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Die Habenschadenfeier auf Burg Schwaneck

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Textdaten
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Titel: Die Habenschadenfeier auf Burg Schwaneck
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 26, S. 441, 448
Herausgeber: Adolf Kröner
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1894
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[441]

Die Habenschadenfeier der Münchener Künstler auf Burg Schwaneck.
Nach der Natur gezeichnet von Fritz Bergen.

[448] Die Habenschadenfeier auf Burg Schwaneck. Wer unser Bild Seite 441 aufschlägt, ohne zufällig mit der Münchener Künstlergeschichte genauer vertraut zu sein, der wird zunächst ratlos vor dem seltsamen Ausdruck „Habenschaden“ stehen bleiben. Was ist „Habenschaden“? Ist es ein volkstümlicher Rest uralten Heidenbrauchs, hat es gar mit dem berüchtigten „Haberfeldtreiben“ etwas gemein? Oder ist’s eine scherzhafte Wortbildung, ein Anklang an das bekannte Sprichwort, daß, wer den „Schaden hat“, für den Spott nicht zu sorgen braucht? – Nichts von alledem! „Habenschaden“ ist ein Name, und ihn trug u. a. einst auch ein wackerer Münchener Künstler, Sebastian Habenschaden, der im Jahre der Leipziger Völkerschlacht geboren ward und später als Maler und Bildner anmutiger Landschaften und Tierstücke sich einen geachteten Ruf erwarb. Heute noch wirkt sein künstlerisches Erbe fort in den Berchtesgadener Bildschnitzern, die vielfach nach Modellen von Habenschaden arbeiten, heute noch gedenkt man alljährlich seiner bei der – Habenschadenfeier. Vor etwa einem Vierteljahrhundert nämlich hatte Habenschaden dem Münchener Künstlerunterstützungsverein ein Kapital von 10000 Gulden (17000 Mark) ausgeworfen unter der testamentarischen Bestimmung, daß alljährlich im Mai für ihn zu Pullach (eine Stunde südlich von München) eine Messe gelesen und dann der Tag von den anwesenden Künstlern mit Gesang und Tanz gefeiert werde. Da nun dieses Jahr zugleich das fünfzigjährige Jubelfest des Künstlerunterstützungsvereins zu begehen war, so begnügte man sich nicht mit diesem einfachen Zuschnitt, sondern erweiterte den Gedanken zu einem richtigen prächtigen Künstlerfest, das, nach wiederholten Verschiebungen infolge der Ungunst der Witterung, endlich am 31. Mai von statten ging, leider wiederum nicht ohne reichliche, gänzlich programmwidrige Festgrüße aus des Himmels Wolkenschleusen.

Auf der nahe bei Pullach gelegenen Burg Schwaneck, dem reizenden Bau Schwanthalers, der unsern Lesern aus Nr. 39 des Jahrgangs 1892 bekannt ist, fand das Fest statt, dessen Mittelpunkt ein schön erdachtes Festspiel bildete. Vor den Thoren des Schlosses erscheint ein Herold mit dem Bannerträger der Künstler und verlangt nach dem Burgherrn. Schwanthaler erscheint, umgeben von Freunden und Genossen, darunter Habenschaden selbst. Nachdem der Herold das Begehren der Ankömmlinge vorgetragen, den 50. Jahrtag des Künstlerunterstützungsvereins in den Mauern der Burg zu feiern, wird ihnen zum Willkomm das Künstlerbanner gehißt, und ein buntes farbenprächtiges Leben mit Gesang und scenischen Darstellungen aller Art entwickelt sich auf dem Wiesenplane vor der Burg. Ein Trupp von Landsknechten und von Bauernbündlern des 16. Jahrhunderts mit dem Bundschuh in der Fahne zieht auf und ein Pfaffe hält ihnen eine lustige Kapuzinerpredigt. Die Gestalten des Märchens von den Sieben Raben und dem treuen Schwesterlein schweben vorüber, und endlich erscheinen die Isarnixen auf den Zinnen der Burgmauer, lassen die grünlichen Schleier wehen und singen ein weiches träumerisches Lied; nachdem sie geendet, schreiten sie herab und mischen sich, Blumen spendend, unter die profane Menge der irdischen Menschen. Die Zeichnung unseres Künstlers giebt einen Begriff von der reichen Schar malerischer Erscheinungen, die sich hier zusammendrängten. Manches Schöne, was noch weiter geplant war, ging unter in den unerbittlichen Regenfluten, die sich, nach einer rücksichtsvollen Pause während der Dauer des Festspiels, bald von neuem über Burg Schwaneck und seine launige Künstlerbevölkerung ergossen. Und vielleicht ward der Name „Habenschaden“ an diesem Nachmittage doch noch von unheilvoller Bedeutung; denn gar manche Festtoilette wurde in kläglicher Verfassung nach Hause getragen.