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Die Internationale Jagd-Ausstellung zu Cleve

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Textdaten
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Titel: Die Internationale Jagd-Ausstellung zu Cleve
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aus: Die Gartenlaube, Heft 45, S. 744–746
Herausgeber: Ernst Ziel
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Erscheinungsdatum: 1881
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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Die internationale Jagd-Ausstellung zu Cleve.

Zum zweiten Male führen wir unsere Leser in diesem Jahre nach der Dreihügelstadt Cleve. Etwas entfernt von der schattigen Baumreihe, welche uns zu der Hunde-Ausstellung zu Cleve (vergl. Nr. 42 dieses Jahrgangs) geleitet hatte, erblicken wir weiträumige, in anmuthigem Stil aus Holz aufgeführte Gebäude, von deren höchster Kuppel die Figur eines altmodischen Jägersmanns in der heurigen Sommerzeit dem fremden Besucher einladend entgegenwinkte. In diesen weiten Räumen haben sich vom Juni bis zum October die Nimrode aus aller Herren Ländern ein Rendez-vous gegeben, dort ihre Jagdtrophäen und ihre todbringenden Waffen in geordneten Reihen ausgestellt, ihre heimtückischen Netze aufgehängt und zwischen den blanken Saufedern und haarscharfen Hirschfängern die kühnen Thaten des edlen Waidwerkes von Malerhand an die hölzernen Wände zaubern lassen. Dort schritten sie nun durch die breiten Hallen, jene markigen, aber gelenkigen Gestalten mit dem wettergebrannten Antlitz und den biederen, freundlich dreinschauenden Augen, die Herren unserer Fluren und Wälder, die frischen Jägersleut’! Freude verklärte ihre Züge bei dem Anblick der langgezogenen gut gearbeiteten Feuerrohre sowie der blitzenden Stahlklingen, und stolz fühlten sie sich in diesem phantastischen künstlichen Walde, welcher aus dreizehntausend Hirschgeweihen gebildet war; denn die internationale Jagd-Ausstellung mußte als ein durchaus gelungenes Unternehmen bezeichnet werden.

So ging es in Cleve laut und lebhaft zu – noch vor wenigen Wochen. Heute sind all die Herrlichkeiten. die das Jägerauge entzückten, wohlverpackt auf der Reise nach ihren Ursprungsorten begriffen, und dem Besucher bleibt nur die Erinnerung an die fröhlich verlebten Tage, an das Feenmärchen einer Jagdherrlichkeit, wie man sie in der Zeit des Dampfes, der das Wild aus seinen alten Revieren verscheucht, kaum erwartet hätte.

Es kann nicht unseres Amtes sein, ein fachmännisches Urtheil abzugeben über die abgestellten Objecte, so da waren Schieß- und blanke Waffen und Munition, Fangeisen und Thierfallen, Jagdutensilien und Anzüge, Jagd-, Reise- und Luxus-Artikel, Ausrüstungsstücke für den Hund, Jagdzimmereinrichtungen und Gemälde, Parkdecorationen, Jagdwagen und Jagdschlitten sowie diverse andere Gegenstände. Unsere Aufgabe ist vielmehr genau vorgezeichnet durch den Stift des genialen Malers L. Beckmann, welcher zur Erinnerung an die Clever Ausstellung das vortreffliche, dieser Besprechung beigegebene Bild für die „Gartenlaube“ entworfen und aus dem reicher Material von Sehenswürdigem das Sehenswürdigste mit Kennerblick herausgegriffen hat.

Da finden wir zunächst in der Mitte unseres heutigen Tableaus einen Repräsentanten der jüngst (vergl. Nr. 43 dieses Jahrgangs) unseren Lesern vorgestellten, aus Deutschland so gut wie verjagten Hirschart, den Kopf eines Elchs aus dem ostpreußischen Forste zu Ibenhorst (Nr. 13), ein prachtvolles Cabinetsstück aus der Sammlung des Prinzen Friedrich Karl von Preußen.

Dicht über diesem ehrwürdigen Haupte hat der Maler ein merkwürdiges Bild angebracht, einen Hirschkopf mit monströs verwuchertem Geweih (Nr. 5). Die fettere Mißbildung besteht nicht etwa aus den ziemlich häufig vorkommenden fleischigen oder porösen Neubildungen, sondern aus fester, knochiger Masse, welche sturmhaubenähnlich aus dem Schädel des Thieres gewachsten war. Neben diesem sonderbaren Hirschexemplare befindet sich ein Kopf des gutmütigen Lampe (Nr. 8), dem zwei Schneidezähne sichelförmig aus dem Schnäuzchen gewachsen sind, wiederum eine krankhafte Erscheinung, die jedoch ziemlich häufig vorkommt und auf der Clever Ausstellung wohl durch ein Dutzend Exemplare vertreten war.

Von diesen und anderen heimischen Wildarten war in den für Deutschland bestimmten Hallen eine ganze ausgestopfte Legion vorhanden, Vierfüßler und Vögel, welche man hier und dort zu ergötzlichen Genrebildern aus dem Thierleben zusammengestellt hatte. Hier stand eine Gruppe Schnepfen mit Jungen, unter welches Tableau man getrost die Unterschrift „Mutterfreuden“ hätte setzen dürfen, dort ein Uhuhorst, von Wildkatzen überfallen, ein gar wildes Bild, hier wiederum Isegrimm, im Eisen sitzend, und dort Reinecke zum Fußschemel verarbeitet. Wer da Lust und Geld hatte, konnte viel Derartiges für einen civilen Preis kaufen.

Aber auch das Ausland diesseits und jenseits des Aequators, von dem Nord- bis zum Südpol war auf dieser internationalen Ausstellung vertreten, und da standen sie in langen Reihen, die nackten aber dickhäutigen Kinder des Südens neben den pelzhaarigen Söhnen des Nordens, die Rhinoceros, Nilpferde und Elephanten neben den Vielfraßen, Polarfüchsen und Eisbären. Ganz oben auf unserer Illustration ist ein solches ausländisches Prachtexemplar abgebildet, der gewaltige Kopf eines amerikanischen Riesenbüffels (Nr. 1), der zwischen dem mächtigen Geweih eines ungarischen Zwanzigenders (Nr. 2) hervorschaut.

Der Edelhirsch, welcher einst diese stolze Krone trug, war im Jahre 1879 in den Jagdrevieren der Herrschaft Munkacs erlegt worden und wog nach dem Ausbruch 490 Pfund. Außer diesem Prachtgeweih hat Graf Hoyos aus Ungarn noch ein Halbdutzend ähnlicher Trophäen gesandt.

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Die hervorragendsten Gegenstände der internationalen Jagd-Ausstellung in Cleve. Originalzeichnung von L. Beckmann.

1. Amerikanischer Bisonkopf. – 2. Ungarisches Hirschgeweih. – 3. Bastarde vom Auer-, Birk- und Schneehuhn aus Norwegen. – 4. Irländische Jagdfalken. – 5. Monströses Hirschgeweih. – 6. Hasenkopf mit abnormen Schneidezähnen. – 7. Armbrust mit langem Anschlag aus dem 15. Jahrhundert. – 8. Hinterlader vom Anfang des 18. Jahrhunderts. – 9. Doppelwender mit 4 Läufen. – 10. und 11. Eiserne Patronen zu Nr. 8. – 12. Revolver vom Anfang des 18. Jahrhunderts. – 13. Kopf eines Elenhirsches. – 14. Altes Jagdmesser mit Elfenbeinscheide. – 15. Hirschfänger mit Elfenbeingriff aus dem 17. Jahrhundert. – 16. Großes Jagdhorn aus einem Elephantenzahn. – 17. Schädel einer Gabelgemse. – 18. Zerwirkmesser aus dem 17. Jahrhundert. – 19. Kolossale Hauer eines Wildschweins. – 20. Verkrüppelter Rehlauf. – 21. Fuchseisen mit einem Baumstamme verwachsen. – 22. Rococo-Jagdschlitten. – 23–26. Prachtgehörne aus der Sammlung H. Lantz. – 27. und 28. Saufeder und Prellnetz.

[746] Unter allen den ausgestellter Hörnern verdient jedoch die Collection des Rittergutsbesitzers. H. Lantz aus Lohausen bei Kaiserswerth ganz besonders hervorgehoben zu werden. Es sind dies namentlich abnorme Geweihe, wie sie durch Schußverletzungen entstehen (Nr. 23 bis 26), auf welche der Eigentümer derselben so großer Werth legte, daß er nicht zu bewegen war, die kostbare Sammlung der Gefahr eines Transportes auszusetzen. So wurden dieselben in Modellen ausgestellt, und da unser vorzüglicher Thiermaler L. Beckmann diese Arbeit überwachte, so ist sie so vortrefflich ausgefallen, daß man die Modelle von den Originalen kaum zu unterscheiden vermochte.

Wenden wir uns nun von den Trophäen zu den Waffen des Jägers! In dieser Abtheilung sah man neben den besten Gewehren der Gegenwart das primitivste Jagdzeug der Eingeborenen in Amerika, Asien und Australien, darunter das Sampitan, das gefährliche Blasrohr der Eingeborenen von Borneo, mit dem sie auf dreißig bis vierzig Schritte Entfernung vergiftete Pfeile gegen ihre Feinde abschießen. Ein besonderes Interesse erweckte die Collection der fürstlich Waldeck’schen Hof- und Jagdverwaltung zu Arolsen, in welcher altertümliche Gewehre ausgestellt waren. Da hat wohl mancher mit Staunen zum ersten Mal erfahren, daß der Hinterlader eigentlich keine Erfindung der Neuzeit ist; denn dort sah er mit leiblichen Augen Hinterlader aus dem achtzehnten Jahrhundert und eiserne Patronen dazu (Nr. 8, 10 und 11). Auch Revolver gab es schon, wie das ausgestellte, freilich ein wenig schwerfällige Stück (Nr. 12) beweist, in ferner Zeit. Der Ruhm dieser Erfindungen kommt also unserem Jahrhundert nicht zu; es hat nur den fraglicheren Ruhm zu beanspruchen, diese furchtbaren Waffen vervollkommnet und in der denkbarsten Weise ausgenutzt zu haben.

Neben diesen Feuerschlünden ruhten in reichverzierten Scheiden die blanken Handwaffen, Pulver- und Jagdhörner, von denen unsere Abbildung einige als wirkliche Prachtwerke des Kunstgewerbes dem Leser vorführt (Nr. 14, 15 und 18). Eine wahre Meisterarbeit ist vor allem das große Jagdhorn aus einem einziger großen Elephantenzahn (Nr. 16).

Neben dem breiten Zerwirkmesser aus dem siebenzehnten Jahrhundert hat der Künstler noch kolossale Gewehre (Hauer) eines Wildschweines (Nr. 19) abgebildet und darunter ein vom Gutsbesitzer Schillings in Gürzenich ausgestelltes curioses Stück, ein altes Fangeisen, welches in den Buchensstamm eingewachsen ist, wie man sich gewöhnlich auszudrücken pflegt. Tatsächlich ist jedoch die Buche rund um dasselbe herum gewachsen, indem sie jahraus jahrein einen Holzring an dem Eisen ablagerte.

Einen sehr vortheilhaften Eindruck machten unter allen Jagdgeräthen auf den Beschauer die phantastisch zwischen den Hirschgeweihen ausgespannten Jägernetze, welche den Ausstellungshallen oft zum wirklicher Schmuck gereichten. Da sah man das „dunkle“ und „lichte“ Zeug des Jägers, die Jagdtücher und Netze, untere denen wiederum die gegen hundert Meter langen und ein bis einundeinhalb Meter hoher Prellnetze (Nr. 27 und 28) zum Scheuchen und Einstellen des Wildes hier besonders erwähnt werden mögen.

Unter den ausgestellten Jagd- und Pürschwagen erinnerte uns an die Zeiten sächsischer Verschwendung bei den Hofjagden ein feiner Rococoschlitten (Nr. 22), der auf seinem Vordertheil die Jagdgöttin Diana trägt, wie sie mit gehobenem Pfeile die Pferde anzutreiben scheinst. Das geschmackvolle Fahrzeug wurde um die Mitte des vorigen Jahrhunderts für den Prinzen Moritz gebaut und ist jetzt, nachdem es mehrmals seinen hohen Besitzer gewechselt, Eigenthum des Herrn Edward van Hoboken-Ondelande in Rotterdam.

Die Bastarde von Schnee-, Birk- und Auerhähnen (Nr. 3), deren Schwanz bald leierförmig ausgeschnitten ist, wie beim Birkhahn, bald stumpf abgerundet erscheint und die das Auge durch ihr buntscheckiges Gefieder erfreuen, veranlassen uns noch die norwegische Abtheilung zu erwähnen, die, dank den Bemühungen des Oberjägermeisters Gjerdrum in Christiania, ein recht getreues Bild der nordischen Jagd darbot. Dort war alles Wild vertreten von dem kreideweißen Schneehasen mit schwarzen Löffelspitzen bis zu dem grimmigen Eisbär. Auch die bekannter Skis (Schneeschuhe) waren in reicher Collection von dem norwegischen „Skisclub“ ausgestellt worden.

Belehrende Conferenzen, Probeschießen und Prüfungen der Jagdhunde trugen viel zur Belebung der Ausstellung bei. Am interessantesten war aber ohne Zweifel die gegen den Schluß derselben veranstaltete Jagd mit Falken, in der Jägersprache Falkenbeize genannt. War doch in früheren Jahrhunderten Cleve durch seine Falkenjagden weit und breit berühmt; im nahe gelegenen Herzogenbusch und dem holländischen Valkenswaard gab es die vortrefflichsten Falknerschulen, und noch heute befindet sich in der Nähe von Cleve eine bedeutende Reihercolonie. Schon zur Ehre des Ortes wollte man daher eine Falkenbeize in Scene setzen.

Die Ausstellung wurde aber leider nur mit ausgestopften Edelfalken und den bei der Falkenjagd gebräuchlichen Geräthschaften, wie Hauben, Schellen, Langfesseln, Zügeln etc. beschickt. Erst nach langen Bemühungen gelang es dem Ausstellungscomité, da der letzte Falkner in Holland vor Kurzem gestorben war, einen Falkonier aus Irland zu engagiren, der auch mit drei abgerichteten Vögeln (Nr. 4) in Cleve erschienen war. Leider waren diese Falken zu jung, um es mit den Reihern aufnehmen zu können, und man mußte sich damit begnügen, ihre Fangkünste an Tauben zu erproben.

Man hat indessen ernstlich den Plan gefaßt, die in unserer Zeit vergessene Falkenbeize wieder zu beleben. Natürlich werden die modernen Falkenjagden ein nüchternes Gepräge tragen; denn der romantische Reiz der mittelalterlichen Umgebung wird ihnen fehlen; es müßten denn die alten Ritter, die Edeldamen und Knappen vom Tode auferstehen.

Der Eindruck, welchen man im Großen und Ganzen auf der internationalen Jagd-Ausstellung zu Cleve erhielt, bewies wiederum, daß das heutige Jagdwesen, im Gegensatz zu dem früherer Jahrhunderte, auf einer hohen, unserer Cultur durchaus entsprechenden Stufe steht, und man darf mit Recht erwarten, daß die Thätigkeit der heute bereits bedeutenden Jagdschutzvereine für die Hebung unseres Wildbestandes von den ersprießlichen Folgen begleitet sein wird. So können wir unsere Jägerfreunde zu der Clever Ausstellung nur auf das Wärmste beglückwünschen und trennen uns für heute von ihnen mit einem herzlich gemeinten „Waidmannnsheil!“.