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Die Offenbarung Johannis/3,1-6. Sardes

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« 2,18-29. Thyatira Wilhelm Bousset
Die Offenbarung Johannis
3,7-13. Philadelphia »
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Inhalt Kapitel 3,1-6. Sardes
3,1 - 3,2 - 3,3 - 3,4 - 3,5 - 3,6
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3,1-6 Sardes. 3,1. καὶ τῷ ἀγγέλῳ τῆς ἐν Σάρδεσιν ἐκκλησίας[1] γράψον Sardes, 13 Stunden südlich von Thyatira, drei Tagereisen nördlich von Ephesus. Unter Tiberius wurde Sardes nebst elf andern Städten zerstört und unter seiner Beihülfe wiederhergestellt. Tacitus, Ann. II 47. τάδε λέγει ὁ ἔχων τὰ ἑπτὰ πνεύματα τοῦ θεοῦ καὶ τοὺς ἑπτὰ ἀστέρας. Über das Verhältnis der sieben Sterne zu den sieben Geistern und die ursprüngliche Identität derselben, deren sich der Apok. wohl kaum mehr bewußt gewesen ist, siehe die Ausführungen zu 1,4. Es ist ganz vergeblich, in der Überschrift und den Attributen, die hier dem Menschensohn beigelegt werden, eine bestimmte Beziehung auf die folgende Gerichtsdrohung zu finden. Es ist gekünstelt, mit Sp. bei den Geistern an den Todeszustand der Gemeinde (im Gegensatz dazu) und bei den sieben Sternen an die Drohung, wie ein Dieb in der Nacht zu kommen, zu denken. Der Menschensohn wird hier ebenso allgemein charakterisiert, wie im Brief an Ephesus (Dstd.), wie denn überhaupt das Schreiben an Sardes dem an Ephesus parallel läuft.

οἶδά σου τὰ ἔργα ὅτι ὄνομα ἔχεις „ὅτι ζῇς“ (mit ℵACP An. g vg. Pr.; die Lesarten καὶ ζῇς Q Rel. καὶ ὅτι ζῇς sind sinnlose Korrekturen), καὶ νεκρὸς εἶ. Du hast den Ruf (ὄνομα), daß Du lebst und bist tot. Das Urteil ist nicht absolut zu verstehen, wie aus dem folgenden hervorgeht. Das οἶδά σου τὰ ἔργα ist formal ähnlich dem Eingang des Sendschreibens an die Epheser, dem Inhalte nach entgegengesetzt. 3,2. γίνου γρηγορῶν καὶ στήρισον (Lk 22,32) τὰ λοιπὰ, ἃ ἔμελλον (constructio ad sensum) ἀποθανεῖν[2]. Der Ausdruck erinnert an Ez 34,4.16. (Hltzm.). Die Gesamtheit der Gemeindeglieder (nicht der Bischof oder das Presbyterium) wird ermahnt zu erwachen und sich der absterbenden Glieder anzunehmen. Das Imperfektum (ἔμελλον) erklärt sich als Tempus des Briefstils. Über das Tempus des Infinitivs s. o. S. 169. Verkehrt ist es, mit B. Weiß anzunehmen, daß hier diejenigen Gemeindeglieder gemeint seien, die allein in der Gemeinde noch nicht dem Tode verfallen seien, also die besseren Elemente. Denn wenn es mit diesen schon so stand, wer hätte dann in der Gemeinde die Aufgabe des γρηγορεῖν und στηρίζειν übernehmen sollen! οὐ γὰρ εὕρηκά σου τὰ[3] ἔργα πεπληρωμένα ἐνώπιον τοῦ θεοῦ μου.[4] Unter den Werken ist hier die gesamte sittliche Leistung der Gemeinde zu verstehen. Deshalb ist auch nicht, wie B. Weiß (nach AC) will, σου ἔργα zu lesen. Das würde bedeuten, daß überhaupt keine Werke von der Gemeinde erfüllt seien, ein Vorwurf, der zu hart wäre und mit dem Tatbestand nicht übereinstimmt. Das für diese von Gott bestimmte Maß (als Hohlraum gedacht) ist nicht ausgefüllt (erreicht). Zu πεπληρωμένα vgl Jo 16,24; 17,13; I Jo 1,4.[223] II Jo 12. — Das zu ἐνώπιον τοῦ θεοῦ steht in einem gewissen Gegensatz zu dem Satz, daß die Gemeinde (vor der Welt) den Namen hat.

3,3. μνημόνευε οὖν (2,5), πῶς εἴληφας καὶ ἤκουσας[5]. Der Wechsel des Tempus ist vielleicht beabsichtigt (εἴληφας bezieht sich mit seinen Folgen auf die Gegenwart, ἤκουσας bezeichnet einen einmaligen Zeitpunkt in der Vergangenheit). — Beachte auch hier den Parallelismus mit dem Sendschreiben an die Epheser. Die Gemeinde soll sich erinnern, wie, d. h. ganz allgemein in welcher Verfassung (der ersten Liebe), sie aufgenommen und gehört hat (sc. das Evangelium). I Th 1,5.6; 2,13. Zu künstlich und durch nichts im Text veranlaßt ist es, mit Sp. (Hltzm.) diese Mahnung bestimmt darauf zu deuten, daß die Gemeinde ursprünglich die Predigt von der Freiheit des Evangeliums nicht als Anlaß zu einem sittenlosen Wandel genommen habe. καὶ τήρει καὶ μετανόησον. Es ist nicht etwa das τήρει auf εἴληφας, das μετανόησον auf ἤκουσας zu beziehen (B. Weiß), sondern die Ermahnung zerlegt sich gegenüber der ganzen vorhergehenden Erinnerung in die Aufforderung a) an dem einmal Empfangenen und Gehörten dauernd festzuhalten (Imper. Präsens), b) mit Rücksicht auf den gegenwärtigen Zustand der Gemeinde umzukehren zur früheren Gesinnung (das ist als ein einmaliger Akt gedacht, daher Imper. Aor.). ἐὰν οὖν[6] μὴ γρηγορήσῃς[7], ἥξω[8] ὡς κλέπτης (16,15), καὶ οὐ μὴ γνῷς[9], ποίαν ὥραν (s. o. S. 164) ἥξω ἐπί σε. Deutlicher Anklang an die Evangelien Mt 24,43f. (= Lk 12,39f.; vgl. Mk 13,35): εἰ ᾔδει ὁ οἰκοδεσπότης, ποίᾳ φυλακῇ ὁ κλέπτης ἔρχεται, ἐγρηγόρησεν ἂν ... γίνεσθε ἕτοιμοι, ὅτι ᾗ οὐ δοκεῖτε ὥρᾳ, ὁ υἱὸς τοῦ ἀνθρώπου ἔρχεται. Zu fragen wäre vielleicht, ob die Androhung sich auf das große allgemeine Gericht oder auf ein spezielles Gericht an der betreffenden Gemeinde bezieht. Doch ist das Erstere wahrscheinlich.

3,4. ἀλλ’ ἔχεις ὀλίγα ὀνόματα[10] (Namen = Personen. Vgl. 11,13; Akt 1,15; Num 1,2.20.26.(28) u. ö.) ἐν Σάρδεσιν ἃ (οἳ)[11] οὐκ ἐμόλυναν τὰ ἱμάτια αὐτῶν. Vgl. Jud 23. Es ist hier speziell an die Befleckung des Leibes, an sittliche Vergehen im engeren Sinn gedacht (Sp.). Es handelt sich eben in allen Gemeinden um Stellungnahme zu dem πορνεύειν. Der Ausdruck ist wohl mit Rücksicht auf das Bild vom hochzeitlichen Kleid gewählt (3,18; 16,15). καὶ περιπατήσουσιν μετ’ ἐμοῦ ἐν λευκοῖς, ὅτι ἄξιοί εἰσιν. Der sittlichen Arbeit entspricht der Lohn. Hier steht zum ersten Mal [224] eine offenbar eschatologische Verheißung, die nicht mit dem üblichen ὁ νικῶν beginnt. Die Gewänder der Seligen sind weiß (vgl. 3,5.18; 6,11; 7,9.13; Kleider der Herrlichkeit (= δόξα) Henoch 62,15; slav. Henoch 22,8). Denn „weiß“ ist wahrscheinlich das Symbol für die Darstellung der lichtstrahlenden Gottheit, resp. eines lichtstrahlenden überirdischen Wesens. Daher sind die Gewänder der Engel weiß: Mk 9,8 = Lk 9,29; Mk 16,5 = Mt 28,3; Akt 1,10; oder strahlend wie der Blitz Lk 24,4 (Mt 17,2). Noch ursprünglicher ist die Vorstellung, daß der Leib dieser Lichtwesen selbst strahlend weiß ist (vgl. 1,14; slav. Henoch 1,5). Vgl. Greßmann, Urspr. d. israelit. jüd. Eschatologie 346. Weiteres s. zu 6,11.

3,5. ὁ νικῶν οὕτως[12] (οὗτος) (ein οὕτως scheint ziemlich überflüssig zu sein; das schlechter bezeugte οὗτος entspräche dem Sprachgebrauch der Apk) περιβαλεῖται (περιβάλλεται C s¹²) ἐν (Abschnitt VII S. 167) ἱματίοις λευκοῖς, καὶ οὐ μὴ ἐξαλείψω τὸ ὄνομα αὐτοῦ ἐκ τῆς βίβλου τῆς ζωῆς. Die Vorstellung von einem Buch, oder Büchern, die im Himmel geführt werden, ist eine ungemein verbreitete. Sie stammt vielleicht aus einer Religion wie der babylonischen, welche eine Schreibergottheit (Nabu) besonders verehrte (vgl. Zimmern K.A.T.³ II 404ff.). Sehr oft ist Gott selbst der Schreiber der himmlischen Bücher. Doch wird die Rolle des himmlischen Schreibers auch auf andre Gestalten übertragen (Michael: Henoch 89,61; Himmelf. Jes. 9,22f. [lat. Text]; Henoch: Henoch 12,3f.; 15,1; 92,1; ein Erzengel: slav. Henoch 22,11ff.; Esra: IV Esra 14,50). Eine die eschatologische Gedankenwelt beherrschende Stellung bekam die Idee durch Daniel, der 7,10; 12,1 das große entscheidende Gericht Gottes nach den Aufzeichnungen „der Bücher“ (resp. des Buches) gehalten werden läßt. (Die Nachwirkung der Danielstellen erkennt man aus Henoch 47,3; 90,20; 97,6; IV Esra 6,20; Apk 20,12.15.) Diese Bücher des Gerichtes enthalten nun entweder die Namen der Frommen, die zum Gedächtnis vor Gott aufgeschrieben werden, das sind die Bücher des Lebens. Die Gottlosen werden dann entweder der Vergessenheit überliefert, oder werden in andern Büchern zum Verderben aufgezeichnet. So liegt die Idee bereits im alten Testament vor, auch wo an ein ewiges endgültiges Gericht noch nicht gedacht wird[13]. Jes 4,3 („Heilig wird jeder genannt werden, der aufgeschrieben ist zum Leben in Jerusalem.“); Ex 32,32f. („Streiche mich doch lieber aus dem Buche, das Du führst.“); Ps 69,29 („Sie müssen ausgelöscht werden aus dem Buch der Lebendigen und dürfen nicht ausgeschrieben werden mit den Frommen.“); Ps 139,16; Mal 3,16. (eine Gedenkschrift für die, die Jahve fürchten); Dan 12,1; in der späteren jüdischen Literatur: Henoch 47,3; 104,1; 108,3; Jubil. 30,20.22; 36,10; Apk d. Elias 4,2; 14,5; im neuen Testament: Lk 10,20; Phil 4,3; Apk 13,8; 17,8; 20,12.15; 21,27; Hbr 12,23. — Daneben steht die andre Vorstellung, daß in den Büchern die guten und bösen Taten der Menschen aufgezeichnet werden: Jes 65,6; Neh 13,14; Dan 7,10 (?); ferner Henoch [225] 81,4; 89,61ff. 68. 70; 90,17.20; 97,6; 98,7f.; 104,7; 108,7ff.; slav. Henoch 50,1; 52,15; 53,2f.; Apk Baruch 24; kopt. Apk d. Elias 3,13ff.; 11,1ff.; Himmelfahrt Jes. 9,22 (lat. Text); Apk 20,12. Belege aus der späteren jüdischen Literatur bei Weber, jüd. Theol.² 242 282f.; Dalman, Worte Jesu I 171, vgl. zum ganzen Zimmern KAT³ II 505; Bousset, Rel. d. Judentums 247. — An unserer Stelle finden wir die erstere Vorstellung, wie fast überall in unserm Buche und im NT. Das Buch des Lebens (Gen. qualit.) ist also das Buch, in dem die Frommen aufgezeichnet sind. Und zwar verbindet sich mit dieser Idee leicht die andre der Prädestination, da alles, was Gott schreibt oder was im Himmel geschrieben wird, ewige Gültigkeit hat, und da andrerseits die im Himmel befindlichen Bücher als von Anfang an existierend gedacht werden. Bestimmt wird diese Idee 13,8; 17,8 ausgesprochen[14]. καὶ ὁμολογήσω τὸ ὄνομα αὐτοῦ ἐνώπιον τοῦ πατρός μου καὶ ἐνώπιον τῶν ἀγγέλων αὐτοῦ. Vor Gott und den Engeln wird Jesus im Weltgericht die Seinen als zu ihm gehörig anerkennen. Unverkennbar liegt hier ein Anklang an das bekannte Herrenwort (Mt 10,32; Lk 12,8, vgl. Mk 8,38; Lk 9,26) vor. Die Form des Wortes stimmt mit der von Mt-Lk überlieferten, nicht mit der des Mk und wiederum genauer mit Mt 10,32 als mit Lk 12,8; beachte das Einfache ὁμολογήσω (statt [Lk] ὁ υἱὸς τοῦ ἀνθρώπου ὁμολογήσει) und das ἐνώπιον τοῦ πατρός μου. An Lk erinnert freilich das ἐνώπιον τῶν ἀγγέλων. Zur eventuellen Bekanntschaft der Apk mit Mt vgl. oben 1,8; (3,3). — 3,6 = 2,29.


  1. τω εν εκκλ. σαρδεων ( τω εν σαρδ).
  2. ACP An.(²)⁴(⁵) g vg. c s² a ae. Pr. Tic. ( εμελλες); Q Rel. εμελλες αποβαλλειν Die Lesart mag durch einen Schreibfehler entstanden sein.
  3. >τα AC
  4. >μου s¹ sa. Pr. 1. 81. 161. cf. 2,7.
  5. και ηκουσας και τηρει (s. u.) > Q Rel.
  6. ουν ℵ 14 ae. 36 (Pr. δε), doch wird ουν 2,5 von Cypr. Pr., 2,16 von ℵP An. Pr. ausgelassen.
  7. μετανοησης ℵ c. Pr., Konformation nach dem vorhergehenden.
  8. > επι σε ACP An.¹² vg.cod. c a ae.
  9. γνως mit ACP An.¹²³. Der Konjunktiv nach οὐ μὴ scheint in der Apk ausnahmslos die Regel zu sein (Abschnitt VII S. 171). Sonst steht im NT nach οὐ μὴ gewöhnlich der Ind. Fut.
  10. ACP An.¹ g vg. c s¹² a ae. Pr.; ολιγα εχεις ονομ. Q Rel.; ολιγα ονοματα εχεις 6. 14. 31. 32. 47. 49. 92. 98.
  11. οι lesen An.¹²³ vg. c Tert. Pr., vielleicht die ursprüngliche Lesart, da die constructio ad sensum in der Apk sehr beliebt ist.
  12. ουτος lesen PQc An.¹²⁴⁵ al.
  13. Vielleicht ist dabei hier und da an die Sitte der Eintragung in die Bürgerlisten Jerusalems gedacht, als an das irdische Gegenstück der himmlischen Buchführung (Jes 4,3); Ez 13,9; Jer 22,30; Neh 7,5; 12,22.
  14. Dem entspricht die ebenfalls im Judentum verbreitete weitergreifende Idee von himmlischen Schicksalstafeln, auf denen das Geschick der Menschen und alles Wichtige und Wesentliche, das auf Erden geschieht, vorweg verzeichnet ist. Das Buch der Jubiläen ist von dieser Idee beherrscht, vgl. Hen 81,1f.; 93,1f.; 103,2f.; 106,19; 107,1; 108,7; Testam. Levi 5; Asser 7 und die Vorstellung von dem Schicksalsbuch Apk 5,1. S. zu dieser Stelle. Auch auf einer heidnischen punischen Grabinschrift wird vielleicht der Gedanke ausgesprochen, daß die Götter den Namen der Verstorbenen „am Anfang für alle Zeiten“ aufgeschrieben haben. Lidzbarski, Ephem. f. semit. Epigraphie I 166f., Zimmern KAT³ II 405,3.
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