Die Thonschlemmerei von Karl Krister in Seilitz bei Meißen
Der Reichthum der Gegend um Meißen an den vorzüglichsten Thonarten ist bekannt, und es wird täglich mehr gesucht, dieses schätzbare Naturprodukt zu verwerthen, wie dieses die bevorstehende Errichtung einer großartigen Fayence- und Steingutfabrik in Meißen beweist, welche ihr Material allein nur aus der Nähe Meißens beziehen wird. Zu den Gruben, welche ganz vorzüglich feine Thonarten liefern, gehören die bei Seilitz (eigentlich Seidlitz), einem Dorfe zwischen Meißen und Lommatzsch, von ersterer Stadt eine und eine halbe Stunde entfernt, und diese sind schon seit ältester Zeit bekannt. Bei Entstehung der Porzellanfabrik zu Meißen wurde die Benutzung der Gruben von Staatswegen untersagt, ja, sie mußten selbst verstürzt werden, so weit ging damals die Sorge, man könne eine dem Meißner Porzellan ähnliche Masse daraus herstellen und dadurch dieser Fabrik gefährliche Concurrenz erwachsen. Späterhin aber bezog die Fabrik in Meißen selbst von hier aus Thonmasse, um dieselbe zu geringeren Sorten Porzellan zu benutzen und ihre Gräbereien bestehen heute noch. Die anderen Gruben wurden von den Begüterten des Ortes, auf deren Grundstücken sie eben vorhanden waren, nach und nach wieder aufgeschlossen, das alte Gesetz war in Vergessenheit gerathen, und zwar um so mehr, als man seit langen Jahren schon Gelegenheit gehabt, sich von dessen gänzlicher Nutzlosigkeit hinlänglich zu überzeugen.
Herr Karl Krister, der Besitzer der bekannten Porzellanfabrik zu Waldenburg in Schlesien war in Bezug auf die Masse zu seinem Fabrikat stets auf sehr entfernte Gegenden gewiesen, da Waldenburg und seine Umgegend, sowie überhaupt der größte Theil Schlesiens keine für feinere Fabrikate taugliche Thonerde besitzt. Herr Krister bezog deshalb seinen Bedarf zeither aus Salzermünde bei Halle; allein auch die dort gewonnene Thonerde genügte nicht allen Ansprüchen, es wurde wünschenswerth, ein besseres Material zu erhalten und die Aufmerksamkeit richtete sich auf die reichen Thonlager bei Seilitz, wo denn nach getroffenem Uebereinkommen mit den Grundbesitzern im Jahre 1856 die Thonschlemmerei und Thongräberei angelegt wurde.
Dieses Etablissement besitzt an Gebäuden
- ein Hauptgebäude, in welchem sich die Schlemmerei befindet;
- ein sehr großes Trockenhaus und
- ein Wohngebäude für den Direktor und die Aufseher.
Zum Betrieb der Schlemmerei ist eine Dampfmaschine von zwölf Pferdekraft aufgestellt, hervorgegangen aus der Maschinenbauanstalt Karlshütte zu Altwasser in Schlesien.
Bei der Thongräberei und Schlemmerei u.s.w. sind fortwährend zweiundfünfzig Mann beschäftigt, welche unter der Leitung des Herrn Direktor August Dimter stehen.
Die hier gewonnene Thonerde ist von vorzüglicher Qualität, enthält aber 75% Quarzsand, oft als Krystallchen, weil die Erde von einem Porphyr stammt, dessen Räume mit Quarzkrystallchen als Drusen bekleidet sind; eingemengt findet sich bisweilen auch sandiger, magerer, grünlicher Thon, oft mit Muscheln. Deshalb fordert das Reinigen dieser Thonerde sehr umfassende Arbeiten, allein mit Hilfe der Dampfmaschine ist es dem Etablissement möglich, bei vollem Betriebe die Woche durchschnittlich 2400 Centner Erde zu verarbeiten und daraus 600 Centner vollkommen gereinigten und getrockneten Thon herzustellen.