Zum Inhalt springen

Der leichte Pflug

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor: Jodocus Donatus Hubertus Temme
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Der leichte Pflug
Untertitel:
aus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. S. 265–266
Herausgeber:
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1840
Verlag: Nicolaische Buchhandlung
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Berlin
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Google und Scans auf Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite
[265]
224. Der leichte Pflug.

Es war einmal ein Bauer auf der Insel Rügen, der fand, als er eines Morgens zu seinem Felde ging, auf einem steinernen Kreuze, das am Wege stand, einen schönen, blanken Wurm, der immer auf dem Kreuze hin und her lief, als wenn er große Angst hätte, und gern fort wolle und doch nicht könne. Nachdem das der Bauer eine Zeitlang voller Verwunderung angesehen hatte, fiel ihm ein, daß die kleinen Zwerge des Landes, wenn sie zufällig an etwas Geweihtes gerathen, daran festgehalten werden und nicht von der Stelle können. Er dachte also, daß der Wurm ein solcher Zwerg sey, der nicht von dem Kreuze könne, und er hoffte, dadurch sein Glück zu machen. Und so geschah es auch. Denn wie er nun den Wurm einfing, da verwandelte sich der auf der Stelle, und der Bauer hatte wirklich einen kleinen schwarzen Zwerg in der Hand. Der krümmte sich nun gewaltig, und wollte dem Bauern entschlüpfen, und wie er sah, daß das nicht anging, gab er gute Worte und bat jämmerlich um seine Freiheit. Der Bauer aber war klug, und sagte zu ihm: Nur still, du kleiner Gesell; umsonst kommst du nicht los. Ich werde dich nicht eher wieder zu den Deinigen lassen, als bis du mir versprichst, daß du mir einen Pflug machen willst, der so leicht ist, daß ihn auch das kleinste Füllen ziehen kann.

Die schwarzen Zwerge sind böse und tückisch, und gönnen den Menschen nichts. Der Gefangene antwortete daher dem Bauer gar nicht und schwieg mausestill, und dachte, dem Anderen werde die Zeit schon lang werden, und endlich müsse er ihn denn doch wieder frei geben. In dem eigensinnigen, tückischen Schweigen blieb er lange so. Es half selbst nicht, als der Bauer ihn prügelte und geißelte, daß ihm das Blut von dem kleinen Leibe floß. [266] Zuletzt aber, als ihn der Bauer in einen schwarzen eisernen Grapen steckte, und ihn so in eine kalte Kammer setzte, wo der Kleine frieren mußte, daß ihm die Zähne klapperten, kroch er zu Kreuze, und er versprach nun, den Pflug zu liefern. Darauf ließ ihn der Bauer flugs los, denn auch diese bösen schwarzen Zwerge müssen Alles halten, was sie versprochen, und man hat kein Beispiel, daß einer sein Wort gebrochen hätte. Am anderen Morgen stand vor der Thür des Bauern ein schöner eiserner Pflug, der so groß war, wie andere Pflüge, aber so leicht, daß ein Hund oder ein Kind ihn ohne alle Beschwerde ziehen, und das schwerste Land damit pflügen konnte. Dadurch wurde denn der Bauer bald der reichste Mann auf der Insel.

E. M. Arndt, Märchen u. Jugenderinnerungen, I. S. 241-246.