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Die Wettenburg

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Textdaten
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Autor: Unbekannt
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Titel: Die Wettenburg
Untertitel:
aus: Badisches Sagen-Buch II, S. 641–642
Herausgeber: August Schnezler
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1846
Verlag: Creuzbauer und Kasper
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Erscheinungsort: Karlsruhe
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Quelle: Commons, Google
Kurzbeschreibung:
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Bearbeitungsstand
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[641]
Die Wettenburg.

Ein halbes Stündchen oberhalb Wertheim auf einem Berge, den der Main auf drei Seiten bespült, lag vor Zeiten ein stattliches Schloß, die Wettenburg genannt. Seine letzte Besitzerin, eine geizige Gräfin, wollte einen Theil des Mains auch um die vierte Seite des Berges leiten und diesen dadurch zu einer Insel machen, die den Bettlern unzugänglich wäre. Vergeblich wurde die Gräfin von ihren Unterthanen, welche im Schweiß ihres Angesichts die Frohndarbeit leisten mußten, angefleht, von ihrem drückenden Beginnen abzustehen; da warf sie einen Ring in den Main und sprach: „So wenig ich diesen Ring jemals wiedersehe, so wenig unterbleibt mein Vorhaben!“ Bald darauf, bei einem Festgelag im Schlosse, fand sich zu ihrem Schrecken der Ring im Bauch eines aufgetragenen Karpfen.

Schon waren die Arbeiten der armen Unterthanen im vollen Gange, da kam Gottes Strafgericht und versenkte die Burg mit sammt der Gräfin und ihren andern Bewohnern in die Tiefe des Berges. Nur wenige Mauerreste und ein tiefer Schacht bezeichneten noch die Stelle des Schlosses.


In diesen Schacht ließ sich einmal ein Hirte an einem Seile hinab, nachdem er seine oben harrenden Gefährten angewiesen, ihn auf ein gegebenes Zeichen wieder hinaufzuziehen. Er kam in einen Saal, worin ein schwarzer Hund lag, und etliche Männer und Frauen in alterthümlicher Tracht, doch regungslos wie Steinbilder, beisammen saßen. Da faßte ihn ein Grauen und er ließ sich augenblicklich wieder heraufziehen.

[642] Einen Schäfer, der ein andermal hinunter gestiegen war, führte eine Frau, die Herrlichkeiten des Schlosses ihm zeigend, durch viele Säle und Gemächer, zuletzt in eines, worin lauter Todtenköpfe an den Wänden aufgerichtet standen. Als er wieder aus dem Berge gestiegen war, fand er Vieles rings in der Gegend ganz verändert und erfuhr, daß er nicht, wie er geglaubt hatte, nur einige Stunden, sondern sieben Jahre in der Tiefe zugebracht habe.

Heutigen Tages ist auch der Schacht nicht mehr zu sehen; wohl aber hört man noch zuweilen Nachts ein Geläute aus dem Schooße des Berges.

(Siehe Mone’s „Anzeiger.“)