Die schwarze Greth
Aus dem Holm, wo die Schleswiger Fischer wohnen, erzählte man vor funfzig Jahren, und erzählt man vielleicht noch, folgende Sage. – Zwei arme Fischer hatten die ganze Nacht vergeblich gearbeitet, und zogen zum letzten Mal ihre Netze wieder leer herauf. Als sie nun traurig heimfahren wollten, erschien ihnen die schwarze Greth, die sich öfters den dortigen Fischern zeigt, sie kommt vom andern Ufer her, wo eine Stelle im Dannewirke in der Nähe von Haddebye von ihr Margrethenwerk heißt, und erscheint in königlicher Pracht mit Perlen und Diamanten geschmückt, aber immer im schwarzen Gewande – ganz so, wie sie früher auf dem Husumer Schloß im sogenannten Margrethensaal im Bilde zu schauen war. Die sprach zu den Fischern: Legt eure Netze noch einmal aus, so werdet ihr einen reichen Fang thun; den besten Fisch aber, den ihr fangt, müßt ihr wieder in’s Wasser werfen. – Sie versprachen’s und thaten, wie die Greth gesagt, der Fang war so überschwenglich groß, daß ihn der Kahn kaum fassen wollte. Einer der Fische aber hatte Goldmünzen statt der Schuppen, smaragdene Flossen und Perlen auf der Nase.[1] Das ist der beste Fisch, [88] sprach der Eine, und wollte ihn wieder in’s Wasser setzen. Aber der Andre wehrte ihm und versteckte den Fisch in den übrigen Haufen, daß die Greth ihn nicht sähe; dann ruderte er hastig zu, denn ihm war doch bange. Ungern folgte ihm sein Gefährte. Aber wie sie so hinfuhren, fingen die Fische im Boote allmählig an zu blinken, wie Gold, denn der Goldfisch machte die übrigen auch golden. Und der Nachen wurde immer schwerer und schwerer, und versank endlich in die Tiefe, in die er den bösen Gesellen mit hinabzog. Mit Noth entkam der Andere und erzählte die Geschichte den Holmer Fischern.
Anmerkungen
- ↑ Der Hauptfang der dortigen Fischer besteht in Brassen, deren Oberkiefer perlenähnliche Erhöhungen hat und deren Schuppen wie Gold glänzen.