Die Edda (Simrock 1876)/Ältere Edda/Brot af Brynhildarkvidhu
Zur Rache bereit und mordlichem Rath?
Was hat so Schweres Sigurd verbrochen,
Daß du dem Kühnen willst kürzen das Leben?
Eide geschworen und alle gebrochen.
Treulos täuscht’ er mich, als er in Treue mir
Seine Schwüre bewähren sollte.
Im Zorn gereizt zu Rachsucht und Mord.
Gudrunen gönnt sie so gute Ehe nicht,
Sie selbst zu besitzen, sie missgönnt es dir. —
Gaben dem Guthorm Geierfleisch
Ehe sie mochten, die Mordgierigen,
An den hehren Helden die Hände legen.
Von hoher Heister schrie heiser ein Rabe:
„In Euch wird Atli das Eisen röthen;
Eure Eide überwinden euch, Mörder!“
Dieß war das erste Wort, das sie sprach:
Wo säumt nun Sigurd, der Sieger der Männer,
Daß meine Freunde zuvorderst reiten?
„Mit dem Schwert erschlagen den Sigurd haben wir;
Den Kopf hängt das Grauross über den todten König.“
„Nun werdet ihr walten des Lands und der Waffen:
Die hätte der Hunische beherscht allein,
Ließt ihr das Leben ihn länger behalten.
Über Giukis Erb und der Goten Menge,
Wenn die Schar zu durchschneiden der Söhne fünf,
Der kampfkühnen, der König hier zeugte.“
Es ging ihr wieder aus ganzem Herzen:
„Lang mögt ihr walten des Lands und der Waffen,
Da ihr den kühnen König fälltet.“
„Du freust dich frech der freveln That;
Doch Geister ergreifen einst Gunnar den Mörder:
Züchtigung ziemt dem zorngrimmen Herzen.“
Und mancher Scherzspruch gesprochen dabei —
Bald entschliefen die zu Bette kamen;
Gunnar allein von Allen wachte.
Der Weiser der Wehrschar erwog im Herzen:
Was sich geschwätzig wohl sagten die beiden,
Aar und Rabe auf ihrem Heimritt?
Der Skiöldungen Tochter, eh der Tag erschien:
„Nun mögt ihr mich mahnen, der Mord ist vollbracht!
Mein Leid zu sagen, oder abzulaßen.
Im Saal Alles todt, ich schlief im kalten Bett,
Dieweil du, König, kummervoll rittest
Die Feßel am Fuß in der Feinde Heer:
So soll, Niflungen, nun eur Geschlecht
Die Macht missen, denn meineidig seid ihr.
Wie das Blut in die Fußspur euch beiden rann!
Nun hast du das Alles ihm übel gelohnt,
Daß der Fürst der Vorderste stäts gefunden ward.
Zu Mir der Muthige, mich dir zu werben,
Wie der Wehrscharweiser wandellos
Die Eide hielt dem jungen Helden.
Der mächtige König mitten zwischen uns,
Mit Feuer außen die Ecken belegt,
Mit Eitertropfen innen bestrichen.“
Keinem gefiel solcher Frauenbrauch,
Wie sie mit Weinen von dem Werk nun sprach,
Zu dem sie lachend die Helden lud.
Hier ist in dem Liede gesagt von dem Tode Sigurds. Und geht es hier so zu als hätten sie ihn draußen getödtet; aber Einige erzählen so, daß sie ihn erschlugen drinnen in seinem Bette, den schlafenden. Aber deutsche Männer sagen, daß sie ihn erschlugen draußen im Walde. Und so heißt es im alten Liede von Gudrun, daß Sigurd und Giukis Söhne zum Thing geritten waren, als sie ihn erschlugen. Aber das sagen Alle einstimmig, daß sie ihn treulos betrogen und ihn mordeten liegend und wehrlos.
Anmerkungen (Wikisource)
Siehe auch Anmerkungen des Übersetzers zu diesem Lied.