Der Traum von den goldnen Eiern

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Textdaten
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Autor: Johann Georg Theodor Grässe
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Titel: Der Traum von den goldnen Eiern
Untertitel:
aus: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen, Band 1. S. 464-465
Herausgeber:
Auflage: Zweite verbesserte und vermehrte Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1874
Verlag: Schönfeld
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Quelle: Google-USA* und Commons
Kurzbeschreibung:
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522) Der Traum von den goldnen Eiern.
Ziehnert Bd. III. S. 190.

Als noch dicke Waldung den Bielberg und seine Nachbarn deckte, lebte im Dorfe Frohnau ein Bergmann, Daniel Knappe, fromm und brav, aber blutarm, denn er hatte sieben Kinder und ein krankes Weib in seiner Hütte. Er wußte seiner Noth kein Ende und war nahe daran, an der göttlichen Hülfe zu verzweifeln. Da im Traume erschien ihm einst ein Engel Gottes und sprach zu ihm: „gehe morgen in den Wald am Fuße des Schreckenberges. Dort ragt eine Tanne hoch über alle Bäume des Waldes hervor. In ihren Zweigen wirst Du ein Nest mit goldnen Eiern finden: dies ist Dein, brauche es wohl!“

Als Knappe am andern Morgen erwachte, erinnerte er sich des Traumes, und ging hinaus in den Wald, das Nest mit den goldnen Eiern auszunehmen. Bald hatte er die Tanne in der Nähe der Wolfshöhle gefunden, und kletterte rasch in ihren Aesten bis in den höchsten Wipfel hinauf, fand aber nichts. Traurig, daß ihn der Traum getäuscht habe, stieg er wieder hinab und setzte sich auf die Wurzeln des Baumes nieder, um auszuruhen. Er sann hin und her, und dabei fiel ihm ein, daß unter den Zweigen wohl auch die Wurzeln der Tanne verstanden sein könnten. Die Vermuthung ward bald zum festen Glauben, und eilig lief er und holte aus seiner Hütte das Gezäh zum Schürfen. Eifrig [465] begann er den Schurf, und kaum hatte er die Dammerde durchbrochen, als mächtige, nach allen Seiten streichende Silbergänge ihm entgegen blinkten. Er sank auf seine Kniee und dankte Gott. Bald war die Kunde von dem neuentdeckten Bergreichthume in allen Landen verbreitet und Tausende zogen herzu, um sich in der bisher so wilden Gegend anzusiedeln. Dieß veranlaßte denn auch Herzog Georg den Bärtigen, hier eine neue Bergstadt zu gründen. Am 21. September 1496 ward der Grundstein zu dem ersten Hause gelegt, und die neue Stadt Neustadt am Schreckenberge, später aber Annaberg genannt. Zum Andenken an Daniel Knappe aber heißen noch heute die Bergleute im Allgemeinen die Knappen und ihre Gemeinschaft die Knappschaft.