Die Kämpfe bei Gmünd, Staufen und Eßlingen (1449)
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Nr. 7.
Die Kämpfe bei Gmünd, Staufen und Eßlingen.
In Gotes nomen vach ich an
etwas tichten, ob ich kan,
was geschach in der zit,
von Crists geburt als man scribt
nün und vierzig, ob ich tar
sprechen fri und sicherlich,
do her von römschen rich
etlich stet sich uf mit über muot
Fürbaß wil ich sprech[en] baß,
mit ganzem ernst so merken das.
Mit dem lebendigen Got
beguonden sie zuo triben spot
Gots fronlichnam gnaden vol
in monstranzen halten schon,
dar umb er uns den ewigen lon
geben wil mit reichem schal –
daß er uns halt an sorgen fri
vor der großen buobri,
die das sacrament so here
schütten uß in bösen geren
Got nit ungerochen wolt
laßen staun, als ich glob,
den selben edeln gnaden rob.
Sie branten clöster manigfalt;
in der hailigen cristenhait,
dem teten sie allem groß lait
beidü fruo und spat.
Nun merkent, wie es umb sie gat.
dem tet das übel in herzen zorn,
grauf Ulrich man in nemen sol,
er traib den luchs in sin hol.
(Niederlage der Gmünder.)
Uß Gemünd die fraidigen man
gen Walchsteten in das elend wit,
do fand man die dochter bi der brüt.
Sie hetens angeschlagen,
sie wölten fer hin dan jagen
sie gedauchten nit, es ist in lait
armbrost tr[a]gen und büchsen vil,
banzer, isenhuot one zil
und ander ir gezelt.
und wolten Walchsteten schießen.
Die rechböck beguond es verdrießen;
der hirß mit sinen hornen
fuert den raien vornen
er beguond gar künlich fechten
und ward gar grimlich stoßen,
die fratzen lekten ain bloßen.
Herr Ulrich von Rechberg ain ritter guot,
Junkherr Wilhalm von Rechberg uß Wisenstain,
Juncherr Vit von Rechberg, den ich main,
– von Hochenrechberg ist ir stam,
all vier gevetter, als ich vernam –
wid waren frist mit friem schal;
sie wölten sich ergetzen
und die buren letzen.
Der zug von dem adel fri
„stich ab und niem gefangen kain!“
Der puren fechten das was klain,
ir waren siben hundert wol,
das sprich ich, als ich billich sol;
sie fluochen zuo Walchsteten an den bach,
an der flucht wurden sie erstochen,
do wart ir brennen gerochen
und ander muotwil groß.
das fenlin mit großer not,
todes forcht im das gebot.
[34] Ir wurden erschlagen, mi[nn]er nit,
zwai hundert und och da mit
Des nam sich herr Ulrich eben war
von Rechber[g] geborn ain ritter guot,
er het ains könen helden muot,
das ist war one spot;
wisheit vil und strengen muot,
das volk hielt er in großer huot,
daß er mit in nit würd zespot,
das lob sol man geben Got.
an sanct gilgentag, merken baß,
. . . . . . . . . . .
büschen vil und ander pflanz
ließen die von Gmünd hi bi.
(Ueberfall bei Staufen.)
daß er uns helfen rechen
das haidinisch kirchen brechen,
das die von Giengen, Now und ir genoßen
hond geton clain und großen.
mit iren hoptlüten edel rain.
Die hetens wol besunnen,
daß die Gotes find waren kumen
gen Stoffen in den kirchof clain,
ir waren sechzig an der zal,
die wurden erschlagen überal,
wenig [ließen] sie ir leben,
fufzechen schon und (merken!) eben
der ketzer fröd die ward clain.
(Streit mit Eßlingen; Gefecht bei der Blienshalde.)
Der von Eßlingen wil ich nit vergeßen:
in irem raut sint sie geseßen
und hond [erdacht] ain nuen zol.
daß sie kain zol sund hon,
wann sind alles gelaites on.
Anders hochmuoz wil ich schwigen,
den sie mit Got dem herren triben,
Ir herren, luogent wie im si!
wölent ir nit werden das,
nach dem so grifends fürbaß;
wann ir den segen hönd enpfangen
den Isac, der alte man,
Jacob sinem sune gan,
daß ir die hailigen cristenhait
schirmen sond und fri gelait
witwen und armen kindelin
helfen zuo dem rechten.
Fürbaß wil ich sprechen.
Die richstet ganz mit irem punt,
[35] „wir wöllen brennen wit und brait
grauf Ulrichen von Wirtenberg zuo lait
die Gefilder und das Ramstal guot.“
Das tetends als in über muot.
von Kirchen ain bot kam rennen
gen Göpingen zuo dem hopt fri.
Der herr von Hochen loch was och dau bi
mit andern rittern und knechten;
mit den groben puren,
die in iren muren
niement hund zuo genoßen;
zwar sie legten ainen bloßen
Die herren nit lenger warten,
sie ilten bald und schnel
und kamen zuo in in das feld
ob Bliens halden uf der wit.
daß uns die puren nit entrinen!
wir wölen er und guot gewinen
hie uf disem witen plon,
ich hoff, es sül uns wol ergon,“
Do sach man manigen könen man
sper und stangen br[e]chen;
Got wolt sich selber rechen
du[r]ch den adel hoch gemuot.
sie stachen manigen recken sur,
als in nider scluog der schur:
von Ulm Walchter Echinger,
von Nördlingen Jeronomus Bopfinger
mit iren hopt trappen;
ir wurden fil erstochen
am mentag in der wochen
nest nach aller selen tag
ir wurden och fil gefangen,
gen Eslingen war sie belangen.
Da haim sagten sie die mere,
wie ir kunig her stochen were,
die selen all begnade Got!
(Weitere Kämpfe mit Eßlingen und Gmünd.)
Ich hon noch ains über[sehen],
mit der warhait wil ichs jehen:
von Eslingen die suren recken
von Wirtenberg kuen und hoch geborn;
zwar mir tuot im herzen zorn,
daß die tumen laien
im land begernent raien,
uf min tru, es bringt mir swere.
Sie wolten reben howen,
baidü man und frowen
an Sanct Michels also here:
U[ß] Göppingen kam geritten
ain edler harst nach könem siten,
die gaben in das leser lon:
ir wurden erschlagen eben und schon
do enpfiengen sie den zol,
das red ich unvermiten.
[36] Och so wil ich bitten,
daß ir wöllent ane schoen
Sant Barbaren mit andacht groß,
die ir raines pluot vergoß
umb den lebendigen Got;
an iren tag wurden zespot
die heten schwizer hosen an;
sie wurden alle geschlagen ze tod,
der hoptman zuo Göppingen das gebot.
Anmerkungen (Wikisource)
Das historische Lied befasst sich aus der Perspektive von Fürsten und Adel mit Niederlagen des Städtelagers 1449. Es wurde wohl Ende 1449/Anfang 1450 möglicherweise von einem den Herren von Rechberg nahestehenden Autor niedergeschrieben.
Steiff/Mehring stützten sich ganz auf die Edition von Gustav Ehrismann in der Germania 31 (1886), S. 311-314 Commons, der den Text aus einer Kleinheubacher Handschrift entnahm. Es handelt sich um die um 1450 in Schwaben entstandene Renner-Handschrift Frankfurt a. M., Stadt- und Universitätsbibliothek, Ms. germ. qu. 6, Blatt 239v-242r Handschriftencensus, Birgitt Weimann: Die mittelalterlichen Handschriften der Gruppe Manuscripta germanica. Frankfurt a.M. 1980, S. 17-19 ManuMed. Die Handschrift wurde 2012 online gestellt: UB Frankfurt (Link zum Textbeginn).
Karina Kellermann: Abschied vom "historischen Volkslied". Tübingen 2000, S. 153-161 edierte und übersetzte den Text.
Von den geschilderten Begebenheiten fanden zwei auch sonst häufig Beachtung: die Schlacht bei Waldstetten am 1. September 1449 und das Gefecht an der Plienshalde bei Esslingen.
Zur Niederlage bei Waldstetten siehe die Zusammenstellung zeitgenössischer Quellen bei Klaus Graf: Gmünder Chroniken im 16. Jahrhundert. Schwäbisch Gmünd 1984, S. 205f. ALO sowie immer noch Christoph Friedrich Stälin: Wirtembergische Geschichte Bd. 3, S. 479 UB Freiburg.
Archivalische Quellen zur Schlacht bei Waldstetten:
Eine besonders ausführliche Quelle sind Schreiben im Nördlinger Stadtarchiv (Missiven) vom 1. September 1449 und den Folgetagen, zusammengefasst in den Regesten der Markgrafen von Baden Bd. 3 (1902), S. 233 Internet Archive bzw. Commons. Digitalisate von drei Schriftstücken: Commons.
Die Akten im Hauptstaatsarchiv Stuttgart A 602 U 4370a enthalten ein Verzeichnis der Gmünder Gefangenen Digitalisat Landesarchiv Baden-Württemberg. In U 4370c gibt es einen Bericht des Reinbolt Funck an Gmünd und drei Schreiben zum gefangen genommenen Gmünder Werkmeister Jakob Eiselin Digitalisat. Siehe dazu Klaus Graf: "Werfende Handwerke" aus Gmünd. Unfriedliches aus der Vergangenheit der Stadt. In: Gmünder Tagespost 7. Mai 1983, S. 14 Commons.
Esslingen teilte Gmünd mit, im Gefecht von Waldstetten sei Peter Horkheim von Gmünd gefallen. Missive im Stadtarchiv Esslingen. Regest: Alfons Nitsch: Urkunden und Akten der ehemaligen Reichsstadt Schwäbisch Gmünd 777 bis 1500 1 (1966), Nr. A 36 [Urkunden und Akten der ehemaligen Reichsstadt Schwäbisch Gmünd 777 bis 1500 UB Heidelberg]. Weitere Nennungen bespricht Patrizia Hartich: Daz ir uns das allwegen, so tag, so nacht, verkundent. Informationsaustausch der Reichsstädte Esslingen und Schwäbisch Gmünd während des süddeutschen Städtekriegs 1449/50. In: Gmünder Studien 9 (2018), S. 41-53, hier S. 46f.
Nach den Steuerrechnungen im Stadtarchiv Schwäbisch Hall meldeten die dortigen Boten die Niederlage bei Gmünd sofort nach Rothenburg, Dinkelsbühl und Heilbronn: Gerd Wunder: Beiträge zum Städtekrieg 1439-1450. In: Württembergisch Franken 42 (1958), S. 59-83, hier S. 72.
Waldemar Kanter: Markgraf Albrecht Achilles von Brandenburg, Burggraf von Nürnberg Bd. 1, Berlin 1911, S. 517 UB Potsdam macht auf eine Quelle im Staatsarchiv Nürnberg aufmerksam.
Chronikalische Quellen:
- Annales Stuttgartienses. In: Württembergische Jahrbücher 1849 II, S. 27 Google. Grundlage dieses Eintrags war die Handschrift der Württembergischen Landesbibliothek Stuttgart Cod. hist. fol. 270 und die Chronik des Christian Tubingius: Burrensis Coenobii Annales. Hrsg. von Gertrud Brösamle. Stuttgart 1966, S. 262 (Seite auf Commons)
- Martini minoritae continuatio Suevica posterior. In: Württembergische Jahrbücher 1852 I , S. 160 Google nach Stuttgart, WLB, Cod. HB V 86, Bl. 158r. Digitalisat WLB Stuttgart.
- Augsburger Chronik des Burkhard Zink Google
- Augsburger Chronik des Hektor Mülich Internet Archive und ihr folgend die Anonyme Chronik 991-1483 Internet Archive. Hierauf fußen die diversen Drucke einer Augsburger Chronik (siehe Ina Serif, Ausgabe von 1519 zu 1448: UB Freiburg.
- Weissenburger Chronik des Eikhart Artzt Google nach Heidelberg, UB, Cpg 116, Bl. 22r Digitalisat UB Heidelberg, Handschriftencensus
- Aufzeichnung des Johannes Schmid im verbrannten Cod. I, 90 des Würzburger Franziskanerklosters Handschriftencensus, Alemannia 13 (1885), S. 152 Commons
- Vierte bairische Fortsetzung der Sächsischen Weltchronik, MGH Deutsche Chroniken 2 (1877), S. 379 mgh.de nach Heidelberg, UB, Cpg 525, Bl. 140v Digitalisat UB Heidelberg
Zum Gefecht an der Plienshalde (oder am Mutzenreis) am 3. November 1449 siehe Stälin (wie oben), S. 482 und Thomas Fritz: Ulrich der Vielgeliebte (1441-1480). Leinfelden-Echterdingen 1999, S. 102. Zu dem Denkmal für die Gefallenen in der Oberhofenkirche Göppingen siehe: Die Deutschen Inschriften Bd. 41: Die Inschriften des Landkreises Göppingen. Bearbeitet von Harald Drös. Wiesbaden 1996, S. 47 Nr. 65 inschriften.net.
Zum Städtekrieg und den erwähnten Schlachten siehe ausführlich Gabriel Zeilinger: Lebensformen im Krieg. Eine Alltags- und Erfahrungsgeschichte des süddeutschen Städtekrieges 1449/50. Stuttgart 2007