Die Wiederherstellung der Marienburg
[275] Die Wiederherstellung der Marienburg. Es war im
Jahre 1881, als der nunmehr verstorbene Dr. Marschall in der
„Gartenlaube“ einen Artikel veröffentlichte, welcher in beredten
Worten die Wiederherstellung des Hochschlosses der
Marienburg, des von dem Deutschen Orden errichteten Monumental-Baues,
als eine Ehrenschuld der deutschen Nation hinstellte. Und
dieser Ruf ist nicht ungehört verklungen. Man ist sich der Ehrenschuld
bewußt geworden, die alte ehrwürdige Burg gilt nicht mehr als
„formloser Steinhaufen“, sondern aus den Trümmern und
Schuttmassen, aus den verwitterten Mauern mit ihren Magazinluken
ersteht nun langsam ein Phönix mittelalterlicher
Baukunst, der in seiner Pracht und Schönheit einzig dasteht. – Der
Verein zur Ausschmückung und Herstellung der Marienburg, welcher
seit seiner Gründung im Jahre 1879 eifrig und thatkräftig bestrebt war,
das große Werk zu fördern, hat bekanntlich die staatliche Genehmigung
zu einer großen Lotterie erwirkt, deren Ertrag die Erfüllung der
Ehrenpflicht in nahe Aussicht stellt. Wahrlich zu den schönsten Hoffnungen
berechtigen uns die Restaurirungspläne, welche der mit dieser Arbeit
betraute Regierungsbaumeister Steinbrecht in einer kürzlich veröffentlichten
Broschüre bekannt machte. Nach seiner Aussage existirt kein zweiter Bau
aus jener Zeit, der einerseits diesem an Schönheit, Größe und
Gediegenheit gleichkommt und andererseits so getreu historisch wieder hergestellt
werden kann. Die Forschungsresultate haben derartig feste und
unwiderlegbare Anhaltspunkte über die frühere architektonische Beschaffenheit des
Bauwerks gegeben, daß das stolze „hohe Haus“ ganz in seiner alten
Würde neu erstehen wird. T. S.