Die Deutschen Amerikas in der Kriegsfrage

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Titel: Die Deutschen Amerikas in der Kriegsfrage
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aus: Die Gartenlaube, Heft 36, S. 588
Herausgeber: Ernst Keil
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Erscheinungsdatum: 1870
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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[588] Die Deutschen Amerikas in der Kriegsfrage. Die schamlose Kriegserklärung des übermüthigen corsischen Abenteurers gegen Preußen ist wie eine Bombe unter die Deutschen Amerikas gefallen und hat überall bei ihnen den wildesten Enthusiasmus, den glühendsten Patriotismus für die alte Heimath entzündet. Aus allen größeren Städten der Union bringt uns der Telegraph Nachricht von Massenversammlungen der Deutschen, die ihren patriotischen Gefühlen Luft machen wollen, und durch Wort und That zeigen, daß sie in der Fremde das alte Vaterland nicht vergessen haben. Ohne Ausnahme wird dieser Krieg nicht als ein speciell gegen Preußen gerichteter, sondern als ein nationaler, als ein französischer Raubzug gegen Deutschland angesehen.

Wer im alte Vaterlande noch geglaubt hat, daß die ausgewanderten Deutschen sich wenig um Deutschland bekümmern, sich veramerikanisiren und den allmächtigen Dollar als ihren Abgott betrachten, dem möchte ich wünschen, einer dieser Massenversammlungen beizuwohnen, den begeisterten Reden zuzuhören und zu sehen, wie das Geld mit vollen Händen zum Besten der verwundeten Krieger, welche ihr Leben für Deutschlands Ehre und Größe in die Schanze schlagen, der Wittwen und Waisen der Gefallenen freudig hergegeben wird; er würde gewiß bald seinen Irrthum gewahr werden und einsehen, daß die Ausgewanderten für Deutschland, dem ihre Begeisterung heute in seiner ganzen Gesammtheit gilt, nicht verloren sind.

Einen großartigen Beweis davon lieferte die Massenversammlung der hiesigen Deutschen, welche in den letzten Tagen des Juli in dem geräumigen Locale der alten Turnhalle abgehalten wurde. Von den in San Francisco wohnenden mehr als fünfundzwanzigtausend Deutschen hatten die zahlreich Anwesenden das Haus dicht gefüllt, und es herrschte daselbst während des Abends ein Enthusiasmus für Deutschland, wie ich in Amerika Aehnliches nie gesehen habe. Es war der Geist aus den Befreiungskriegen von 1813, der alle Herzen gefangen hielt und welcher diesmal nicht allein durch Deutschland, sondern über den Erdball schreitet. Begeisterte Reden wurden gehalten; patriotische Lieder gesungen; Depeschen vom Kriegsschauplatz vorgelesen und eine Adresse an König Wilhelm, den Führer des deutschen Heeres, per Telegraph abgesandt.

Zuletzt beschloß man, ein Comité zu ernennen, welches sogleich mit der Sammlung von Beiträgen zur Verpflegung der Verwundeten, Wittwen und Waisen in Deutschland beginnen und alle deutschen Vereine und alle von der gerechten Sache Deutschlands überzeugten Einwohner Californiens, ohne Rücksicht auf Nationalität, zur Bildung von Zweigvereinen auffordern solle. Beim Aufbruch der Versammlung wurden von den Anwesenden, trotz der hier gegenwärtig herrschenden allgemeinen Geschäftsstockung, auf der Stelle über eintausend Dollars in Gold, und zwar jeden Monat während der Dauer des Krieges dieselbe Summe zu zahlen gezeichnet, und sechshundertundfünfzig Dollars in Gold in freiwllligen Beiträgen an der Thür eingenommen. Dieses ist aber kaum ein Anfang zu nennen und die eigentliche Sammlung wird erst in einigen Tagen beginnen. Viele tausend Dollars werden von Californien nach der alten Heimath gesandt werden, um dort das durch den Krieg hervorgebrachte Elend zu lindern. Die kleineren Städte Californiens werden gewiß nicht hinter San Francisco zurückbleiben, wenn es heißt, für Deutschlands Größe und Ehre, die uns Alle in der Fremde an’s Herz gewachsen ist, ein Scherflein hinzulegen.

Heute kann ich Ihnen zu meiner großen Freude melden, daß bereits fünfundzwanzigtausend Dollars gesammelt sind und zur Absendung nach Deutschland bereit liegen.

San Francisco, Ende Juli 1870.
Theodor Kirchhoff.

Auch von anderen Freunden der Gartenlaube gehen uns ausführliche Berichte zu, welche den allgemeinen Enthusiasmus, der in Amerika für die deutsche Sache herrscht, bestätigen. Wir können dieselben natürlich hier nicht alle zum Abdruck bringen, sondern entnehmen nur noch einem gleichfalls aus San Francisco kommendem Berichte zur Heiterkeit unserer Leser folgende Notiz. Ein blutdürstiger Franzose setzte fünfhundert Dollars für den Soldaten aus, der die erste deutsche Fahne erobern würde. Er glaubte Großes gethan zu haben. Flugs aber thaten sich ein paar Deutsche zusammen und setzten in den Zeitungen von San Francisco gleichfalls einen Preis aus – aber „nur zehn Dollars, und diese für ein ganzes Dutzend französische Fahnen“.