Die Burgfrau von Hauenstein

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Autor: Wagner von Laufenburg
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Titel: Die Burgfrau von Hauenstein
Untertitel:
aus: Badisches Sagen-Buch I, S. 147–151
Herausgeber: August Schnezler
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1846
Verlag: Creuzbauer und Kasper
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Erscheinungsort: Karlsruhe
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Quelle: Scans auf commons und Google
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[147]
Die Burgfrau von Hauenstein.

 I.
Von der Burg zu Hauenstein
Zieht der Herr hinab zum Jagen,
Läßt im Haus die Frau allein,
Ohn’ ihr seinen Gruß zu sagen.

5
Und er zieht mit finsterm Muth

Fort und fort auf raschem Pferde,
Ob sich in der Morgengluth
Nicht sein Gram verlieren werde.

Von dem Schloß treibt’s ihn davon,

10
Aus des schlimmen Weibes Nähe,

Lange, lange wünscht er schon,
Daß er nimmermehr sie sähe.

Und so will[1] er auf die Birsch,
Fängt der Tag kaum an zu grauen,

[148]
15
Ob vom Rehbock oder Hirsch

Keine Fährte sey zu schauen.

Zieht er fort, steht gleich erfreut
Seine Frau auf hoher Zinne,
Spähend, ob geneigt die Zeit

20
Zu verbotnem Spiel der Minne.

  
So auch schaut sie jetzt in’s Thal,
Reich geschmückt in Gold und Seide:
„Kehrt zu bald nicht, Herr Gemahl,
Zum Verdruß mir und zum Leide!“

25
Als sie sicher glaubt den Ort,

Spricht sie lachend, spött’scher Weise:
„Ist die Katze einmal fort,
Tanzen hopsa! gleich die Mäuse.“

Darauf öffnet sie die Thür,

30
Schnell, als ob sie Eile habe,

Und ein Knecht tritt ein zu ihr,
Wohlberedt, ein feiner Knabe.
 
Sicher sind sie vor Verrath,
Lauscher hegt nicht das Gebäude,

35
Wann der Herr spät Abends naht,

Scheinen züchtig wieder Beide.

Hoch in’s Fenster doch herein.
Schaut der Wald mit tausend Zweigen,
Schüttelnd sich, als spräch’ er: nein!

40
Nimmer werd’ ich das verschweigen!


Durch die schmucke Halle hin,
Ungefragt die Lüfte jagen;
Weib, sei keine Buhlerin!
Scheinen mahnend sie zu sagen.

45
Zornig rauschen über’s Wehr

Unten tief des Rheines Wogen,

[149]

Schauen wollen sie nicht mehr,
Wie da Treubruch wird gepflogen.

Doch nicht stören läßt sie sich,

50
Ihrer Sünde zu genießen;

Aber wirst, o Lied, du dich
Auch so freudig für sie schließen? –



 II.
Kühn empor aus Felsengrunde
Steigt die Veste Hauenstein,
Unten liegt in halber Runde
Dran das Städtchen still und klein.

5
Aber wo des Waldes Buchen

Hinten an dem Schlosse stehn,
Will der Kühnste nicht versuchen,
In die Nähe hinzugehn.

Und an sonnighellen Tagen

10
In der warmen Mittagsstund’

Schallt es durch den Wald, wie Klagen,
Aus der Felsen tiefstem Grund.

Und wo licht der Wald sich findet,
Bietend freies Lager dar,

15
Hoch heran vom Abgrund windet

Sich ein riesig Schlangenpaar.

Und sie dehnen und sie strecken
Schillernd sich im Sonnenlicht,
Wer es wagt, sie aufzuwecken,

20
Der entrinnt dem Tode nicht.


Hoher Preis ist längst geboten,
Welchem es gelingen kann,
Dies Gewürme auszurotten,
Das viel Unheils schon gethan.

[150]
25
Endlich will das Kühne wagen

Einer armen Wittwe Sohn,
Daß der kranken Mutter Klagen
Stillen mag der reiche Lohn.

Und des Nachts, ohn’ längres Weilen,

30
Eilt er aus der Wohnung fort,

Und wo Tags die Schlangen weilen,
Legt er Reißig um den Ort.

Tags darauf, als sie sich recken,
Dehnen in dem Sonnenlicht,

35
Eilet er, ihn anzustecken,

Und rasch auf die Flamme bricht.

Rings sind sie von Glut umzogen,
Ringsum loht und brennt der Wald;
Und das Feuer hat erflogen

40
Hoch des Schlosses Giebel bald.


Buhlend hält die Frau umfangen
Da der Knecht, der schlimme Wicht;
Wie auch zischen Glut und Schlangen,
Sie allein nur hören’s nicht.

45
Doch zum Fensterbogen schauen

Flammen schrecklich nun herein:
Können’s Niemand wir vertrauen,
Wollen selbst wir Rächer seyn!

Und die glüh’nden Arme schlingen

50
Sie mit Macht um ihren Leib,

Und in tiefen Qualen ringen,
Schmachversühnend Mann und Weib.

Doch die Flammenzungen schlagen
Immer wilder um das Haus,

55
Bald in’s Thal die Trümmer ragen,

Rings Entsetzen nur und Graus.

[151]

Unten todt die Schlangen liegen,
Oben ist es dumpf und still,
Wie wenn richtend Gott verfügen

60
Ob verstorbnen Sündern will.


Als der Herr die Jagd geendet,
Liegen sieht in Schutt sein Haus,
Hat er stumm sich abgewendet,
Reitend in die Welt hinaus.

65
Fern von dem entweihten Orte

Trägt er seines Schmerzens Wucht,
Doch er hat mit keinem Worte
Je der Sünderin geflucht.

Wagner von Laufenburg.

  1. [496] Seite 147 Vers 2 von unten statt „will“ lies „eilt“.