Die Eisbären

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Titel: Die Eisbären
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aus: Die Gartenlaube, Heft 10, S. 164–165, 168
Herausgeber: Ernst Ziel
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Erscheinungsdatum: 1883
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[164]

Eisbären bei der Ausübung ihres Strandrechtes.
Originalzeichnung von Ludwig Beckmann.

[168] Die Eisbären. (Mit Abbildung S. 164 und 165.) Zur Naturgeschichte des Eisbären ist schon so viel geschrieben worden, daß wir, um den Lesern Bekanntes nicht zu wiederholen, uns im Nachfolgenden auf die kurze Mittheilung einiger Züge aus dem Leben dieses Bewohners der Polarwelt beschränken, einiger Züge, die zum Verständniß des unserer heutigen Nummer beigegebenen meisterhaften Bildes von L. Beckmann nothwendig sein dürften.

Der weiße Gevatter unseres braunen Meister Petz hat, was die Nahrungsfrage anbelangt, einen viel schwierigeren Stand, als man denken möchte. Die Thierwelt der Polargegenden ist überaus arm an Arten; man wandert im hohen Norden oft meilenweit, ohne ein lebendes Wesen zu erblicken. Die Jagd auf Landthiere ist daher für den Eisbären von untergeordneter Bedeutung; weist ihn als tüchtigen Schwimmer die Natur doch auch vornehmlich auf die Bewohner des Wassers hin. Unter diesen aber bilden Seehunde sein bevorzugtes Jagdwild. Bekanntlich sind diese Thiere äußerst klug, und ihr Fang ist daher mit vielen Schwierigkeiten verbunden. Aber der Eisbär ist, was die Schlauheit anbetrifft, ein größerer Meister als sein Opfer. Er weiß wohl, daß die Robben auf festem Boden sehr unbeholfen sind. Erblickt er daher von fern einen Seehund am Strande, so taucht er still in’s Wasser, schwimmt an denselben ruhig heran und erhebt sich plötzlich vor dem erschrockenen Thiere, welches nun rettungslos verloren ist. Die Robben pflegen auch, wie Brehm erzählt, nahe an den Löchern zu liegen, welche ihren Weg nach dem Wasser vermitteln. Der Eisbär findet nun diese Löcher, unter dem Eise schwimmend, mit außerordentlicher Sicherheit auf, und plötzlich erscheint der Kopf des gefürchteten Feindes in dem einzigen Fluchtgange der Meereshunde, durch den sie sich möglicher Weise retten könnten. Man behauptet, daß die mehr oder weniger gelbe Färbung des Eisbärenpelzes durch den häufigen Genuß des tranreichen Fleisches der Seehunde und Walrosse hervorgerufen werde.

Auch Fische sind ihm willkommene Speise, und er versteht sie mit großer Geschicklichkeit zu fangen. Nur wenn der Hunger den Eisbären plagt, dann stellt er den wenigen Landthieren der Polarzone nach und würgt namentlich den weißen Reinecke jenes Himmelsstriches ab. Bei den Vogelnestern pflegt er sich dagegen mit gewisser Vorliebe während der Brutzeit einzustellen, um die Eier als Leckerbissen zu verspeisen.

Da der Eisbär Aas ebenso gern wie frisches Fleisch verzehrt, so patrouillirt er auch den Meeresstrand ab, um nach gestrandeten Walfischen oder Seehunden zu spähen. In dieser Hinsicht weiß er auch von der Cultur Nutzen zu ziehen; denn klug, wie er ist, folgt er den Flotten der Walroßfänger und Robbenschläger, um sich bei dem zurückgelassenen Aase einzufinden. Namentlich im Winter übt er sein Strandrecht mit aller Entschiedenheit aus, da er keinen Winterschlaf hält und, um sich leichter zu ernähren, auf dem Treibeise lebt.

Unser heutiges Bild stellt ein Eisbärenpaar dar, welches soeben ein gestrandetes Walroß auffindet; wegen ihrer vorzüglichen Ausführung wird diese Zeichnung ohne Zweifel den allgemeinsten Beifall unserer Leser ernten.