Die Tanne
Die Tanne
Horch die Glocke! Mag die Tanne stehn
Und noch einen letzten Sonntag sehn!
Montags soll sie fallen! „Nichts da! heute!
Nieder mit! sie hört ihr Grabgeläute!“
Lustig fluchend zerren sie an Stricken,
Daß sie nicht ihr Ende zornig rächend,
Sich auf’s Jungholz stürze, wipfelbrechend.
Ächzend unterm Taktschlag roher Beile
Greift im Sturz den nächsten der Gesellen
Und begräbt ihn unter Nadelwellen. –
Horch die Glocke! Unter grünen Wogen
Haben sie den Mann hervorgezogen;
Bleiche Wangen in die Nadeln schmiegt er,
Und den rauhen Weg von Berg zu Tale
Macht er mühlos, doch zum letzten Male.
Unter ihm die starken Männerschritte,
Flüchtig Ziehen einer Wolkenflocke
Und der linde Takt der Abendglocke.
Wie sie ausklingt, hebt sich Jammerschreien
Aus des Dörfleins stillen Häuserreihen;
Frau und Mutter an des Vaters Leiche.
Horch, die Glocke! wie sie langsam schreiten,
Schweren Schrittes, stumm den Freund geleiten!
Die mit ihm die Tanne umgeschlagen,
Ihn vom Ort des Todes aufgehoben.
Und aus grünen Nadeln dunkle Kränze
Säumen seiner Grube enge Grenze.
Dann zum Dörflein wenden sie sich wieder:
Nachmittags, den Nachbarbaum zu fällen,
Auf zum Berge steigen die Gesellen.