Die Gartenlaube (1885)/Heft 22

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Titel: Die Gartenlaube
Untertitel: Illustrirtes Familienblatt
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Herausgeber: Adolf Kröner
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Entstehungsdatum: 1885
Erscheinungsdatum: 1885
Verlag: Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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[353]

No. 22.   1885.
Die Gartenlaube.


Illustrirtes Familienblatt.Begründet von Ernst Keil 1853.

Wöchentlich 2 bis 2½ Bogen. – In Wochennummern vierteljährlich 1 Mark 60 Pfennig. – In Heften à 50 Pfennig oder Halbheften à 30 Pfennig.


Trudchens Heirath.

Von 0W. Heimburg.
(Fortsetzung.)


Trudchen Baumhagen war rasch über den stillen Kirchplatz geschritten, hatte in der gegenüber liegenden Mauer eine Pforte geöffnet und stand nun auf väterlichem Boden. Ziemlich eilig ging sie durch die mit hohem Buchs eingefaßten Wege des im altfranzösischen Stile angelegten Gartens und über einen stillen geräumigen Hof in das Haus. Auf dem großen gewölbten Flur traf sie ihren Schwager neben einem hohen Velociped stehend; er war sehr elegant und nach neuester Mode gekleidet, auf der blauen Kravatte funkelte ein köstlicher Brillant, ebenso an der feinen Hand. Er war blond, hatte rosige Gesichtsfarbe und einen kleinen Schnurrbart über der Oberlippe, und mochte etwa dreißig Jahre zählen. Ein Diener war beschäftigt, den glänzenden Stahl des Vehikels mit einem Lederlappen abzureiben.

„Nun,“ fragte das junge Mädchen freundlich, „willst Du ausreiten, Arthur?“

„Ausreißen, meinst Du, Trudchen? Ja, ja, was soll man anfangen!“ gab er verdrießlich zur Antwort. „Jenny hat ja heute ausnahmsweise wieder einmal einen Damenthee arrangirt – was soll ich da? Ich fahre mit Karl Röben nach Bodenstedt – sehe Jeder, wo er bleibe.“

„Ich will eben einmal hinauf zu Euch,“ nickte das Mädchen, „ich bin böse auf Jenny und will sie schelten.“

„Na, wenn Du nur nicht den Kürzeren ziehst, theuerste Schwägerin,“ rief Arthur Fredrich lachend.

Sie schüttelte ernsthaft den Kopf und stieg die breite Treppe empor, deren dunkles geschnitztes Geländer gut harmonirte mit dem purpurrothen Smyrnateppich, welcher die Stufen verdeckte, durch blitzende Messingstäbe festgehalten. Riesige Lorbeerbäume in Kübeln standen zu beiden Seiten der hohen Entréethür, die in den ersten Stock führte; links davon setzte sich die Treppe zur oberen Etage fort. Trudchen Baumhagen drückte auf den Knopf der elektrischen Klingel, und gleich darauf öffnete ein Dienstmädchen in blendend weißer Schürze, und eine helle Stimme rief:

„Ja wohl, ja wohl, ich bin zu Hause – Du kommst wie gerufen, Trudchen!“

In dem großen Vorflur, der zu einer sogenannten altdeutschen Diele umgewandelt war, stand an einem prächtigen Kredenztische eine junge Frau, beschäftigt, allerhand Silbersachen aus dem geöffneten Schranke zu nehmen. Sie trug ein winziges Spitzenhäubchen auf dem mattblonden Haare und ein Hauskleid aus hellblauem feinen Wollstoffe, verschwenderisch mit Spitzen garnirt. Sehr hübsch war sie, diese junge Frau, selbst jetzt, wo sie eine schmollende Miene annahm; ähnlich aber sahen sich die Schwestern durchaus nicht.

„Du bist ja noch gar nicht in Toilette, Jenny?“ fragte das junge Mädchen. „Da hätte ich freilich lange warten können in der Kirche; es war recht peinlich, daß Du nicht kamst.“

Die kleine Frau hielt inne und setzte den Krystallkorb, den


Teichröschen.0 Nach dem Oelgemälde von C. Karger.

[354] zwei massiv silberne Schlangen umringelten, bestürzt nieder; dann schlug sie die Hände in einander und begann herzhaft zu lachen.

„Siehst Du! Siehst Du!“ rief sie, „den ganzen Tag bin ich im Hause umhergegangen mit dem Bewußtsein, daß ich irgend etwas noch zu besorgen hätte – und ich konnte mich nicht besinnen; nein, das ist zum Todtlachen! – Karoline, Sie hätten mich doch erinnern können!“ wandte sie sich an das Mädchen, das eben eine kostbare altdeutsche Leinendecke über den massiven Eichentisch in der Mitte des Raumes ausbreitete.

„Frau Fredrich legten sich doch schlafen und sagten ausdrücklich, ich solle vor vier Uhr nicht wecken,“ rechtfertigte sich die Dienerin.

„Na ja!“ gähnte die junge Frau, „ich war so müde, Monsieur war schlechter Laune und der Kleine so entsetzlich lebhaft; es ist ja auch kein Malheur, das Ganze läuft auf eine Bettelei hinaus. Ich kann ihr ja morgen noch etwas hinschicken.“

„Aber Jenny! Hast Du denn vergessen, daß Johanne erst auf mein Zureden gewagt hat, Dich und mich zu Pathen zu bitten? Ich dächte, es wäre Pflicht gewesen – der Mann ist in unserer Fabrik verunglückt.“

„Ach papperlapapp, Liebchen! Ich kann dieses ewige Gevatterbitten nicht leiden!“ fiel Frau Jenny ein. „Wenn ich nicht schon drei Dutzend Pathenkinder habe, will ich nicht hier stehen – arme Leute werden nicht dazu verlangt, glaube mir. Komm, ich bin jetzt hier fertig, wir wollen ein wenig in die Kinderstube, oder“ – sie warf einen Blick auf die alterthümliche Wanduhr – „was noch besser ist, Mama hat sich Proben schicken lassen für Gesellschaftstoiletten – warte, ich komme mit hinauf, anderthalb Stunden haben wir noch Zeit, bis die Damen erscheinen.“

Sie drehte sich noch einmal anmuthig im Kreise, wie um ihre Vorbereitungen zu mustern. Der Kredenztisch prangte in silbernen Gefäßen, im Kamine flackerte ein leichtes Feuer, die mächtigen Kronleuchter, sowie die Gueridons vor den hohen Spiegeln waren mit dunkelrothen gewundenen Kerzen besteckt, und als Karoline eben die buntgewirkten schweren Vorhänge zurückschlug, wurde ein fast zu üppiger Raum sichtbar, ein wahres Purpurzimmer; selbst durch die buntgemalten Erkerfenster warf der Abendschein noch rothe Reflexe auf dieses Gewirr von Sesseln und Sesselchen, Chaiselongues und Tischchen, während vor dem ernsten Grün kostbarer Blattpflanzen sich weiße Figuren leuchtend emporhoben.

„Es sieht gemüthlich aus, Trudchen, wie?“ sagte die junge Frau; „ich habe den Saal nicht offnen lassen, weil wir ja nur ein paar Damen sind. Die Landräthin hat vorhin noch zugesagt; kommst Du auf ein Stündchen?“

„Ich danke!“ versetzte das junge Mädchen, neben der Schwester zur mütterlichen Wohnnug emporsteigend, „schicke mir den Kleinen ein wenig zu, ich spiele so gern mit ihm.“

„Gewiß, der Gentleman soll erscheinen,“ nickte Frau Jenny, „vorausgesetzt, daß er nicht wie ein kleines Murmelthier schläst.“

„Geh’ hinein zur Mama,“ bat Trudchen, „ich will mich nur umziehen, dann komme ich.“

Es waren die nämlichen Räume wie im unteren Gestock, ebenfalls reich möblirt, aber nicht in der neuen stilvollen Weise, wenngleich nicht minder vornehm und behaglich. Die Schwestern trennten sich im Vorzimmer, und Trudchen Baumhagen suchte ihre Stube auf. Sie bewohnte das Gemach mit dem Erker, aber hier brach das Tageslicht nicht durch kostbare bunte Glasmalereien, es konnte ungehindert durch die Spiegelscheiben fluthen, vor denen draußen im leisen Westwind unzählige Blumenkelche schwankten. Gerade gegenüber erhoben sich die Giebel des Rathhauses, wie luftige Spitzengewebe zeichneten sich die dnrchbrochenen Sandsteinverzierungen von dem rothglühenden Abendhimmel ab. Er war ein unendlich anmuthiges Plätzchen, dieser Erker; der Nähtisch befand sich hier und hinter diesem auf einer Staffelei das Bild des verstorbenen Herrn Baumhagen. Beim ersten Blicke mußte man die Aehnlichkeit zwischen Vater und Tochter erkennen; dasselbe lichtbraune Haar, die kräftige Stirn, die kurze schmale Nase, und dann die Augen. Sie war auch immer sein Liebling gewesen und sie sorgte, daß stets eine frische Blume in dem goldenen Blattwerke des Rahmens steckte. Und wenn sie bei der Arbeit saß, dann ruhten zuweilen die Hände und ihre Augen suchten das Bild, „guter, guter Papa!“ pflegte sie dann hinüber zu flüstern, als müsse er es verstehen.

Auch heute schritt sie rasch zum Erker hinüber und schaute lange das Bild an. „Das hättest Du auch gethan,“ sagte sie leise, „nicht wahr, Papa?“ – Es lag plötzlich ein ernster Ausdruck in den zwei Mädchenaugen, etwas wie grenzenlose Sehnsucht. „Nein, Alle sind sie nicht so wie Mama und Jenny, es giebt noch warme Menschenherzen, es giebt noch Herzen, die Mitleid haben mit fremder Noth, denen das verhaßte –“ Sie stockte plötzlich, ihre schmalen Hände hatten sich geballt, und nun funkelten die Augen in Thränen.

Sie begann im Zimmer auf- und abzuschreiten, der weiche Teppich dämpfte den leisen Tritt zwar bis zur Unhörbarkeit, aber die schwere Seide rauschte hinter ihr drein, aufregend und beängstigend. Welche Demüthigungen brachte ihr täglich und stündlich die Thatsache, daß sie ein reiches Mädchen! Alles, Alles sollte sie dem Umstande verdanken, daß sie Geld besaß. Jenny hatte ihr ja eben erst wieder erklärt, daß sie nur Pathe geworden, weil – Ach, das war egal, das wußte sie besser; Johanne war zu bescheiden. Aber das Andere hatte sie noch nicht verwunden. Da war vor einer Woche Manöver in der Umgegend gewesen, und ein Oberst mit dem Adjutanten hatte zwei Tage im Baumhagen’schen Hause in Quartier gelegen. Sie erinnerte sich in der That nicht, daß sie mehr mit Letzterem gesprochen als einige alltägliche Worte, und vierundzwanzig Stunden, nachdem die Truppen die Stadt verlassen – gestern – lag ein Brief vor ihr, angefüllt mit den glühendsten Liebesversicherungen und der Bitte um ihre Hand. Sie hatte das Schreiben genommen und war hinübergegangen zur Mutter, am ihr das Schriftstück zu übergeben mit den Worten: „Es will da Einer mein Geld heirathen! Schreib Du ihm Antwort, Mama, ich kann es nicht.“

Nun bangte ihr vor der Erörterung dieses Schreibens. Sie fürchtete nicht, daß die Mutter ihr zureden würde – nein, nein, sie war stets selbständig genug gewesen, um von vorn herein ihr Empfinden nicht einem fremden Willen unterzuordnen; aber man sprach doch darüber, und wie unendlich weit gingen die Wege aus einander zwischen Mutter und Kind!

Sie schrak zusammen; die Thür war aufgegangen und die Stimme der Schwester rief: „Aber so komm doch, Trudchen, ich kann mich gar nicht zu dem modernen Roth entschließen!“

Das Mädchen schritt hinüber und stand gleich darauf in dem Salon vor ihrer Mutter, einer kleinen Dame mit fast zu rosigem Gesichte und einem unendlich eigensinnigen Zuge um den vollen Mund. Auf dem Sofa unter der großen Schweizerlandschaft, dem Bilde eines berühmten Düsseldorfer Meisters – Frau Baumhagen pflegte mit Genugthuung zu erzählen, daß sie zweitausend Mark dafür bezahlt habe – saß sie und wühlte mit ihren rundlichen kleinen Händen, an denen es von Brillanten blitzte, in einer Menge Stoffproben.

„Gertrud,“ rief sie, „das wäre für Dich!“ Und sie hielt ihr ein blaues Zeugfleckchen hin. „Schade, daß Ihr so ungleich seid, es ist sonst so hübsch, wenn zwei Schwestern egal gekleidet sind.“

„Was sich für eine Frau paßt,“ erklärte Frau Jenny, „schickt sich nicht für ein Mädchen. Trudchen soll machen, daß sie unter die Haube kommt, sie ist zwanzig Jahre.“

„Ach. da fällt mir ein,“ die Mama suchte noch immer unter den Proben während des Sprechens, „da ist noch der Brief von Deinem letzten Freier, ich muß ihm ja wohl antworten – was soll man denn da wieder schreiben? Sieh ’mal, Jenny, das ist niedlich, dieser braune Grund mit den blauen Tupfen, nicht?“ unterbrach sie sich – „es ist eigentlich recht lästig, solche Briefe beantworten zu müssen, warum thust Du es nicht selbst?“

„Ich fürchte, daß mein Schreiben nicht objektiv genug ausfallen würde,“ erwiderte das Mädchen ruhig.

„Interessirst Du Dich denn für ihn?“ forschte die Schwester.

Das junge Mädchen überhörte die Frage. „Ich glaubte bitter zu werden, und es bedarf ja doch nur einer rein geschäftlichen Antwort, wie die Anfrage ja auch nur eine rein geschäftliche ist.“

„Du bist himmlisch!“ lachte die junge Frau. „O wie schade, daß Du nicht im Mittelalter gelebt hast, wo der Ritter erst so und so viele Liebesproben bestehen mußte –! Närrchen, lerne doch nur die Welt begreifen! Denkst Du, Arthur hätte mich geheirathet, wenn ich kein Geld hatte? Ich versichere Dich, er hätte nie daran gedacht! Und glaubst Du, daß ich ihn genommen, wenn ich nicht wußte. er wäre in guten Verhältnissen? – Gott [355] behüte, nein! Und was willst Du denn von uns, wir siud relativ ganz glückliche Eheleute.“

Trudchen sah ihre Schwester überrascht und fragend aus den großen blauen Augen an. „Relativ glücklich!“ wiederholte sie leise. „Mein Gott, ja, er hat seine Schrullen – darüber kommt man hinweg,“ erklärte die Schwester.

„Nur keine Meinungsverschiedenheiten heute, bitte,“ sagte Frau Baumhagen und nahm das Pincenez von dem stumpfen Näschen; „ich werde übrigens schreiben, dafür bin ich Deine Mutter.“ Sie seufzte. „Aber in diesem Punkte möchte ich Jenny doch Recht geben; Gertrud, Du siehst die Welt mit gar zu idealen Augen an. Wohin so etwas führt – wir haben es Alle gesehen.“ Wieder ein Seufzer. „Ich will Dir nicht zureden, ich habe auch Jenny nicht zugeredet, das wißt Ihr ja Beide. Ich, für meine Person, hätte nichts gegen diesen Herrn von – von –“ sie fand den Namen nicht gleich „einzuwenden.“

Das junge Mädchen lächelte, aber die Augen blickten fast verächtlich. „Seine Adresse ist mit vollster Deutlichkeit in dem Briefe angegeben,“ sagte sie.

„Es eilt doch nicht gar so sehr?“ fuhr die Mutter fort. „Ich habe heut Abend meine Whistpartie; wenn ich nicht pünktlich komme, muß ich Strafe zahlen; überhaupt bin ich nicht zum Schreiben aufgelegt.“ Sie gähnte leise. „Die Abende werden doch schon recht lang jetzt – weißt Du auch, Jenny, daß eine Operettentruppe herkommt?“

Die junge Frau bejahte und fügte hinzu, sie müsse nun Toilette machen. „Gute Nacht!“ rief sie fröhlich schon an der Stubenthür, „wir sehen uns doch wohl heute nicht mehr!“

„Gute Nacht, Mama!“ sagte auch Trudchen.

„Gehst Du zu Jenny hinunter?“ erkundigte sich Frau Baumhagen.

Das Mädchen schüttelte den Kopf.

„Was fängst Du denn an den ganzen Abend?“

„Ich weiß noch nicht, Mama; ich habe allerhand zu thun, vielleicht lese ich auch.“

„So! Nun gute Nacht, mein Kind!“ Sie winkte mit der Hand und Trudchen ging. Sie vertauschte in ihrer Schlafstube das seidene Kleid, das sie noch immer trug, mit einem weichen wollenen Hauskleid, dann kam sie wieder in ihr hübsches Wohnzimmer. Schon war es dämmerig geworden und unten auf der Straße wurden die Laternen angezündet; sie stand im Erker und sah, wie eine Flamme nach der andern aufsprühte und wie die Fenster der Häuser sich erhellten; selbst die Hökerfrau, die sich im Schutz des Rolands angesiedelt, steckte ihr Laternchen an unter dem riesigen dachartigen Leinwandschirm. Trudchen kannte dies Alles so genau; so war es gewesen da draußen, als sie noch ein kleines Mädchen, und so ist es jetzt, – nur hier innen ward es anders, so ganz anders.

Wo waren die Abende, an denen sie neben dem Vater gesessen, wo die traute Behaglichkeit? Mit in den schwarzen Sarg mußte sie sich geborgen haben, denn von jenem entsetzlichen Tage an, wo man den Vater hinausgetragen, blieb es leer und kalt, im Hause und in des Mädchens Herz. Er war so krank gewesen, der Papa, so tiefsinnig; es sei ein Glück, daß es so gekommen, sagten die Leute zu der Wittwe, die im leidenschaftlichen Schmerz förmlich wüthete, aber sie war doch gleich auf Reisen gegangen mit Jenny und den Winter hindurch in Nizza verblieben. Trudchen hatte nicht mit gewollt, durchaus nicht; ihre Augen, die solch Elend geschaut, hätten nicht hinaussehen mögen in Gottes lachende Welt, ihre erschütterten Nerven nicht das bunte Treiben da draußen ertragen. Sie hatte hausgehalten mit einer alten Verwandten; Tante Louischen schlief beiuahe den ganzen Tag – wenn sie nicht aß oder Kaffee trank, und da hatte das junge Herz alle Qualen der Einsamkeit kennen gelernt. Krank war sie gewesen an Körper und Geist, und als Mutter und Schwester zurückkehrten, da lernte sie, daß man auch unter Menschen einsam sein kann; und einsam war sie geblieben bis heute, herzenseinsam und arm an Freuden.

Sie hatte, von Sehnsucht getrieben, immer und immer wieder tapfer versucht, eine Entschuldigung für die Mutter zu finden, sich wenigstens etwas ihrer Lebensanschauung anzupassen; sie hatte sich mitschleifen lassen in den Trubel der Geselligkeit, den die lebenslustige Frau, nach beendeter Trauerzeit, um sich verbreitete; sie hatte versucht, sich einzureden, die Koncerte, Bälle und Alles, was darum und daran hing, machten ihr wirklich Vergnügen, füllten ihr Herz aus; aber ihr Rechtlichkeitsgefühl sträubte sich gegen diese Selbstlüge. Sie begann zu grübeln über die Leerheit, die sie umgab, über dieses und jenes Gespräch, über das ganze Treiben um sie her; und es ward ihr immer unverständlicher. Sie begriff nicht, wie man sich so köstlich amüsiren konnte über Sachen, die ihr kaum beachtenswerth erschienen. Die Kunst, das Leben tändelnd zu durchflattern, von allen seinen Reizen den Schaum zu schlürfen, wie Jenny es that, verstand sie nicht, es waren eben alles Dinge, die sie nicht berührten. Die ausgesuchtesten Toiletten auf den Bällen zu tragen, auf Reisen in den theuersten Hôtels zu wohnen, mit den feinsten Menüs zu excelliren – es lohnte sich doch der Mühe nicht, darüber nachzudenken. Einmal hatte sie gebeten, ob sie nicht wie sonst, als der Papa noch lebte, an den Abenden, die man allein verbrachte, vorlesen dürfe? Sie war, nach erhaltener Erlaubniß, freudestrahlend mit dem „Ekkehard“ herüber gekommen, das letzte Buch, welches der Vater ihr geschenkt. Mit hochrothen Wangen hatte sie gelesen und gelesen, als sie aber unversehens aufschaute, da saß Jenny und betrachtete angelegentlichst die neueste Nummer der Modenzeitung, und Mama schlief. Sie hatte kein Wort gesagt, aber vorgelesen nie wieder.

Ein paar große Thränen rannen ihr plötzlich über die Wangen. Es war wieder eine jener Stunden über sie gekommen, in denen sie wie verzweifelnd die Arme nach einer Seele ausstreckte, die sie verstand, die sie ein bischen, nur ein bischen lieb hatte um ihrer selbst willen. Sie war so mißtrauisch, so unendlich mißtrauisch geworden, daß sie Alles, was Fremde ihr entgegenbrachten an Freundlichkeiten, ihren äußeren Glücksgütern, der Stellung, die ihr Haus in der Gesellschaft einnahm, zuschrieb. Sie war sich völlig bewußt, daß sie schroff und unliebenswürdig sei, geflissentlich bis zur Rücksichtslosigkeit; die Menschen sollten nicht wissen, wie arm sie sich fühlte. Sie brauchten nicht zu ahnen, daß sie die Hände ineinander wand und fragte: „Was soll ich? Wozu lebe ich?“ Sie hatte die Arbeitslust, den Drang zu nützen, vom Vater geerbt – jeder tüchtige Mensch will schaffen, will beglücken und glücklich sein; auf ihr lag das Dasein wie eine Last, es war so ekel, so schal, so erfüllt von kleinlichen Interessen.

Sie trocknete rasch eine Thräne und wandte sich um; die Thür hatte sich geöffnet, und eine alte Dienerin trat ein.

„Sie vergessen wieder das Abendbrot, Fräulein Trudchen,“ begann sie vorwurfsvoll. „Im Speisezimmer ist Alles bereit; ich habe den Thee eingegossen, damit er ein wenig verkühlt, aber nun müssen Sie auch kommen.“

Das junge Mädchen dankte freundlich und folgte. Nach ganz kurzer Zeit kam sie zurück; es schmeckte nicht so allein. Sie zündete die Lampe an und nahm ein Buch und las. Auf der Straße war es allmählich still geworden, von St. Benedikti schlug es Viertelstunde auf Viertelstunde, endlich elf Uhr: unten fuhr ein Wagen vor – Mama kam nach Hause.

Trudchen schloß das Buch, es war Schlafenszeit. Nun ging die Entréethür, jetzt Schritte vorüber an Trudchens Zimmer, nein, doch nicht – man kam herein.

Frau Baumhagen trug noch das schwarze spanische Spitzentuch über dem Kopf; sie wollte ihre Tochter nur fragen, was denn das eigentlich für eine „gelungene Geschichte“ in der Kirche heute Nachmittag gewesen sei? Die Frau Oberprediger habe ihr von einem seltsamen Herrn Gevatter erzählt: der Herr Pastor sei ganz erfüllt davon nach Hause gekommen.

„Jenny blieb aus,“ erklärte das junge Mädchen, „da meldete sich ein fremder Herr.“

„Aber wie entsetzlich zudringlich!“ rief die erregte kleine Frau, „Du hättest zurücktreten müssen, Kind; wer weiß, was es für ein Subjekt ist!“

„Ich kenne ihn nicht, Mama. Aber, wer es auch sei, er hat so menschlich gut gehandelt; er dachte jedenfalls nicht, daß man seine Freundlichkeit anders auffassen konnte.“

„Siehst Du,“ klagte Frau Baumhagen, „so ist es mit Dir! Dergleichen imponirt Dir, Trudchen – wirklich, mir wird angst um Dich! Weißt Du auch, daß der Herr von Löwenberg – nun erinnere ich mich des Namens – entfernt verwandt ist mit dem herzoglichen Hause von A.? Die Frau von S … kennt die ganze Familie, es sollen Alle charmante Menschen sein. Aber ich will Dir nicht zureden, ich sage Dir dies nur so beiläufig.

[356]

Fronleichnamsprocession auf dem alten Schrannenplatz (Marienplatz) zu München im 18. Jahrhundert.
Nach dem Oelgemälde von Ludwig von Hagn. Photographie im Verlag von Fr. Hanfstängl in München.

[357] WS: Das Bild wurde auf der vorherigen Seite zusammengesetzt. [358] Zu morgen hat die Stadträthin eingeladen, meldet mir Sophie eben; man hat ja keinen Tag für sich; da kommst Du wohl mit? Es ist wegen des Stiftungsfestes; Ihr jungen Mädchen sollt etwas aufführen.

Bei Jenny war noch Licht,“ fuhr sie fort, ohne sich durch das Schweigen der Tochter beirren zu lassen. „Arthur ist mit Karl Röben zurückgekommen, der seine junge Frau abholen will; und eben kam Line mit Champagner aus dem Keller. Ich bitte Dich, erzähle nur Niemand von der Kirchenscene heute, ich habe auch die Oberpredigerin darum gebeten. Gute Nacht, mein Kind – der Thee war natürlich wieder nicht zu genießen bei der guten S.“

„Gute Nacht, Mama,“ erwiderte Trudchen. Sie nahm die Lampe und trat noch einmal vor des Vaters Bild, dann suchte sie ihr Lager auf. Aus halbem Schlummer erwachte sie jäh, sie hatte so deutlich die Stimme vernommen, die sie heute in der Kirche zum ersten Male gehört; mit raschem Herzschlag saß sie empor. Nein, es war kein Traum gewesen, was sie heute erlebt! Wie ein Sonnenblick fiel das freundliche Thun des Unbekannten in diese Welt voll Egoismus und Herzlosigkeit. Und nun blieb sie lange wachend.




Ueber das Gebirge zogen die Stürme des Spätherbstes, wehten Regenschauer aus grauen fliegenden Wolken und schlugen prasselnd auf die welken Blätter des Waldes und gegen die Fenster der Menschenwohnungen. Franz Linden saß am Schreibtische in dem Zimmer, das er sich im oberen Stock eingerichtet hatte, und seine Blicke flogen über die entlaubten Wipfel des Gartens zu den Bergen hinüber. So behaglich es bei einem Junggesellen nur sein kann, war es um ihn her; Bücher- und Gewehrschränke, prasselndes Feuer im Kachelofen, gute Bilder an den Wänden, der leichte Duft einer feinen Cigarre, und trotzdem war es ein gar nicht zufriedener Ausdruck, der auf seinem hübschen Gesichte lag.

Einen großen Bogen voller Zahlen schob jetzt seine Hand beiseite und ergriff dafür ein Briefblatt, auf dem er rasch zu schreiben begann:

 „Mein alter Amtsrichter!

Wie würdest Du hohnlachen, könntest Du mich sehen in meiner deprimirten Stimmung! Draußen regnet es und hier innen strömt die Fluth von tausend verdrießlichen Gedanken auf mich ein. Ich bin dahinter gekommen, daß Landwirth zu spielen wohl nur dann eine Freude ist, wenn man ein großes Portemonnaie sein eigen nennt. Die Ausgaben wachsen mir fast über den Kopf, Alles möchte erneut werden; na, das ist nun so, aber ich will Dir nichts vorklagen, ich habe anderseits unendliche Freude daran: ich kann Dir nicht beschreiben, wie wahrhaft poetisch so ein Pürschgang durch die herbstlichen Wälder ist, den ich fast täglich mit der alten Juno unternehme, dank der Erlaubniß des königlichen Oberförsters, mit dem ich mich angefreundet habe. Und wie wonnig es sich dann heimkehrt unter das schützende Dach!

Aber Du prosaischster aller Menschen denkst hierbei wahrscheinlich nur an Rehrücken oder gebratene Krammetsvögel, und die Stimmung à la wilder Jäger kennst Du nur vom Hörensagen.

Doch ich wollte Dir ja erzählen, wie Recht Du hattest, als Du in Bezug auf diesen Wolff ausriefst: ‚Hic niger est! Hüte Dich, Römer vor diesem – er ist ein Bösewicht!‘ Vielleicht ist das zu viel gesagt, aber jedenfalls ist er lästig. So schickte er mir gestern ein Koncertbillet und schrieb dabei: ‚Platz 38 bis 40 sei von Familie Baumhagen requirirt – ich empfing Nr. 37‘. Hinzugefügt hatte er, daß die Baumhagens die angesehensten und wohlhabendsten Patricier der Stadt seien – also offenbar diejenigen, welche die erste Violine dort spielen.

Du weißt, wie ich über sogenannte Geldsäcke denke; immer drei Meilen davon! Na kurz, ich ärgerte mich und schickte ihm das Billet zurück mit dem Bemerken, daß ich der unmusikalischste Patron der Welt sei. Er hat schon mehr derartige Attaken auf mich gemacht, vermuthlich ist da eine Tochter.

Um nun endlich zum Zweck meines Schreibens zu kommen – Du weißt, daß Wolff eine große Hypothek auf Niendorf hat, zu kolossal hohem Zinsfuß. Ich kann das einfach nicht zahlen und will die Hypothek kündigen; würde Deine Schwester zu mäßigen Procenten sie übernehmen? Jede Auskunft steht Dir zur Verfügung. Was soll ich Dir noch erzählen? Apropos! Die Tante – Du hast ihr schmählich unrecht gethan; ich sah nie ein harmloseres, in sich selbst zufriedeneres Gemüthe, wie diese alte Frau. Eine Nichte, die jährlich auf Besuch nach Niendorf kommt und von der sie hoch entzückt scheint, ihr zahmer Stieglitz und ihre Papierblumenfabrikation sind ihre Welt. Sie frug ganz ängstlich, ob ich ihr wohl die Stube belassen würde, bis sie todt? Was ich mit Wort und Handschlag gelobte. Sie hat mir mancherlei berichten müssen aus des Onkels letzten Lebensjahren; er war entschieden ein völliger Sonderling. Wolff sei jeden Tag bei ihm gewesen und habe mit ihm und dem Schulmeister Skat gespielt. Er ist, so zu sagen, am Spieltisch geendet. Die alte Dame erzählte mit einer wahren Grabesstimme, daß er mit Schellenunter und Eichelneune in der Hand gestorben sei; er habe gerade nach dem Null gesagt: ‚Rum! Der liegt! Ein Bombensolo!‘ Da war es vorbei. Ich glaube, sie graulte sich selbst bei diesem Bericht. Nachher will ich, trotz Regen und Sturm, nach der Stadt, um einige Besuche zu machen. Es muß ja doch einmal sein! Den Verwalter nehme ich mit; er holt ein neues Gespann Ackerpferde, die er vor einigen Tagen dort gekauft. Vielleicht sehe ich zufällig noch einmal meine unbekannte kleine Gevatterin, von der ich Dir neulich schrieb; bis jetzt war mir das Glück nicht günstig.“

Er fügte noch einige Grüße und seine Unterschrift hinzu und eine halbe Stunde später war er im tadellosen Visitenkostüm auf dem Wege nach der Stadt. Im Hôtel angekommen, erkundigte er sich nach einer Reihe von Adressen und begann nun seufzend jener wunderbaren Sitte nachzukommen, welche Dame Etiquette als unerläßlich für die „gute Gesellschaft“ vorschreibt, unbekannte Menschen Mittags zu überfallen und einige sehr banale Phrasen zu wechseln, um sich sobald als möglich wieder aus dem Staube zu machen. Gott sei Dank! Es war heute Niemand zu Hause, obgleich es in Strömen regnete. Zu Baumhagens wollte er aus angeborner Opposition zuletzt gehen; er gehörte zu den Menschen, denen nur Jemand etwas anzuloben braucht, um es von vornherein mit Mißtrauen zu betrachten.

Als er gerade im Begriff war diesen Besuch auszuführen, trat ihm auf dem Markt Herr Wolff entgegen. „Zu Baumhagens?“ fragte er, sichtlich angenehm berührt. „Dort – dort das Haus mit dem Erker. Wünsche tausendmal Glück, Herr Linden!“

Franz hatte eine unangenehme Abfertigung auf den Lippen, da war der Kleine schon verschwunden. Droben vom Erkerfenster aber trat rasch eine weibliche Gestalt zurück.

„Bedaure sehr,“ sagte die alte Dienerin, „Frau Baumhagen sind ausgegangen.“ Im unteren Stock dieselbe Antwort, obgleich ihm ein Chopin’scher Walzer entgegenklang.

Im Hôtel beim Mittagstisch erhielt er Aufklärung. Abends sollte ein Ball stattfinden, und ein solches Fest erforderte natürlich die umfassendsten Toilette-Vorbereitungen bei der Damenwelt; an solchem Tage sei weder Frau noch Fräulein zu sprechen. Auch war von nichts Anderem die Rede, als von diesem Feste, und einige der Herren luden ihn freundlich ein, theilzunehmen; es seien hübsche Mädchen dort.

„Bin neugierig, ob die kleine Baumhagen kommt,“ meinte ein Husarenofficier.

„Meinetwegen kann sie fortbleiben,“ entgegnete ein sehr blonder Referendar; „sie hat eine Art sich herabzulassen, die ich nicht vertrage. Ueberhaupt,“ er tippte mit dem Zeigefinger an seine Stirn, „etwas hochmuthstoll.“

„Ich weiß es von Arthur Fredrich, sie hat wieder einen Korb ausgetheilt,“ rief ein Anderer.

„Soll wahrscheinlich erst ein Prinz kommen,“ schnarrte ein Vierter.

„Thut nichts!“ beschwichtigte der Rittmeister von Brelow, „sagt, was Ihr wollt, sie ist eine prächtige Erscheinung, hat jedenfalls nicht eine Spur von Kleinstädterei; es ist Rasse in dem Mädchen.“

Franz Linden hatte mit Interesse zugehört, fast bekam er Lust, an dem Feste theilzunehmen; er sagte halb und halb zu, ließ sich einen Handschuhladen nennen und versaß so ein paar Stunden in ganz angeregtem Gespräche; nach den einsamen Wochen, die er durchlebt, interessirte es ihn mehr, als er sich eingestehen mochte. „Ich komme wahrhaftig noch auf kleinstädtischen Klatsch,“ sagte er, amüsirt über sich selbst. Als er auf die Straße trat, war der kurze Novembertag der Dunkelheit [359] bereits gewichen, die Laternen spiegelten sich in den Pfützen der Straße, die Schaufenster waren hell erleuchtet und vom Benedikti-Thurm dröhnten fünf lange Glockenklänge.

Er bog um die Hôlelecke in die nächste Gasse und schlenderte langsam hin auf dem schmalen Trottoir, die Läden musternd, die sich auf Rechnung des nahen Weihnachtsfestes mit allem Neuen und Neuesten herausgeputzt hatten.

„Guten Abend!“ sagte plötzlich eine schüchterne Stimme hinter ihm. Er wandte sich um; im ersten Momente erkannte er die Frau nicht, die, das Trageholz auf den Schultern, an dessen rothen Lederriemen und blitzblanken Messinghaken zwei große schneeweiße Eimer hingen, schüchtern vor ihm stand. Dann wußte er’s, es war Frau Johanne. „Ich wollte nur vielmals danken,“ begann sie, „der Herr Küster hat mir das Geschenk gebracht für den Kleinen.“

„Und geht es denn meinem Pathchen gut?“ fragte er, neben der Frau herschreitend und rasch entschlossen, um jeden Preis etwas von „ihr“ zu erfahren.

„Ach, ich danke, Herr Linden; es ist ein schwächliches Kind – der Gram hat ihm wohl geschadet. Aber wenn der Herr es einmal sehen wollen – so gar weit ist es nicht mehr, und ich gehe jetzt nach Hause.“

„Das versteht sich!“ sagte er und ließ sich im Weiterschreiten erzählen, daß sie Milchfrau bei Oekonomieraths sei und zweimal des Tages die Milch austrage.

„Kommt das Fräulein manchmal – nach dem Pathchen zu sehen?“

„Ei freilich!“ erwiderte die Frau, „sie kommt und – es ist kein Kleidchen und kein Röckchen, das der Junge nicht von ihr hat; sie ist so sehr gut, das Fräulein Trudchen; wir sind auch zusammen konfirmirt,“ setzte sie stolz hinzu.

Also Trudchen hieß sie!

Es war doch ein ziemlich weiter Weg durch Gassen und Gäßchen, bis die Frau erklärte, hier sei sie daheim. „Es ist Licht drinnen – vielleicht die Mutter, weil der Junge aufgewacht ist. „Meine Mutter wohnt oben,“ erläuterte sie, „der Vater ist Schuhmacher.“

Es war ein so niedriges Parterre, daß ein Kind bequem ins Fenster hätte blicken können, und so übersah er leicht das Innere der kleinen Stube.

„Bleiben Sie!“ flüsterte er und hielt die Frau am Arme.

„Ach Gott – das Fräulein!“ rief diese, „wenn sie nur nicht böse wird!“

Aber Franz Linden antwortete nicht, er sah nur die schlanke Mädchengestalt, wie sie in dem niedrigen Gemache mit dem weinenden Kinde im Arme auf- und abging, ihm zusprach, es tanzen ließ, bis es endlich zu schreien aufhörte, ein Weilchen ernsthaft in das schöne Gesicht blickte und zu jauchzen begann.

„Siehst Du, kleiner dummer Schatz,“ tönte die klare Mädchenstimme in sein Ohr, „siehst Du, wer es gut mit Dir meint, wenn Du hier so allein und bloßgestrampelt liegst und Deine Mutter bei Wind und Wetter von Haus zu Haus gehen muß? Du böser Junge, Du Schreihals, kannst Du auf Deinen Namen schon hören? Wie heißt Du? Franz – Franzi? So groß ist der Junge! Jetzt komm einmal her und schreie nicht, Du sollst das warme Kleidchen schon anhaben, wenn Deine Mutter kommt.“ Und sie setzte sich an den Ofen und begann dem Kinde das rothe Barchentröckchen auszuziehen.

„Fragen Sie, Frau Johanne, ob ich hineinkommen darf!“ bat Linden. Und im nächsten Momente war er doch schon hinter der Frau in das Zimmer getreten.

Ueber das Gesicht des jungen Mädchens flog etwas wie schämige Gluth, aber sie reichte ihm unbefangen die Hand hin. „Ich freue mich, Herr Linden, daß ich Sie noch sehe – Mama bedauerte heute Mittag sehr, Sie nicht empfangen zu können. Sie –“

Er machte eine Verbeugung. Also zu irgend einem Hause, wo er heute gewesen gehörte sie? Aber zu welchem?

„Denken Sie nur, ich weiß erst seit heute, daß Sie uns so nahe wohnen,“ fuhr sie heiter fort. Und den Kleinen der Mutter übergebend, die eben die Fensterläden geschlossen, setzte sie hinzu: „ich stand gerade im Erker, als Sie über den Markt kamen, und sah, wie Sie sich nach unserer Wohnung erkundigten.“

„So habe ich die Ehre – Fräulein Baumhagen –?“ sagte er, halb und halb peinlich berührt.

„Gertrud Baumhagen,“ bestätigte sie, „warum sehen Sie so erstaunt aus?“

Sie nahm bei diesen Worten ihr Mäntelchen vom nächsten Stuhle, drückte eine kleine Pelzmütze auf den braunen Scheitel und ergriff einen Muff. „Ich muß nun fort, Johanne, aber ich schicke Dir morgen den Doktor für den Kleinen. Sieh, das darf nicht so hingehen. Du mußt besser darauf achten, sonst kann er lebenslang schwache Augen behalten.“

„Gestatten Sie. daß ich Sie begleite?“ fragte Linden, die anmuthige Gestalt nicht aus den Augen lassend. Das also war Gertrud Baumhagen!

Sie nickte. „Ich fürchte nach zwar nicht, aber ich denke, Sie finden sich niemals wieder aus diesem Labyrinth von Straßen, in welches die gute Johanne Sie gelockt. – Hier herum ist es noch völlig die uralte Stadt; heute Abend zwar bemerken Sie nichts davon, aber am Tage lohnt sich wohl ein Gang durch diesen Theil. Ich habe die Gegend gern, obgleich hier nur geringe Leute wohnen,“ plauderte sie weiter, indem sie fest und sicher über das holperige Pflaster schritt. „Sehen Sie dort unten an der Ecke das Haus mit vorgebautem Sandsteintreppchen und der Bank unter dem kahlen Baume? Aus dem Hause stammt meine Großmutter, und der Baum ist ein Hollunderstock. Großvater hatte sich in sie verliebt, als sie eines Abends auf dem Bänkchen dort saß und ihr jüngstes Brüderchen wiegte. Sie hat es mir so oft erzählt; der Hollunder habe gerade geblüht und sie sei achtzehn Jahre alt gewesen. Ist es nicht ein Stückchen echter Poesie?“ Dann lachte sie leise. „Aber ich erzähle Ihnen da so viel, und weiß gar nicht, wie Sie über solche Sachen denken.“

Sie waren just vor dem schmalen Hause mit dem Hollunderstocke angekommen. Er blieb stehen und sah empor. Sie bemerkte es und sagte: „Ich kann nie vorüber gehen, ohne daß mir ein guter Gedanke kommt, eine traute Erinnerung. Eine herzlichere Großmutter gab es nicht, so einfach und so gut.“ Und als er schwieg, setzte sie wie erläuternd hinzu: „sie war eine Enkelin des Werkmeisters in Großvaters Fabrik.“

Er fand noch immer kein Wort, und irgend eine banale Phrase hätte er nicht aussprechen können.

Auch sie blieb ein Weilchen stumm. „Darf ich Sie bitten,“ begann sie dann, „dem Kleinen nicht allzu große Geschenke zu machen; es sind einfache Leute, man kann sie zu leicht verwöhnen.“

Er stimmte zu. „Unsereiner ist darin so unpraktisch,“ entschuldigte er: „ich wußte nicht so recht, was ich nun zu thun habe, nachdem ich mich zudringlicher Weise zum Pathen angeboten.“

„Das war keine Zudringlichkeit, das war Menschenfreundlichkeit, Herr Linden.“

„Gerade in Ihren Augen glaubte ich etwas zu rasch – zu –“ er stockte.

„O nein, nein,“ unterbrach sie ihn ernst, „was denken Sie von mir! Ich kann gar wohl unterscheiden, was echt und unecht. Es hat mich ehrlich gefreut,“ klang es zögernd nach.

„Ich danke Ihnen,“ sagte er.

Und nun schritten sie schweigend weiter durch die Straßen. Vor einem Blumenladen hinter dessen großen Spiegelscheiben ein lockender Flor von Rosen. Veilchen und Kamelien glühte, blieb Trudchen Baumhagen stehen.

„Hier trennen sich unsere Wege,“ sagte sie und reichte ihm die Hand; „ich habe hier drinnen zu thun. Leben Sie wohl, Herr – Gevatter!“

Er hatte den Hut abgenommen und ihre Rechte ergriffen. „Leben Sie wohl, gnädiges Fräulein.“ Und zögernd fragte er noch: „Sie sind auch beim heutigen Feste?“

„Ja,“ nickte sie, „auf höheren Wunsch,“ und ihre blauen Augen schauten ihn still an. Es war nichts darin zu lesen von Jugendlust und freudiger Erwartung. „Mama wäre untröstlich, hätte ich mich ausgeschlossen. Gute Nacht, Herr Linden!“

Der junge Mann blieb draußen, während sie hinter der Ladenthür verschwand. Einen Moment wartete er noch. dann ging er weiter.

Also das war Gertrud Baumhagen! Es berührte ihn förmlich unangenehm, daß sie so hieß, er hatte von vorn herein ein Vorurtheil gefaßt gegen diesen Namen, er war ihm gleichbedeutend mit kleinstädtischem Protzenthum. Die Unterhaltung an der Wirthstafel kam ihm in Erinnerung. Er hatte sich eine [360] schnippische helle Blondine vorgestellt, die den Vorzug, eine Baumhagen zu sein und das reichste Mädchen der Stadt, in allerhand vagen Launen an ihren Verehrern auszulassen pflegte. Nun fand er das Trudchen aus der Kirche, ein holdes schlankes Geschöpf, ein Mädchen mit einfachem unverbildeten Gemüth, das keinen andern Stolz besaß, als den eines edlen Weibes.

Unwillkürlich schritt er rascher; er wollte der freundlichen Aufforderung, an dem Feste theilzunehmen, nachkommen. Aber am Eingang des Hôtels war er wieder anderer Meinung; er mochte sie nicht als moderne Gesellschaftsdame sehen, wollte nicht das liebliche Bild verwischen, das er vorhin durch die kleinen Fenster erblickt in dem ärmlichen Stübchen. Er hätte es auch nicht ertragen, wenn sie ihm im kerzenhellen Ballsaale mit jener Herablassung entgegengetreten wäre, die er heute an ihr tadeln gehört. Er beschloß nach Hause zu fahren.

In diesen Gedanken war er nochmal die Straße zurückgegangen; nun stand er wieder vor dem Blumenladen. Nach raschem Besinnen trat er ein und verlangte einen einfachen Strauß. Die Verkäuferin hielt gerade ein wagenradähnliches Monstrebouquet mit reicher Spitzenmanschette in der Hand, um es einem Boten zu übergeben.

„Also an Fräulein Baumhagen,“ bestellte sie dem Ausläufer, „hier die Karte.“

Franz Linden erblickte auf derselben ein großes Wappen über dem Namen. Unschlüssig trat er zurück. Da wandte sich die Verkäuferin zu ihm.

„Einen einfachen Strauß,“ wiederholte er nun doch. Es war keiner vorräthig, man wollte jedoch rasch einen binden. Der junge Mann wählte selbst die Blumen aus dem mit nassem Sand gefüllten Zinkkasten und reichte sie hin. Es mußte ihm eine angenehme Beschäftigung sein, denn er nahm immer wieder eine Rose zurück und gab dafür eine schönere. Endlich war es vollendet, ein graziöses Bouguet aus weißen Rosen, die Kelche zart rosa gefärbt wie schämiges Mädchenerröthen; Frauenhaar und zitternde Farren dazwischen. Er betrachtete noch einmal das zierliche Gewinde, zahlte und ging zum Hôtel zurück; dort legte er die Blumen auf den Tisch, ließ sich vom Kellner Schreibzeug und ein Kouvert bringen, nahm eine Visitenkarte und schrieb. Mitten darin hörte er auf; er lächelte, „’s ist ein Unsinn,“ sprach er halblaut, „sie wird längst das große Bouquet in der Hand halten.“ Dann schrieb er weiter und überlas noch einmal:

„Darf der Gevatter heut den Strauß noch senden,
Den eigentlich nach Recht und alter Sitte
Beim Tauffest schon er hätte sollen spenden?
Bescheiden naht er; seine Rosen wagen
Nur stummen Gruß zu flüstern und die Bitte,
Zum Feste, heute Abend, ihn zu tragen.“

Er lächelte wieder, kouvertirte und gab vor dem Hôtel Brief und Blumen einem Dienstmann mit der Weisung, dem Fräulein Baumhagen Beides zu überbringen. Und nun kam ihm ein Gedanke: – um acht Uhr begann das Fest, in zehn Minuten war es soweit – er wollte Trudchen Baumhagen sehen, sehen – ob sein Strauß – Unsinn! Wie sollte sie dazu kommen? Aber dennoch, er wollte warten. „Gut, daß der Amtsrichter das nicht mit ansieht!“ flüsterte er vor sich hin. Es war ihm zu Muthe wie einem Kinde vor Weihnachten, so froh und so erwartungsvoll, während er an der Marktseite vor dem Hôtel auf und ab wanderte.

(Fortsetzung folgt.)


Eine Verschwörung.

Von0 Johannes Scherr.
(Fortsetzung.)


5.0 Von der Spürnase eines ci-devant Jakobiners und wie
die feine Witterung selbiger Nase sich bewährte.

Da war nämlich der Fouché, zur Schreckenszeit einer der langfingerigsten und erbarmungslosesten „Konventskommissäre“, später Polizeiminister Bonaparte’s und unlängst, als sich der „erste“ Konsul zum „lebenslänglichen“ hatte vorrücken lassen, seiner Ministerschaft entkleidet. Dazumal hatte es der Gewalthaber noch für angezeigt erachtet, der öffentlichen Meinung dann und wann eine kleine Zubilligung zu gewähren, wenn auch nur eine formale. Darum war das allgemein verhaßte Polizeiministerium aufgehoben und die Polizei mit dem Justizministerium vereinigt worden, welches der „Großrichter“ Régnier leitete. Dieser überließ die oberste Verwaltung der Polizei dem Staatsrath Réal, welcher weder das Schieß- noch ein anderes Pulver erfunden hatte. Fouché jedoch setzte als der Polizeikünstler, der er war, auch im Privatstande das Spähen und Kundschaften liebhaberisch fort. Er hatte es einzurichten gewußt, daß ihm seine vormaligen Mouchards auch jetzt noch dienstbereit zur Hand waren, und da er um jeden Preis wieder Minister werden wollte und demzufolge seine Unentbehrlichkeit dem „Lebenslänglichen“ darthun mußte, so ließ seine Spürnase Tag und Nacht vom eifrigen Schnüffeln nicht ab. Besagtes Organ besaß in der That eine feine Witterung und der Besitzer desselben war dadurch zur Zeit seiner terroristischen „Missionen“ in Toulon, in Lyon und anderwärts in den Stand gesetzt worden, die 12 oder 14 Millionen zu wittern und aufzuspüren, welche er – immer zur größern Ehre der Freiheit, Gleichheit und Bruderschaft – damals für seine Privatkasse zusammengefingert hatte. Die Herren – was sag’ ich? – die Bürger Konventskommissäre hatten ja, mit wenigen ehrenwerthen Ausnahmen, schon so ungeheuer lange Finger entwickelt, daß sogar die napoleonischen Marschälle nachmals auch mit dem besten Willen die ihrigen kaum noch mehr zu verlängern vermochten. Item, die Generale der Republik hatten die Philosophie der Langfingerfertigkeit ebenfalls von Grund aus verstanden. Waren doch sogar an den Fingern des „biederen“ Moreau von den Kontributionen, welche er in Deutschland für Rechnung der französischen Republik erhoben hatte, 3 oder 4 Millionen nur so hängen geblieben.

Fouché also ist es gewesen, welcher den Ersten Konsul aufmerksam machte, daß vonseiten der Royalisten etwas wider ihn im Werke sein müßte. Der weiland Polizeiminister war von seinen Agenten zu gut bedient, als daß ihm die Anwesenheit einer nicht geringen Anzahl von Emigranten und Chouans, die ja doch nicht immer in ihren Schlupfwinkeln stillliegen konnten oder wollten, hätte entgehen können. Bonaparte mochte sich erinnern, daß Fouché’s Spürnase schon dazumal nach dem Mordkrach der Höllenmaschine nach der richtigen, d. h. nach der bourbonischen Seite hin geschnüffelt hatte, und er war daher sehr geneigt, auf die Zuflüsterungen des ci-devant Jakobiners zu hören. Zudem hatte er sich ja schon gesagt, daß der Wiederausbruch des Krieges mit England die Bourboneriche in Bewegung bringen würde, und seine Besorgnisse mußten nach dieser Richtung hin bedeutend verschärft werden dadurch, daß ihm ein Einblick in die vom englischen Gesandten in München betriebenen Machenschaften aufgethan worden war. Diese Machenschaften, der Konsularregierung verrathen durch einen von Drake’s Agenten, einen Franzosen, der aus einem Republikaner ein Soldknecht der englischen Diplomatie geworden, hatten zunächst den Zweck, die Geheimnisse des französischen Kriegsplanes aufzuhellen; dann aber auch, alle vonseiten der Emigranten gegen Bonaparte gerichteten Anschläge zu unterstützen. Ein unmittelbarer oder auch nur mittelbarer Zusammenhang der Umtriebe des Gesandten mit der Verschwörung Cadoudals hat jedoch nicht stattgefunden.

Bonaparte’s Argwohn war geweckt, und weil gleichzeitig da und dort, in der Normandie, in der Vendée, bourbonische Regungen, obzwar nur schüchterne, bemerkbar wurden, so beschloß er, um Licht in das Dunkel zu bringen, auf’s Gerathewohl eine Anzahl von der Chouanerie mehr oder weniger verdächtigen Leuten verhaften zu lassen, welche man in Paris und in der Provinz gerade unter der Hand hatte. Diese Verhaftungen gingen vor sich und der Erste Konsul wählte aus der Liste der Verhafteten fünf, in der Hoffnung, dieser oder jener derselben würde dem Kriegsgerichte, vor welches sie gestellt wurden, Geständnisse machen. Zwei sprach das Kriegsgericht los, drei verurtheilte es zum Tode. Zwei davon ließen sich erschießen, ohne mehr bekannt zu haben, als daß sie nach Frankreich gekommen, der Sache des legitimen [361] Königs zu dienen – welchem Bekenntniß sie eine kräftige Verwünschung des „Usurpators“ hinzufügten. Dem dritten aber sank angesichts des Todes das Herz und er ließ sich zu dem Geständnisse herbei, daß er im August mit Georges Cadoudal am Felshange von Biville an’s Land gestiegen und durch Wälder und über Haiden hehlings nach Paris gekommen, um einen Mordanfall auf Bonaparte mitzumachen. Außerdem gab er verschiedene von den Geheimquartieren und den vertrauten Kneipen an, welche den Chouans von Cadoudal’s Bande Unterschlupf gewährten.

So hatte sich denn Fouché’s Polizeinase und nicht minder die Berechnung des Ersten Konsuls bewährt. Es war einiges Licht in das Dunkel gebracht. Man wußte jetzt, daß der hochgefährliche Chouanshäuptling Georges in Paris wäre. Man kannte die Landungsklamm von Biville, sowie die Schleichwege und Rastorte zwischen dort und der Hauptstadt. Ebenso etliche von den Bergewinkeln der Verschwörer in den Vorstädten.

Zu dieser Aufklärung fügte der Zufall, dieser Leibzwerg der Riesin Historia, welcher hinter den Falten ihres blutpurpurnen Mantels häufig so schelmisch lachend oder auch so boshaft grinsend hervorguckt, noch eine weitere.

Die Bucht und Kluft von Biville mußte die Aufmerksamkeit der Sicherheitsbehörden auf sich gezogen haben. Denn wir erfahren, daß gerade in den Tagen, wo die vergeblichen Zusammenkünfte zwischen Pichegru und Moreau in Paris stattfanden und die Regierung mittels der gemeldeten Kriegsgerichtsprocedur von dem Bestehen eines Mordkomplotts Kunde erhielt, dort am Felsgestade der Normandie zwischen Gendarmen, welche den Paß bewachten, und Chouans, welche zu landen versuchten, ein Feuergefecht geliefert worden war. Ein für seinen Dienst gut beanlagter Gendarm hatte nach beendigtem Schüssewechsel einen aus einem Chouangewehr gekommenen Papierpfropf aufgehoben und auf demselben den Namen Troche geschrieben gefunden. Nachforschungen auf dieser Spur ergaben, daß dies der Name eines in Eu wohnenden Uhrenmachers, welcher einen Sohn hatte, dessen Gebaren schon seit einiger Zeit der Polizei verdächtig vorgekommen war. Der junge Troche wurde demzufolge in aller Heimlichkeit aufgehoben, nach Paris gebracht und einem Verhör unterzogen, welches ihn alles gestehen machte, was er wußte. Und er wußte nicht wenig.

Denn dieser junge Mensch war es, welcher den Briefwechsel zwischen den Verschworenen in Paris und den Emigranten in London vermittelt hatte. Er war es auch, welcher die verschiedenen Schübe der Komplottgenossen an der Klamm von Biville empfangen und sie von dort weitergeführt hatte. So im August von 1803 den Georges Cadoudal und dessen Reisegefährten, so dann im Januar von 1804 den Trupp, bei welchem Pichegru, De Rivière und die Polignacs sich befanden. Wer diese Herren waren, hatte Troche nicht erfahren und konnte sie daher nur allgemein als „vornehme“ bezeichnen, welche von ihren Begleitern sehr respektvoll behandelt worden seien – namentlich einer. Im Februar, gestand der Gefangene schließlich noch, sollte wiederum eine Landung stattfinden und er, Troche, wäre beauftragt, auch diese Ankömmlinge zu empfangen und weiterzugeleiten.

Im Besitze von allen diesen Nachweisen begann die Polizei auf der ganzen Linie von Paris bis Biville eine außerordentliche Thätigkeit zu entwickeln. Nicht so fast unter der Leitung von Réal als vielmehr unter der von Fouché, welchen Bonaparte wieder zu Gnaden angenommen hatte und stillschweigend als wirklichen, obzwar vorderhand noch unbetitelten Polizeiminister schalten ließ. In den ersten Februartagen gelangen zwei wichtige Fänge. In einer der signalisirten Weinkneipen wurde nach verzweifelter Gegenwehr ein junger Chouan, Picot geheißen und in Cadoudal’s persönlichen Diensten stehend, dingfest gemacht. Kurz darauf der Edelmann Bouvet de Lozier, welcher sich „Generaladjutant der königlichen Armee“ titulirte und als der Leutnant von Georges anzusehen war. Beide Verhaftete waren schwer bewaffnet und mit beträchtlichen Geldsummen in den Taschen betroffen worden. Durch Picot erfuhr man eigentlich nicht mehr, als man schon wußte. Dagegen kamen aus dem Munde des Herrn Athanase Hyacinthe Bouvet de Lozier Angaben, welche die ganze Verschwörung klarstellten und den General Moreau schwer belasteten.

In der Nacht vom 13. auf den 14. Februar machte Bouvet in seinem Gefängniß einen Versuch, sich zu erhängen. Das mißlang und der Gefangene wurde dadurch in eine an Raserei gränzende Aufregung versetzt. Er schrie nach dem Wärter und erklärte diesem, daß er sofort zu Protokoll vernommen zu werden verlangte, bevor er für die Sache seines rechtmäßigen Königs sterben würde. Der Staatsrath Réal wurde herbeigeholt und erstaunte nicht wenig über das, was der wüthende Mann hervorsprudelte. Réal ließ den Großrichter und Justizminister Régnier benachrichtigen und in dessen Gegenwart wurden sodann die Geständnisse des Gefangenen protokollirt, welcher als richtiger Franzos sich in Positur warf und theatralisch anhob: „Ein Mann, der von den Pforten des Grabes kommt und noch bedeckt ist mit den Schatten des Todes, will Rache nehmen an Leuten, welche durch ihre Treulosigkeit ihn mitsammt seiner Partei in den Abgrund gestürzt haben.“[1]

Auf diese Präambel ließ er umfassende Geständnisse über Thatsachen folgen, die wir bereits kennen. Von Gewicht war besonders die Enthüllung, daß zur für passend erachteten Stunde „Monsieur“ (d. i. der Graf von Artois als Bruder Ludwigs des Achtzehnten so betitelt) in Frankreich erscheinen sollte, um sich an die Spitze der Royalisten zu stellen; fernerweit die Aussage, daß Moreau versprochen, für die bourbonische Sache einzutreten, dann aber sein Wort zurückgenommen hätte, weil er selber nach der Diktatur strebte. Davon hätten aber die Royalisten ihrerseits nichts wissen wollen und das Hin- und Herverhandeln mit dem unzuverlässigen General trüge die Schuld, daß die Ausführung des Anschlags gegen den Ersten Konsul verzögert, die Zeit vertrödelt und die Polizei endlich auf die Fährte der Verschworenen geführt worden sei. Zu diesen Angaben Bouvets lieferte dann ein nochmaliges Verhör Picots die Ergänzung, daß nicht allein Cadoudal, sondern auch Pichegru zweifellos in Paris anwesend sein müsste.

Sobald Bonaparte von den Ergebnissen dieser Verhöre durch Réal in Kenntniß gesetzt worden, am Morgen vom 14. Februar, zauderte er nicht, zu handeln. Er machte es demnach ganz anders als die Komplottbrüder, welche so viele Zeit mit Schwatzen verloren hatten. Auch Georges war ja in dieser ganzen Angelegenheit keineswegs als der zum Vorschein gekommen, für welchen er galt, als der Mann des entschlossenen Zugreifens und des unbedenklichen Anpackens. Er sogar hatte sich aufs Diplomatisiren eingelassen und mußte nun erfahren, daß die Fäden einer Verschwörung um so leichter reißen, je feiner sie gesponnen sind.

In der Nacht vom 14. auf den 15. Februar ward in den Tuilerien eine vom Ersten Konsul berufene Rathsversammlnng gehalten, der die beiden konsularischen Statisten Cambacérès und Lebrun und die Mitglieder des Kabinetts anwohnten. Auch der unentbehrliche Fouché war dabei. Das Mordkomplott stand für die Rathschläger als Thatsache fest. Die Verschwörung erschien ihnen unter dem Gesichtspunkte, daß zur „Beseitigung“ Bonaparte’s und zum Sturze der Konsularregieruug Royalisten und Republikaner eine Verbindnng eingegangen oder wenigstens einzugehen versucht hätten. Pichegru habe dabei den Vermittler gemacht. Leider wäre zur Stunde weder dieser noch Cadoudal in den Händen der Behörden, aber sie wären in Paris und würden wohl aufzufinden sein. Es müßte jedoch von Wichtigkeit sein, die Möglichkeit eines weiteren Verkehrs dieser beiden Komplottchefs mit Moreau abzuschneiden. Daher der Beschluß, den General, sowie die Zu- und Zwischenträger Lajolais und Rolland, ungesäumt verhaften zu lassen. Aber was dann? Cambacérès meinte, Moreau sollte einem Kriegsgericht überwiesen werden. Der Erste Konsul wandte dagegen ein, es würde heißen, er hätte durch ihm blindlings ergebene Officiere seinen „Nebenbuhler“ richten lassen. Daraufhin wurde beschlossen, Moreau vor den Strafgerichtshof vom Seinedepartement zu stellen, aber – die wächserne Konsularverfassuug bot dazu eine Handhabe, wie zu [362] jeder Willkürlichkeit – für diesen Fall die Geschworenenbank zu suspendiren. Das machte freilich, wie unschwer vorauszusehen, auf die öffentliche Meinung einen noch schlimmeren Eindruck, als vielleicht ein Kriegsgericht gemacht hätte. Aber was war dem bonaparte'schen Säbelskepter die öffentliche Meinung? Ein Windhauch.




6.0 Wie die Pariser die Verschwörung bewitzelten und wie ihr Witz eine Maulschelle abbekam.

Die angeordneten Verhaftungen wurden vollzogen. Moreau ist in seinem Wagen auf der Brücke von Charenton zwischen Grosbois und Paris aufgehoben und in den Temple gebracht worden – mit aller Höflichkeit, versteht sich. Innerhalb der Mauern der alten Templerburg, allwo Ludwig der Sechszehnte geseufzt, Marie Antoinette geweint und der unglücklichste aller Dauphins das Martyrium jakobinischer Rohheit durchgelitten hatte, konnte der General darüber nachdenken, was dabei herauskomme, wenn der Ehrgeiz eines Menschen beträchtlich viel länger ist als sein Verstand. Der Großrichter Régnier richtete eine amtliche Botschaft an die drei großen Staatskörperschaften, welche die Komödie des Parlamentarismus zu agiren hatten, um denselben die Verschwörung und was dagegen vorgekehrt wäre bekanntzugeben. Als die Neuigkeit in der Stadt bekannt wurde, nahm sich der vorhin erwähnte Windhauch doch heraus, etwas schneidend oder wenigstens spöttisch zu blasen. „Eine Verschwörung Moreau's? Ach, das sollte wohl heißen: eine Verschwörung gegen Moreau?“ Oder: „Die ganze Geschichte ist eine Fabel, aber eine schlecht ersonnene.“ Oder: „Cadoudal und Pichegru seien die Hauptverschwörer? Hat man sie? Bewahre! Sind sie in Paris? Ja, vielleicht in Gedanken.“ Derartige Witzeleien fanden natürlich großen, obzwar nur hehlings kichernden Beifall und es bewahrheitete sich eben auch hier wieder, daß die liebe öffentliche Meinung gar häufig nichts anderes ist als ein aus dem hohlen Bauch der Unwissenheit oder aus der vollen Gallenblase der Bosheit hervorgegurgelter Klatsch.

Nun war aber dazumal Bonaparte gegen den besagten Windhauch noch etwas empfindlich, was er sich später gründlich abgewöhnt hat. Er gerieth daher in eine Zornwallung, welche bis zur Wuth gesteigert wurde durch den Umstand, daß die Pariser oder wenigstens viele Pariser in ihrem Unglauben an die zweifellose Thatsache des Komplotts beharrten, noch mehr aber dadurch, daß die mit Bouvet und Picot fortgesetzteu Verhöre immer Bedenklicheres ergaben. Insonderheit dieses, daß unter den nach Paris gekommenen Verschwörern vornehme Herren aus der nächsten Umgebung der bourbonischen Prinzen sich befänden, De Rivière und die Polignacs. Weiterhin, daß mit dem nächsten Emigrantentrupp, welcher im Februar bei Biville landen sollte, der Graf von Artois oder der Herzog von Berry oder beide kommen würden, um sich an die Spitze der Angreifer des Ersten Konsuls zu stellen. Endlich, daß Pichegru seine alten Bekanntschaften im Gesetzgebenden Körper und im Tribunat, ebenso Moreau seinen Einfluß im Senat und seine Autorität in der Armee geltend und fruchtbar machen sollten, um durch die gemeinsame Wirksamkeit von allen diesen Hebeln die Wiederaufrichtung des bourbonischen Throns zu bewerkstelligen.

Es liegt kein Grund vor, zu bezweifeln, daß Bonaparte an die Thatsächlichkeit dieses Schreckgemäldes in dessen ganzem Umfange geglaubt habe, und darum ist es auch glaubhaft, daß der Mythograph und Glorificirer des Bonapartismus, Monsieur Thiers, die Wahrheit sage, wenn er meldet, daß der Erste Konsul in wilde Drohungen gegen die Bourbons ausgeborsten sei und erklärt habe, er würde jeden Prinzen, dessen er habhaft werden könnte, erschießen lassen. Er ging auch unverweilt auf die Habhaftwerdung aus. Der Oberst Savary, Kommandant der Elitegendarmerie, welchen er als ein verlässliches, völlig skrupelfreies, zu jedem Dienst bereites Werkzeug kannte, erhielt Befehl, mit einer Schar seiner Leute stracks nach der Normandie abzugehen und in aller Heimlichkeit auf der Höhe der Klippen von Biville einen Lauerposten zu beziehen um die landenden Emigranten, mit welchen der oder die Prinzen kommen sollten, abzufangen und nach Paris zu liefern.

Derweil dieser Befehl zur Ausführung kam, rückte auch der verhaftete Lajolais mit Geständnissen heraus. Immerhin jedoch nur soweit, als er bekannte, nach London gereist zu sein und Pichegru mit nach Paris und zu Moreau gebracht zu haben – einzig und allein, wie er sagte, damit der letztere für die Heimberufung des ersteren sich verwende. Lajolais ahnte nicht, wie sehr er mit diesem halben Geständniß Moreau beschwerte, weil die Regierung ja schon von anderwärtsher die Verbindung Pichegru's mit Cadoudal und die Zusammenkünfte des Generals mit den beiden Verschwörern kannte. Moreau hinwiederum hatte keine Ahnung, daß Lajolais verhaftet wäre und überhaupt etwas gestanden hätte, und daraus erklärt sich sein Gebaren gegenüber dem Großrichter Régnier, der im ganzen Pomp seines Amtes zum Temple gefahren kam, um den Sieger von Hohenlinden zu verhören. Dieser benahm sich hierbei ebenso ungeschickt als unehrlich, indem er sich durch den Großrichter in einen ganzen Knäuel kläglicher Lügen verwickeln ließ. Régnier befragte ihn über seine Beziehungen zu Lajolais, Pichegru und Cadoudal. Moreau erwiderte, er wisse nichts von solchen Beziehungen. „Aber Sie haben doch die Genannten gesehen und gesprochen?“ „„Nein, weder gesehen noch gesprochen. Ich begreife auch gar nicht, warum man mich mit solchen Fragen behelligt.““ Der Großrichter trug dieses Ergebniß des Verhörs in die Tuilerien und nach erstattetem Bericht soll der Erste Konsul ausgerufen haben: „Nun denn, wenn er sich mir nicht entdecken und anvertrauen will, so mag die Sache ihren gerichtlichen Verlauf nehmen!“

Ihm, dem Machthaber, mußte vor allem daran gelegen sein, mittels der Einfangung von Cadoudal und Pichegru vor Paris und Frankreich den Beweis der Wesenheit des Komplotts zu führen. Der Gesetzgebende Körper, zur Sklavenhaftigkeit des römischen Senats unter Caligula und Nero herabgebracht, mußte ein ungeheuerliches Gesetz votiren, welches allen, die Pichegru, Cadoudal und sechzig signalisirten ihrer Mitverschworenen Zuflucht oder Unterschlupf gewährten, die Todesstrafe androhte, sowie allen welche die Verstecke der Verschwörer kennten und nicht anzeigten, sechsjähriges Zuchthaus. Die Thore von Paris wurden geschlossen wie zur Zeit des Septembermordgräuels von 1792, die Stadtmauer unausgesetzt durch Reiterschwadronen umritten, die Ein- und Ausflüsse der Seine scharf bewacht. Dann ging in der Stadt eine unerbittliche Jagd los, welche die Verschworenen von einem Schlupfwinkel in den andern hetzte. Ihre Lage war schrecklich. Die Drang- und Trübsal, welche sie bei Tag und Nacht auszustehen hatten, überstieg oft die Kraft von Fleisch und Blut. Hungernd, frierend, fiebernd irrten sie umher. Nicht selten mußten die von ihnen, welche die Mittel dazu besaßen, die Gewährung einer elenden Nachtherberge mit 6000, ja mit 8000 Franken bezahlen. Es ist wie ein tröstlicher Lichtstral in diesem Dunkel, daß einer der Minister des Ersten Konsuls, Marbois, seinem Freunde von ehemals, dem jetzt vogelfreien Pichegru, welcher eines Abends in der Verzweiflung, kein Nachtlager finden zu können, an die Thür des Ministerhôtels klopfte, für eine Nacht das erbetene Asyl gewährte und daß Bonaparte seinem Minister, der ihm später Mittheilung davon machte, diese Gastlichkeit nicht verübelte.

Pichegru war es auch, welcher zuerst in die Hände der Späher und Spürer fiel. Ein Mitverschworener, welcher bei dem General Adjutantendienst gethan, verrieth den letzten Schlupfwinkel, den er gefunden, und überlieferte ihn den Gendarmen, welche den verrathenen und mit Mühe überwältigten Mann in den Temple brachten, aus dessen Mauern er nur im Sarge wieder herauskommen sollte. Bald darauf wurden De Rivière und die Brüder Polignac aufgejagt, gestellt und zur Haft gebracht. Cadoudal zuletzt, erst am 9. März. Die Spürhunde hatten sein letztes Versteck ausgewittert. Als er es Abends 7 Uhr verließ, um ein anderes zu suchen, verfolgten sie ihn bis zum Pantheon, allwo ein vertrauter Chouan mit einem Kabriolet auf ihn wartete. Georges, welcher die Verfolger hinter sich spürt, steigt ein und treibt den Kutscher zur Elle. Die Meute stürzt nach. Auf dem Platz Bussy fällt ein Polizist dem Pferde in die Zügel. Cadoudal entladet ein Pistol auf ihn und schießt ihn todt. Dann springt er aus dem Wagen und streckt mit einem zweiten Schuß einen zweiten Polizisten schwerverwundet zu Boden. Allein er wird umringt, nach verzweifelter Gegenwehr bewältigt, entwaffnet und dingfest gemacht. Die 60,000 Franken oder mehr, die er in Gold und Banknoten bei sich getragen, sind der Frau von Rémusat zufolge (Mém. I, 310) der Witwe des getödteten Polizeimanns gegeben worden.

[363] Der hochgewachsene, breitschulterige Müllerssohn aus dem Morbihan mit seinem offenen, bäurischgesund-rothbackigen Gesicht macht auch im Untersuchungsverhör auf der Polizeipräfektur, wie später vor Gericht, von allen seinen Komplottgenossen die beste Figur. Statt sich wie Moreau auf’s Lügen und Leugnen zu verlegen, ging er freisam mit der Sprache heraus und man merkte, daß diese der energische Ausdruck einer felsenfesten Ueberzeugung sei. „Warum kommen Sie nach Paris?“ – „„Um den Ersten Konsul anzufallen.““ – „Womit?“ – „„Mit offener Gewalt.““ – „Was beabsichtigten Sie und Ihre Mitverschworenen weiter?“ – „„An die Stelle des Ersten Konsuls einen Bourbon zu setzen.““ – „Was für einen?“ – „„Ludwig den Achtzehnten.““ – „Welche Rolle sollten Sie bei dem beabsichtigten Angriff auf den Ersten Konsul spielen?“ – „„Die Rolle, welche mir einer der französischen Prinzen, der dabei sein sollte, zuweisen würde.““ – „Also in Uebereinkunft mit den ci-devant französische Prinzen ist der Attentatsplan entworfen worden und so sollte er auch zur Ausführung kommen?“ – „„Ja.““ – „Sie haben sich mit den ci-devant französischen Prinzen in England verabredet?“ – „„Ja.““ („Procès instruit“ etc. II, 79, 83.)

Man sieht, Georges sprach ganz offen und bestimmt, als ein Mann, welcher nicht mit einer Unwahrheit auf den Lippen dem Tod entgegengehen wollte, der ihm, wie er wußte, unbedingt gewiß war. Ebenso bestimmt aber verweigerte er jede Auskunft über seine Verstecke und Herberger, sowie über seine Mitverschworenen. „Ich will die Zahl der Opfer nicht vermehren,“ sagte er; „es sind ihrer ohnehin genug.“ De Rivière und die Polignacs suchten ihre Geständnisse, zu welchen sie sich doch auch herbeilassen mußten, mittels allerhand Ausflüchten und Verklausirungen möglichst abzuschwächen und zu verdünnen.

Als Summe aller von den verhafteten Verschwörern erwirkten Bekenntnisse konnte die Regierung die unbezweifelbare, deutlich sichtbare, handgreifliche Thatsache eines bourbonischen Mord- und Umsturzkomplotts vor die öffentliche Meinung hinstellen.

Jetzt hörten die Pariser auf, zu witzeln und hohnzulächeln. Das ging ihnen doch über den Spaß.

(Schluß folgt.)     




Das Paznaunerthal.

Mit Illustrationen aus dem Skizzenbuche von0 Mathias Schmid.
II.
(Schluß.)


Das Fluchthorn.

An den hübschen Weilern Vergreß und Versall vorbei wandern wir das Sträßchen, das bald hinab zur Thalsohle, dann wieder in ziemlich starker Steigung aufwärts führt. Ein steter Wechsel der Scenerie bietet sich hier dem Auge dar. Nie wird die Landschaft monoton; bei jeder Biegung zeigen sich dem Blicke neue Bilder, die das Auge entzücken. In wunderbarem Kontraste wechseln großartige Hochgebirgsbilder mit Ansichten voll einfacher Anmuth. Hier liegen auf grüner Halde eng an einander gedrängt die braunen Hütten eines malerischen Dörfchens, über dem sich der ernste Bannwald erhebt, es schützend vor den Unbilden und Gefahren der wilden Hochlandsnatur.

Im Abendlichte erglänzen die hohen Gipfel der das Thal scheinbar abschließenden Bodemer- und Rothwandspitze; in rosige Gluth getaucht leuchtet die mächtige Valülla, deren kahle Schrofen schon hinter Kappl sichtbar werden. Die Seele voll von den Eindrücken, welche die wunderbaren Naturschönheiten in uns hervorriefen, erreichen wir endlich den Hauptort des Thales, das idyllische Ischgl, dessen schlanker, grüner Kirchthurm uns schon längst entgegenwinkte, und das auf einer vordringenden, im Laufe der Jahrhunderte von dichtem Rasen überzogenen einstigen Gletschermoräne liegt. Behauptet doch Ludwig Steub, der emsige Forscher auf etymologischem Gebiete, der Name Ischgl stamme von Insula, und in der That macht die Beschaffenheit des hier ansehnlich breiten Thales den Eindruck eines ehemaligen Seebeckens. Ischgl macht mit seinen aus Stein erbauten Häusern mit den wuchtigen Dächern einen sehr behäbigen Eindruck, und vor Jahren, als noch die Saumrosse den Verkehr mit dem benachbarten Engadin vermittelten, saßen hier reiche Handelsherren, die aber fortzogen, als sich dem Handel und Verkehr bessere Wege erschlossen. Jetzt ist dem rührigen Völkchen von Ischgl nur noch der Viehhandel verblieben, um den sich auch alle Interessen nicht blos Ischgls, sondern des ganzen Paznauns drehen, da er fast die ganze Einnahmsquelle bildet.

Ischgl verspricht in Zukunft, wenn erst eine bessere Straße hergestellt ist, ein reizender Sommerfrischort zu werden, wozu es durch seine außerordentlich schöne Lage und die wunderbar reine und kräftige Luft sich eignet. Auch für gute Unterkunft ist – bei bescheidenen Ansprüchen – in den drei Gasthäusern, deren Besitzer wetteifern, den Wünschen ihrer Gäste nach Thunlichkeit gerecht zu werden, bestens gesorgt. Wie anheimelnd sind die zierlich getäfelten, mit altväterlichem Hausrathe geschmückten Zimmer auf der „Post“, von deren Fenstern man eine herrliche Aussicht genießt! Ischgl ist auch besonders als Standquartier geeignet, um von hier aus Partien durch das Fimberthal auf das Fluchthorn, in die Jamthalergletscher, Valüllaspitze etc. zu unternehmen, was namentlich die Engländer thun, denn es ist eine eigenthümliche Erscheinung, daß das in Deutschland fast unbekannte Paznaun von Engländern schon längst besucht wird.

[364] Einer der reizendsten Ausflüge von Ischgl ist der in das Fimberthal, das Amthor in seinem „Tirolerführer“ als „ein wahres Eldorado alpinen Hochgenusses“ bezeichnet. Besonders lohnend ist die Partie über die Alpe Vid, die allerdings etwas beschwerlicher ist, dafür uns aber eine Fülle der herrlichsten, hochalpinen Landschaftsbilder vor Augen führt. Von Ischgl aus steigt der Weg über den Kalvarienberg anfangs etwas steil empor, dann aber zieht er sich fast eben durch Wald und Wiese an der


Abtragen des Alpennutzens.

Wallfahrtskapelle Pardatsch vorüber bis zur zwei Stunden entfernten Alpe Boden. Häufig begegnen uns auf diesem vielbegangenen Wege fromme Beterinnen, die der malerisch gelegenen Kapelle zueilen, hin und wieder auch ein rothwangiges Mägdelein, das trotz schwerer Last eilig dahinschreitet, um das Erträgniß der Alpenwirthschaft zu Thal zu tragen. Wer aber den Weg über Vid einschlagen will, muß bei dem großen Feldkreuz, das sich in einiger Entfernung von Pardatsch links erhebt, den durch den Wald aufwärts führenden Pfad verfolgen. Bald bleibt der Wald zurück wir erblicken die ersten Heuhütten, und immer bergan schreitet der Fuß in dem weichen Wiesenteppich, der sich weit zu unsern Füßen ausbreitet.

Endlich ist die Alphütte erreicht, und während uns der freundliche Senne ein einfaches Mahl bereitet, versenken wir uns in den Anblick der uns umgebenden Natur, deren bestrickendem Zauber sich unsere Sinne willenlos gefangen geben. Fast zögernd betritt der Fuß die von saftigem Madaun bedeckten Matten, die von einer Fülle der seltensten Alpenblumen durchzogen sind und dem Botaniker eine reiche Ausbeute von außerordentlicher Schönheit und Mannigfaltigkeit gewähren. Ueberall sind fleißige Hände beschäftigt das duftende Bergheu einzutragen, manchmal trifft der langgezogene Juhschrei der Heuenden unser Ohr; denn trotz der schweren und mühseligen Arbeit, welcher Männer und Mädchen vom Grauen des Morgens bis in die sinkende Nacht obliegen, sind sie fröhlich und guten Muthes, wenn nur das Wetter günstig ist. Das einfache Mahl bereiten sie in eigenen Kochhütten, deren äußerst kunstlose Konstruktion uns der Künstler in dem nebenstehenden Bilde vorführt. Die Milch zum Kochen liefern ihnen die

[365]

Mahlzeit der Bergheuer.
Originalzeichnung von Mathias Schmid.

[366]

Charakterkopf aus dem Paznaunerthal.

Ziegen, die sie bei sich haben, ihre Lagerstätte zu dem kurzen Schlafe, der ihnen gegönnt ist, schlagen sie in den Heuschobern auf. Wochenlang verweilen die Heuer in den Bergwiesen, nur Samstag Abends gehen sie in ihr heimathliches Dorf, um dem sonntäglichen Gottesdienste beiwohnen zu können.

Ein älterer Mann mit kühner, scharfer Adlernase in dem von Sonne und Wind fast gerötheten Gesicht giebt uns auf unsere Frage um den Weg nach Boden bereitwilligst Auskunft, indem er uns anweist, das „Saßcalunern“ Joch zu überschreiten. Der fremdklingende Name erregt unsere Aufmerksamkeit, und wir werden belehrt, daß hier einst „romantische“ Leute seßhaft waren. Und in der That weisen eine Menge Namen und Ausdrücke, ja selbst die scharfgeschnittenen Züge der Einwohner, besonders der Männer, auf romanische Abstammung hin.

Wir nehmen unsern Weg nun auf das Saßcalunerjoch zu, auf dem sich ein paar äußerst interessante, zerklüftete Felsblöcke erheben, die den Eindruck einer zerfallenen Riesenburg machen, und zwischen deren Trümmern ein tiefer, schwindelerregender Abgrund gähnt. Bald sind auch die ersten Alphütten, die sogenannten „Paznauner Thayas“ erreicht. Wir eilen einer herrlichen Gruppe prachtvoller Zirbelbäume zu, und nun erblicken wir auch zu unserer angenehmen Ueberraschung in geringer Tiefe die einsame Alpe Boden. Von den freundlichen Wirthsleuten herzlich empfangen, lassen wir uns nach so langem Marsche die trefflichen Forellen und Hühner mit Himbeergelée bestens munden und schlafen in den reinlichen Betten mit dem Wunsche ein, es möchte an mehr Orten nach des Tages Mühen ein so prächtiges Alpenwirthshäuslein zu treffen sein. – Von der Alpe Boden gelangt man in zwei Stunden an den Fuß des Fluchthorns, dessen zerklüftetes Gestein unsere Anfangsvignette zeigt, und unter dem sich der Fimbergletscher ausbreitet; hier bietet sich somit Dem, der nicht gewillt ist, gefahrvolle Hochtouren zu unternehmen, die schönste Gelegenheit, mühelos die Gletscherwelt in nächster Nähe betrachten zu können.

Um das Paznaunerthal in seiner ganzen Länge kennen zu lernen, ist es nöthig, wieder nach Ischgl zurückzukehren. Dem Laufe der Trisanna aufwärts folgend kommt man nach Ueberschreiten der ersten Brücke zu dem Weiler Paznaun, von dem das Thal seinen Namen hat, und erreicht in einer Stunde auf sehr angenehmem Wege über Wiesen und schöne Wälder das malerische Matson, das wegen seiner wunderbar schönen Lage besonders erwähnt zu werden verdient. Nach Verlauf einer weiteren Stunde betreten wir das letzte Dorf des Thales, „Galthür“, das, auf grüner Terrasse liegend, das Bild eines anmuthigen Alpendörfchens bietet und das mit dem vielgepriesenen Vent im Oetzthale getrost um den Preis der Schönheit zu ringen vermag.

Galthür bildet einen günstigen Ausgangspunkt für große Gletschertouren, wie auf den Piz Buin und Vermontthale, auf die Jamthalergletscher und die Silvrettagruppe. An zuverlässigen Führern fehlt es hier nicht, und das Gasthaus des klugen und unternehmenden Herrn Mattle gewährt gute Unterkunft. Auf freistehender Höhe ragt die im Jahre 1622 neuerbaute Kirche empor, um die sich die friedlichen Hügel der Todten scharen, und Niemand, der diese geheiligte Stätte betritt, ahnt wohl, welch erbitterter Kampf hier vor ein paar Jahren stattfand, bei dem selbst Grabkreuze ausgerissen wurden, um als Waffen zu dienen. „Hie Preußen,“ „hie Oesterreicher“ erklang der Schlachtruf im Kampfe um liberale oder ultramontane Herrschaft. Unter den „Preußen“ waren die Liberalen, unter den „Oesterreichern“ die Ultramontanen verstanden, an deren Spitze der Kaplan nebst seiner Köchin sich befand. Da sich auch Weiber und Mädchen als streitbare Amazonen auf die Wahlstatt begaben, so kam es, daß so mancher Haarzopf der zornmüthigen Schönen auf dem Schlachtfelde verblieb. Das Endresultat des Gefechtes war, daß der Kaplan versetzt wurde und die ärgsten Heißsporne für ein paar Wochen Zeit bekamen, ihr heißes Blut hinter schattigen Mauern etwas abzukühlen.

Auch im Spaße necken sich die Paznauner gern, indem die Bewohner des oberen Thales denen des unteren und umgekehrt diese den ersteren „eines anhängen“. So wird in Galthür von einem sehr sparsamen „Seeer“, der nicht zu bewegen war, zu Kirchenzwecken etwas beizusteuern, erzählt: Einst mußte er Gevatter stehen, und als der Geistliche bei der Taufceremonie die übliche Frage an ihn stellte: „Was verlangst Du von der Kirche Gottes?“ antwortete er schnell, Konsequenzen befürchtend: „Kan Kreizer, umsüst hob’ ich’s hertraga, umsüst trag’ ich’s wieder ham oh!“ (Keinen Kreuzer, umsonst habe ich es [das Kind] hergetragen, umsonst trage ich es wieder heim auch!)

Bei Virl, eine halbe Stunde hinter Galthür, mündet das kleine Vermontthal ein, das in ziemlicher Eintönigkeit nicht viel des Interessanten bietet, bis man nach dreistündigem Marsche auf schlechtem, steinigem Wege zur Bielerhöhe gelangt, von welcher aus sich die Gletscherwelt dann allerdings in imposanter Größe

Die Felsen von Saßcalun.

[367] zeigt und einen wahrhaft überwältigenden Eindruck macht. Der Abstieg von hier aus ins Montafon ist wohl etwas weiter, aber nicht so steil wie über Zeynis.

Von Galthür bis zum Zeynisjoche ist wegen der hohen Lage Galthürs die Steigung nur mäßig und führt über moosige, oft von Gräben durchzogene Wiesen. Auf der Paßhöhe befindet sich ein dem Wirthe in Galthür gehörendes Alpenwirthshaus, an das man aber keine großen Ansprüche stellen darf. – In einiger Entfernung davon erhebt sich hart an der Grenze von Paznaun und Montafon eine kleine Kapelle, in deren unmittelbarer Nähe ich bei meinem letzten Besuch einen Maler vor einer Feldstaffelei sitzen sah. Da ich schon in Galthür erfahren hatte, daß Mathias Schmid gegenwärtig auf Zeynis weile, so vermuthete ich sofort, daß mein lange gehegter Wunsch, den Künstler persönlich kennen zu lernen, erfüllt werden sollte. Und so war es auch. So Manches, was in diesen Artikel verflochten wurde, verdanke ich seinen anregenden Mittheilungen, von denen Gebrauch gemacht zu haben er mir hoffentlich nicht übelnehmen wird.

Die Majestät der Berge, die weltverlorene Einsamkeit, der schroffe Jochübergang mit der Kapelle, die sich in scharfen Konturen von dem düstern Horizonte abhebt, gaben unserem Meister Schmid den Impuls zu einem ergreifenden Sittengemälde „Verlassen“, zu welchem er hier die landschaftliche Studie malte und das aufs Neue dazu beitragen wird, seinen Ruhm zu erhöhen und die Zahl seiner Freunde und Verehrer zu mehren.[2] – Und nun noch einen Scheidegruß und einen letzten Blick zurück zu dir, du schönes Thal! Will’s Gott, seh’ ich dich wieder im nächsten Sommer! Vielleicht locken diese anspruchslosen Schilderungen mit den Blättern aus denn Skizzenbuche von Mathias Schmid noch manchen Anderen in deinen Zauber!

V. D. N.




Ferdinand Hiller †.


Ferdinand Hiller.

Schroffere Gegensätze, als die Musikgeschichte der letzten siebzig Jahre sie bietet, sind in so kurzem Zeitraume und in so stärkstem Maße wohl in keiner Kunstgeschichte zu finden. Auf der einen Seite das offenbare Streben, in der Oper und in der Instrumentalmusik eine Umkehr wo möglich noch hinter Mozart zu bewirken, ein Festhalten an alten morschen Regeln, ein offenes und geheimes Wirken gegen alles Fortschreiten auf der andern Seite ein immerwährendes Vorwärtsstürmen, ein Verhöhnen und Ueberschreiten aller Gesetze. Und was noch wichtiger: ein Hineinziehen von allgemeinen Angelegenheiten in die Kunst, ein Vermengen der Begriffe, daß zuletzt die eigentliche Kunstfrage, die Bedeutung des Kunstwerkes als solches zurücktritt vor der Frage nach der Tendenz des Künstlers, nach seiner Lebensanschauung. Wir haben bei dieser Betrachtung nicht etwa nur die Schriften und Theorien Richard Wagner’s im Sinne (die wir von den Musikwerken dieses hochgenialen Meisters scharf trennen). Seine Bücher und Artikel sind nur das sichtbare feste Ergebniß einer Bewegung, die lange vorher begonnen hatte. Wir haben einmal in einem Buche[3] durch Citate bewiesen, daß die meisten der Hauptsätze in „Oper und Drama“ von Richard Wagner schon im Anfange des Jahrhunderts von Tieck, Friedrich Schlegel, Wackenroder u. A. ausgesprochen worden waren. Liszt und Berlioz haben lange vor Richard Wagner’s Erscheinen in einzelnen Schriften Principien aufgestellt, die Wagner in ein System brachte. Und vor 60 Jahren hat Zelter (der Dirigent der Berliner Singakademie, der Freund Goethe’s) gegen Weber’s „Freischütz“, hat Spohr gegen Beethoven’s Symphonien noch weit Aergeres geschrieben, als je der edle Hiller gegen Wagner.

Und ein wahrhaft edler Künstler ist mit Hiller dahingeschieden, ein Mann, dem das eigenthümliche Schicksal beschieden war, daß er aus friedlichster Entwickelung in die Kämpfe stürmischester Umschwünge und Neubildungen mitthätig eintrat.

Er war, am 24. Oktober 1811 in Frankfurt a. M. geboren, der Sohn eines wohlhabenden Kaufmanns. Frühzeitig entwickelte sich sein musikalisches Talent; Ludwig Spohr, dem er bei dessen Durchreise vorgeführt ward, äußerte sich beifällig und rieth dem Vater, den talentvollen Knaben unter Hummel’s Leitung zu bringen. Der berühmte Komponist und Pianist lebte als Hofkapellmeister in Weimar, und der alte Herr Hiller scheute die weite unbequeme Reise nicht, um dem Sohne den Unterricht des hochberühmten Meisters zu verschaffen. Der junge Hiller verbrachte mehrere Jahre in Weimar, ward von Goethe protegirt, der ihm ein kleines Gedicht widmete (es steht in der Sammlung „An Personen“), ging 1827 mit dem Meister nach Wien und lernte dort Beethoven und Schubert kennen. Als er in das väterliche Haus zurückkehrte, brauchte er nicht an eine Verwerthung des Gelernten behufs des Erwerbes zu denken; er ging nach Paris und weilte dort, sich immer weiter ausbildend, im regen Verkehre mit den Bedeutendsten und Besten. Paris war in den dreißiger Jahren die tonangebende Stadt für Musik, besonders für die ausübende, wie für Mode; wer nicht dort das Diplom des Rufes erlangt hatte, der war in Europa fast unbekannt. In Paris gewann auch Hiller die ersten Erfolge als Komponist und Pianist. Nach siebenjährigem Aufenthalte in der französischen Hauptstadt verweilte er kurze Zeit in Frankfurt und ging dann nach Italien, um 1838 sein Glück als Opernkomponist zu versuchen, was ihm jedoch nicht gelang. „Romilda“, die er in Mailand vorführte, ward ungünstig aufgenommen.

Nun kehrte Hiller nach Deutschland zurück, komponirte das Oratorium „Die Zerstörung Jerusalems“, das bedeutenden Erfolg gewann, und begann seine Laufbahn als Dirigent, in der er unbestritten ganz Ausgezeichnetes leistete. In den verschiedenartigsten Richtungen und in den verschiedensten Städten ward er als ein Führer anerkannt, der mit geistreicher und idealer Auffassung große Energie und jene Sicherheit verband, welche sich den Mitgliedern des Orchesters mittheilt und sie zu feuriger Thätigkeit begeistert. In den Leipziger Gewandhauskoncerten, in Dresdener Abonnementskoncerten, in Düsseldorf als städtischer Kapellmeister, in Köln als Direktor des Konservatoriums und der Gürzenichkoncerte; als oberster Leiter vieler rheinischer Musikfeste und englischer „Festivals“ zeigte er sich ebenso hochbedeutend wie auf dem ganz entgegengesetzten Felde – als Kapellmeister der italienischen Oper in Paris 1850 bis 1852. Ebenso ehrenvolle Anerkennung gewann er als Pianist; er war der Erste, der es wagte, in Paris die letzten Sonaten 109 bis 111 im Jahre 1853 (wir haben sie gehört) vorzutragen. Auch in der Improvisation, in welcher sein Lehrer Hummel einst als der Erste galt, leistete er Bedeutendes. Seit dem Jahre 1850 wirkte er als Direktor des Kölner Konservatoriums, unternahm zwar öftere Ausflüge, widmete aber seine Hauptthätigkeit dem Institute; die letzten 25 Jahre hat er fast immer in Köln zugebracht. Er hob das Institut sowie das ganze Musikleben der Stadt zu glänzender Bedeutung; seine Verdienste werden unvergessen bleiben.

Hiller’s musikalische Natur gehörte entschieden der Mendelssohn’schen Richtung an, er war aber auch Verehrer der Schumann’schen Romantik und versuchte sie in manchen seiner Werke mit der Mendelssohn’schen Formschönheit zu vereinen – und das ging eben nicht.

In diesem inneren Zwiespalte traf ihn die ungeheure durch Richard Wagner hervorgerufene Bewegung. Es ist hier nicht der Ort, die Entwickelung und Bedeutung dieser großartigen Erscheinung darzulegen, wir haben nur deren Wirkung auf Hiller in Betracht zu ziehen. Ihm, dem feinfühligen, künstlerisch gleichmäßig Entwickelten, in Kunst und Leben die feinste Form Anstrebenden, ihm, dem Freunde Mendelssohn’s und Schumann’s, mußte die Bewegung als ein gänzlicher Umsturz erscheinen. Der vulkanische Ausbruch der Polemik, das Hineinziehen politischer, philosophischer und gesellschaftlicher Organisationsfragen in die rein künstlerischen; die unbedingte, als unbestreitbar antretende Entschiedenheit der Grundsätze, die Rücksichtslosigkeit der Angriffe, wie sie bei Richard Wagner und seinen Anhängern vorherrschen, dies Alles mußte gerade eine Natur wie die Hiller’s aufs höchste erregen. Und da er von jeher sich in schriftstellerischen Arbeiten geübt hatte, so lag es ganz nahe, daß er – anstatt als schaffender Künstler in fester, ruhiger abwehrender Stellung zu verharren – mit der Waffe des Schriftstellers in den Kampf eintrat, auch hier Erfolge anstrebte und gewann, wenn sie auch auf die Kunstangelegenheiten selbst nur wenig Einfluß übten.

Hiller’s schriftstellerische Thätigkeit bietet eine in ihrer Art merkwürdige Erscheinung. Er war unbestreitbar ein höchst gediegener, durch und durch gebildeter Musiker; er war auch ein sehr geistreicher Schriftsteller, sein Stil kann zu den elegantesten gerechnet werden. Und er hat sehr viel geschrieben. Wird man nun begreifen, daß solch ein Musiker, solch ein Schriftsteller kaum einen einzigen wahrhaft gründlichen Artikel, keine umfassende Studie über künstlerische Angelegenheiten der Musik veröffentlicht, daß er all seine Fachkenntniß, all seine Geschicklichkeit in geistreichen Feuilleton-Artikeln zersplittert hat? Nur so läßt es sich erklären, daß seine Schriften überall mit großem Vergnügen gelesen wurden, daß aber seine Urtheile über ernste Angelegenheiten nicht den Einfluß übten, der einem Manne wie Hiller wohl gebührte. Seine Artikel gegen Wagner, gegen die neudeutsche Schule, gegen Liszt’sche Komposition waren glänzend; sie sind Muster geistreicher Momentartikel (der Franzose nennt sie „causeries“, wir finden das deutsche Wort „Plauderei“ zu schwerfällig). Aber sie [368] bieten keine Grundlage für wissenschaftliche Betrachtung und Forschung. Hiller’s große Verdienste als Musiker sind bei seinen Lebzeiten nicht immer voll gewürdigt worden, aber wir sind fest überzeugt, sie werden am Rhein unvergeßlich bleiben; seine schriftstellerischen Arbeiten dagegen, die Sammlung seiner Artikel „Aus dem Tonleben“, „Briefe an eine Ungenannte“, „Künstlerleben“ haben immer die günstigste Aufnahme gefunden – Nachwirkung werden sie nicht üben.

Als Mensch war Hiller ein liebenswürdiger Ehrenmann. Sein Gemüth kannte kein Falsch; er war ein verläßlicher Freund; wo seine künstlerischen Ueberzeugungen nicht verletzt waren, konnte jeder tüchtige Musiker auf seine Unterstützung, auf sein Wohlwollen rechnen. Er hatte Schwächen – wer hat sie nicht? die starken Leute, denen keine Schwächen vorzuwerfen sind, haben gefährliche Fehler. Hiller war kein Genie, aber ein edler Künstler und ein guter Mensch. Und so wollen wir sein Andenken in Ehren halten! H. Ehrlich.     




Willkommen den Freunden und Verehrern des Verstorbenen und für alle unsere Leser sicher von großem Interesse wird der nachstehend abgedruckte Brief sein, den Hiller an Emil Rittershaus richtete, als dieser dem Meister in Köln am Ende des vorigen Jahres seine jüngste Gedichtsammlung „Am Rhein und beim Wein“ mit einer poetischen Widmung zusandte:

„An Emil Rittershaus.

Liebster Freund! Das haben Sie gut gemacht, aber es war fast des Schönen zu viel! Die Sonne vergoldet den Rhein, als habe sie auf der ganzen großen weiten Welt nichts Anderes zu thun als ihm zu schmeicheln! Ich vergaß mich in dem Anblicke (sich zu vergessen, gehört bekanntlich zu den besten Dingen) und da kommt Ihr holdseliges Büchlein ‚Am Rhein und beim Wein‘ mit der Aufschrift ‚Respekt! Es kommt der Jubilar, der Wein von 84‘. Sie sind der Jubilar, lieber Rittershaus; ich weiß nicht, von welchem Jahrgang, aber sicherlich von jedem, der uns am Rhein etwas Gutes und Schönes gebracht hat. Die gepriesensten Weine sind nicht erfrischender, belebender, männlich stärkender als die Lieder, die Sie mit zauberhafter Schnelle Ihrem Geiste entschlagen, wie der Stahl dem Kiesel seine Funken. Wieviel Herrliches enthält Ihr neues Büchlein! Was es Schönes, Gutes und Großes in dem Leben von uns gemeineren Sterblichen giebt, kommt an die Reihe. Freilich keine Descendenztheorie, keine Komma-Bacillen, keine ägyptische Weisheit, weder alte noch moderne, keine chinesische Diplomatie! Aber alle die alten und doch nie veraltenden Neigungen, Wünsche, Freuden, welche das Menschengeschlecht gewohnt ist mit einem Worte Glück zu nennen: der trauliche Freundeskreis, das Erwachen des Frühlings und der Liebe, das Athmen im Freien, die Treue den Genossen, die Brüderschaft in seinem Volke – und durch dies Alles windet sich die herrliche deutsche Rebe – ein Symbol begeisterter Einigkeit! Ich gestehe es, als mein Blick auf Ihr Büchlein fiel und ich ihn dann wendete auf die vorüberströmenden Wogen des Rheins, da mußte ich mir eine Thräne im Auge zerdrücken, – ich griff jedoch zur Homöopathie und ein Becher alten Weines machte wieder gut, was der Anblick des guten alten Vaters zu verderben im Begriff gewesen war. Nun aber macht Euch auf, Freunde und Genossen, und legt die Hand auf die neue Spende Emil’s. Schwört auch Mancher von Euch auf andere Farben, als auf die, die der goldenen Rebe entsprießen, in der Hauptsache sind wir einig: der Rheinberger und der Reinthaler und der Reinecke und der Bruch und der Brahms und der Brambach und so viele Andere innerhalb und außerhalb unserer ‚sogenannten‘ Grenze – sie Alle werden sich einstellen, wie ihre Namen auch klingen mögen, ihre Töne klingen ja gut und das ist die Hauptsache.

Werde ich aber noch mitthun dürfen? Der Himmel weiß es. Aber etwas Besseres will ich thun, was ich eigentlich nicht thun dürfte, doch wenn der Zweck ein guter und das Mittel ein unschuldig-unerlaubtes, so wird mir wohl Absolution gewährt werden, und derjenige, der mich strafen oder mir verzeihen kann – vor dem ängstige ich mich nicht, es ist mein vortrefflicher Freund Rittershaus! Zu stolz machen mich die Verse, die er mir gewidmet, zu viele Freude werden sie Anderen machen, als daß ich sie nicht dem ‚offenen Briefe‘ zugesellen sollte. Mag man mich darum beneiden oder schelten – im Grunde des Herzens wird man mir Recht geben.


An Ferdinand Hiller.

Was beim Wein mir in den Sinn
Kam in manchen Jahren,
Was ich von der Winzerin
Beim Pokal erfahren,
Was in duft’ger Frühlingspracht
Aufging in der Seele,
Was in froh durchschwärmter Nacht
Klang aus meiner Kehle,
Was mir an des Rheines Strand
Sagten luft’ge Geister,
Leg’ ich heut in Deine Hand,
Theurer, würd’ger Meister!

Bist ja selbst des Weinlands Kind,
Stammst aus Rebengauen!
Wolle freundlich, mild gesinnt
Auf die Verslein schauen,
Die gesungen frisch und keck
Hinter’m Glas der Zecher! –
Philosophisch’ schwer’ Gepäck
Paßt nicht zu dem Becher,
Paßt nicht, wenn zur Weinlandsfahrt
Wir das Ränzel schnüren –
Doch ich denk’, die Rheinlandsart
Wirst Du drin verspüren! –

Aber willst Du recht erfreu’n
Den, der sang die Reime,
Eh’ die Wolken Flocken streu’n,
Komm’ zu meinem Heime,
Setz’ Dich auf den Ehrenplatz,
Freund, an meinem Tische!
Meines Kellers schönster Schatz,
Meister, Dich erfrische!
Fröhlich soll dann sonnenwärts
Unser Sinn sich kehren –
Und empfinden soll’s Dein Herz,
Wie wir Dich verehren!

Und nun Ade, verehrter Freund! Wenn Ihnen Ihre neuen Lieder vorgesungen werden in neuen Weisen und wohl auch von neuen Menschen, dann gedenken Sie Ihres getreuen
Ferdinand Hiller.”     

Köln, den 27. November 1884.




Blätter und Blüthen.


Fronleichnamsprocession zu München im 18. Jahrhundert. (Mit Illustration S. 356 und 357.) München war bis in unser Jahrhundert herein eine ausschließlich katholische Stadt, und so konnte es nicht fehlen, daß auch das öffentliche Leben nach dieser Richtung hin ein streng ausgesprochenes Gepräge trug. Den ersten Platz unter den zahlreichen kirchlichen Festen, an denen sich die Bevölkerung massenhaft betheiligte, nahm die Fronleichnamsprocession ein, namentlich seit die Jesuiten in München ein prächtiges Kollegium besaßen. Sie waren es auch, welche der Fronleichnamsprocession einen stark theatralischen Charakter gaben. Außer einer Schar weißgekleideter Engel mit goldenen Flügeln sah man im Zuge auch den leibhaftigen Gottseibeiuns mit Hörnern, Schwanz und Klauen, der durch allerlei Späße die Andächtigen im Gebete zu stören suchte, dafür aber auf dem Schrannenplatze von den Engeln angegriffen und schließlich durch den Rathbogen ins „Thal” hinab gejagt wurde.

Gleichzeitige Aufschreibungen lehren uns, wie große Mühe und Sorgfalt auf die Inscenirung der Fronleichnamsprocession verwendet ward. So bestimmte eine bezügliche Vorschrift vom Jahre 1580, daß die Person des Gottvaters lang, gerade, stark und wohlgeformt sein müsse, „fast einer solchen Gestalt, wie der alte Doktor Six seligen Andenkens ausgesehen“. Er mußte „einen stetigen Gang an sich nehmen, wenig umsehen und nicht sauer, noch lächerlich, sondern fein sittsam aussehen”. In Betreff der Person Christi mußte man vierzehn Tage zuvor auf den Straßen, in den Kirchen etc. fleißig Obacht haben, um Personen zu wählen „von gehöriger Manneslänge, nicht zu dicke, von guter gesunder Farbe, wohlgebildetem, länglichem Angesichte, ohne unförmliche Nasen, Schielen und Zahnlücken, von feinen Physiognomien, nicht langen grauen, sondern ziemlich kurzen kastanienbraunen oder doch etwas lichteren Bärten mit zwei Spitzen und sonst am Leibe nicht tadelhaftig, insonderheit aber sittsam und gottesfürchtig”. Marien erschienen 16 im Zuge; die schönste kam zuletzt, fuhr auf Wolken und setzte den Fuß auf einen „Mondschein”.

Zum heiligen Georg nahm man den schönsten und stärksten Mann der ganzen Stadt. Er hatte den die heilige Margaretha bedrohenden Lindwurm „stark und richtig zu durchbohren, daß die darin verborgene riesige Blutwurst das zuschauende Frauenzimmer selbst in den zweiten Häuserstöcken und alles Volk unter ungemeinem Hin- und Herflüchten und Gelächter mit dunklem Blut übergösse”. Andererseits mußten die Hohenpriester Melchisedek, Aaron, Kaiphas etc. theils „lange dicke, graue Bärte, theils gar kurze Knebelbärtchen zwei kleine Zipfel am Kinnbacken, dicke aufgeblasene Gesichter haben, auch sonst von Leib dick sein“. Der Teufel spie Feuer und erhielt einen halben Gulden und Schwefel, Branntwein und Baumwolle. Und neben Adam und Eva fehlten auch die Götter des Olymp nicht.

Von diesem Gepränge war um die Mitte des vorigen Jahrhunderts so manches in Ausfall gekommen, aber immerhin noch vieles Eigenartige und Auffällige geblieben, dem wir auf L. von Hagn’s trefflichem Bilde im Repräsentationssaale des von Meister Hauberisser erbauten neuen Rathauses begegnen. Da wandelten geflügelte Genien in reich gestickter Kleidung hinter mächtigen Fahnen drein; da schleppten sich Juden mit den Weintrauben aus Kanaan und führte der heilige Mauritius eine Schar prunkhaft einherschreitender Ritter. Auch der alttestamentarische goldene Tisch mit den Schaubroten fehlte nicht, noch die Arche Noah’s, und ein Wagen trug den Saal mit sieben Säulen, in welchem Christus mit seinen Jüngern das Abendmahl einnahm. Die Bruderschaft des heiligen Georg trug das spitz zulaufende Zelt mit sich, unter dem ihr Patron der Sage nach die Feldmesse gehört, und zwölf Schweizer führten dessen Roß, während Alexandra, die bekehrte Gemahlin des Kaisers Diocletianus, auf einem Triumphwagen einherfuhr. Und zwölf Türken mit gewaltigen Turbanen zogen nicht minder die Augen auf sich als der alte Jakob mit seinen zwölf Söhnen und einer Schar israelitischen Volkes. Den Schluß des Zuges aber bildete, unter kostbarem Baldachine, dicht hinter dem Sanktissimum wandelnd, der Kurfürst mit seinem Hofstaat, Beamten, Trabanten und Hartschieren.

Der Feststimmung jener Zeit hat Mathias Etenhueber, „privilegirt unbezahlter Hofpoet”, wie er sich in bitterer Selbstironie nannte, in einem seiner zahllosen Gedichte – er gab von 1759 bis 1773 ein „Münchnerisches Wochenblatt” in Versen heraus – charakteristischen Ausdruck gegeben:

„Ich höre schon den Klang der Paucken und Trompeten,
     Man giebet das Signal zu der Procession.
Die Häuser sind behengt mit persischen Tapeten,
     Von denen Thürmen schallt der Gloggen munterer Thon.

Die Bürgerschaft zu Fuß und Pferd steht in Parade,
     Recht glänzet im Gewöhr der Bayrische Soldat.
Auf denen Wällen kracht eine Freudenkanonade,
     In einen Mayenwald verwandelt sich die Stadt u. s. f.

Karl Albert Regnet.     



Inhalt: [Inhaltsverzeichnis dieses Heftess, z.Zt. nicht übertragen.]


Verantwortlicher Herausgeber Adolf Kröner in Stuttgart. Redacteur Dr. Fr. Hofmann, Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger, Druck von A. Wiede, sämmtlich in Leipzig.

  1. Meine Darstellung ist hier, wie durchweg, als auf ihre Hauptquelle basirt auf die große Aktensammlung: „Procès instruit par la cour de justice criminelle et spéciale du département de la Seine, séante à Paris, contre Georges, Pichegru et autres, prévenus de conspiration contre la personne du Premier Consul.“ Paris 1804, 8 vols. Was die Episode des an dem Herzog von Enghien verübten Justizmordes angeht, so lieferte mir das Aktenmaterial für meinen Bericht die Sammlung der „Documents authentiques“, welche L. Constant seiner Schrift „Le duc d’Enghien“, Paris 1869, einverleibt hat. Als eine, freilich nicht immer kristallklare Quelle für die Geschichte dieser Episode dürfen auch das 4. und 5. Kapitel vom 1. Bande der „Mémoires de Madame de Rémusat,“ Paris 1880, bezeichnet werden.
  2. Wir haben das Vervielfältigungsrecht dieses Bildes für die „Gartenlaube“ erworben und freuen uns, dasselbe seiner Zeit unseren Lesern vorführen zu dürfen.
    Die Red.
  3. Die Musik-Aesthetik in ihrer Entwickelung von Kant bis auf die Gegenwart.