Die Gartenlaube (1878)/Heft 26
„Wer ist dieser Herr eigentlich?“ fragte der Polizeidirector, den beiden sich Entfernenden nachblickend.
„Ein sehr angenehmer Mann,“ entgegnete der Hofrath wichtig. „Ein College des Doctor Brunnow, mit dem er wohl eng befreundet sein muß, denn er nimmt großen Antheil an ihm.“
„So, ein Freund des Doctor Brunnow! Ich glaubte, der junge Arzt habe seit der Abreise des Assessor Winterfeld gar keine näheren Bekanntschaften hier am Orte. Ist dieser Herr – Doctor Franz nennt er sich ja wohl? – schon öfter bei dem Kranken gewesen?“
„Nein, er erschien heute zum ersten Male, will aber morgen wiederkommen. Ueberdies dankte er mir mit der größten Wärme für meine Aufopferung und deutete sehr zart und rücksichtsvoll auf die Verlegenheiten hin, die mir aus dem allerdings unfreiwilligen Aufenthalte dieses jungen Demagogen in meinem Hause erwachsen. Eine That der edelsten Selbstverleugnung nannte er mein Benehmen. Wirklich ein höchst angenehmer Mann, und jedenfalls auch ein tüchtiger Arzt. Ich sehe das gleich bei der ersten Begegnung; ich habe einen ganz untrüglichen Scharfblick in solchen Dingen.“
„Daran zweifle ich durchaus nicht,“ erklärte der Polizeidirector, um dessen Lippen ein halb spöttisches, halb mitleidiges Lächeln spielte. „Dieser ‚höchst angenehme Mann‘ scheint bei dem Gouverneur ein ebenso plötzliches Wohlwollen erregt zu haben, wie bei Ihnen. Es ist sonst nicht die Art des Freiherrn, den ersten Besten ohne alle Ceremonie mit sich in seine Gemächer zu nehmen. Vielleicht wünschte er den Doctor Franz auch meiner Gesellschaft zu entziehen.“
„Weshalb denn das?“ fragte der Hofrath ahnungslos. „Excellenz wünschen ja nur nähere Auskunft über den Doctor Brunnow.“
„Ganz recht, und die wird ihm wohl an vollsten Maße zu Theil werden. – Guten Abend, Herr Hofrath! Gehen Sie nicht allzu weit in der Selbstverleugnung! Man könnte Ihnen am Ende doch allzu viel davon zumuthen.“
Mit diesem Rathe entfernte sich der Polizeidirector, und der Hofrath, der ihn durchaus nicht verstand, schüttelte würdevoll das Haupt über die seltsamen Reden und kehrte mit seinem „ganz untrüglichen Scharfblicke“ in seine Wohnung zurück. – –
Der Gouverneur und sein Begleiter hatten inzwischen die Wohnung des Ersteren betreten. Raven winkte ungeduldig den herbeieilenden Dienern, sich zu entfernen, befahl kurz, ihn unter keiner Bedingung zu stören, und trat dann mit Brunnow in sein Arbeitszimmer.
Noch war kein Wort zwischen ihnen gefallen, und auch jetzt, wo sie allein waren, herrschte noch ein minutenlanges Schweigen; es war, als scheue sich Jeder, das erste Wort auszusprechen. Zum ersten Male seit mehr als zwanzig Jahren sahen die einstigem Jugendfreunde sich wieder. Damals waren sie Jünglinge gewesen, in denen noch das ganze Feuer und die ganze Begeisterung der Jugend loderte; jetzt standen sich die Männer gegenüber, von denen jeder inzwischen ein halbes Menschenalter durchlebt hatte. Der Eine, noch in vollster Lebens- und Manneskraft, mit der hohen, gebietenden Gestalt und der stolzen Haltung, die deutlich genug die Gewohnheit des Herrschens und Befehlens verrieth; das volle dunkle Haar zeigte noch keine Silberfäden, das eherne Antlitz noch keinen einzigen Zug des Alters – und dagegen der Andere! Kaum ein Jahr älter und doch schon ein Greis dem Aussehen nach. Die Gestalt gebeugt, das Haar ergraut, in dem Antlitz die tiefen Furchen, die Sorge und Leiden darin gegraben hatten. Nur in dem Auge loderte noch etwas von dem einstigen Feuer, der letzte Ueberrest einer längst entschwundenen Zeit.
„Rudolph!“ sagte der Freiherr endlich; es war ein Ton mächtiger, mühsam zurückgehaltener Bewegung, und es schien fast, als wolle der Sprechende sich dem ehemaligen Freunde nähern, aber dieser trat zurück und fragte eisig:
„Was befehlen Excellenz?“
Die Stirn Raven’s verfinsterte sich. „Was soll das zwischen uns? Willst Du mich nicht kennen? Ich erkannte Dich im ersten Moment an Deinen Augen. Sie sind noch dieselben geblieben, wenn auch sonst Vieles – Alles an Dir anders geworden ist.“
Sein Blick glitt dabei langsam über das Gesicht Brunnow’s; Dieser lächelte mit unendlicher Bitterkeit.
„Ich bin vor der Zeit alt geworden. In der Verbannung, im täglichen Kampfe mit den Sorgen und Bitterkeiten des Lebens conservirt man sich schlecht. Freiherr von Raven hat diesen Kampf besser ausgehalten. Freilich, jene Sorgen und Erbärmlichkeiten reichen nicht hinauf zu der Höhe, wo Sie stehen, Excellenz.“
„Ich bitte Dich nochmals, Rudolph, laß den Ton!“ sagte der Freiherr ernst und bestimmt. „Ich weiß, was zwischen uns liegt, und ich denke nicht daran, eine Verständigung zu suchen, die hier nicht mehr möglich ist. Wir sind Gegner geworden, aber es ist eine kleinliche Rache, wenn Du mir mit diesem hohnvollen Nachdruck einen Titel anzuhören giebst, auf den ich nicht mehr
[422] Gewicht lege, als Du es thust. Wie wir uns auch gegenüberstehen mögen, für Dich bleibe ich Arno Raven – nenne mich, wie Du nach stets genannt hast!“
Brunnow erwiderte nichts; er sah finster vor sich nieder.
„Ich ahne, was Dich herführt,“ fuhr Raven fort, „aber das mindert nicht das Tollkühne und Gefährliche dieses Schrittes. Du weißt doch am besten, was Dir droht, sobald Du die Grenze überschreitest – und Dein Sohn ist außer Gefahr.“
„Ich glaubte ihn noch gestern auf dem Todtenbette. Da konnte meine eigene Sicherheit nicht mehr in Frage kommen. Ich mußte zu ihm, um jeden Preis.“
Der Freiherr hatte keine Antwort auf diese Erklärung; er mochte sich wohl sagen, daß er in dem gleichen Falle nicht anders gehandelt haben würde.
„Du begreifst wohl, weshalb ich auf Deine Begleitung drang,“ nahm er wieder das Wort. „Unsere Begegnung ist nicht ohne Zeugen gewesen. Der Polizeidirector beobachtete uns; mir scheint, er hat bereits Argwohn geschöpft. Es galt, Dich einem aufkeimenden Verdachte zu entziehen, und davor schützt Dich eine längere Unterredung mit mir.“
„Gewiß, denn man setzt voraus, daß der Gouverneur von R. jeden Verdächtigen sofort der Polizei übergeben würde. Ich war darauf gefaßt, als Du mich erkanntest.“
„Mäßige Dich, Rudolph,“ warnte Raven in drohendem Tone, aber Jener fuhr unbeirrt fort:
„Und ich weiß in der That nicht, welcher Laune ich meine Rettung verdanke. Aber offen gestanden, Arno, ich sehnte mich danach, Dir noch einmal im Leben Auge in Auge gegenüber zu stehen, sonst hätte ich mich auf der Stelle den Häschern überliefert, ehe ich Dir gefolgt wäre.“
Raven biß sich auf die Lippen. „Du hast Dich seit unserer Trennung so offen und rückhaltlos als meinen Feind bekannt, daß ich auf ein derartiges Auftreten gefaßt sein mußte. Du wirst Dich aber noch aus unserer Jugendzeit erinnern, daß ich Beleidigungen nie ertragen habe, und ich bin im Laufe der Jahre nicht fügsamer geworden. Also mißbrauche nicht Deine augenblickliche Lage, die jede Genugthuung Deinerseits ausschließt, und laß mir wenigstens die Möglichkeit, mit Dir zu verkehren!“
Die Worte machten wenig oder gar keinen Eindruck auf den Arzt; seine Haltung wurde womöglich noch feindseliger, als er entgegnete:
„Ich sehe, Du hast den Ton des Herrschers nicht verlernt. Ich kenne ihn noch von früher her. Schon damals wich Jeder, der sich gegen Deinen Willen aufzulehnen suchte, schließlich diesem Herrschertone. Ich vollends unterwarf mich Dir willenlos, obgleich ich doch wahrlich nicht zu den sklavischen Naturen gehöre. An Dir aber hing ich mit blinder Vergötterung; Dir folgte ich, wohin Du mich führtest, denn Du konntest ja nur zum Höchsten, Besten führen – bis mir eines Tages mein angebetetes Ideal in Staub und Trümmer sank. Versuche es nicht, die alte Macht wieder geltend zu machen! Ich beugte mich Dir nur, so lange ich an Dich glaubte. Das ist längst vorbei, aber Du, bei dem stets der Ehrgeiz die Stelle des Herzens vertrat, Du ahnst nicht, was ich mit jenem Glauben verlor.“
Es folgte eine lange drückende Pause. Raven hatte sich abgewendet, endlich sagte er: „Wenn Du mich einst liebtest, so hassest Du mich dafür jetzt um so glühender.“
„Ja!“ war die kurze energische Antwort.
„Ich habe Beweise davon,“ meinte Raven. „Bis vor Kurzem fragte ich mich noch, woher einer meiner jüngsten und untergeordnetsten Beamten den Muth genommen habe, mir vor aller Welt die unerhörtesten Beleidigungen in das Gesicht zu schleudern – ich vergaß, daß er in Deiner Schule gewesen ist. Winterfeld war ja in Deinem Hause, er ist der Freund Deines Sohnes und der Deinige, und er hat sich als gelehriger Schüler gezeigt. In den Streichen, die er gegen mich führt, verräth er, welcher Meister ihn unterwies.“
„Du irrst. Georg Winterfeld zeigt nur seine eigene Kraft, allerdings eine bewundernswerthe Kraft, die auch mich in Erstaunen setzt. Ich ahnte nichts von seinem Vorhaben; er hat auch mir ein Geheimniß daraus gemacht, und seine Schrift, die er mir vorgestern zusandte, war mir eine Ueberraschung. Aber ich leugne nicht, daß jedes Wort darin mir aus den Seele geschrieben ist, mir und noch tausend Anderen. Sei auf der Hut, Arno! Das ist der Erste, der es wagt, gegen den allmächtigen Freiherrn von Raven aufzutreten, der erste Sturm, der Deine bisher unnahbare Höhe bedroht. Es werden ihm andere folgen, und sie werden so lange den Boden erschüttern auf dem Du stehst, bis er wankt und bricht und Du so tief niedersinkst, wie Du hoch emporgestiegen bist.“
„Meinst Du?“ fragte der Freiherr verächtlich. „Du solltest mich doch besser kennen. Ich kann stürzen und im Sturze mich und Andere zerschmettern – das Sinken ist meine Sache nicht, und so weit sind wir überhaupt noch nicht. Ich kenne die feindseligen Gewalten, welche jener Angriff entfesseln wird, sie haben längst auf einen solchen Anlaß gewartet, aber sie sollen nicht den Triumph genießen, mich von einem Platze weichen zu sehen, den ich so lange behauptet habe und freiwillig niemals räumen werde. Freilich, die Menschen verzeihen nicht leicht eine Laufbahn, wie ich sie mir schuf.“
„Um hohen Preis!“ sagte Brunnow kalt. „Du hast sie mit Deiner Ehre bezahlt.“
„Rudolph!“ fuhr der Freiherr mit furchtbarer Heftigkeit auf.
„Mit Deiner Ehre – ich wiederhole es. Muß ich Dich an den Tag erinnern, wo unsere Verbindungen verrathen, unsere Papiere mit Beschlag belegt, wir selber ergriffen und in das Gefängniß geschleppt wurden? Muß ich Dir sagen, wer der Verräther war, dem wir dies alles dankten und den man nur der Form wegen mit verhaftete? Ich und die Anderen wurden vor Gericht gestellt, uns traf Verurtheilung und Kerker, aus dem mich später nur eine tollkühne Flucht befreite; Dich ließ man nach kurzer Haft wieder frei, ohne auch nur eine Anklage gegen Dich zu erheben. Aus dem Sturme, der seinen Freunde und Gesinnungsgenossen Freiheit und Existenz kostete, ging Arno Raven als der Secretär, der Vertraute und künftige Schwiegersohn des Ministers hervor und begann seine glänzende Carrière im Dienste der Sache, der er Haß und Kampf geschworen hatte für immer. Das war das Ende all der Freiheitsträume und Jugendschwärmereien.“
Aus dem Antlitz des Freiherrn war jeder Blutstropfen gewichen; seine Brust hob und senkte sich in kurzen heftigen Athemzügen, und seine Hände ballten sich krampfhaft.
„Und wenn ich Dir nun sage, daß dieser sogenannte Verrath nur eine Unvorsichtigkeit war, ein unglückseliges Mißverständniß, das ich theuer genug gebüßt habe? Wenn ich Dir sage, daß Ihr selbst mit Eurem voreiligen Verdammungsurtheil, mit Eurem wahnsinnigen Mißtrauen mich in die Reihe Eurer Feinde getrieben habt?“
„So würde ich Dir antworten, daß Du das Recht auf Glauben verwirkt hast.“
„Reize mich nicht, Rudolph!“ stieß Raven hervor, der kaum mehr Herr seiner selbst war. „Du weißt, daß ich das von keinem Anderen ertragen hätte. Ich habe Dir mein Wort gegeben, und Du wirst mir glauben.“
„Nein, Arno!“ Die Stimme Brunnow’s klang in vernichtender Härte. „Wärst Du damals, als ich im Gefängniß saß und es nicht fassen konnte, nicht fassen wollte, daß Du der Verräther sein solltest, vor mich hingetreten und hättest zu mir gesprochen wie jetzt, Dein Wort hätte mir mehr gegolten als das Zeugniß der ganzen Welt, als die sonnenklaren Beweise. Die zwei Jahrzehnte, die dazwischen liegen, haben mich eines Anderen belehrt. Dem Freiherrn von Raven, dessen Name obenan steht unter den Feinden und Verfolgern jener Sache, der er einst sein Leben geweiht hatte, dem Gouverneur von R., dessen eisernes despotisches Regiment allem Recht und allen Gesetzen Hohn sprach, der noch vor wenigen Tagen auf das Volk schießen ließ, in dessen Reihen er selbst einst gestanden – dem glaube ich nicht.“
Der Mann, gegen den all diese vernichtende Beschuldigungen geschleudert wurden, stand finster schweigend da, den Blick auf den Boden geheftet; noch arbeitete es gewaltsam in seinen Zügen, aber es ließ sich nicht enträthseln, ob es Scham, Zorn oder Schmerz war, was dort zuckte. Bei den letzten Worten aber richtete er sich plötzlich zu seiner vollen Höhe auf, und aus seinen Augen flammte wieder der stolze unbeugsame Trotz, als er rauh entgegnete:
„So ist es unnöthig, noch ferner ein Wort darüber zu verlieren. Meine Erklärung galt nur jener Katastrophe. Du willst [423] sie nicht hören – gut, wir sind fertig damit. Was nachher geschehen ist, das war meine eigene Wahl und mein Entschluß. Wie ich dazu getrieben worden bin, das kommt hier nicht in Betracht. Ich verlange keine Milderungsgründe; genug, es war mein Wille, und ich nehme die That und all ihre Folgen auf mein Haupt allein. Seit dem Tage, der jene Kluft zwischen uns aufriß, sind unsere Wege so endlos weit aus einandergegangen, daß wir jetzt vergebens versuchen würden, sie auch nur zu begreifen. Was ist einem Idealisten wie Dir der Begriff der Macht und des Ehrgeizes? Vielleicht nur der Keim zu einem Verbrechen, denn er begründet sich ja aus die Unterdrückung Anderer. Ich war nun einmal nicht geschaffen, im Exil zu verkümmern und nach über all die gescheiterten Hoffnungen, über all die nutzlos vergeudeten Kräfte mit dem Gedanken zu trösten, daß ich meinem ‚Ideal‘ treu geblieben sei. Verdamme mich, wenn Du willst! Als meinen Richter erkenne ich auch Dich nicht an.“
Es erfolgte keine Erwiderung. Nach einem secundenlangen Schweigen wandte sich Brunnow ohne alle Antwort zum Gehen. Raven trat ihm in den Weg.
„Was soll das?“ fragte der Arzt. „Du hast es ja ausgesprochen; wir sind fertig mit einander, und jedes fernere Wort zwischen uns ist überflüssig. Laß mich gehen!“
„Noch nicht – es handelt sich um Deine Sicherheit. Du reisest doch auf der Stelle wieder ab?“
„Ich reise erst morgen; ich habe es meinem Sohne versprochen, ihn noch einmal zu sehen.“
„Das ist eine ganz unnöthige Verzögerung,“ sagte der Freiherr. „Du hast Dich selbst überzeugt, daß für Deinen Sohn nichts zu fürchten ist, und erst jenseits der Grenze hört die Gefahr für Dich auf. Um Mitternacht geht der Courierzug. Bleibe so lange hier in meiner Wohnung und fahre dann in meinen Wagen nach dem Bahnhofe! Was man dann auch ahnen und vermuthen mag, es wird Niemand wagen, Dich zu behelligen.“
„Und wenn man später entdecken sollte, daß der Gouverneur selbst dem ‚Hochverräter‘ fortgeholfen hat?“
„Das ist meine Sache. Ich werde es vertreten.“
„Ich danke,“ sagte Brunnow in schneidendem Tone. „Ich bleibe bis morgen und gehe nach dem Bahnhofe, ohne mich durch die freiherrlich Raven’sche Livree decken zu lassen. Du wirst begreifen, daß ich selbst eine mögliche Gefahr Deinem Schutze vorziehe.“
„Rudolph, nimm Vernunft an!“ mahnte der Freiherr. „Der unselige Starrsinn kann Dir Deine Freiheit kosten.“
„Was kümmert das Dich? Wir sind ja Feinde und sind es nach dieser Stunde mehr denn je. Wir werden uns schwerlich im Leben wieder begegnen, aber denke an meine Worte, Arno! Noch stehst Du fest und sicher auf Deiner schwindelnden Höhe; noch blickst Du verächtlich herab auf die Gefahren, die Dir drohen. Es wird ein Tag kommen, wo Alles um Dich her wankt und bricht, wo Alles Dich verläßt, und dann“ – hier richtete sich auch die gebeugte Gestalt Brunnow’s voll und mächtig auf – „dann wirst Du einsehen, daß es doch noch etwas werth ist, an seine Ideale und an sich selber zu glauben. Mich hat dieses Bewußtsein aufrecht erhalten bis auf diese Stunde. Du hast keinen Halt mehr, wenn das glänzende Gebäude Deines Ehrgeizes zusammenstürzt – Du hast Dich selbst verloren. Leb’ wohl.“
Er ging. Raven blickte ihm düster und unbeweglich nach. „Mich selbst verloren!“ wiederholte er dumpf. „Er hat Recht.“
In der Stadt war es ruhig. Die „energischen Maßregeln“ hatten ihre Wirkung gethan, wenn sie auch nicht in dem Umfange zur Ausführung gekommen waren, wie es anfangs den Anschein hatte. Oberst Wilten, der sehr wohl wußte, daß trotz aller Vertretung von Seiten des Gouverneurs doch ein Theil der Verantwortlichkeit auf ihm haften bleiben werde, hatte an jenem Abende Befehl gegeben, beim ersten Commando nicht auf die Menge selbst, sondern in die Luft zu feuern. Er rechnete auf den blinden Schrecken, den man empfinden werde, wenn man sah, daß wirklich von den Waffen Gebrauch gemacht werde, und diese Berechnung täuschte ihn nicht. Die Schüsse riefen eine ganz grenzenlose Angst und Verwirrung hervor, die noch durch die inzwischen hereingebrochene Dunkelheit begünstigt wurde. Niemand hatte Ruhe und Besonnenheit genug, sich zu überzeugen, wer denn eigentlich gefallen sei. Es erhob sich ein wildes Getümmel, aber der gefürchtete Widerstand blieb aus, und nach einem kurzen, planlosen Hin- und Herwogen wandte sich Alles zur Flucht. Der Oberst hatte das vorhergesehen und seine Anstalten derartig getroffen, daß den Fliehenden im entscheidenden Augenblick Raum gegeben werden konnte. Es gelang einer Militärabtheilung ohne allzugroße Schwierigkeit die dichtgedrängte Menge zu zerstreuen und vor sich herzutreiben. Einmal zersprengt, vermochte diese sich nicht wieder zu sammeln, da die sämmtlichen Hauptpunkte besetzt waren. Nach einigen Stunden war die Ruhe wieder hergestellt und zwar – dank der Vorsicht und Mäßigung des Commandirenden – ohne eigentliches Blutvergießen. Es hatte zwar im Getümmel selbst Verwundungen und Verletzungen genug gegeben, aber es war doch nicht zum wirklichen Kampfe gekommen, und jedenfalls hatte das Einschreiten des Militärs seine Wirkung gethan. Die unruhigen Elemente der Stadt waren vollständig eingeschüchtert; die Excesse wiederholten sich nicht, und während der folgenden Tage wurde
die Ruhe nirgends gestört. Man schien der Gewalt zu weichen; der Gouverneur hatte wieder einmal die Oberhand behalten. –
Es war am Morgen nach jener Unterredung mit Rudolph Brunnow, als der Freiherr in das Zimmer seiner Schwägerin trat. Bei der Baronin hatte jene Erkältung doch ernstere Folgen gehabt; sie war krank, oder behauptete wenigstens, es zu sein, und hatte seit ihrer Rückkehr nach der Stadt kaum das Bett verlassen. Der Freiherr sandte jeden Morgen herüber, um sich nach ihrem Befinden erkundigen zu lassen; er selbst hatte weder sie noch Gabriele seit den letzten Tagen gesehen, da das junge Mädchen die Krankheit der Mutter zum Vorwande nahm, um nicht bei Tische zu erscheinen. So war denn eine Begegnung zwischen ihnen seit jener stürmischer Unterredung noch vermieden worden.
Die Baronin lag mit sehr leidender Miene auf dem Sopha, als ihr Schwager eintrat. Er schien Gabriele, die sich gleichfalls im Zimmer befand, nicht zu bemerken, sondern trat sofort zu ihrer Mutter und fragte in jenem gleichgültigen Tone, mit dem man einer bloßen Form genügt, wie sie sich befinde.
„O, ich habe schlimme Tage verlebt,“ seufzte die Baronin. „Ich befinde mich sehr schlecht, und die Angst und Aufregung an jenem entsetzlichen Abende, wo man das Schloß stürmen wollte, hat mich vollends krank gemacht.“
„Ich ließ Ihnen ja eigens melden, daß alle Maßregeln zur Sicherheit des Schlosses getroffen seien,“ sagte Raven ungeduldig. „Sie wären überhaupt niemals in Gefahr gekommen; die ganze stürmische Demonstration galt mir allein.“
„Aber der Lärm, das Anrücken des Militärs, das Schießen in der Stadt!“ klagte die Dame, „das alles regte meine Nerven furchtbar auf. Hätte ich doch dem Wunsche des Oberst Wilten nachgegeben und wäre noch einige Tage auf seinem Landsitze geblieben! Freilich, wie die Dinge jetzt stehen, konnte ich nicht daran denken. Gabriele martert mich förmlich mit ihrem Trotz und Eigensinn. Sie erklärt auf das Bestimmteste, daß sie niemals dem jungen Baron Wilten ihre Hand reichen werde, und droht mir, ihm ein unverhülltes Nein zu geben, wenn ich es bis zu einem Antrage kommen lasse.“
Raven’s Blick streifte das junge Mädchen, das stumm und bleich, den Kopf in die Hand gestützt, in einiger Entfernung saß, er richtete aber auch jetzt nicht das Wort an sie.
„Ich bin in der grenzenlosesten Verlegenheit,“ fuhr die Baronin fort. „Ich habe dem Oberst ganz bestimmte Zusicherungen gegeben, die unmöglich zurückgenommen werden können. Er und sein Sohn werden außer sich sein. Gabriele behauptet, bereits mit Ihnen darüber gesprochen zu haben, Arno. Sind Sie denn wirklich mit diesem Nein einverstanden?“
„Ich?“ fragte der Freiherr kalt. „Ich habe mich jedes Einflusses auf Ihre Tochter begeben.“
„Mein Gott, was ist denn vorgefallen?“ fragte die Baronin, sich erschrocken aufrichtend. „Hat Gabriele auch Ihnen gegenüber ihren Starrsinn gezeigt? Ich will doch nicht hoffen –“
„Lassen wir das!“ schnitt ihr der Freiherr das Wort ab. „Die Angelegenheit mit Wilten muß ich allerdings erledigen, schon wegen meiner eigenen Stellung zu dem Oberst. Er würde es mir nie verzeihen, wenn ich seinen Sohn der Kränkung aussetzte, ein Nein zu erhalten, wo er mit Sicherheit auf ein Ja rechnet. Uebrigens ist das Ihre Schuld allein, Mathilde. Sie [424] werden sich erinnern, daß ich Ihren Plänen von Anfang an fern geblieben bin. Sie hätten sich der Fügsamkeit Ihrer Tochter versichern sollen, ehe Sie bestimmte Versprechungen gaben. Jedenfalls muß die Sache jetzt zur Sprache gebracht werden. Ich fahre von hier aus zu Wilten und werde bei unserer heutigen Conferenz Gelegenheit nehmen, ihm Gabrielens Weigerung mitzutheilen. – Jetzt aber zu dem eigentlichen Zwecke meines Kommens! Sie sind leidend?“
„Ja wohl, sehr leidend!“ flüsterte die Baronin, indem sie mit dem Ausdrucke der größten Mattigkeit wieder in die Kissen zurücksank.
„So möchte ich Ihnen einen Vorschlag machen. Der Arzt spricht von nervösen Zuständen und empfiehlt nur Luftveränderung, um so mehr, als der Herbst bei uns sehr rauh und unfreundlich zu sein pflegt. Ueberdies ist bei den jetzigen Zuständen in der Stadt an irgend ein Gesellschaftsleben für die nächste Zeit nicht zu denken. Ich rathe Ihnen daher, die Einladung Ihrer Freundin der Gräfin Selteneck, anzunehmen, von der Sie mir neulich sprachen, und auf einige Wochen mit Ihrer Tochter nach der Residenz zu gehen.“
Gabriele, die das Gespräch verfolgte, ohne sich daran zu betheiligen, bebte bei den letzten Worten zusammen, und ein unwillkürlicher Ausruf entfuhr ihren Lippen:
„Nach der Residenz?“
„Ja,“ sagte Raven, sich zum ersten Male zu ihr wendend, mit herber Ironie. „In Deinen Wünschen liegt das doch gewiß.“
Das junge Mädchen schwieg, aber die matten Züge der Baronin belebten sich plötzlich.
„Wie? Sie wären mit diesem Besuche einverstanden?“ fragte sie. „Ich leugne es nicht, daß ein kurzer Aufenthalt in der Residenz und ein Wiedersehen mit meinen dortigen Freunden und Bekannten mir sehr erwünscht wäre, aber die Rücksicht auf Ihre Wünsche, meine Pflichten als Repräsentantin Ihres Hauses –“
„Binden Sie in diesem Falle durchaus nicht,“ fiel der Freiherr ein. „Ich wiederhole Ihnen, daß unter den jetzigen Verhälnissen von Festlichkeiten keine Rede sein kann. Es läßt sich nicht mit Sicherheit bestimmen, ob die Unruhen sich nicht doch wiederholen, und ich möchte Sie nicht zum zweiten Male einer so gefährlichen Angst und Aufregung aussetzen. Ich bitte Sie daher, so bald wie möglich die Vorbereitungen zur Abreise zu treffen. Wenn Sie zurückkehren, ist hoffentlich Alles geordnet.“
„Ich füge mich, wie immer, Ihren Wünschen,“ erklärte die Baronin, der die Fügsamkeit diesmal außerordentlich leicht wurde. „Wir werden in Kurzem reisefertig sein, und auch auf Gabriele, hoffe ich, wird die Zerstreuung wohlthätig wirken; sie ist jetzt so bleich und still, daß ich wirklich anfange, für ihre Gesundheit zu fürchten.“
Raven schien die letzte Bemerkung zu überhören; er erhob sich. „Das wäre also abgemacht. Was Sie etwa noch für die Reise nothwendig halten sollten, steht zu Ihrer Verfügung. Jetzt aber muß ich Sie verlassen, Mathilde; mein Wagen wartet bereits.“
Als der Khedive vor sechs Jahren seine seitdem dahingegangene Tochter Zenab-Hanem mit dem Prinzen Ibrahim-Pascha und Faika-Hanem, das Adoptivkind seiner dritten Gemahlin, mit Mustapha-Pascha vermählte, fiel mir an den mit Goldschrift versehenen Karten, welche die vornehme Herren- und Damenwelt Kairos und Alexandriens zu den für die Doppelhochzeit veranstalteten Festlichkeiten luden, Eines auf: all diese Karten sprachen von einer Hochzeit, nannten den Namen des Bräutigams, verschwiegen aber den der Braut. Ich war damals noch ein Neuling im Lande der Muslimen und wußte nicht, was ich seitdem erfahren, daß sich nämlich die orientalischen Frauen nicht nur nicht zeigen dürfen, sondern auch für jeden Fremden als nicht existirend zu gelten haben. Haremsverhältnisse sind als unter Schleier (sitr) stehend zu betrachten, und was hinter demselben vorgeht, was er verhüllt, darüber fragt kein Orientale den andern, giebt kein Mohammedaner dem andern Auskunft, geschweige denn einem Nichtmohammedaner. Nur aus diesem Grunde war bisher eine Volkszählung in unserm Sinne in Aegypten unausführbar.
In den höchsten Kreisen wird indessen der den Harem verhüllende Sitr mit jedem Tage durchsichtiger, und wie der Gesichtsschleier jetzt nur noch von seiner Gaze, von jenem verschönernden Gewebe, das die Frauen tulle illusion nennen, ist, ein Schleier, der die Züge der sogenannten gefangenen Schönen keineswegs verhüllt, so ist auch der Vorhang, welcher den Harem von der Welt abschließt, nicht mehr so dicht, daß diese Welt nicht die Silhouetten derjenigen erkennen könnte, welche sich hinter demselben bewegen. Namen und Alter der weiblichen Mitglieder des ägyptischen Herrscherhaus stehen bereits in dem Gothaischen Hofkalender, und es dürfte die Zeit nicht mehr fern sein, wo unter den fürstlichen Portraits dieses Almanachs auch eine ägyptische Königstochter zu bewundern sein wird. Ja, zu bewundern, denn beide Töchter Ismail-Paschas sind von seltener Schönheit. Es sei mir gestattet, dem Gothaischen Kalender zuvorzukommen und den Lesern der „Gartenlaube“ die durch geistige oder physische Eigenschaften hervorragenden Frauen der viceköniglichen Familie vorzuführen! Leider kann ich dem verehrten Leserkreise nicht auch die Portraits dieser so einflußreichen Persönlichkeiten zeigen, nicht weil dieselben nicht existiren, sondern weil diese Photographien mit dem Versprechen angenommen wurden, sie keinen Sterblichen sehen zu lassen, und ich überzeugt bin, daß sowohl meine Leserinnen wie meine Leser eine solche Indiscretion nicht billigen würden.
Wie es das mohammedanische Gesetz verlangt, will ich vor Allen von der Mutter des Khedive sprechen. In muslimischen Familien nimmt die Mutter, wenn der Vater nicht mehr am Leben ist, den ersten Platz ein, den sie lebenslänglich bewahrt, von dem sie keine Schwiegertochter verdrängen kann, wie es leider nur allzu häufig in unseren Familienkreisen geschieht.
Es ist gesagt worden, daß die Orientalen der Mutter nur deshalb den ersten Rang in ihrem Harem einräumen, weil sie diesen bevorzugten Rang keiner der ihnen gesetzlich erlaubten vier Frauen geben wollen, um die übrigen drei nicht zu erbittern, ihnen gegenüber nicht im Unrechte zu sein, da ja im Koran geschrieben steht, daß derjenige Muslim, welcher gegen vier Frauen nicht gerecht sein könne, sie nicht alle mit gleicher Liebe zu behandeln im Stande wäre, nur ein legitimes Weib heimführen dürfe. Diese Behauptung ist indeß nicht richtig – dem Muttercultus der Mohammedaner liegt ein tieferes, aus dem Herzen quellendes Gefühl zu Grunde. Die wenigsten Muslimen können die Kosten bestreiten, welche die Unterhaltung mehrerer Frauen mit sich bringt, und müssen sich mit einer begnügen, aber auch dann bleibt die Mutter im Hause die Erste. Auch hat der Prophet Mohammed, als er gefragt wurde, welches Glied der Familie das größte Anrecht auf Ehrfurcht und Liebe habe, ausgerufen: „Die Mutter! Die Mutter!“
So nimmt auch die Mutter des Khedive den ersten Rang im viceköniglichen Harem ein. Ismail-Pascha hält es für seine Sohnespflicht, Prinzessin Tschachma zu Rathe zu ziehen, wenn er auch weiß, daß er, da sie eine Zelotin und Feindin aller Neuerungen ist, nicht oft in die Lage kommen kann, ihre Rathschläge zu befolgen. Sie allein trägt sich noch immer orientalisch; das verleiht ihr ein charakteristisches Aussehen, welches den übrigen Frauen des viceköniglichen Harems leider fehlt, weil diese sämmtlich der Pariser Mode huldigen. Monatelang kämpfte die Königin-Mutter gegen die den Fremden entlehnte Sitten sie ganz abzuschaffen gelang ihr nicht, doch sie erlangte vom Khedive, daß sich die fürstlichen Gattinnen und Töchter auf offener Straße nicht ohne Rob oder Sebleh, einen hellfarbigen seidenen Mantel mit großen Aermeln, der die ganze Gestalt verhüllt, zeigen dürfen. Der Prinzessin Tschachma wird auch jene vor drei Jahren eingetretene antieuropäische Strömung zugeschrieben, welche die Abschaffung der europäischen Hofmeister, Erzieherinnen und Kinderwärterinnen zur Folge hatte. Diese Stellen wurden damals durch einheimische und türkische Persönlichkeiten besetzt, weil man endlich zur Ueberzeugung
[425]„O! dreimal hoch beglücktes Haus,
Wo das ist kleine Gabe!“ Goethe.
gekommen war, daß das europäisch gebildete Personal schlechterdings nicht in den uralten Bau des Harems hineinpasse.
Den zweiten Platz im viceköniglichen Harem nimmt die erste Gattin Ismail-Paschas als Mutter des Kronprinzen Teufik-Pascha ein. Indeß übt sie trotz ihres hohen Ranges so viel wie gar keinen Einfluß über ihren fürstlichen Gemahl aus, der sie, die ehemalige Sclavin nimmermehr auf die Höhe, wo sie sich jetzt befindet, gestellt hätte, wäre sie nicht als Mutter des Erbprinzen bestimmt, dereinst die Erste im ägyptischen Reiche zu sein. In der Stelle, welche diese Prinzessin nur dem Namen nach einnimmt, [426] befindet sich Kudschuk-Hanem, die zwar nur die dritte, folglich die „kleine Gemahlin“ des Khedive ist, aber weit mehr über ihren Gatten vermag, als alle seine anderen Frauen, Odalisken und Sclavinnen insgesammt vermögen, obgleich sie nur wenig durch körperliche Reize ausgezeichnet ist. Sie hat aber Geist, viel Geist, eine bei den Orientalinnen höchst seltene Eigenschaft.
Diese Eigenschaft besitzt indeß auch Teufide-Hanem, die älteste Tochter des Khedive, welche sowohl durch Schönheit wie durch Klugheit sich einen Einfluß erworben hat, der sie zur merkwürdigsten Figur unter den Frauen der viceköniglichen Familie macht. Sie hat röthliches Haar, wie die Schönen Tizian’s, ist üppig und dennoch schlank, von hoher Gestalt; Gang und Haltung königlich. Ihr Teint ist so zart und weiß, daß unsere nordischen Damen sie darum beneiden möchten; ihre Züge sind regelmäßig und von merkwürdiger Schönheit. Unter den kühn gewölbten Brauen ihrer hohen, weißen Stirn leuchten zwei große Augen, deren Farbe unbeschreiblich ist, weil sie mit der sehr wechselvollen Stimmung ihrer Eigenthümerin von dem schönsten Blau in’s Graue und Grünliche übergehen. Schöne Augen sind’s, wenn sie milde Blicke ausstrahlen, furchtbare, wenn sie wetterleuchten. Im Freien trägt Teufide-Hanem entweder Brillen oder einen Zwicker. Daran ist sie, wenn sie in ihrem eleganten Coupé mit den riesigen Eunuchen und den grünen, goldgestickten Vorläufern durch die Straßen Kairos saust, leicht zu erkennen. Diese Brillen sind der alten Königin-Mutter ein Gräuel. Kurzsichtigkeit sei Einbildung, sagt sie, und wenn es auch wirklich Augen gäbe, die nicht viel sähen, so sei das noch immer kein Grund, solche abscheuliche Gläser zu gebrauchen. Alle mohammedanischen Frauen hätten bisher ohne Brillen gelebt und wären glücklich gewesen, und so könne auch Teufide-Hanem ein Gleiches thun. Eine gute Muslimin brauche überdies gar nichts von dem zu sehen, was auf der Straße vorgeht. Diese Meinung scheint nun die ägyptische Königstochter nicht zu theilen. Sie lehnt sich während der Spazierfahrt nie in die Polster ihrer Equipage zurück, sitzt immer ganz aufrecht und mustert die Vorübergehenden mit hohem Interesse. Es sind dies ja auch ihre Unterthanen, deren Geschicke sie, so wunderbar dies auch klingen mag, nicht selten leitet. Ihrer besonderen Aufmerksamkeit erfreut sich ihr Gemahl, über dessen Lebensweise sie bis in die geringfügigste Einzelheit sich unterrichten läßt.
Diese Eifersucht soll ganz ungerechtfertigt sein, denn der dicke Pascha, welcher das Glück hatte, die ägyptische Khedivetochter zu ehelichen, habe, so sagen kundige Leute, gar nicht die Schwäche, sich anderen Frauen zuzuwenden, eine Schwäche, welche zu haben ihm als Gemahl einer fürstlichen Frau auch gar nicht gestattet wäre.
Teufide-Hanem wurde mit Manßur-Pascha, dem Sohne eines Neffen Mohammed-Ali’s, im Jahre 1868 vermählt, als sie selbst achtzehn Jahre zählte. Sie schenkte ihrem Gatten in diesem ersten Jahrzehnt ihrer Ehe drei Kinder, von denen die beiden ersten zwei ungemein reizende Geschöpfe sind. Wer diesen lieblichen Kindern begegnet, wenn sie in ihrer prächtigen offenen Equipage mit ihren Miniaturlakaien spazieren fahren, bleibt unwillkürlich stehen, um die blonden zierlichen Geschöpfe zu bewundern.
Der Luxus Teufide-Hanem’s, oder Madame Manßur-Paschas, wie sich die ägyptische Königstochter sehr gern nennen läßt, grenzt an’s Fabelhafte, an’s Haarsträubende. Wie alle orientalischen Frauen ist Teufide-Hanem ungemein launisch. Bildet sie sich ein, es sei in den Gemächern ihres Gatten weit kühler, als in den ihrigen: flugs müssen dann die zahllosen Möbel ihrer zahllosen Gemächer von dem ersten Stocke in das Erdgeschoß hinunter- und die Ausstattung desselben hinaufgeschafft werden, und zwar in einem Tage. Hört sie von irgend einem in Paris aufgetauchten Stoffe, dessen Nuance oder Gewebe neu ist, so müssen sofort Möbel herbeigeschafft werden, die aus dem neumodischen Stoffe verfertigt sind. Und was für Möbel! Ebenso geht es mit den Toiletten, den Tischgeräthschaften, den Wagen, dem Geschirre der Pferde, kurz mit Allem im Hause und in den Stallungen. Die sogenannten alten Möbel und Geräthe werden in die Daira geschafft, wo alle verpönten Einrichtungen der viceköniglichen Paläste aufgestellt werden. Aus dieser „Rumpelkammer“, in welcher lauter Möbel stehen, wie sich der prachtliebendste Fürst des Abendlandes keine schöneren wünschen könnte, erhalten die Ministerien, die Wohnungen der männlichen und weiblichen Günstlinge des ägyptischen Hofes die glänzendsten Ausstattungen. Nicht mit Unrecht sagt man, die Hareme verzehrten das Mark Aegyptens.
Die nächsthervorragende Persönlichkeit ist Frau Said-Pascha, die Wittwe des früheren Vicekönigs, des Oheims Ismail-Paschas. Sie war zu Lebzeiten ihres Gatten ebenso einflußreich wie schön; jetzt sind Einfluß und Schönheit bis auf wenige Spuren verschwunden. Ihr Antlitz ist noch immer höchst interessant, und die Art, mit welcher der Khedive mit seiner Tante verkehrt, beweist, daß er in ihr die Gemahlin eines Fürsten ehrt. Ihre Wünsche sind ihm Befehle, und auch sonst widmet ihr Ismail-Pascha immer die zarteste Galanterie. So hat der Khedive z. B. bei dem Wohlthätigkeitsbazar, der zu Gunsten der im „Moskovi-Kriege“ verwundeten türkischen Soldaten unlängst in Kairo stattfand, ein geschlossenes Briefcouvert, welches die Worte „de la part de Madame Veuve Saïd-Pacha“ trug, um eine hohe Summe Geldes erstanden, indem er vor aller Welt erklärte, daß ein Geschenk seiner hohen Tante in keine andere Hand gelangen dürfe, als in die seine. Ismail-Pascha öffnete das Couvert vor Aller Augen. Es enthielt ein Päckchen Charpie, welche sinnig genug an die Verwendung der Summe, die für dasselbe ausgegeben worden, erinnerte.
Durch Liebenswürdigkeit und Anmuth zeichnen sich im viceköniglichen Hause die seit zwei Jahren verwittwete Gemahlin Tussum-Paschas, die goldhaarige Fatma-Hanem, eine jüngere Schwester Teufide-Hanem’s, und die schwarzäugige Faika-Hanem aus, die Schwiegertochter jenes unglücklichen ägyptischen Finanzministers, welcher auf dem Wege nach dem Sudan auf geheimnißvolle Weise aus dem Leben schied. Faika-Hanem wurde unmittelbar nach dem Sturze des Finanzministers von ihrem Gatten geschieden. Wenn sie aber auch die Gemahlin eines Mannes war, dessen Vater von dem Khedive geächtet wurde, so ist sie dennoch im viceköniglichen Palais ein allgemeiner Liebling, eine im Orient allerdings seltsame Thatsache, wo es ja bekanntlich Sitte ist, allen Verwandten eines beim Landesherrn in Ungnade Stehenden den Rücken zu kehren oder sie zu schmähen. „Fliehe eine Mauer, die einfällt, oder die im Begriffe steht, einzufallen!“ das heißt: „Fliehe Denjenigen, den Gefahr bedroht, oder dessen Macht im Sinken ist!“ Nach diesem Sprüchworte richten sich Araber und Aegypter. Die anmuthsvolle Faika hat dies nicht erfahren, weil sie das Adoptivkind der vielgeliebten dritten Gattin des Khedive ist, der selbst der Muttersegen versagt worden. Ismail-Pascha behandelt die von seiner Lieblingsgemahlin an Kindesstatt angenommene reizende Circassierin stets wie sein leibliches Kind, und diese Thatsache ist’s, welche Faika-Hanem von dem Abgrunde rettete, in den der unglückliche Finanzminister sammt seiner Familie stürzte. –
Das sind die hervorragendsten Gestalten des heutigen ägyptischen Königshauses – wie oft ruht das Geschick des so reichen und doch so unglücklichen Landes in ihren weißen, weichen, kleinen Händen! So manche seltsamen Wandelungen der ägyptischen Politik könnte nur Derjenige erklären, welchem die Geheimnisse des viceköniglichen Harems keine Geheimnisse sind.
Wenn wir unser Bett seiner Bestimmung angemessen einrichten wollen, so müssen wir es nicht nur als Ruhestätte, sondern auch als Kleid für die Nacht betrachten. Als Lager für den durch die Tagesarbeit Ermüdeten muß das Bett weich und elastisch genug sein, um nicht durch Druck zu ermüden oder gar zu schmerzen; es muß den Gliedern Raum bieten, sich ungezwungen der Lösung durch den Schlaf hinzugeben, also lang und weit genug sein, um auch Lagerveränderungen zu [427] gestatten; ferner darf es nicht durch Unebenheiten, tiefe Einsenkungen oder schwere Bedeckung solche Bewegungen erschweren oder den Körper in eine gekrümmte Haltung zwängen; endlich darf es die Athembewegungen nicht hindern.
Diese Zwecke verlangen eine nahezu wagerechte Fläche des Lagers, wie sie gute Sprungfeder- oder Drahtnetzmatratzen am sichersten bieten; nur für den Oberleib ist eine mäßig ansteigende Erhöhung gestattet, wie Gewohnheit und manche Brustleiden mehr oder weniger gebieterisch verlangen. Der Kopf liege auf einem ziemlich festen Kissen oder einer Rolle, dick genug, um in der Rückenlage den Kopf etwas gegen die Brust zu neigen, damit das Athmen mit geschlossenem Munde leicht von Statten gehe, und um ihn in der Seitenlage so zu stützen, daß er nicht gegen die untere Schulter hinabzusinken braucht. Die Rückenlage ist im Allgemeinen vorzuziehen, weil in ihr das Athmen am leichtesten von Statten geht (? d. R.); auch die für die Jahre der Entwickelung ihr zuweilen zugeschriebenen Nachtheile sind eher anderen Verhältnissen, namentlich der zu großen Bettwärme zur Last zu legen. In der Seitenlage athmet die untenliegende Brusthälfte weniger, weil sie bei jedem Athemzuge zugleich einen Theil der Körperlast zu heben hat.
Als Nachtkleid soll unser Bett die Körperwärme zusammenhalten, ohne uns zu überhitzen und ohne die Lüftung unserer Hautfläche zu verhindern. Durch den Wärmeüberschuß oder die Abwärme unserer Haut geheizt, soll es uns vor allgemeiner oder theilweiser Abkühlung schützen, Wärmewechsel von der Haut fernhalten, die im Schlafe weniger als im Wachen fähig ist, ihre Wärmeabgabe gemäß den Außenverhältnissen zu verändern. Es muß auch unsere Wärme besser zusammenhalten, als unsere Kleidung im Wachen, weil wir im Schlafe weniger Wärme erzeugen, und weil der Körper im Liegen durch den beständig an seiner warmen Oberfläche aufsteigenden Luftstrom stärker abgekühlt wird, als in aufrechter, gehender, stehender oder sitzender Haltung. Indem nämlich unsere Haut die sie umgebende Luft erwärmt, erzeugt sie innerhalb unserer Kleider wie im Bette einen aufsteigenden Luftstrom, der bei aufrechter Haltung länger mit uns in Berührung bleibt, in liegender dagegen, wo er die Körperachse quer bestreicht, rascher wechselt und daher, gleichwie ein stärkerer Wind oder Luftzug im Freien, der ihn erwärmenden Haut mehr Wärme entführt. Diese Abkühlung fühlen wir auch im wohldurchwärmten Zimmer, wenn wir uns ruhend auf einer Bank oder einem Sopha ausstrecken, und werden durch sie veranlaßt, uns mit einer schützenden Decke zu umhüllen. Derselbe Umstand bewegt uns, bei ungenügender Bedeckung oder im kalten Bett uns zusammenzukauern, weil dadurch die wärmeabgebende Körperoberfläche verkleinert wird.
Wie viel Hindernisse das Bett der Hautabkühlung entgegenstellen soll, das hängt, gerade wie bei den Kleidern, nicht blos von der Außentemperatur, von der Wärme und Bewegung der Luft ab, sondern auch von der individuellen Wärmeerzeugung, die sich einigermaßen durch das Wärmebedürfniß zu erkennen giebt. Einigermaßen – aber keineswegs immer mit genügender Sicherheit. Durch Gewöhnung bringen es nämlich Viele dahin, daß sie erst bei ausbrechendem Schweiße sich wohl fühlen; Andere sind kalt, besonders an Händen oder Füßen, ohne sich dessen so weit bewußt zu werden, daß sie Abhülfe dagegen suchen. Kinder kauern sich nicht immer zusammen, wenn sie im Bette kalt sind, sondern wälzen sich oft umher und werfen ihre Bedeckung ab, was andere nur thun, wenn sie zu heiß werden. Man muß bei ihnen darauf achten, daß sie im Bette sich gehörig warm, weder kalt, noch heiß anfühlen, und je darnach die Umhüllung mehren oder mindern; dadurch werden sie zu richtigem Wärmegefühle erzogen und finden später von selbst ihr richtiges Maß. Die Wärmeerzeugung ist sehr verschieden, denn wohlgenährte, fett- und blutreiche Menschen haben mehr Eigenwärme, als schlecht genährte, magere und blutarme; die Fettumhüllung des Körpers unter der Haut hält die Wärme des Körpers zusammen. Bei starker Körperbewegung wird mehr Wärme erzeugt und abgegeben, als bei ruhender Lebensweise; nach starker Arbeit wird aber vermittelst der stärkeren Blutbewegung durch Lungen und Haut mehr Wärme abgegeben und tritt daher schnellere Abkühlung mit dem Bedürfnisse der Erwärmung durch erregende, wärmende Getränke, stärker geheiztes Zimmer, wärmere Einhüllung ein. Kleine Kinder bedürfen nicht nur wegen ihrer schwächeren Wärmebildung, sondern auch weil sie durch ihre im Verhältnisse zur Körpermasse größere Oberfläche verhältnißmäßig viel Wärme abgeben, dichtere Einhüllung; ebenso auch alte Leute wegen ihrer geringeren Wärmebildung.
Zu warme Betten vermindern den für den normalen Stoffwechsel nothwendigen Gasaustausch durch die Haut, das sogenannte Hautathmen, besser Hautlüftung genannt; durch häufiges Schwitzen verweichlichen sie die Haut und machen dieselbe sehr empfindlich für Erkältungen. Es gilt im einzelnen Falle durch aufmerksame Beobachtung herauszufinden, wie viel Einhüllung jedem Körper gemäß ist, und lieber etwas weniger zu nehmen, als zu viel, statt dessen aber durch gehörige Körperbewegung, Hautpflege und Ernährung nach Möglichkeit für Steigerung der Wärmebildung und dadurch für Verringerung des Wärmebedürfnisses zu sorgen.
Zu unseren Betten werden vorzugsweise diejenigen schlechten Wärmeleiter benutzt, welche in den Zwischenräumen ihrer Bestandtheile beträchtliche Mengen Luft einschließen, ohne deren Durchzug zu verhindern, sodaß beständig frische, aber in jenen Räumen vorgewärmte Luft unsern Körper umspülen kann. Sie gleichen hierin ganz den Kleidern, als deren Aufgabe Pettenkofer nachgewiesen hat, die Geschwindigkeit der Luftströmungen an unserer Haut so weit zu mäßigen, daß sie nicht gefühlt wird, zugleich aber sie vorzuwärmen, sodaß die Abkühlung in die Kleider verlegt, von der Haut entfernt und also nicht empfunden wird: unsere Hautfläche soll im Bett wie in den Kleidern beständig von einer unmerklich bewegten und möglichst gleichmäßig warmen Luft von vierundzwanzig bis dreißig Grad Celsius umgeben sein.
Als Unterlage werden bekanntlich vorzugsweise Stroh, Seegras, Roßhaar, Federbetten, wollene oder wattirte Decken benutzt; sie alle können luftige und in gewissem Grade elastische Lager geben. Frisches, sogenanntes langes Stroh, in einen Bettsack gesteckt, besitzt beide Eigenschaften in hohem Grade, wird aber ziemlich bald fest zusammengedrückt und hierdurch, sowie durch das oft nöthige Aufschütteln, vielfach zerbrochen, giebt dann sehr viel Staub und wird selbst in eine filzige übelriechende Masse verwandelt. Seegras, durch wiederholtes Auskochen und Auslaugen von Salzen und zersetzungsfähigen organischen Stoffen des Meerwassers befreit, entspricht vermöge seiner Kräuselung und größeren Haltbarkeit unseren Anforderungen besser, muß aber ebenfalls öfter aufgelockert und in freiem Luftzuge, wo möglich im Sonnenschein, sorgfältig wieder getrocknet werden. Gekräuseltes Roßhaar giebt bekanntlich eine sehr widerstandskräftige, zugleich luftige und trockene Unterlage, deren allgemeinster Anwendung nur ihr hoher Preis widerstrebt. Federbetten von weichen jungen Federn, wenn sie nicht zu dick sind, verdienen keineswegs das Verdammungsurtheil, welches in Hinsicht auf die urväterlichen Kolosse von Federbetten vollkommen berechtigt ist. Jene sind weich, luftig, schmiegen sich den Körperformen gut an, schützen gegen Druck und halten die Wärme gut zusammen. Nur die dicken Betten lassen von vornherein wenig Luftdurchzug zu und saugen sich voll von Ausdünstungen, deren organische Bestandtheile nebst Wasser sie mit großer Zähigkeit festhalten; hierdurch werden sie dann vollends undurchgängig, und indem sie Schweiß erzeugen und zurückhalten, umgeben sie den Schlafenden mit ungesunden Dünsten und oft mit Ansteckungsstoffen. Für kleine Kinder und magere alte Leute sind gute Federbetten ganz unentbehrlich, während sie für gesunde und kräftige Leute, namentlich für die heranwachsende Jugend, als zu erhitzend, mit Recht verworfen werden. Außerdem haben die Federn die sehr unangenehme Eigenschaft, sich durch den Gebrauch in sehr kleine Theilchen, sogenannte Daunen oder Dunen zu spalten, welche jede Umhüllung durchbohren und die Luft mit lästigem, für die Athemwerkzeuge schädlichem Staube erfüllen.
Um das Unterbett, namentlich dünnere Roßhaarmatratzen, wärmer zu machen, legt man, wenn es nöthig ist, wollene oder wattirte Decken darauf, was einen großen Vortheil bietet. Man kann um so mehr die einzelnen Betttheile leicht und handlich wählen, damit sie durch Lüften, Ausklopfen, Sonnen, durch künstliche Erwärmung oder durch Waschen bequemer gereinigt werden können. Zu dem gleichen Zwecke ist, nach englischer Sitte, der Gebrauch langer bis auf die Füße reichender Flanellhemden empfehlenswerth.
Zur Vermehrung seiner Elasticität und um es luftig zu erhalten, darf das Lager, aus welchen Stoffen es auch bestehen möge, nicht auf einer festen und für Luft undurchlässigen Unterlage [428] gemacht werden, also weder auf dem Fußboden, noch auf einem Bretterboden des Bettgestelles. Man stellt vielmehr letzteres auf Füße von der Höhe, daß man sich bequem auf den Bettrand setzen und also leicht niederlegen und aufstehen kann, und giebt ihm einen aus Gurtenflechtwerk oder aufgespanntem starkem Leinen bestehenden Boden; weit besser, sowohl luftiger als elastischer, sind die leider für Unbemittelte zu theuren Springfeder- und Drahtnetzmatratzen. Letztere, mit zusammenklappbaren eisernen Gestellen, sind besonders empfehlenswerth, wo der Raum der Schlafstätte bei Tage anderweitig benutzt werden muß, da das ganze Bett sich leicht beseitigen läßt.
Zur Bedeckung des Körpers dienen am besten wollene oder wattirte Decken; für die Füße, welchen mehr Zusammenhalten der Wärme nöthig ist, so wie für kleine Kinder und unter Umständen für magere, schlecht genährte Leute, auch möglichst leichte, mit einem dichten Ueberzuge versehene Federbetten. Mehrfache Decken bieten den großen Vortheil, daß die Bedeckung durch Herausziehen oder Zurückschlagen einzelner leicht dem verschiedenen Wärmebedürfniß und dem Wechsel der Außenwärme angepaßt werden kann.
Während es zweckmäßig ist, die Füße warm zu halten und vor der Berührung der Bettlade zu schützen, welch letztere ebenso wie kalte Füße den Schlaf stört, häufig auch Fuß- und Wadenkrampf veranlaßt, besonders nach Anstrengungen der Beine, muß der durch reichliche Blutzufluß besser erwärmte Kopf eher kühl gehalten werden; ihm dient deshalb eine ziemlich feste Unterlage von Roßhaar, durch die auch bei Kindern der durch Ueberhitzung entstehenden Gehirnreizung und dem Kopfschwitzen entgegengewirkt wird. Der kühl gehaltene Kopf erwacht Morgens frischer, auch werden die Augen durch Erhitzung in Federkissen oft trübe und angegriffen; nur Kahlköpfigen, die bei Tage an den Schutz einer Perrücke gewöhnt sind, ist eine wärmende Schlafmütze gestattet, bei empfindlicher, zu rheumatischen Schmerzen geneigter Haut wohl gar anzurathen. Ebenso werden die kahlen Köpfe kleiner Kinder zweckmäßig durch ein leichtes Häubchen vor der wechselnden Wärme und örtlicher Abkühlung durch Luftzug geschützt; lästige, oft sogar durch Erschwerung des Saugens gefährliche Schnupfen werden nicht selten durch vorzeitige Abhärtungsversuche hervorgebracht und weichen erst, wenn der mangelnde Schutz des Haares durch gelinde, nicht erhitzende Einhüllung des Kopfes ersetzt wird.
Alle zur Herstellung unserer Betten gebrauchten Stoffe sammeln nicht nur Staub, sondern auch die Bestandtheile der menschlichen Ausdünstungen, Wasser, Schweiß, Hauttalg und Oberhautschüppchen, auch Ansteckungsstoffe von Krankheiten, und geben dies mehr oder weniger leicht bei Erschütterungen, wie beim Bettmachen, beim Auf- und Zudecken, oder bei Erwärmung (an den Darinliegenden) wieder von sich. Auch findet bekanntlich Ungeziefer verschiedener Art seine Schlupfstätten und Brutwinkel darin. Deshalb ist tägliche Lüftung, häufiges Ausklopfen, gründliches Trocknen im Sonnenschein, zuweilen Ausschwefeln oder Ueberhitzung (zur Zerstörung von Ansteckungsstoffen und Ungeziefer), so weit es möglich ist, also bei Betttüchern, Ueberzügen und Decken, auch Waschen (nöthigenfalls mit Lauge, Chlorwasser oder anderen desinficirenden Mitteln) nothwendig.
Daß Bettschränke, Bettladen und Schlafdivans, in welche die Bettstücke gleich nach der Benutzung Morgens eingepackt werden, alle solche Verunreinigungen zusammenhalten, ist selbstverständlich; aber auch die leider noch sehr allgemeine Sitte, das Bett gleich Morgens zu machen und mit einer dichten „Staubdecke“ zu belegen, führt zu dem gleichen Uebelstande, der nur schlecht gewöhnten Riechnerven gleichgültig sein kann. Zur täglichen Reinigung und Lüftung der Betten gehört, daß jedes Stück Morgens tüchtig ausgeschüttelt oder geklopft und einem möglichst kräftigen Luftstrom ausgesetzt werde. Ringel, Ständer oder reckartige Vorrichtungen an dem freistehenden Ende der Bettstelle, über welche das Oberzeug zurückgeschlagen wird, sind höchst zweckmäßig und überall leicht anzubringen. Daß beim Bettmachen Fenster und Thüren geöffnet sein müssen, um Staub und schlechte Luft hinauszulassen, daß im Schlafzimmer überhaupt möglichst wenig Staub und Unreinigkeit geduldet werden dürfen, da all dergleichen in die Betten eindringt und von ihnen festgehalten wird, ist ebenfalls selbstverständlich.
Um die Betten von noch nicht an Reinlichkeit gewöhnten Kindern, sowie von gewissen Kranken gegen Durchnässung und Beschmutzung zu schützen, haben die wasserdichten Einlagen von weichem Gummizeuge rasch eine große Verbreitung erlangt. Abgesehen davon, daß diese Schutzdecken nicht gar selten der Unreinlichkeit und Bequemlichkeit (oder Faulheit der Wärterinnen) Vorschub leisten, klebt ihnen der Uebelstand an, daß sie für Luft undurchgängig sind und neben anderen Ausscheidungen auch Hautausdünstung und Schweiß auf ihrer Fläche zurückhalten. Derselbe Vorwurf ist den für die Krankenpflege häufig unentbehrlichen Luft- und Wasserkissen zu machen. Außer der strengsten Reinlichkeit, häufigem Abtrocknen (auch der Haut) und öfterem Wechseln der Unterlagen ist deshalb stets ihre Bedeckung mit dickem oder mehrfach zusammengelegtem Leinen nothwendig.
Die Bettstellen sollen nur aus gut geöltem, mit Firniß überzogenem oder polirtem, möglichst hartem und gut gefugtem Holz oder aus Eisen bestehen und keinen festen Boden haben. Manches Holz ohne Ueberzug nimmt Staub und Feuchtigkeit, auch wohl Ansteckungsstoffe auf und ist der Zerstörung durch Holzwürmer ausgesetzt; schlechte Fugen könne außerdem Ungeziefer und dessen Brut beherbergen. Himmelbetten sind als Aufspeicherungsanstalten für Staub u. dergl. m., sowie als Verhinderer ausreichender Lüftung bei Nacht und bei Tage anzusehen und deshalb nur ausnahmsweise, in besonders großen, gut gelüfteten Zimmern und bei peinlichster Reinlichkeit zuzulassen.
Als sich zu Anfang des 16. Jahrhunderts die Banden beutelustiger Spanier über den neuen Continent ergossen, waren sie erstaunt, auf den Vorbergen des mexicanischen Hochlandes, wo sie sich nach Durchwanderung des feucht-heißen Küstenstriches zum ersten Male wieder an frisch sprudelnden Quellen erlaben konnten, zwei Pflanzenformen bei einander zu finden, die sie, als Vertreter sehr verschiedener Klimate, sonst nur an räumlich weit aus einander liegenden Punkten zu sehen gewohnt waren: Palmen und Nadelhölzer, Palmeta und Pineta. Die ersteren hatten sie zuvor nur in dem sonnenglühenden Afrika oder in dem südlichsten schmalen Küstenstriche ihrer Heimath, die letzteren auf den unwirthlichen Höhen ihrer Sierras, oder, wenn das Kriegsgeschick den Einen und Andern schon weiter verschlagen, in den jedem Südländer doppelt fremd erscheinenden europäischen Norden gefunden. Hier aber, auf dem Boden der neuentdeckten Welt, standen sie Stamm an Stamm: die mächtige, stolz aufgeschossene Pinie und in deren Schatten die zierliche Palme mit den schwanken, dicht befiederten Wedeln, sodaß dieselbe Brise, welche diese letzteren zerzauste, auch die mächtigen, quirlständigen Candelaberäste der Araucaria, jener hundert bis hundertfünfzig Fuß hoch wachsenden Coniferen- (Nadelholz-) Gattung, erzittern machte.
Die merkwürdige Vereinigung dieser beiden Pflanzen ist indessen keineswegs auf die neue Welt, oder gar auf jene mexicanischen Hochlande beschränkt; überall, wo innerhalb der Tropen oder der nächst angrenzenden Zone durch eine größere Erhebung über den Meeresspiegel, sowie durch reichliche atmosphärische Niederschläge die hauptsächlichen Bedingungen zu dem Gedeihen beider Formen erfüllt sein werden, müssen sich dieselben vorfinden; so in Indien an den Abhängen des Himalaya, und so in den Südprovinzen von Brasilien, wo hinter dem bis auf sechstausend Fuß sich erhebenden Küstengebirge ein breites Hochland mit einer mittleren Erhebung von zweitausend Fuß gegen die gewaltige Rinne des Paraná und Uruguay allmählich sich niedersenkt.
Wenn wir bei unseren Forschungsreisen auf dem Iguassúflusse in der brasilianischen Provinz Paraná einige der überall herumliegenden dürren Endbüschel der Araucarienäste brennend
[429] in das entleerte Zelt schleuderten, um die durch den starken Thau feucht gewordenen Leinwandzelte ’ zu trocknen, so hatte vielleicht keine fünfzig Schritte davon entfernt einer der Köche eben eine schöne Palme gefällt, um sich des jüngsten Triebes, des sogenannten Palmits oder Palmkohles, zu culinarischen Zwecken zu bedienen.
Es ist überhaupt ein interessantes Stück Land, jener an der Grenze der Tropen gelegene Theil der großen transatlantischen Monarchie, wo sich hinter dem breiten Waldgürtel, welcher längs der Küste sich hinzieht und die Abhänge der Serra do Mar bedeckt, die herrlichen Prairien der Campos geraes entrollen, gleichsam als Vorspiel zu den unabsehbaren Pampas der argentinischen Republik. Während weiter nach Süden die Hügel niedriger und niedriger werden, um an den Ufern des eigentlichen La Plata in der trostlosesten Graswüste gänzlich zu verschwinden, erfreuen in jenen Breiten noch kühne Bergformen des Wanderers Auge, oft von mächtigen, wild ausgezackten, an ausgedehnte Burgtrümmer erinnernden Sandsteinnrissen gekrönt, und die Einförmigkeit des graugrünen Grasteppichs wird noch da und dort durch scharf abgegrenzte Waldinseln unterbrochen, die einen Umfang haben, der zwischen wenigen hundert Schritten und einigen Meilen schwankt.
Diese Waldinseln oder Capoes de Mato, wie die Brasilianer sie nennen, erheben sich meistens in den Thalmulden und kleineren Einsenkungen des Bodens, wo die zwischen dem darunterliegenden felsigen Gerüste und den oberen Erdschichten rinnenden Wasser auch während der trockenen Jahreszeit noch einen gewissen Grad von Feuchtigkeit zu unterhalten im Stande sind; seltener sieht man sie auf den eigentlichen Rücken der Hügel, wo sie den Winden zu sehr ausgesetzt sind.
Auf diesen wellenförmigen Plateaus scheinen die zum Gedeihen der Palmen und Nadelhölzer nothwendigen Bedingungen vollständig vorhanden zu sein, trotz der in den Monaten Juni, Juli und August öfters unter den Gefrierpunkt sinkenden Temperatur, denn unter dem breiten Schirmdache ausgedehnter Araucarienwälder schaukeln mehrere Arten von Palmen ihre stolzen Wipfel, und zu ihnen gesellen sich, besonders an den Ufern der Bäche, die zarten Fiederkronen der verschiedenartigsten Baumfarne, jener, nächst den Palmen, schönsten aller Pflanzenformen, deren mit bronzefarbenen Borsten und Schüppchen dicht bedeckte, wie das Ende eines Krummstabs spiralförmig aufgerollte Triebe im Centrum der breiten Wedel einen so seltsamen Anblick darbieten. Dazu üppig schwellende Moose, aus deren feuchtem Schooße fingerdicke Schachtelhalme hervorsprießen, dichtverwachsene Bambusarten und dergleichen: dies Alles vollendet ein Vegetationsbild, wie es eigenthümlicher, urwüchsiger nicht gedacht werden kann.
Diese Zusammenstellung von Pflanzenformen gewinnt jedoch ein noch höheres Interesse, wenn wir uns erinnern, daß die Reste jener üppigen Vegetationsdecke unseres Planeten, welche uns in den Steinkohlenflötzen erhalten sind, im Allgemeinen eine analoge Zusammensetzung zeigen. Der Anblick der vorgeschichtlichen Urwälder, wenn es je einem menschlichen Auge vergönnt gewesen wäre, sie zu schauen, muß im großen Ganzen ein ähnlicher gewesen sein, ehe sie entwurzelt und von gewaltigen Fluthen in den Buchten einer tausendfältig zerrissenen Inselwelt zusammengeflößt, schichtenweise von Sand und Schlamm überlagert wurden und unter der Einwirkung eines bedeutenden Druckes im Laufe der Jahrtausende jenen merkwürdigen Proceß durchmachten, durch welchen uns der an denselben enthaltene Kohlenstoff in beinahe reiner Form erhalten wurde. – Sieht man doch an den Zuflüssen des Paraná sowohl wie an denen des Amazonas auch heute noch häufig genug dieselben Anhäufungen vegetabilischer Stoffe; dort weilt das Auge auf Hunderten riesiger Cederstämme, auf schlanken Palmen und vielknotigem Bambus, und der achtlos aus dem [430] Boote an’s Land Springende sinkt bis zum Knie in die Anschüttung loser, halbverwester Blätter, die kaum mit einer dünnen Schlammschicht bedeckt sind. Diese Pflanzenscenerie giebt uns ein, wenn auch nur annäherndes Bild von der Art und Weise, wie im ewigen Haushalte der Natur die gewaltigen Magazine jenes Brennstoffs gebildet wurden, ohne welche heutzutage unsere gesammte Industrie, in ihrer dermaligen Entwickelung wenigstens, unmöglich bestehen könnte.
Auch Brasilien ist reich an mächtigen Kohlenlagern, doch ist natürlich bei dem jetzigen Mangel an Arbeitskräften keine Rede von einer Ausbeutung derselben. Bleiben doch noch so viele andere Schätze des Landes unbenutzt im Schooße der Erde liegen oder verfaulen im Dunkel der Wälder, und führt doch sogar das im Allgemeinen so holzreiche Brasilien jährlich für viele Tausende schwedisches, russisches und canadisches Tannenholz ein, da dies bis jetzt billiger und leichter zu beschaffen war als das einheimische. Erst in neuerer Zeit hat sich eine Gesellschaft gebildet, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, die mächtigen Nadelwälder der Südprovinzen in rationeller Weise auszubeuten und dem in seiner Weise ausgezeichneten Araucarienholz die gebührende Geltung zu verschaffen.
Das Palmholz, obgleich meist aus nicht allzu fest zusammenhängenden dunkeln, hornartigen Fasern bestehend, findet in der Form gerissener Latten bei der Construction der Palmblattdächer sowie bei derjenigen der leicht aufgeschnürten Fußböden der Hütten, eine viel allgemeinere Verwendung. Die Palmen haben die härtesten, dichtesten Fasern unmittelbar unter der Rinde und nach der Mitte zu eine weichere, porösere Masse, während die Nadelhölzer nach dem Kerne zu fester werden.
Bei alledem besteht eine gewisse Aehnlichkeit im Charakter, im ganzen Habitus der beiden sich eigentlich so fern stehenden Pflanzenformen. Sie ist wohl in dem ihnen beiden gemeinsamen, gerade aufstrebenden Stamm, der Einfachheit und Symmetrie der ganzen Anlage, sowie dem Erwecken einer schwermüthigen, elegischen Stimmung zu suchen, die ja auch, was die Tanne anbetrifft, bei uns in zahlreichen Volksliedern schon ihren Ausdruck gefunden hat.
Wer je einen einsamen Ritt über die lautlosen Campos gemacht hat und in der Ferne eine der eben beschriebenen Waldinseln aus dem einförmigen Graugrün der grasbedeckten Hügel auftauchen sah, der wird diese Aehnlichkeit herausgefunden haben und sich sicher auch einer gewissen poetischen Melancholie nicht haben erwehren können. Wie ein Meer dehnt sich die wellige Ebene ringsum: kein Haus, keine Hütte weit und breit, kein Vogel, kein sonstiges Thier zu sehen oder zu hören außer ein paar Grillen, die rastlos ihr Abendlied zirpen. Am fernen Horizont zeichnen sich die von der Abendgluth golden angestrahlten Kuppen der Araucarien scharf gegen das helle Firmament, während die Wipfel der weniger hohen Palmen schon halb im Schatten liegen, bis die schnell hereinbrechende Nacht Alles in ihren Schleier hüllt und der Reiter ein nothdürftiges Unterkommen in einer halb verfallenen Hütte findet oder sein Pferd am Waldrand anbindet, um sich auf die Satteldecken zu strecken, den klaren Sternenhimmel als einziges Schutzdach.
Die Ungleichheit der Menschen, wie sie in Eintheilung von Kasten, Ständen und Classen künstlich geschaffen, ist noch niemals von der Weisheit der Natur anerkannt und respectirt worden. Der Trost aller in der Niedrigkeit Geborenen ist es vielmehr, daß Glück, Fleiß, Talent, Genie, eigene Kraft sie zu den Höhen der Menschheit empor zur heben vermögen, wie anderseits erlauchte Geschlechter, welche Kronen getragen, sich in ihren Nachkommen wieder in das Dunkel der menschlichen Gesellschaft verloren haben. Der Letzte des alten kaiserlichen Geschlechts der Komnenen starb vor einigen Jahren zu Mailand in Noth und Elend auf einem Strohsacke; ein Urenkel König Edward des Zweiten war Schlächter, ein anderer Zolleinnehmer, und ein Urgroßsohn Cromwell’s ehrbarer Gewürzkrämer in London. Zahllos sind die Beispiele von Emporkömmlingen, die, aus elenden Hütten hervorgegangen, zu Ruhm und unsterblicher Größe gelangten. Was die Geschichte unter Anderem von solchen Menschen erzählt, die aus der Bescheidenheit der Barbierstube sich emporhoben oder gehoben wurden zu Macht, Glanz, Verdienst und schöpferischer Thätigkeit nach den verschiedensten Seiten hin, bietet überraschende Thatsachen dar.
Niedriger war noch bis in die neueste Zeit kein Handwerk angesehen, als das der Barbiere. Wie sie einst nur Sclaven und Diener waren, so wurde ihr Geschick im Bartscheeren, Haarordnen, im Reinigen der Körper Anderer, in allerlei Hülfsleistungen mit Bürste, Messer und Scheere, nicht anders denn als gemeine Bedientenarbeit aufgefaßt. Erst im elften Jahrhundert, als im westlichen Europa die Bärte so vervehmt worden, daß Niemand mit einem solchen in den Ritterstand erhoben werden sollte, entstand überall eine Vermehrung der Barbiere in den Städten, welcher Umstand dann nach Vorbild der anderen Handwerkszünfte zur Bildung einer corporativen Vereinigung auch der Barbiere führte. Mit ihrer Beschäftigung hing oft das Unterhalten von Badestuben zusammen, deren Benutzung ja im Mittelalter so allgemein war, daß jedes Gewerk an einem bestimmten Tage in der Woche seine Gesellen dahin schicken mußte. Indessen währte es doch bis 1548, daß in Deutschland die Barbiere und Bader vom Reichstage zu Augsburg für frei und zünftig erklärt wurden, wenn ihr Gewerbe auch für ein anrüchiges und niedriges weiter galt. Der Kaiser Leopold erst erklärte die Profession der Barbiere, nachdem sie auch einen ausgeprägteren chirurgischen Charakter angenommen, für eine Kunst und schrieb ihnen als Meisterstück nicht mehr das Scheerenschleifen, sondern die Salbenbereitung und ein anatomisches Examen vor. In Frankreich trennten sich Wundärzte und Perrückenmacher bald von einander; die einen durften ein gelbes, die anderen nur ein weißes Becken vor ihrer Stube aushängen. Doch in Deutschland blieb die Verbindung aller dieser Beschäftigungen zunftmäßig bestehen, und ein Wundarzt mußte z. B. sieben Jahre lang erst Barbier gewesen sein. Die Barbier- und Bader-Ordnungen in den verschiedenen Staaten umschlosen auch die Vorschriften für die Wundärzte, die „den zum Ebenbild Gottes erschaffenen menschlichen Leib unter Händen zu curiren“ haben.
Aus solch einem armseligen Baderstübchen zu Augsburg trat bekanntlich die liebliche Erscheiung der Agnes Bernauer hervor, um als Herzog Albrecht’s von Baiern Geliebte und Gemahlin auf Burg Straubing eine kurze Zeit fürstlichen Glückes zu genießen, bis die Tücke des herzoglichen Vaters sie überfallen und als Zauberin ihr den Proceß machen ließ. An einem Octobertage des Jahres 1435 schleppten die Henkersknechte das schöne Weib gebunden nach der Donaubrücke und warfen sie vor allem Volke in die Fluthen. In Grimm und Schmerz raste ihr Gemahl über diese Unthat seines Vaters, und zeitlebens weihte er ihr ein fromm Gedenken; noch bis heutigen Tages singt das Volk von der Liebe und dem tragischen Geschicke der Baderstochter von Augsburg, und von mehr als einem deutschen Dichter ist sie auf unseren Bühnen verewigt worden.
Fast um dieselbe Zeit wurde in Florenz ein Barbier Namens Burchiello berühmt, weil in seiner Stube sich ein gelehrtes und vornehmes Publicum einfand, das beim Rasirtwerden und Haarestutzen ähnliche interessante Gespräche mit dem witzigen Manne hielt, wie Sokrates und Perikles einst mit dem Schuster Simon in Athen. Der große Cosmo von Medici ließ diese Barbierstube sogar in einem Gewölbe seiner Gallerie bildlich darstellen; eine Seite dies Gemäldes zeigt, wie Burchiello barbirt, die andere, wie bei ihm musiciert und gedichtet wird. Denn er genoß auch als ein Dichter von Satiren, launigen Räthseln und Burlesken im lüsternen Charakter des Boccaccio eines allgemeinen Rufes.
In Deutschland lebte als Zeitgenosse Burchiello’s der Barbier Hans Volz in Nürnberg, welcher zu den berühmtesten der dortigen Meistersinger gehörte und den Fastnachtspielen eine vollkommenere Gestalt verlieh. In gereimten Volksschwänken wetteiferte er mit
[431] dem Schuster Hans Sachs, dessen Freund und Lehrer er war und mit dem zusammen er für die volksthümliche Aufnahme der Reformation und die Verbreitung der Buchdruckerkunst als eines Culturmittels wirkte.
Einen anderen geschichtlichen Namen hat sich der Barbier Olivier le Daim gemacht, der erste Barbier des adelsfeindlichen und henkerslustigen Königs Ludwig des Elften von Frankreich, sein Kammerdiener, Vertrauter, Rathgeber und allmächtiger Günstling bis zum Tode. Im Jahre 1474 schenkte ihm der König den Adelsbrief, wodurch Olivier seinen Namen le Mauvais in den le Daim (Damhirsch) verwandelte; dann fielen ihm die Güter des hingerichteten Grafen von Meulan zu, dessen Namen er sich damit anmaßte. Einige Jahre später erhielt er auch den Wald von Senart und wurde vom König als sein Gesandter an die Prinzessin von Burgund nach Gent geschickt.[1] Kaum war Ludwig der Elfte todt, als es ihm an den Kragen ging; er wurde „wegen verschiedener großen Verbrechen“ am 24. Mai 1484 gehenkt.
Wie Christian der Zweite von Dänemark einige Jahrzehnte später den ländergierigen und mit dem armen Volke kokettirenden Ludwig den Elften von Frankreich nachahmte, so hielt er sich auch als vertrautesten Günstling einen Barbier, den verschmitzten Slaghoek. Christian hatte eine holländische Aepfelhökerstochter, die schöne Düveke, zur Geliebten; deren Mutter und ihr Oheim, nämlich Slaghoek, waren es nun, die seinen Ministerrath und das geheime Cabinet bildeten, um seiner blutdürstigen Grausamkeit und Gewaltthätigkeit schändlichen Beirath zu leisten.
In edelster Art hebt sich im sechszehnten Jahrhundert gegen diese höfischen Günstlinge der französische Wundarzt Ambrosius Paré ab, ein berühmtes Beispiel von unermüdlicher Lernbegierde und Ausdauer. Ein armer Barbierssohn, wurde er selber aus Liebe zur chirurgischen Kunst Lehrling eines Barbiers. Darauf ging er nach Paris, um zu studiren, wohei er immer noch sein Brod mit Zähneausziehen, Bartschneiden und Aderlassen verdiente. Endlich kam er als Assistent in’s Krankenhaus Hôtel-Dieu und wurde bald der erste Operateur daselbst. Als Feldscherer ging er zur Armee, um als der berühmte Reformator der Chirurgie zurückzukehren, denn er verwandte die Hülfsmittel seines feurigen und eigenartigen Geistes auf Verbesserungen der Wundarzneikunst und wissenschaftliches Vorgehen bei den Operationen. Bis dahin waren die Wundärzte die Quäler ihrer Opfer; durch Paré wurden sie ihre Schützer und Retter. Um die Blutung aus Schußwunden zu stillen, griff man damals zu dem barbarischen Mittel, sie mit kochendem Oele zu verbinden. Die Wunden brannte man mit glühendem Eisen aus, die Amputationen machte man mit rothglühendem Messer. Paré verwarf bald alle diese herkömmlichen Mittel und behandelte die Verwundeten durch milde, erweichende Verbandmittel auf die glücklichste Weise; ebenso erfand er die Arterienunterbindung, welche nun an die Stelle der Glüheisen trat. Die Armee segnete ihn, der König dankte ihm und ernannte ihn zum Leibwundarzte trotz der Lästerungen, welche die Pariser Aerzte gegen den Neuerer schleuderten, der ohne jede Kenntniß von Latein und Griechisch war. Drei französischen Königen diente er als Leibwundarzt, er selbst aber nannte sich nicht anders, denn erster Barbier des Königs Heinrich des Zweiten und Karl des Neunten. Den Rest seines Lebens verbrachte er, hochgeehrt, mit Studien und im Wohlthun, sowie in Beschreibung seiner chirurgischen Erfahrungen in achtundzwanzig Büchern. Als die Bartholomäusnacht beschlossen war, schickte vor Einbruch derselben Karl der Neunte nach Paré, dem Protestanten, und befahl ihm, während der Nacht im Palast zu bleiben und denselben ja nicht zu verlassen, „da es unvernünftig sei, daß Jemand, der so viele Menschen das Leben gerettet, selbst niedergemetzelt werden solle.“ Auf solche Weise entkam Paré den Schrecken der Blutnacht, welche der König bekanntlich selbst in Scene gesetzt hatte.
In England ging aus der Barbierstube der berühmte Theologe Jeremy Taylor im 17. Jahrhundert hervor, einer der glänzendsten Kanzelredner der englischen Kirche, ein Muster an tugendhaftem Lebenswandel, Bischof von Down und Connor, Mitglied des irischen Geheimen Raths und Kanzler der Universität Dublin. Ebenso ein Jahrhundert später der Romanschriftsteller Tobias Smollet, der als Heilgehülfe nach London kam, mit einem von ihm verfaßten Trauerspiel in der Tasche. Erst da er als Wundarzt keine ihm passende Stellung finden konnte, warf er sich mit seiner reichen, wenn auch nicht durchgebildeten Phantasie der Literatur in die Arme.
Im 18. Jahrhundert sind überhaupt Barbiere mit besonderem Glück gesegnet gewesen. L’Estocq war eines Baders Sohn und gelernter Barbier an Celle. Jung ging er nach Petersburg, welches damals durch Peter den Großen eine starke Lockung für abenteuerliche Geister geworden war. L’Estocq kam in der That in die Dienste des Czaren, wurde Leibwundarzt desselben und sein Vertrauter. Später nahm er eine gleiche Stellung bei der Großfürstin Elisabeth ein, und als ihr Günstling leitete er die Verschwörung, welche 1741 diese Prinzessin zur Kaiserin machte. Er stieg dafür zum Wirklichen Geheimen Rath, ersten Leibarzt und Director aller medicinischen Anstalten und zum Grafen empor, entging aber auch nicht dem Wechsel des Glücks, den die meisten der gleichzeitigen russischen Günstlinge erfuhren. Jahrelang lebte er in der Verbannung, aller Ehrenstellen verlustig erklärt, bis Peter der Dritte ihn zurückrief und ihm die alten Aemter zurückgab.
Auch der berühmte Erfinder der Spinnmaschine, Richard Arkwright, war ursprünglich Barbier; er hatte niemals einen Schulunterricht genossen. In Bolton bewohnte er einen Keller, über dem er ein Schild anbringen ließ mit der Aufschrift: „Kommt zum unterirdischem Barbier! Er rasirt für einen Penny.“ Später lockte er sich Kundschaft mit der Schildtafel an: „Sauberes Rasiren für einen halben Penny.“ Dann legte er sich auf die Perrückenmacherei und hausirte erfolgreich mit Haarfärbemitteln. Ueber der Liebhaberei, Maschinen, namentlich auch das Perpetuum mobile zu erfinden, verarmte er wieder; es glückte ihm jedoch, das Modell einer Spinnmaschine herzustellen und nach vielen Elend und vergeblichen Anstrengungen einen Mann zu finden, der mit ihm ein Theilhabergeschäft auf Grund der Spinnmaschine einging. Im Jahre 1769, gerade als Watt die Dampfmaschine erfand, errichtete Arkwright eine Baumwollenfabrik in Nottingham, die mit Pferden betrieben wurde. Jahrelang blieb es damit nur bei Versuchen, ja, der aufgehetzte Pöbel zerstörte ihm seine Fabrik, und sein Patent wurde durch seine Feinde gerichtlich umgestoßen.
„Jetzt haben wir den alten Barbier endlich todt gemacht!“ riefen sie darauf schadenfroh hinter ihm her.
„Thut nichts,“ entgegnete er ihnen kühn; „ich habe noch ein Rasirmesser übrig, um Euch Alle zu barbiren.“
In der That, bald gründete er neue und große Fabriken und wurde durch seine Spinnmaschine ein reicher Mann, der Gründer eines neuen Fabriksystems in England. Im fünfzigsten Jahre lernte er erst ordentlich lesen und schreiben. Er starb als High-Sheriff der Grafschaft Derbyshire und nachdem er von Georg dem Dritten zum Ritter ernannt worden war.
Mit Fug und Recht kann man auch Schiller’s Vater zu den Barbieren rechnen. Im Militärdienst hießen dieselben, wie bekannt, Feldscherer, und als solcher hatte Johann Kaspar Schiller sich von den Oesterreichern anwerben lassen. Nach ausgedienter Zeit 1749 kam er nach Marbach am Neckar und ließ sich daselbst seiner Schwester zu Gefallen und aus Liebe zu Dorte Kodweis, der Bäckerstochter, als Wundarzt nieder. In Ludwigsburg legte er deswegen am 11. Juli das vorschriftsmäßige Examen ab, welches nach der württembergischen Barbier- und Baderordnung vor verordneten Medicis und, „zwey bei der fürstlichen Cantzley beaydigten Chirurgis“ stattzufinden hatte und bei welchem insonderheit darauf gesehen wurde, „wie ein Subjectum beschaffen, und daß solches nicht nur respondendo bastant, sondern auch in den Handgriffen wohl erfahren und berichtet seye,“ mit dem ausdrücklichen Beding, „daß wenn ein solcher Examinandus nicht fundamental und bastant erfunden, derselbe, er seye alsdann von Jahren, oder er habe gewandert so lang er immer wolle, er habe schon ein Weib (so einer oder der andere gleichwohl auf sein Abentheuer nehmen mag), auch wenig oder viel Kinder, als ein Meister keineswegs admittirt, sondern fortgewiesen oder zu practiciren mit nichten gestattet werden solle“.
Schiller blieb aber nicht mehr lange bei diesem Beruf. Schon 1753 trat er in die württembergische Armee als Fourier [432] ein, um es dann nach und nach in den damals noch anders gehaltenen Avancementsverhältnissen zum Fähnrich, Adjutanten, Lieutenant und Hauptmann zu bringen und als Verwalter der Solitude und mit dem Titel „Major“ die letzten Lebensjahre still und stolz im Ruhme seines Sohnes zu genießen. Dieser wurde ihm also nicht in der Barbierstube von Marbach geboren, und wie derselbe später als Feldscherer in die Dienste des Herzogs eintrat, hatte er auch nicht seine Wundarztkunst praktisch bei einem Chirurgen erlernt, sondern eine durchaus wissenschaftliche Ausbildung dafür auf der Karlsschule genossen, sodaß die Verwandtschaft mit dem Beruf der Barbiere hier nicht Platz greift.
Ein verdienter Zeitgenosse Schiller’s war der Kupferstecher Joh. Heinrich Lips aus der Schweiz, welcher anfänglich zum Wundarzt bestimmt worden war. Lavater führte ihn der Kunst zu, und mit den Kupferstichen zu dessen physiognomischen Fragmenten erwarb sich Lips seinen ersten Ruhm. Goethe berief ihn dann als Director der Zeichenakademie nach Weimar, doch kehrte er nach zwei Jahren schon wieder in die Schweiz zurück, um mit erstaunlichem Fleiß sich ausschließlich seiner Kunst zu widmen. Man hat von ihm an 1500 Stiche, unter ihnen viele vorzügliche und theuer bezahlte.
Auch der Schauspieler Bök ist ursprüglich Barbier gewesen. In Mannheim wurde er der Freund Schiller’s, als dieser sich dort einige Zeit aufhielt. Iffland, Beck, Müller wirkten als vorzügliche Darsteller an diesem damals ersten deutschen Hoftheater, und Bök war es, der zum ersten Male die Rollen des Karl Moor und des Fiesco spielte.
Erwähnen muß man hierbei die Verherrlichung, welche zu Ausgang des vorigen Jahrhunderts dem Barbier durch typische Einführung in die darstellenden Künste wurde. Beaumarchais hatte in „Figaro“ den liebenswürdigen, schalkhaften Vertreter dieses Berufes geschaffen, Mozart ihn darnach durch seine Oper unsterblich gemacht, und Rossini verschaffte später derselben Figur neue Ehren.
In Wirklichkeit gab es auch gerade damals besonders zahlreiche Barbiere, welche sich durch hervorragende Leistungen auf den verschiedensten Gebieten menschlicher Thätigkeit auszeichneten. Der Barbier Boyer arbeitete sich in Paris, durch eisernen Fleiß und Studien, zum wissenschaftlich gebildeten Chirurgen empor und wurde 1804 erster Wundarzt Napoleon’s, 1825 Mitglied der Akademie. In Württemberg machte dieselbe ruhmwürdige Laufbahn der Chirurg Ludwig unter König Wilhelm; er starb als geadelter Staatsrath, mit Hinterlassung eines ansehnlichen Vermögens zu wohlthätigen Stiftungen.
Wohlthun ist überhaupt ein hervorstechender Zug in dem Leben berühmter Männer, die der Barbierstube entstammten. Johannes Falk aus Danzig war gelernter Perrückenmacher wie sein Vater, studirte dann aber und machte sich in Weimar 1806 beim Einmarsch so verdient um das Land, daß er zum Legationsrath ernannt wurde. Er stiftete eine Schule für verwahrloste Kinder, die noch jetzt in Weimar als „Falk’sches Institut“ besteht. Eine Menge literarischer Werke haben ihm außerdem als einem bedeutenden Schriftsteller Ehre eingetragen. Stanislaus Staszyc, ein Pole, der als Gelehrter und Staatsmann, namentlich als Minister des Königreichs Polen unter Alexander dem Ersten von Rußland sich außerordentliche Verdienste erworben, verdankte Ruhm und Vermögen seiner eigenen Kraft. Als Barbier ging er in die weite Welt, und als Gelehrter, als Humboldt’s und Buffon’s Freund, kam er in sein Vaterland zurück. Dürftig bis zum Anstößigen lebte er in Warschau als Minister, und dabei schüttete er durch Gründung von Schulen und Instituten, durch stilles Wohlthun einen reichen Segen über das Land aus. Als er 1826 starb, hinterließ er fast eine Million Rubel, die er den Instituten in Warschau vermacht hatte; seine Güter vertheilte er unter seine Bauern, die er schon bei Lebzeiten aus dem Frohndienst entlassen.
Als ein armer Chirurg und Barbier arbeitete sich ebenso Joseph Hume in die Höhe. Er wurde Arzt und seit 1812 Parlamentsmitglied. Seine erste Rede hielt er über öffentliche Erziehung, und während der vierunddreißig Jahre seines Wirkens im englischen Parlamente hörte er nicht auf, als Menschenfreund eine rastlose Thätigkeit zu entfalten. Für Reform der Criminalgesetzgebung, für Freihandel, Ausdehnung des Wahlrechts und Gründung von Sparcassen erwarb er sich trotz aller Widersprüche und Verspottungen eine große Bedeutung und ein gesegnetes Andenken. Nicht minder haben sich John Henry Abbott und Turner in diesem Jahrhunderte als Söhne von armen Londoner Barbieren ausgezeichnet; der eine ist Lord Tenterden und Lordoberrichter geworden, der andere ein trefflicher Landschaftsmaler, der englische Claude Lorrain, dessen eminenter Fleiß ihn zum Schöpfer einer großen, herrlichen Bildergallerie werden ließ, die er bei seinem 1851 erfolgten Tode seinem Volke vermachte.
Wie herzlich sauer mußten es sich doch in alten Zeiten die „ehrsambten und fürsichtigen“ Handelsherren und Goldwechsler werden lassen, um die beinahe durchweg dem morgenländischen Ritus der Beschneidung unterworfenen Ducaten und Pistolen ihrem Werthe gemäß zu würdigen! Fast ergreift uns Mitleid beim Anblicke jener alten Kaufherren mit der Brille auf der Nase und der schwankenden Goldwage in der zitternden Hand, wie sie uns Quentin Messys[WS 1] und andere Niederländer gemalt haben, und selbst der prächtige Goldwieger Rembrandt’s beginnt uns trotz der um ihn her in dem mächtigen Kaufgewölbe aufgestapelten Reichthümer zu dauern, wenn wir denken, daß er noch den Inhalt aller vor ihm stehenden Ducatensäcke Stück für Stück nachwiegen soll.
Seit die Goldwährung bei uns eingeführt ist, hat wohl Mancher die vom Großvater ererbte Goldwage aus dem abgegriffenen Futterale wieder hervorgeholt, wenn er sich nicht eine der in den letzten Jahren schaarenweise patentirten neuen Goldwagen angeschafft hat. Dieselben lassen sich in zwei Hauptclassen eintheilen, nämlich in solche, die nur zum gelegentlichen Nachwiegen einzelner verdächtiger Stücke bestimmt sind, und in andere, welche dem dicken Goldwieger Rembrandt’s viel Schweiß gespart haben würden, da er ihnen seine Schätze sackweise hätte übergeben können, unter Garantie einer gewissenhaften Aussonderung aller nicht vollwichtigen Stücke.
Die Goldwagen der ersteren Gattung sind der Mehrzahl nach einfache, wenn auch oft sehr praktisch eingerichtete Hand-Schnellwagen, das heißt ungleicharmige Hebel, bei denen man die zwei bis drei im Verkehr befindlichen Goldmünzen mit einem sogenannten Läufergewichte wiegt, oder sie selbst als Läufergewicht mit einem unbeweglichen Gegengewichte vergleicht. Es handelt sich ja in allen diesen Fällen nur um die Erreichung des sogenannten Passirgewichtes, also eines Grenzwerthes, an dem nichts fehlen darf. Eine äußerst sinnreiche Wage für den gleichen Zweck hat der bekannte Volksschriftsteller A. Bernstein in Berlin vor zwei Jahren erdacht, bei welcher man die zu prüfenden Goldstücke durch eine geneigte Laufrinne auf der hohen Kante rollen und über die auf besondere Weise unterstützte Wägeplatte hinweglaufen läßt, etwa wie man mit Lastwagen auf die großen Brückenwagen fährt, wobei aber das Goldstück ohne Aufenthalt weiterrollt und gleichsam im Trabe gewogen wird. Die Rollbahn besitzt am unteren Ende zwei Ausgänge nebeneinander, die von einer vor dem Zwischenpfosten stehenden Blechfahne abwechselnd geöffnet und geschlossen werden, je nachdem sich das Fahnenblatt an die rechte oder an die linke Seitenwand der Bahn vor den Eingängen anlehnt. Nehmen wir an, das Stück habe nicht den vorgeschriebenen Minimaldruck auf die Platte geübt, so stellt sich die in demselben Augenblicke von dem Mechanismus benachrichtigte Fahne so, daß sie die Pforte der Gerechten verschließt, sodaß das Stück seinen Lauf zu den andern zu leicht befundenen Sündern nehmen muß. Die Fahne verrichtet also das Amt des heiligen Michael mit der Seelen-Wage und dem Gerichtsschwert auf den alten Auferstehungsbildern, und wenn ich nicht irre, ist auf diesen von der Firma Ravené und Söhne in Berlin (Wallstraße 92 u. 93) gelieferten Wagen die „Pforte der Gerechten“, jener religiösen Anschauung gemäß, wirklich zur Rechten und die der armen Sünder zur Linken der
[433][434] Bahn angebracht. Natürlich kann man ein Stück nach dem andern auf den Pfad der Prüfung senden, und es ist ohne Zweifel ein sehr hübsches Feierabends-Vergnügen für den Geschäftsmann, bei welchem im Laufe des Tages viele Goldfüchse eingegangen sind, dieselben auf diese mühelose und amüsante Weise zu prüfen, um zu sehen, ob kein räudiges Schaf darunter gerathen ist. Auch ist dieses Vergnügen nicht eben kostspielig, denn eine solche Bernstein’sche Wage kostet nur hundert Mark und noch weniger.
Indessen haben alle diese Wagen, auch die letzterwähnte nicht ausgenommen, doch nur einen ziemlich beschränkten Wirkungskreis. Während man früher ja freilich genöthigt war, jedes Goldstück vor der Annahme zu prüfen, weil vollwichtige Stücke die Ausnahme bildeten und das goldene Handwerk der Beschneidung von Juden und Christen geübt wurde, bildet diese heimliche Operation nunmehr die Ausnahme; sie lohnt wohl bei dem gesunkenen Goldwerthe nicht mehr so recht. In Folge des dadurch vermehrten Vertrauens zu der vorherrschenden Vollwichtigkeit der Goldmünzen muß der Geschäftsmann schon anstandshalber und aus Coulanz seinen Kunden gegenüber darauf verzichten, jedes an der Casse eingezahlte Stück auf die Goldwage zu legen, und die nachträgliche Prüfung unterbleibt schon wegen ihrer Nutzlosigkeit. So angenehm nun diese Hebung des gegenseitigen Vertrauens im Privatverkehr ist, um so nothwendiger wird es, daß Geldwechsler, große öffentliche Cassen und Bankinstitute sich die beständige Prüfung und damit die Reinhaltung unserer Zahlmittel angelegen sein lassen.
Bei dem kolossalen, sich oft auf mehrere Millionen Mark beziffernden täglichen Geldverkehr würden bedeutende Arbeitskräfte nöthig sein, wenn diese Arbeit mit gewöhnlichen Goldwagen verrichtet werden sollte. Für diese Zwecke und namentlich auch für die Münzwerkstätten hatte man nun schon seit einer Reihe von Jahren automatische Wagen, welche die Massendurchwägung bedeutend beschleunigen und erleichtern, erdacht, aber diese Wagen, wie z. B. die Napier’sche, welche die Londoner Bank und Münze verwendete, waren ebenso complicirt wie kostbar, ohne darum alle Wünsche zu erfüllen. Diese älteren Kunstwerke wurden durch eine im Jahre 1871 von Ludwig Seyß in Atzgersdorf bei Wien erfundene Sortirwage, welche jetzt bei den meisten deutschen und sogar bei einigen außerdeutschen Münzstätten in Gebrauch ist, an Genauigkeit und Leistungsfähigkeit übertroffen. Sie ist in erster Linie den Münzzwecken angepaßt, indem sie selbstthätig sechs Sorten Münzplatten nach engbegrenzter Verschiedenheit ihres Gewichtes sondert, wird aber auch für Banken eingerichtet, für welche sie nur die über eine gewisse Grenze hinaus zu leichten und zu schweren Münzen von den richtigen absondert, also drei Classen von verschiedenem Gewichte liefert.
Aehnlich arbeitet eine 1876 von dem Mechaniker Paul Bunge in Hamburg erfundene und, so viel mir bekannt, auf der dortigen Münze angewendete automatische Goldwage, während sich für Bankzwecke, bei denen ja überwichtige Goldstücke kaum in Betracht kommen, eine noch einfachere von dem Mechaniker Paul Stückradt in Berlin construirte neue Wage am besten zu eignen scheint, weil sie außerordentlich zuverlässig und schnell arbeitet. Die neue deutsche Reichsbank hat nicht weniger als fünf dieser Stückradt’schen von der Firma Hugo Becker in Berlin (Johanniterstraße 8) gearbeiteten Goldwagen in beständigem Betriebe, und ebenso haben sich die königliche Seehandlung, die Discontogesellschaft, die Stadthauptcasse, die städtische Erleuchtungscasse – um hier nur vier Berliner öffentliche Cassen zu nennen – mit diesem wundervollen, niemals müden und niemals irrenden Instrumente versehen.
Es ist ein Vergnügen, der überaus sauberen Arbeit des zwar immer noch complicirten, aber bei alledem sehr dauerhaften Mechanismus zuzusehen. Versuchen wir dem Leser, so weit es ohne Abbildung und Detailschilderung möglich ist, ein Bild von dieser Wage, welche in einem Kasten von vierundvierzig Centimeter Länge und ungefähr der halben Höhe und Breite eingeschlossen ist, zu geben! Sie wird bei den Berliner Cassen meist von einer Wasserdruckmaschine getrieben, deren Werk pro Tag für acht Pfennige Leitungswasser verbraucht; andernfalls kann ein Uhrwerk den Betrieb besorgen. Wenn die Maschine geht, so sieht man, wie der hinter einer Glaswand sichtbare Wagebalken nur für den Augenblick der Wägung freigelassen und nach Beendigung derselben jedes Mal sofort wieder festgehalten und gestützt wird, wodurch alle Schwankungen der Wage verhindert und ein schnelles Hintereinander-Fortarbeiten ermöglicht wird. Ueber dem Glaskasten, in welchem die Wage arbeitet, befindet sich ein schräges Zuführungsrohr, in welches man mit einem Male eine lange Rolle beliebiger Goldmünzen einlegen kann, nachdem man das entsprechende Passirgewicht innen auf die Wage gelegt hat. Ein kleiner Schieber befördert in genau gemessener Zeitfolge immer das unterste Stück der Rolle, eines nach dem andern, wie man Geld zählt, auf eine durchbrochene kreisrunde Stahlplatte, die im Deckel des Kastens am Fuße des Zuführungsrohres sichtbar ist. Diese nur wenig die Münzen an Umfang übertreffende Platte ist die Wägeplatte; sie neigt sich, wenn die Münze das Passirgewicht erreicht oder übersteigt, ein wenig nach einer Seite. An eben dieser Seite führen unmittelbar von dem Rande der beweglichen Platte übereinander zwei Schachte in die getrennten Sammelkästen, sodaß die horizontale Scheidewand dieser Schachte genau mit der zu leicht oder gar nicht belasteten Wägeplatte abschneidet. Fehlt nun am Passirgewicht des Goldstückes auch nur der zehnte Theil eines As, so vermag er das Plättchen nicht um Haaresbreite unter das Niveau des Armensündersteigs hinab zu drücken, und ein Paar gleich darauf im regelmäßigen Gange der Maschinerie durch das durchbrochene Plättchen selbst heranrückende Executionsstiftchen werfen es ohne Gnade und Barmherzigkeit auf denselben, wo es zu den übrigen Ausgeworfenen und zu leicht Befundenen hinabgleitet. Die anderen, im Vollbesitze des pflichtmäßigen Tugendgehaltes befindlichen Stücke dagegen erzwingen sich durch das Gewicht ihres Auftretens und ihrer Würde, eines nach dem anderen, den Eintritt in den Raum der Honoratioren. Das unnachsichtliche Hinabsenden der Stücke an den Ort, wo sie hingehören, einzig nach dem Ausfalle des Wägungsbefundes und ohne Ansehen der fürstlichen Personen und Titel ihres Gepräges, erinnert immer wieder, und hier wegen der Massenauslese noch unwiderstehlicher, an die verkündete Sonderung der Menschenseelen in zwei Abtheilungen.
Die Stückradt-Becker’sche Wage durchmustert in der Stunde etwa vierundzwanzigtausend Mark, in zehn Arbeitsstunden also nahezu eine Viertelmillion, und man kann die tägliche Goldcirculation der Reichsbank nach dem Umstande ermessen, daß sie fünf solcher Wagen in Dienst stellen mußte. Geringere Summen werden von dem emsigen Control-Automaten oft in derselben Zeit durchgeprüft, die der Cassirer braucht, um die Empfangs-Quittung über den eingezahlten Betrag auszustellen. Dabei kommen keine Irrthümer vor, denn die Maschine kennt keine Abspannung und kein Zerstreutsein; sie denkt nicht und kann daher auch keine falschen Gedanken haben, wie der dem Irrthume verfallene Mensch, der sich fast regelmäßig nachträglich damit entschuldigt, daß er „gedacht“ habe, es sei so und so. Ebenso selten kommen Betriebsstörungen vor, weil die Maschine von der Außenwelt in einem solchen Grade abgeschlossen ist, daß selbst die Wägung an einem äußern Schalter vor sich geht; die Stücke wirken nur aus der Ferne auf die in ihrem Glaskasten abgeschlossene und ohne unnöthige Schwankungen ihres Amtes wartende Wage. Durch eine fernere fein erfundene Vorrichtung ist eine tiefer greifende Beschädigung des, wie man sich denken kann, sehr genau abgeglichenen Werkes noch dadurch erschwert, daß die treibende Maschine nicht unmittelbar auf die Triebwelle der Wage wirkt. Die Triebschnur läuft nämlich vorher über zwei Spannrollen, die bei dem geringsten Stoß oder Hinderniß sich sofort einander nähern, sodaß die Schnur ausgespannt wird.
Obwohl dieser Bank-Automat so vollkommen seiner Aufgabe gewachsen ist, daß er jede beliebige Goldmünze, deren Passirgewicht man besitzt, mit gleicher Genauigkeit nachwägt, ist seine Maschinerie immer noch bedeutend einfacher und der Preis daher entsprechend niedriger als derjenige der vorhin erwähnten automatischen Goldwagen, die ursprünglich für die weitergehenden Ansprüche der Münzwerkstätten und Prägeanstalten erbaut sind. Dieser Umstand und die internationale Anwendbarkeit dürften der Stückradt’schen Wage eine bedeutende Verbreitung sichern. Ein allgemeineres Interesse aber darf sie beanspruchen, weil sie in einer beständigen Säuberung und Ueberwachung unseres circulirenden Goldes an der Centralstelle ihre „Lebensaufgabe“ findet und ohne Rast und Ruhe dafür thätig ist.
Wie ist das preußische Volkslied „Heil Dir im Siegerkranz“ entstanden? Es werden wohl schon manchem Leser dieses Blattes die widersprechenden Angaben über den Verfasser des Liedes „Heil Dir im Siegerkranz“ aufgefallen sein. Allerdings hätte schon längst alles Schwanken in dieser Beziehung aufhören sollen, da Hoffmann von Fallersleben bereits vor mehr denn zwanzig Jahren in seinem Buche „Unsere volksthümlichen Lieder“ das Richtige auseinandergesetzt hat. Trotzdem aber Hoffmann’s Buch schon drei Auflagen erlebt hat, so findet man doch immer noch bald B. G. Schumacher, bald H. Harries als Verfasser genannt. Unter diesen Umständen muß man ein kleines, vor kurzem erschienenes Schriftchen mit Freuden begrüßen. Es führt den Titel: „Veranschaulichung der Entstehung des preußischen Volksliedes ‚Heil Dir im Siegerkranz‘ von Dr. Ochmann. Berlin, Weidmann’sche Buchhandlung 1878.“ Der Verfasser, welcher lange, bevor Hoffmann’s Buch erschien, zu demselben Ergebniß gekommen, wie dieser, giebt folgende interessante Aufschlüsse.
Das „Flensburgische Wochenblatt“ vom 27. Januar 1790 brachte auf seinen ersten drei Seiten ein „Lied für den dänschen Unterthan, an seines Königs Geburtstag zu singen, in der Melodie des englischen Volksliedes: ‚God save great George the King‘“. Dr. Ochmann, dem es nach langen Bemühungen endlich gelungen ist, ein Exemplar der Nummer zu bekommen, giebt eine möglichst getreue Nachbildung der drei Seiten. Das Lied fängt so an:
„Heil Dir, dem liebenden
Herrscher des Vaterlands!
Heil, Christian, Dir!
Fühl’ in des Thrones Glanz
Die hohe Wonne ganz,
Vater des Volks zu seyn!
Heil, Christian, Dir!“
Es besteht aus acht Strophen, von denen indessen die achte nur eine wörtliche Wiederholung der ersten ist. Der König, dem zu Ehren es gedichtet worden, war Christian der Siebente von Dänemark, dessen Geburtstag auf den 29. Januar fiel. Das Gedicht ist „*s“ unterzeichnet: es ist dies die Abkürzung für Heinrich Harries, der, den 9. September 1762 zu Flensburg geboren, am 28. September 1802 als Prediger in Brügge bei Kiel starb. Eine Sammlung seiner Gedichte gab nach seinem Tode sein Freund Holst im Jahre 1804 zu Altona in zwei Theilen heraus. Das uns hier beschäftigende Lied steht auf S. 158 ff. des zweiten Theiles mit äußerst geringen Abweichungen von dem Druck im Wochenblatt und mit der folgenden Anmerkung: „Dieses Lied ist nach Preußen gekommen und dort mit einigen Abänderungen gesungen worden.“
Die Verpflanzung nach Preußen geschah in den „Berlinischen Nachrichten“ (der „Spener’schen Zeitung“) vom 17. December 1793. Hier ist ein „Berliner Volksgesang. God save the King!“ in fünf Strophen abgedruckt, deren erste so lautet:
„Heil Dir im Siegerkranz,
Herrscher des Vaterlands!
Heil, König, Dir!
Fühl’ in des Thrones Glanz
Die hohe Wonne ganz:
Liebling des Volks zu seyn!
Heil, Herrscher, Dir!“
Die bei der Verpflanzung vorgenommenen Aenderungen sind ziemlich unbedeutend: die wichtigsten bestehen in der Weglassung der auf die fünfte folgenden Strophen und darin, daß die drei ersten Verse der vierten und fünften Strophe gegenseitig ihre Stellen vertauscht haben.
Unterzeichnet war dieser Volksgesang „Sr.“ Unter diesem „Sr.“ ist Balthasar Gerhard Schumacher, Doctor der Rechte, Senior der Vicarien im hochwürdigen Hochstift der freien Reichsstadt Lübeck (geboren 1755 zu Kiel), versteckt. Dies geht unzweideutig hervor aus einer 1801 zu Berlin erschienenen Schrift: „God save the King! Ritual eines Preußischen Volks-Festes“ etc. „von Sr., Dr. d. R.“, für welche Anfangsbuchstaben die Widmung der Schrift vom 6. Mai 1801 den ebengenannten vollen Namen und Titel giebt. Schumacher erklärt selbst, daß er vor sieben Jahren „Heil Dir im Siegerkranz, Vater des Vaterlands“ etc. in Berlin eingebürgert habe. Er theilt dann eine Umarbeitung des Liedes mit, die indessen nicht viel Anklang gefunden zu haben scheint: man sang und singt das Lied bis heute im Wesentlichen in der Gestalt, in welcher es im Jahre 1793 in der „Spener’schen Zeitung“ erschien.
Es ist aber Schumacher in der erwähnten Schrift etwas höchst Sonderbares begegnet. Er hat nämlich ganz und gar vergessen, daß sein „Heil Dir im Siegerkranz“ auf dem „Lied für den dänschen Unterthan“ von Harries (dessen Name ihm übrigens nicht bekannt gewesen zu sein braucht) beruhe, und giebt es für eine freie Uebersetzung des englischen Volksliedes "God save the King" aus. Wir stehen da geradezu vor einem psychologischen Räthsel.
Nach alledem aber ist es klar, daß weder Harries noch Schumacher als Verfasser von „Heil Dir im Siegerkranz“ gelten kann, sondern daß man sagen muß, daß Harries’ „Lied für den dänschen Unterthan“ in der Bearbeitung von Schumacher zum preußischen Volksliede geworden sei.
Ein nordisches Fest und nordische Studenten. „Jaså, det blir nordisk fest i quäll“ war die unwillkürlich freudige Antwort, die ich den mir befreundeten liebenswürdigen Fabrikbesitzern Borg gab, als dieselben mich kurz nach meiner Ankunft in Lund einluden, an einem nordischen Feste Theil zu nehmen. „Jaså, det blir nordisk fest i quäll,“ zu deutsch: „Also, heute Abend giebt’s ein nordisches Fest“, und da muß denn gleich vorausgeschickt werden, daß nichts den Deutschen, der zum ersten Male Schweden besucht, in gleichem Maße anheimelt, als das ihm so bekannt klingende Jaså. Der Schwede spricht dasselbe nämlich ganz wie unser „Ja so“ aus, gebraucht es aber je nach der Accentuirung in der verschiedensten Bedeutung, jedenfalls ungemein oft und in jeder Unterhaltung. Geradezu „reizend gemüthlich“ klingt es auf den Lippen der Damen. Und da bin denn auch ich bei den schwedischen Damen in die Schule gegangen und habe ihnen das „Jaså“ abgelauscht; wie schade, daß es sich in der Schrift nicht variiren läßt, wie die Lippen der blonden, blauäugigen, nordischen Mädchen es variiren!
„Ein nordisches Fest“ – das war für mich, der ich seit Jahren regelmäßig längere Zeit in Skandinavien zuzubringen pflege, stets Gegenstand des Sehnens gewesen. Diese Feste aber werden auf jeder der Universitäten: Lund, Upsala, Christiania, Helsingfors und Kopenhagen nur einmal im Jahre gefeiert, wenn auch nicht an demselben Tage; es war daher ein glücklicher Zufall, der mich gerade an diesem Abend nach Lund führte. „Nordisches Fest“ ist der gemeinsame Name für eine Feier, die in erster Linie zu Ehren der im Vorjahre dahingeschiedenen Professoren der betreffenden Universität und in zweiter Linie zum Gedächtniß der übrigen in demselben Jahre verstorbenen hervorragenden Männer des Nordens stattfindet.
Die Todten zu feiern ist in Skandinavien eine ehrwürdige Sitte aus grauer Zeit, denn schon die alten Könige pflegten alljährlich einmal ihre Mannen zu versammeln, um der im Kampfe gefallenen Helden zu gedenken und gleichzeitig neue Kriegspläne zu entwerfen. Die speciellen Todtenfeste der Universitäten mögen wohl seit fünfundzwanzig bis dreißig Jahren abgehalten werden und seit Kurzem sind sie auch gleichzeitig ein Fest für alle Gebildeten der Stadt. Gerade in diesem Jahre aber sind sie von besonders hohem Interesse, denn diesmal wird, wie in Lund, so auch überall im Norden den Manen des am 6. Mai 1877 verstorbenen großen, leider in Deutschland noch wenig gewürdigten Dichters Johan Ludvig Runeberg ein besonderes Opfer dargebracht.
Es war kurz nach sieben Uhr, als wir in dem glänzend erleuchteten Saale des „Studentenhauses“ eintrafen, der, reich decorirt, an diesem Abend wohl von mehr als tausend Personen erfüllt war. Rings auf den Gallerien saßen Damen verschiedensten Alters im Feierkleide Kopf an Kopf, und auch im Saale selbst waren längs der Seitenwände Bänke gestellt, die meist vom schönen Geschlechte besetzt waren. Vor der Mitte der einen Seitenwand befand sich die Rednertribüne, prachtvoll mit gelber und blauer (die schwedischen Nationalfarben) Seide ausgeschlagen und mit einem Baldchin von demselben Stoffe überwölbt, dahinter der Schild, aus welchem ein Marschall dröhnende Schläge lockte, wenn ein neuer Redner die Tribüne bestieg. Gegenüber an der andern Seite des Saales waren die Fahnen der Studentenschaft entfaltet, die mit Lorbeer geschmückte Büste Runeberg’s umkränzend. Ueber der Eingangsthür auf der Gallerie hatten die Damen einen Raum für die Musik freigelassen, ihm gegenüber, im Hintergrund des Saales, sah man einen Tannenhag, aus welchem drei symbolisirte Bautasteine hervorblickten, die mit Runenzeichen bedeckt waren. Der in der Mitte befindliche größte Stein trug nur den Namen „Runeberg“, während auf dem links befindlichen kleineren die Namen der verstorbenen Professoren von Lund und auf dem rechten diejenigen der mit Tode abgegangenen großen Männer des Nordens überhaupt verzeichnet standen. Vor dem improvisirten Tannenwäldchen hatte ein Theil des Studentengesangvereins von Lund Aufstellung genommen, und Quartettgesänge, abwechselnd mit Streichmusik zwischen die Reden gestreut, halfen die Genüsse vervielfältigen.
Zu beiden Seiten der Rednertribüne befanden sich zwei lange gedeckte Tafeln, mit unzähligen Bowlegläsern versehen, und in der Mitte Terrinen und Krüge voll des beliebten Nationalgetränkes „Punsch“. Derselbe wird in ganz Schweden kalt und in riesigen Quantitäten consumirt und vertragen. Um diese Tische und durch den ganzen übrigen freien Raum des Saales vertheilt, standen in Frack und weißer Binde die Lehrer und Studirenden der Universität, sowie die übrigen männlichen Theilnehmer des Festes. Hohe Orden waren hier und da zu bemerken und daneben, als Abzeichen einer studentischen Würde, um den Hals geschlungene, über die Brust geknüpfte rothe Bänder, welche die „Marschälle“, die studentischen Festordner, trugen.
Der Rector der Universität eröffnete gegen halb acht Uhr die Feier, das Methhorn hebend und ein Hoch auf die beiden skandinavischen Monarchen bringend, in das die Anwesenden mit lautem „Hurra“ (unserem „Hoch“ entsprechend) einstimmten. Hierauf folgte: „Suomis Sång“, das finnische Nationallied. Nun betrat der erste der eigentlichen Festredner, ein Professor der Geschichte, die Tribüne, um in warmer und geistvoller Sprache das Wesen und Wirken des großen Dichters Runeberg zu beleuchten, der sich ebenbürtig den größten Classikern aller Nationen anreiht. Wie eigenthümlich, daß dieser Mann, der von Geburt ein Finne ist und eine geradezu wunderbare Liebe für sein engeres Vaterland besaß, doch auch wieder so ein echter schwedischer Dichter wurde! Das eigenthümliche kernige Leben seiner Landsleute, ihre glühende Vaterlandsliebe, wie ihre Armuth hat er in ergreifender Weise geschildert. Wie aber Finnland in Sprache, Sitten und Gesetz selbst noch als ein Theil des Mutterlandes – wenn schon unter fremder Herrschaft – fortbesteht, so ist auch Runeberg’s Weise so durch und durch schwedisch, daß selbst Tegnér in Schweden nicht populärer ist. Hier wie dort zündete in gleichem Maße die Schilderung der letzten Kämpfe von Finnland: „Fänrik Stål’s Sägner“, die größte patriotische Dichtung der Neuzeit. Aber nicht nur zum Sänger des finnischen und des schwedischen Volkes, nein, zu einem universellen Dichter ist Runeberg [436] in dem kleinen Flecken Borgå, den er fast nie verlassen herangereift. Alles, was edel und erhaben ist, das „Ideale“ im Menschen, das schmückt seinen Gesang mit unvergleichlichem Zauber. „Möchten,“ so schloß der Redner mit einer geschickten Nutzanwendung, „die unsterblichen, ewig im Munde der Finnen wie der Schweden fortlebenden Gesänge Runeberg’s für alle Wechselfälle der Zeiten ein unzertrennbares Band zwischen beiden Nationen bilden, sie immer an ihre geistige Zusammengehörigkeit mahnend.“ Ein reizendes Gedicht zu Ehren des großen Dichterkönigs, von einem Studenten verfaßt und vorgetragen, beschloß würdig diesen Theil der Feier.
Nun folgte eine tiefempfundene Ansprache von einem Docenten, dem Gedächtnisse der im vergangenen Jahre gestorbenen Professoren von Lund geweiht, eine gleiche auf die an dem rechten Bautasteine verzeichneten Namen, ein Toast auf die Schwesteruniversitäten und zum Schlusse ein Hoch auf die anwesenden Vertreterinnen des schönen Geschlechtes. Damit war denn das officielle Fest zu Ende und Rede- und Rauchfreiheit stillschweigend proclamirt. Die Damen erhoben sich von ihren Plätzen, oder wurden vielmehr buchstäblich hinausgeraucht.
Weniger wurde an diesem Tage die Redefreiheit ausgebeutet, wohl weil durch die Runeberg-Feier das officielle Sprechen länger als gewöhnlich gewährt hatte. Bis zum frühen Morgen blieb doch der größere Theil der Versammlung in heiterster Stimmung beisammen, der langen Feier der Vergangenheit die längere der Gegenwart folgen lassend. Ein eigenthümlicher Umstand, von dem jungen Dr. Esaias Tegnér, dem Enkel des großen Dichters, zuerst bemerkt, war, daß an diesem Abende zwei Tegnér-Uebersetzer zugegen waren, ein Amerikaner Mr. Holcomb, der die „Frithjofsage“ in’s Englische übersetzte, und der Schreiber dieser Zeilen, welcher „Axel“ verdeutschte.[2] Wir tranken gemeinschaftlich ein Skål (Hoch) dem Andenken des großen Bischofs, und auch der Amerikaner mußte sein Glas bis auf den letzten Tropfen leeren. Freilich trinken wir Fremden immer mit saurer Miene süßen Punsch, wenn es sich um größere Quantitäten handelt. Der schwedische Student dagegen verträgt bei solchen Gelegenheiten Fabelhaftes von diesem edlen Gebräu. Sein eigenartiges Bier nimmt er gemeiniglich nur zum Essen, einen alkoholreichen, süßlich schmeckenden Stoff, uns Deutschen ebenso wenig zusagend wie das Bier der Italiener.
Der akademische Bürger als solcher weicht in Schweden – wenn er seine Mütze abgenommen hat, die für alle Inscribirten der gleichen Universität dieselbe Form und Farbe hat – gar nicht von anderen Menschen ab. Verbindungen wie unsere Corps und Burschenschaften existiren in Schweden nicht; farbige Bänder sieht man dort nirgends. Wohl aber giebt es „Landsmannschaften“, wenn auch ohne äußere Abzeichen und im strengen Sinne des Wortes. Jeder neu auf die Universität kommende Student ist nämlich genöthigt, sich einem Vereine anzuschließen, der, aus allen aus der gleichen Provinz stammenden Studirenden bestehend, einen selbstgewählten ordentlichen Professor zum Präses und einen Docenten zum Curator hat. Diese Einrichtung hat den Vortheil, daß der „Fuchs“ sofort in neue Beziehungen zu seinen alten Schulcameraden tritt, die ihm mit Rath und That zur Seite stehen.
Während also unsere deutschen Verbindungen als „freiwillige“ erscheinen, sind die schwedischen obligatorische, auf der anderen Seite ist aber das Leben in den nordischen Vereinen selbst ein völlig freies. Kneip- und Paukzwang existiren nicht, während ja in unseren Verbindungen für jede einzelne mehr oder weniger obligatorische Vorschriften bestehen. Freilich finden sich in Schweden nur zwei, in Norwegen und Dänemark je eine Universität, sodaß das Provinzial- resp. Landsmannschaftssystem unschwer durchzuführen ist.
Die große Vorliebe der Schweden für den Quartettgesang ist bekannt. So hat auch jede einzelne Landsmannschaft ihren Gesangverein, und alle gesangstüchtigen Studenten zusammen bilden wieder den großen Gesangverein der Universität. Jede einzelne Abtheilung schult sich zum Gesang zunächst in sich, und nirgends hört man von frischen Studentenkehlen so musterhafte Soloquartette, wie in Upsala oder Lund. In dieser Beziehung giebt es für uns Deutsche auch noch etwas zu lernen, und zwar von einem Lande, bei dessen Nennung viele Leute ein kalter Schauer durchrieselt und von dem Mancher noch allen Ernstes glaubt, daß die Bären auf den Straßen der Städte wie Hunde umherlaufen.
Unser Strandbild. (Mit Abbildung S. 433.) Die drastische Situation, die der Künstler uns mit keckem Humor und munterer Grazie in unserem heutigen Bilde vorführt, wird in diesen warmen Sommertagen vielen unserer Leser, die städtemüde am lustigen Seegestade weilen, eine häufig erlebte geworden sein. Man möchte hinaussegeln auf die wogige, schaukelnde Salzfluth, den am Kiel zerspritzenden Wassern lustig entgegen; man möchte im süßen Nichtsthun sich schaukeln und so mit schweifendem Blicke den Seevögeln folgen, wenn sie pfeilschnell über der Tiefe hinschießen; man möchte – – ja, aber wie in’s Boot gelangen? Die böse Ebbe, die das Uferwasser so seicht macht, daß das Fahrzeug, wie in Quarantaine, weitab vom Lande Posto fassen muß! Da steht nun in den Wellen der wackere „Meermann“, mit dem biederen, von der Salzluft durchgerbten Seemannsgesicht, der alte Fischer Peter Podäus oder wie er sonst heißen mag; er ist bereit, Eines nach dem Andern durch die Brandung in’s Boot zu tragen, so Männlein wie Weiblein. Ob sie sich seinen kräftigen Cyklopenarmen anvertrauen wird, die schüchterne junge Frau von den Ufern der Spree oder der Isar?
Instinct oder Ueberlegung? Als hübschen Beitrag zu diesem Capitel theilen wir Nachstehendes mit. „In unserem elterlichen Hause in Magdeburg“ – so schreibt uns Herr Aug. Fischer aus Halle an der Saale – „befand sich ein geräumiger Gartensaal, welcher in der besseren Jahreszeit als beständiger Aufenthalt der Familie benutzt wurde. Auch die Mittags- und Abendmahlzeiten wurden in demselben eingenommen, wobei die Flügelthüren nach dem Garten beständig offen standen. Eines Tages nun erschien, während die Familie beim Mittagsbrod saß, ein Schwalbenpärchen im Saale, flatterte längere Zeit wie prüfend an der mit reicher Stuckarbeit versehenen Decke umher, verschwand, kam wieder und wählte endlich die eine Ecke des Saales zur großen Freude und zum großen Jubel von uns Kindern zum Nestbau aus. Die Schwalben ließen sich durch die lauten Aeußerungen unseres Entzückens nicht im Geringsten stören. Ja, die schnelle Herstellung einer leichten Bedachung über einer in derselben Ecke des Saales stehenden größeren Gypsfigur, um diese vor dem Beschmutztwerden zu schützen, irritirte die Schwalben durchaus nicht. Aber leider hatten die Thierchen Unglück beim Bau, denn was sie heute gebaut hatten, fiel am andern Tage wieder ab. So ging es etwa vierzehn Tage lang, und der Nestbau kam nicht von der Stelle.
Da erschienen mit einem Male während der Mittagszeit fünfzehn bis zwanzig Schwalben, flatterten schreiend und lärmend an der Decke des Saales umher, besahen die Unglücksstelle, flogen eine nach der anderen fort, kamen mit Baumaterial in den Schnäbeln zurück und begannen gemeinschaftlich den Bau des Nestes. Dasselbe hielt diesmal fest, war am dritten oder vierten Tage fertig und wurde die Heimathsstätte von fünf Schwälbchen.
Das unglückliche Schwalbenpaar muß doch seine Noth den Gefährten geklagt haben. Weshalb sollten diese sonst gekommen sein? Ob die zu Hülfe gerufenen Schwalben etwa ältere, erfahrene, unser Pärchen ein unerfahrenes, junges gewesen – ob jene ein anderes Material als dieses Pärchen zum Bau benutzt haben, oder ob die vermehrten Kräfte den Bau gesichert und gefördert: das sind Fragen, welche ich nicht zu beantworten vermag. Jedenfalls ist aber wohl die Annahme gerechtfertigt, daß die Schwalben in diesem Falle mit Ueberlegung gehandelt hatten.“
gingen ein: Verlagsbuchhandlung der „Gartenlaube“ M. 200. – Dr. Ernst Ziel in Leipzig M. 20. – J. M. Gebhardt’s Verlag in Leipzig M. 50. – Alexander Wiede in Leipzig M. 50. – Knorr in Leipzig M. 5. – Gesangsgesellschaft „Frohsinn“ in Chaux de fonds 180 Franken = M. 145.95. – Richard Erhardt in Leipzig M. 5. – Aus Seesen am Harz M. 5. – Aus M.-Gladbach M. 5. – R. S. in Meuselwitz M. 1. – H. W. in Meuselwitz M. 2. – Hilmar Bleyl in Zwickau M. 3. – von S. in Güstrow M. 3. – Fritz Bergen in Leipzig M. 3. – C. F. M. in Mannheim M. 15. – Oberförster Grimmel in Stervold M. 3. – O. Weyhmann in Chemnitz M. 15. – Robert Scharlach in Chemnitz M. 50. – Fr. von W. und Frl. Lina T. zu Gr.-J. M. 30. – Richard Julius Müller in Leipzig M. 10. – F. W. G. in Berlin M. 10. – Karl Opitz in Basel M. 10.
Mit dieser Nummer schließt das zweite Quartal. Wir ersuchen die geehrten Abonnenten, ihre Bestellungen auf das dritte Quartal schleunigst aufgeben zu wollen.
Mit dem nächsten Quartal beginnt die Erzählung
Die Postabonnenten machen wir noch besonders auf eine Verordnung des kaiserlichen General-Postamts aufmerksam, laut welcher der Preis bei Bestellungen, welche nach Beginn des Vierteljahrs aufgegeben werden, sich pro Quartal um 10 Pfennig erhöht (das Exemplar kostet also in diesem Falle 1 Mark 70 Pfennig statt 1 Mark 60 Pfennig). Auch wird bei derartigen verspäteten Bestellungen die Nachlieferung der bereits erschienenen Nummern eine unsichere.
Verantwortlicher Redacteur Dr. Ernst Ziel in Leipzig. – Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.
- ↑ Hier spielte er die traurige Rolle, welche Gustav von Meyern in dem romantischen Zeitbilde „Teuerdank’s Brautfahrt“ (Jahrgang 1877, S. 630 u. 644 der „Gartenlaube“) so ergötzlich geschildert hat. D. R.
- ↑ Wir bemerken hier, daß von demselben Autor demnächst eine Uebertragung ausgewählter Runeberg’scher Dichtungen in’s Deutsche (Leipzig, Joh. Ambr. Barth) erscheinen wird. D. Red.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ gemeint ist Quentin Massys