Der Traum vom Glück
Der Traum vom Glück.
(Zu dem Bilde S. 421.)
Hat dir das Leben auch zerpflückt
Des Glückes frischen Blütenkranz,
Es naht im Traum, was dich beglückt,
Zum Troste dir mit mildem Glanz.
Und irrtest du verzweiflungsvoll,
Weil grausam dich die Welt verstieß,
Der Traum vom Glück besiegt den Groll
Und zaubert dir ein Paradies.
Er bauet liebreich wieder auf,
Was das Geschick in Trümmern schlug,
Er trotzt dem rauhen Weltenlauf,
Der Zeit vernichtungstollem Flug,
Er läßt die Toten aufersteh’n
Zu neuem Leben, holdem Thun –
O selig frohes Wiederseh’n,
Wenn wir in seinem Frieden ruh’n!
Und zieht in die Vergangenheit
Kein süß Erinnern dich zurück,
Es zeigt voll Licht und Seligkeit
Die Zukunft dir – der Traum vom Glück.
Die müden Herzen werden jung,
Wenn er an seinen Wundern schafft –
Er giebt der Hoffnung neuen Schwung
Und neue kühne Glaubenskraft.
So groß ist keiner Mutter Harm,
Die treu ein Kind am Busen hegt,
Und sei an Glück sie noch so arm,
Daß Hoffnung nicht ihr Herz bewegt,
Wenn sanft mit seinem milden Glanz
Der Traum vom Glück sie nachts beschleicht
Und einen frischen Blütenkranz
Dem kleinen Schläfer freundlich reicht.
Johannes Proelß.
[421]