Die Clavierspielerin (Gemälde der Dresdener Gallerie)
Die Teniers und Ostades haben das Leben und Weben der untern Stände Niederland’s nicht frischer und wahrer aufgefaßt und mit geistvollerer Abwechselung nüancirt dargestellt, als Netscher dasjenige der höheren Gesellschaft seiner Zeit. Bei dem, durch die bedeutendsten technischen Fähigkeiten getragenen, mannigfach abgestuften Kunst-Naturalismus wird uns von Alt-Niederland ein Bild aufgerollt, wie wir es getreuer und reicher von keinem andern Lande besitzen. Bei Netscher kann man auf’s Vollständigste, außer dem Costüme, die Sitten und Manieren der schönen Welt während der Mitte des siebzehnten Jahrhunderts studiren. Diese „Clavierspielerin“ gilt nicht mit Unrecht für eines der gelungensten Conversationsstücke Netschers. Es ist mit einer Leichtigkeit entworfen, mit einer geschmackvollen Anmuth vollendet, wie sie die ersten Meister des feinen Genres nicht vollendeter aufzuweisen haben. Nach dem phantastischen Hintergrunde, der Zimmerwand zu urtheilen, scheint die Spielerin dem Theater anzugehören und mit ihrem, sie anbetenden Cavalier ein musikalisches Examen anzustellen. Unter dieser Voraussetzung besitzt das Gemälde einen Humor, der kaum feiner und ergötzlicher ausgedrückt werden kann.