dann mich bestimmt,
Er sey versichert, daß meine Hand dann gern die seine nimmt.“

Die Bursche waren Freunde, doch schwieg die Freundschaft hier,
Stets senkt sie ihre Waffen, wo Liebe schwingt’s Panier!

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Haß trat und Zorn an die Stelle, doch gaben dem Mädchen sie nach,

Und zur Besprechung setzten sie fest den nächsten Tag.

[640]

Ein Acker ward bezeichnet zu dem Versammlungsort;
Als dort die Zwölfe standen, da fiel manch scharfes Wort,
Von Worten kam’s dann zum Dräuen, vom Dräuen kam’s zum Streit,

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Und bald flog, kampfgezücket, jed’ Messer aus der Scheid’,


Bald lagen Zehn am Boden im Blut, so jung, so roth,
Und bald umfing den Elften der Kämpfer auch der Tod,
Einer nur war noch übrig – als der auf die Leichen sah,
Da trat sein Schreckensschicksal ihm plötzlich grausig nah.

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Er weint: „O Herr im Himmel, was haben wir gethan!

Welch gräßlich Werk vollendet im wilden Liebeswahn!“
Und in sein pochendes Herz senkt er sich den rauchenden Stahl
Und folget seinen Gegnern in’s finstere Todesthal.

Die Jungfrau hört die Kunde – sie weinte und verschwand

30
Von ihr im weiten Maingau nicht mehr die Spur sich fand.

Aber der Acker wo einstens der Zwölfe Blut trank der Grund,
Streitacker wird er noch heute genannt vom Volkesmund.

(Aus Dr. J. Günther’s „Großes poetisches Sagenbuch der Teutschen.“ Jena 1844. Ohne Namen des Verfassers.)