Die Ermordung Philipps von Schwaben

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Autor: Dl.
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Titel: Die Ermordung Philipps von Schwaben
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 13, S. 219,220
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1895
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[209]

Die Ermordung Philipps von Schwaben durch Otto von Wittelsbach.
Nach einer Originalzeichnung von A. Zick.

[219] Die Ermordung Philipps von Schwaben. (Zu dem Bilde S. 209.) Mit dem Tode Philipps von Schwaben im Jahre 1208 schloß der erste Akt in dem großen Trauerspiel der sinkenden und fallenden Hohenstaufenmacht. Die Frevelthat, die dem jungen, noch viel versprechenden Leben König Philipps gerade in dem Augenblicke ein Ziel setzte, als sich sein Glück zu stolzerem Fluge erhob, entsprang indes nicht ehrgeizigen hohen politischen Plänen, hing nicht im entferntesten mit den unheilvollen, um den Besitz der Krone geführten Kämpfen zusammen, sondern persönliche, auch durch die Verwilderung der Zeit nicht entschuldbare Rachsucht war es allein, die den wilden leidenschaftlichen Pfalzgrafen Otto von Bayern hinriß, den Mordstahl gegen „den Besten aller Staufen“ zu zücken.

Philipp hatte diesem Wittelsbacher für geleistete Kriegsdienste, und um ihn zu fernerem Eifer im Kampfe gegen Papst und Welfen anzuspornen, eine seiner vier noch im zartesten Alter stehenden Töchter zur Ehe versprochen. Sei es, daß ihn die gewaltthätige Sinnesart Ottos seine Zusage gereuen ließ, sei es, daß die höheren politischen Zwecke, die durch die Vermählung von Philipps Töchtern mit König Otto und den Neffen des Papstes später zu erreichen standen, dem Pfalzgrafen einen Verzicht abnötigten: die beabsichtigte Verbindung unterblieb. Dieser vermutlich ersten Kränkung scheint eine zweite weit schlimmere gefolgt zu sein. Als sich Otto zum Ersatz für die verlorene Braut neuerdings um die Töchter des Herzogs Heinrich von Schlesien und der nachmals heilig gesprochenen Hedwig von Meran bewarb, soll ihm Philipp auf die Reise statt eines erbetenen Empfehlungsschreibens einen Warnungsbrief mitgegeben haben. Diesen Brief habe Otto, bereits argwöhnisch geworden, unterwegs erbrochen, und als ihm zur Gewißheit geworden, daß Philipp abermals seinen Absichten entgegenarbeite, sei er sofort zornerfüllt und racheschnaubend umgekehrt.

Thatsache ist, daß Otto am 21. Juni 1208 in Bamberg, wo der König, im Feldzuge nach Norddeutschland begriffen, gerade Hof hielt, urplötzlich erschien und erschreckend schnell, mit größter Entschlossenheit, [220] wohl von einigen Verschworenen unterstützt, sein grausiges Vorhaben, die Ermordung Philipps, ausführte.

Der König weilte im bischöflichen Palast. Nachdem am Vormittag die Vermählung seiner Nichte Beatrix, der einzigen Tochter und Erbin seines längst verstorbenen Bruders, des Pfalzgrafen Otto von Burgund, mit dem ihm immer getreuen Otto von Meran stattgefunden hatte und sich Philipp, wie dies in alten Zeiten auch ohne besonderen Krankheitsanlaß geschah, mit vielen seiner Leute zur Ader gelassen, pflegte er, etwas ermüdet, in einem einsamen stillen Zimmer der Ruhe. Nur der greise Bischof von Speyer, Konrad von Scharfenberg, und der treue Truchseß Heinrich von Waldburg waren bei ihm.

Die Uhr zeigte 3 Uhr nachmittags. Eine Schachpartie sollte eben ihren Anfang nehmen, als es an die Thür klopfte. Auf den frohgemuten Hereinruf des Königs erschien Otto von Wittelsbach im Gemache. Der König empfing ihn mit freundlich scherzenden Worten. Das bloße Schwert, das Otto in den Händen trug, erregte keinen Verdacht; denn der Pfalzgraf hatte schon oft durch gauklerisches Waffenspiel dem König Vergnügen bereitet. Aber der unheimliche Blick seiner Augen machte den Harmlosen stutzen. Er verbat sich für diesmal das Spiel. Mit dem Rufe: „Jetzt soll es auch kein Spiel sein!“ stürzte der Pfalzgraf auf den wehrlosen, an Körperkraft weit schwächern König zu. Und noch ehe die anderen es hindern konnten, fuhr das Schwert nieder. Mit durchschnittenem Halse taumelte Philipp noch einige Schritte vorwärts und stürzte dann leblos zu Boden. Der Bischof richtete den Entseelten ein wenig empor, versteckte sich aber, zu Tode erschrocken, beizeiten. Der Truchseß scheute keine Lebensgefahr, drang gegen den Mörder mit dem Schwerte ein, wollte die Thür versperren, ihm die Flucht zu wehren, empfing aber im entscheidenden Augenblicke von dem sich bahnbrechenden Frevler eine schwere Verwundung im Gesicht, und so entkam Otto unaufgehalten aus dem Gemach. Unten schwang sich der Pfalzgraf flugs aufs Pferd und jagte mit den Seinen davon.

Die Kunde von des Königs Ermordung verbreitete sich schnell und rief beim Volk die tiefste Trauer hervor. Hatten auch die Regierungsjahre Philipps großes Leid über Deutschland gebracht, der Fürst persönlich war wegen seiner vielen Tugenden jederzeit geliebt und geehrt. Die als Folge des Ereignisses befürchteten Wirren, die das Reich von neuem in schwere Gefahren hätten stürzen können, blieben zum Glück aus. Gegenkönig Otto von Braunschweig erhielt bald die allgemeine Anerkennung, Ruhe und Ordnung traten ein. Auch dem Verbrechen folgte bald die Sühne. Otto von Wittelsbach wurde, nachdem bereits auf dem Reichstage im November 1208 zu Frankfurt über ihn die Acht gesprochen worden war, unweit Regensburg in einem Hofe der Mönche von Ebrach, wo er einen Schlupfwinkel gefunden hatte, von einem seiner langjährigen Feinde, dem Reichsmarschall Heinrich von Kalindin, erschlagen. Dl.