Die Schlittenfahrt

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Autor: Johann Karl Wilhelm Geisheim
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Titel: Die Schlittenfahrt
Untertitel:
aus: Gedichte, Zweites Bändchen. S. 265–268
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1839
Verlag: Verlag Josef Max und Komp.
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Erscheinungsort: Breslau
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Quelle: Commons, Google
Kurzbeschreibung:
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Die Schlittenfahrt.


Am warmen Ofen saß ich
In meines Polsters Ruh;
Des Lebens Breite maß ich
Und sah dem Tage zu;

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Da fiel in dichten Flocken

Der Schnee auf Flur und Haus,
Und fernher lockten Glocken
Mich in dem Pelz’ hinaus.

Ein Schlitten kam geflogen,

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Jäh, wie ein Strauß im Lauf,

Und, magisch fortgezogen,
Schwang ich mich flugs hinauf.
Der Kutscher, mein Philister,
Blitzt kühn in sein Gespann,

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Und nahm ein Ziel, als wüßt’ er,

Wo’s mir gefallen kann.

Ich ließ ihn gerne walten;
Nur vorwärts ging mein Sinn:
So rauschten, schellten, knallten

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Wir durch die Straßen hin.
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Musik, die allerneuste,

Rührt minder Herz und Ohr;
Ganz im erhabnen Geiste
Trug sie mein Mentor vor.

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Doch plötzlich macht’ ich Pause,

Halt! rief ich mächtig, Halt!
Denn an des Liebchens Hause
Hielt’s mich mit Allgewalt.
Bald auch im Federhute

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Saß Laura neben mir;

Wie war mir da zu Muthe,
Wie flog ich fort mit ihr!

Mir war, als trügen Flügel
Mich in ein schön’res Land;

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Ich sah nicht Roß, noch Zügel,

Und nicht die Kutscherhand.
Mit stolzem Wohlgefallen
Bog er den Markt herum,
Denn dort recht derb zu knallen,

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Ist des Philisters Ruhm.


Wohl mochten manche Leute
Als Spötter gaffen stehn;
Doch trieb sie auf die Seite
Ein barsches Vorgesehn!

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Entzückt und harmlos glitten

Wir über Raum und Welt,
Und endlich fand der Schlitten
Die Bahn in’s freie Feld.

Und in des Lichtes Fülle,

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Im strahlenden Krystall,

Glänzt in der Zauberhülle
Vor uns das heitre All;
Und über uns die Bläue,
Der Himmelslüfte Fluth,

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Und neben mir die Treue,

In mir der Liebe Gluth.

Den Staub der Erde decket
Der reine, lichte Schnee;
Den Raub der Flur verstecket

60
Der weiße, weite See.

In diamantnem Flimmer
Prangt dort ein Eichenwald,
Und dort im Farbenschimmer
Das Schloß in Fee’ngestalt.

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Die Berge gränzen ferne,

Und durch ihr dunkles Blau
Verschmilzt die Au der Sterne
Mit unsrer Erdenau.

[268]
Und aus der kalten Hülle
70
Ruft Hoffnung dir in’s Ohr:

Es keimt im Schooß der Stille
Der Frühling Dir empor.

Schon blüht’ er mir im Traume,
Schon fühlt’ ich ihn so nah

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In meines Schlittens Raume,

Denn Liebchen sagte: Ja!
Mit fröhlichem Behagen
Sah ich nun queerfeldein
Die Flügelpferde jagen,

80
Um baldigst dort zu sein.


So segelten ergötzlich
Wir in der Zukunft Land,
Als unser Schlitten plötzlich
Verstummend stille stand.

85
Im Schwunge der Gefühle

Fragt’ ich: was ist denn hier? –
Wir sind, so rief’s, am Ziele:
Hier ist das gute Bier!