Zum Inhalt springen

Die Johannisfeier im heiligen Köln

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor:
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Die Johannisfeier im heiligen Köln
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 25, S. 396–398
Herausgeber: Ernst Keil
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1868
Verlag: Verlag von Ernst Keil
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite
[396]

Die Johannisfeier im heiligen Köln.

Mit wie berechtigten, Stolze wir auch der Vorzüge unserer Zeit gegenüber einer vorangegangenen uns rühmen, so giebt es doch auch so Manches, bei dessen Vergegenwärtigung wir Grund genug haben, den Blick recht demüthig zu Boden zu schlagen und die Ueberlegenheit unserer Vorfahren anzuerkennen.

Sonst war es jedem Privatmann, der über die Mittel verfügen konnte, Bedürfniß, das Einerlei des Alltäglichen durch die Pflege, das Nothwendige durch die Weihe der Kunst zu verschönen. Brunnen, Bauten, Wandmalereien und Alltagsgeräth erzählen uns davon, wie man es verstanden, den Funken der Göttlichkeit auch da hinein leuchten zu lassen, wo uns heute die nackteste Alltäglichkeit, der roheste Materialismus ohne jede verschönernde Hülle entgegentreten. Nur erst in der neuesten Zeit hat man angefangen, einen Schritt zum Besseren zu thun und in: Allgemeinen zu begreifen, daß der Künstler nicht ein überflüssiges Glied der großen Kette ist und daß er seine hohe Mission empfangen hat, ebensowohl wie der Lehrer der Religion und Moral, daß der monumentalen Kunst eine Aufgabe zugefallen, die durch nichts Anderes gelöst werden kann. Wo kein Wort mehr Boden findet, vermag oft ein Stein, ein Bild oder ein Tonwerk vielleicht ein gedeihliches Korn zu pflanzen, und wir dürfen uns dessen dankbar erinnern, daß die sächsische Kammer vor Jahren den Beschluß faßte, eine Summe für monumentalen Schmuck öffentlicher Gebäude etc. zu bestimmen.

Leider ist auch der kindliche Sinn, der in staunender Hochachtung das Kunstwerk nur auf sein Gemüth wirken ließ, die Unbefangenheit, die dazu gehört, sich am Schönen wahrhaft zu erfreuen, verloren gegangen; der Geist der Zeit betrachtet in der Regel alles derart Gebotene nur als dazu vorhanden, das Licht seiner reifen oder unreifen Beurtheilung darüber leuchten zu lassen, und der Genuß, von Anderen, wie er sich einbildet, für einen Kunstverständigen gehalten zu werden, ist sehr häufig die einzige Wirkung, die ein solches Kind unserer Zeit davon trägt. Doch wird auch diese Durchgangsperiode überwunden werden und einer besseren Platz machen.

Unter diejenigen Städte nun, die angefangen haben, in der Weise ihrer Väter die Kunst zu pflegen, gehört auch Köln, und abgesehen von den durch Privatleute hervorgerufenen nicht unbedeutenden Meisterwerken, hat die Stadt in der Ausschmückung des kleinen Gürzenichsaales einen Anfang gemacht, der freilich so sehr bedauern läßt, daß es eben nur ein Anfang geblieben, daß der Genuß des Gebotenen wesentlich dadurch beeinträchtigt erscheint. Die Verstimmung über die Engherzigkeit, die nach einem solchen Anfang auf die Fortsetzung verzichten konnte, verbittert ganz wesentlich die Freude an dem Vorhandenen. Dies Gefühl wirkt schon störend bei Besichtigung des kleinen Saales, steigert sich aber bei Betrachtung des großen, dem jeder Bilderschmuck fehlt, so sehr, daß die Empfänglichkeit für die sonstigen Schönheiten desselben fast

[397]

Die Johannisfeier in Köln.0 Nach seinem Wandgemälde im Gürzenichsaale auf Holz gezeichnet von Ad. Schmitz.

[398] verloren geht. Wandgemälde sind ein so unbedingtes Erfordernis; für den Abschluß dieses Bauwerkes, daß es, so lange sie fehlen, Jedem als etwas Unfertiges erscheinen wird.

Die Bilder im kleinen Saale, von A. Schmitz in Düsseldorf gemalt, gehören zu dem Bedeutendsten der Art, was in unserer Zeit geschaffen wurde, und man muß bedauern, daß der beste Holzschnitt nur eine Andeutung der Schönheit eines solchen Bildes zu geben vermag. In dem Hauptbilde, welches sich bis auf die linke Seitenwand herüber zieht, mit so geschickter Benutzung der Zimmerecke, daß dieselbe sogar als Nothwendigkeit erscheint, ist die Einzugsfeier der Prinzessin Isabella, die, dem Kaiser Friedrich dem Zweiten als Braut bestimmt, der Stadt Köln zur Obhut übergeben wurde, dargestellt.

Das zweite Bild hat einen auch aus dem Sagenkreis der Stadt Köln gewählten Stoff zum Gegenstände, den sogenannten „Holzfahrttag“.

Zur Zeit des römischen Imperators Vespasianus wurde Köln von einem der Gegenkaiser belagert und durch Mangel an Lebensmitteln auf das Aeußerste gebracht. Man war schon nahe daran, sich zu übergeben, als ein glücklicher Einfall des Marsilius die Stadt rettete. Die Frauen mußten mit Karren und Geräth, als wollten sie Holz holen, zu einem Thore hinausziehen, und als dann, wie erwartet, die Feinde ihr Lager verließen, um sie zu fangen, fielen ihnen die Kölner in den Rücken und besiegten sie. Dieser Tag ist von den Kölnern unter dem Namen „Holzfahrttag“ alljährlich am Donnerstag nach Pfingsten bis auf die neueste Zeit gefeiert worden.

Der über den Hauptbildern hinlaufende Kinderfries ist im Zusammenhang mit dem Isabellenzug gedacht, enthält aber auch zugleich Beziehungen zu dem praktischen Zwecke des Saales, in welchem Vorlesungen, Concerte, Hochzeiten etc. abgehalten werden, und so umfassen die drei Felder der zweiten Hauptwand eine Darstellung des Mummenschanzes, welcher in natürlicher Folge sich bis zum ausgesprochenen Katzenjammer entwickelt. Das letztvollendete Bild, darum das noch am wenigsten gekannte, ist das, welches unsere Illustration wiedergiebt. Es stellt die Johannisfeier dar, wie sie Petrarca in einem Reisebericht beschreibt, welchen uns Karl Simrock mitgetheilt. „Das ganze Ufer,“ schreibt er, „war mit einer herrlichen Schaar von Frauen und Jungfrauen bedeckt, und der Sänger ,Laura’s’ erstaunte über ihre Schönheit. Ein Theil war mit wohlriechenden Ranken umgürtet, und mit zurückgestreiftem Gewande wuschen sie die weißen Arme und Hände im Flusse, wobei sie wohllautende Sprüche wechselten.“ Es war dieses Waschen ein uralter Gebrauch der Frauen, welche glaubten, alles im ganzen Jahre bevorstehende Elend dadurch wegzuspülen, so daß sie hofften, von den kommenden Tagen nur Frohes erwarten zu dürfen.

Wir müssen wiederholen, es ist zu beklagen, daß die Vollendung dieses Wandschmuckes so lange auf sich warten läßt.