Die Herzarbeit

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Textdaten
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Autor: Carl Falkenhorst
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Titel: Die Herzarbeit
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 27, S. 467–468
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1889
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[467] Die Herzarbeit. Unaufhörlich, Tag und Nacht pocht das Herz in unserer Brust und unermüdlich arbeitet es; es kennt weder Schlaf noch Ruhe, so lange der Mensch lebt. Wie groß ist nun die Arbeit, die es stündlich, täglich im Laufe der Jahre vollbringt? Können wir sie messen wie die Arbeitskraft einer Maschine, die Arbeitsleistung eines Handarbeiters? Die Physiologen haben es gethan, und wir wollen die Ergebnisse ihrer Untersuchungen hier in aller Kürze mittheilen. Sie gehen doch jeden von uns nahe an, denn jeder hat ja ein Herz im Leibe. Diesem hat es mehr, jenem weniger zu schaffen gemacht, denn es giebt harte und weiche, gute und böse Herzen, aber alle sind unermüdlich fleißig und alle verdienen eine Lobrede.

Man vergleicht so oft das Herz mit einem feinen Uhrwerk – es schlägt ja immerfort wie eine Uhr – und da wird wohl auch die Arbeitskraft bei der Herzthätigkeit die Nebenrolle spielen, der feine Mechanismus die Hauptsache sein? Weit gefehlt! Die Uhr, selbst die größte, selbst eine Thurmuhr ziehen wir mit geringer Kraftanstrengung in kürzester Zeit auf, und sie geht alsdann 24 Stunden oder länger. Wenn sich nun das Uhrwerk des Herzens aufziehen ließe, wie viel Kraft müßten wir anwenden, um es für 24 Stunden aufzuziehen? Wir haben dabei nicht das Herz eines Kindes, sondern das eines Erwachsenen im Auge. Ließe sich diese Probe ausführen, dann müßten wir zu dieser Arbeit einen der stärksten Handarbeiter herbeiholen, und er müßte zwei volle Stunden lang angestrengt arbeiten, um mit diesem Aufziehen des Herzuhrwerks fertig zu werden.

Dieser Vergleich, der etwas hinken mag wie alle Vergleiche, beweist immerhin deutlich, daß das kleine Herz wirklich Großes leistet. Wir wollen es zahlenmäßig beweisen. Vorausschicken möchten wir dabei, daß als Einheit für die Messung dieser Thätigkeit, als die Elle, mit der wir die Arbeitsleistung eines Arbeiters messen, ein Kilogrammmeter (kgm) gilt, d. h. die Kraft, welche nöthig ist, damit ein Kilogramm in einer Sekunde einen [468] Meter hoch gehoben wird. Wie groß ist nun die Herzarbeit bei einem Erwachsenen in Kilogrammmetern ausgedrückt?

Das Herz muß bekanntlich das Blut durch unseren Körper treiben, in zwei Kreisläufen durch die Lungen und den übrigen Körper. Die Gesammtmasse dieses Blutes beträgt beim Erwachsenen etwa 10 Pfund oder 5 kg. Das linke Herz, welches den großen Kreislauf versorgt, muß angestrengter arbeiten. Die Blutmenge, welche durch eine Herzzusammenziehung in die Adern ausgetrieben wird, beträgt etwa 180 g = 0,18 kg, und da das Herz dabei noch den Druck des in den Adern vorhandenen Blutes, der einer Blutsäule von mehr als 3,3 m entspricht, überwinden muß, so ist die Arbeitsgröße für jede Zusammenziehung der linken Herzkammer gleich 0,18 × 3,3 oder rund 0,6 kgm. Auf die Minute kommen im Durchschnitt 75 Herzschläge, und daraus läßt sich leicht berechnen, daß das linke Herz allein in 24 Stunden die Arbeit von rund 65000 Kilogrammmetern verrichtet. Die Arbeit des rechten Herzens ist geringer, da es nur für den kleineren Blutkreislauf zu sorgen hat, sie beträgt etwa ein Drittel der Arbeit des linken Herzens, also rund 22000 kgm, und daraus würde sich die Herzarbeit mit 87000 kgm in 24 Stunden berechnen, oder mit anderen Worten gesagt: wir könnten, wenn wir diese Arbeitssumme auf einen Punkt konzentriren würden, mit dieser 1740 Centner 1 Meter hoch heben!

Vergleichen wir nun damit die größte mechanische Arbeitsleistung eines Arbeiters in 8 Arbeitsstunden, so erfahren wir, daß diese 320000 kgm beträgt. Das Herz leistet also in 24 Stunden mehr als ein Viertel der mechanischen Arbeitssumme, welche ein angestrengter Arbeiter während eines vollen Arbeitstages zu leisten vermag.

Wer sich für derartige Fragen interessirt und tiefer in die Herzensgeheimnisse der Menschen eindringen möchte, den verweisen wir auf das treffliche populäre Werk „Der Mensch“ von Dr. Johannes Ranke (Leipzig, Bibliogr. Institut); er wird darin auch eine Begründung der oben angeführten Zahlen finden. C. Falkenhorst.