Die Wittwe des Märtyrers

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Autor: –i.
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Titel: Die Wittwe des Märtyrers
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 20, S. 325, 336
Herausgeber: Ernst Ziel
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1885
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[325]

Die Wittwe des Märtyrers. Nach dem Oelgemälde von G. Becker.
Photogravure von Goupil u. Comp. (Boussod, Valadon u. Comp.) Berlin und Paris.

[336] Die Wittwe des Märtyrers. (Mit Illustration S. 325.) Das allgemein Menschliche, das aus diesem Bilde spricht, fesselt uns zunächst an ihm: es ist das tiefe Leid der Wittwe, deren Trauer verklärt erscheint durch das Bewußtsein, daß ihr Gatte seine Pflicht erfüllt hat und für Das gestorben ist, was auch für sie heilig ist. Sie steht unter der wunderbaren Macht einer der großen Ideen, in denen die Menschen aufgehen, für die sie dulden und ihre eigenen Schmerzen gering achten. Die Menschheit braucht diese großen Ideen, welche die Welt bewegen und hohe Tugenden erzeugen, ohne sie würde das Leben kaum des Lebens werth sein und die Herzen müßten wehrlos bleiben gegen die Schläge des Schicksals. Auch bei der Wittwe auf unserm Bilde hat eine siegreich die Geister bezwingende Weltanschauung Wunder gewirkt. Die Verlassene murrt nicht und klagt nicht über den bitteren Verlust, sondern preist den Gott, der dem Todten die Dornenkrone des Martyriums verliehen, und läßt das Kind das Zeichen küssen, um dessentwillen Trauer in ihr Herz Einzug gehalten.

Die Umgebung der Gruppe bezeichnet deutlich die Zeit, in welcher diese Scene spielt. Der Sarkophag in dem dunklen, von einer Ampel nur matt erleuchteten Gange verräth die Katakomben, jene unterirdische Todtenstadt der ersten Christen in Rom. Die halb lateinische halb griechische Inschrift deutet auf jene Epoche des Christenthums, während welcher die früher in der Kirche alleinherrschende griechische Sprache der lateinischen zu weichen begann, und der Bilderschmuck auf der unteren Tafel des Sarkophags sagt uns, daß zu derselben Zeit im Gegensatz zu der heitern heidnischen die ernste christliche Kunst ihre Keime treiben ließ und in der Verherrlichung der Todten und dem Schmuck der Gräber ihre vornehmste Aufgabe fand. Die Palmenzweige und der Märtyrerkranz endlich erinnern uns daran, daß die Zeit der Christenverfolgungen noch nicht aufgehört hat, daß in dem großen Cirkus, über diesen stillen Gräbern, vielleicht jetzt eben die Cäsaren und das Volk den auf wehrlose Menschen losgelassenen Hyänen und Löwen jauchzenden Beifall spenden. – i.