Die Ziegelei und Drainröhrenfabrik von Gottlieb August Mönch in Groß-Poritsch
Das Rittergut Groß-Poritsch liegt eine Viertelstunde südöstlich von Zittau, in fruchtbarer Gegend an der Neiße, und man überschaut von da das an malerischen Parthien reiche Grenzgebirge zwischen Sachsen und Böhmen mit seinen Perlen: Oybin, Hochwald und Lausche. Die jetzt im Bau begriffene Zittau-Reichenberger Eisenbahn durchschneidet seine Fluren.
Die frühesten Besitzer dieses Gutes waren die einst mächtigen Burggrafen von Donyn, welche ihren Hauptsitz auf dem nahen Gräfenstein hatten und einen großen Theil der Umgegend unter ihrer Herrschaft vereinigten. Doch schon 1387 verkauften die Donyns (Heinrich und Wilhelm) Poritsch nebst einigen anderen Besitzungen an die Stadt Zittau, und König Wenzel IV. bestätigte am Matthiasabend 1390 diesen Kauf; es blieb aber nicht lange im Besitz der Stadt. Nicolaus von Dornspach, ein Schüler Luthers, Freund Melanchthons, später Bürgermeister von Zittau, kaiserlicher Rath und Rentmeister, Gründer des Gymnasiums zu Zittau, an dessen Wand man jetzt noch sein Steinbild sieht, erkaufte 1570 Poritsch und ließ es sehr gegen den Willen des Rathes von Zittau und fast hinter dessen Rücken, zu einem Rittergut erheben, welches 1578 durch den Kaiser Rudolph von der Gerichtsbarkeit und Mitleidung der Stadt befreit wurde. 1580 starb der hochverdiente Mann und ihm folgte im Besitz von Poritsch Benjamin Schnitter. Von diesem ging das Gut 1613 durch Kauf an Johann Nesen über, welcher als Bürgermeister in den sturmbewegten Jahren des dreißigjährigen Krieges Zittaus Regierung leitete, wo auch Poritsch, gleich seinen Nachbarorten, von den wilden Horden der Kroaten und dann auch von den Schweden viel zu leiden hatte. Nach Nesens 1654 erfolgtem Tode kam das Rittergut an den Stadtrichter Eichler von Auritz und dann an den berühmten Oberst Schmeiß von Ehrenpreißberg, welcher 1691 während des Feldzuges gegen die Franzosen bei Tübingen starb.
In späteren Jahren gelangte das Rittergut in die Hände der Familie Mönch und ist dessen jetziger Besitzer Herr Gottlieb August Mönch, ein unermüdlich thätiger, strebsamer Mann, gleich tüchtig als Landwirth, wie als Industrieller, welcher, ausgerüstet mit umfassenden Kenntnissen, praktischen Erfahrungen und einem ernsten Willen, vor keinen Hindernissen zurückbebt und unverrückt sein Ziel im Auge behält. Durch ihn bekam Poritsch erst Bedeutung für die Industrie, indem er eine Ziegelei und eine Drainröhrenfabrik hier anlegte und sie binnen kurzer Zeit in den großartigsten Betrieb brachte.
Betrieben wird die Ziegelei und Drainröhrenfabrik in
- neun Scheunen mit Maschinengebäuden und mittelst
- vier Oefen, von denen einer nach der neuesten englischen Construction erbaut ist und weit und breit seines Gleichen sucht. Derselbe erspart bedeutend an Brennmaterial und ermöglicht das Brennen von architektonischen Ziersteinen auf untadelhafte Weise.
Ferner befindet sich dabei ein Wohnhaus.
Der Wirthschaftshof besteht aus fünf großen, massiven Gebäuden und an diese schließt sich ein freundlicher Milchgarten mit Kegelschub.
[37] In dem Etablissement befindet sich eine Lehmknetmaschine mit Göpelwerk und eine Drainröhrenmaschine als Handmaschine; der Thon und Lehm wird auf Schienenwegen transportirt. Beschäftigt sind hier 55 bis 60 Personen, unter diesen ein Modelleur und zwei Töpfer.
Die Röhrenfabrik und die Kunststeinanfertigung bleibt das ganze Jahr ohne Unterbrechung in vollem Betrieb, die übrige Ziegelei – mit Ausnahme des Brennens – jedoch nur acht Monate.
Die Ziegelei wurde von dem Unternehmer im Jahre 1845 mit vielem Kostenaufwand eingerichtet und es gelang seiner Thätigkeit bald, ein ausgezeichnetes Fabrikat herzustellen, welches einen wohlverdienten Ruf genießt und allgemein gesucht wird. Das Etablissement liefert jährlich eine Million Mauer- und Dachziegeln.
Später begann Herr Mönch die Fabrikation von architektonischen Ziersteinen, für welche er einen eigenen Modelleur, den auf der Dresdner Akademie gebildeten Herrn Joh. Fr. Lauschke gewann, und deren Erzeugnisse sich durch elegante, geschmackvolle Form auszeichnen. Diese Branche ist jetzt noch mehr im Entstehen begriffen; der Absatz geht hauptsächlich nach Bautzen, Reichenberg und Umgegend u.s.w.
Die Drainirung, welche zuerst in England und Belgien in ausgebreitetem Maaßstabe angewendet wurde, und sich für die Landwirthschaft so segensreich erwies, gewann nach und nach in Deutschland Anhänger und auch Herr Mönch wurde darauf aufmerksam. Er begann im Sommer 1851 mit der Fabrikation von Drainröhren, doch vorerst zu den eigenen zaghaften Versuchen, da es dem Unternehmer ging wie der Mehrzahl seiner Collegen: er hatte kein Vertrauen zu dem Verfahren. Die überraschenden Erfolge dieser Methode bewogen Herrn Mönch bald, die Fabrikation der Röhren in größerem Maaßstabe zu betreiben, hatte aber nun einen harten Kampf mit den Vorurtheilen der Masse zu bestehen, welche die Drainirung als eine kostspielige und nichts nutzende Neuerung verlachte, und es vorzog, bei dem alten erprobten Verfahren zu bleiben. Der Unternehmer ließ sich in seiner Thätigkeit dadurch nicht beirren, er überführte die Zweifler durch Thatsachen und hatte die Genugthuung zu sehen, wie dieses Verfahren immer mehr Anerkennung gewann. In einer Ausdehnung von sieben Quadratmeilen gebührt das Verdienst der Einführung der Drainage allein dem Herrn Mönch.
Dadurch kam das Etablissement immer mehr in Flor; die Vorzüglichkeit des Fabrikats, verbunden mit der Billigkeit der Preise, wie sie auf keiner andern Fabrik bestehen, beförderten den Absatz, welcher noch fortwährend im Steigen begriffen ist; während der Absatz von Drainröhren vom 1. April 1852 bis zu dem 1. April 1853 nur 70,000 Stück betrug, belief sich derselbe in gleichem Zeitraum von 1855 bis 1856 auf 398,000 Stück und ist derselbe von dem 1. April bis zu dem 1. October 1856, also in sechs Monaten, auf 330,000 Stück gestiegen.
Auf der Flur des Rittergutes befindet sich ein seit zehn Jahren schwunghaft betriebenes Braunkohlenwerk, welches an den Kohlenbau-Verein in Harthau auf Tonnenzinsrente verpachtet ist. Es erhält dasselbe nächstens eine Dampfmaschine.
Obgleich eigentlich nicht hierher gehörend, benutzen wir doch die Gelegenheit, auch der großartig betriebenen Schweinezucht des Herrn Mönch zu gedenken, welche auch die Aufmerksamkeit Sr. Maj. des Königs in solchem Grade auf sich zog, daß derselbe in vorigem Herbst, bei Gelegenheit seiner Anwesenheit in Zittau, die eben so großartig als zweckmäßig eingerichteten Zuchtställe mit seinem Besuch beehrte.
Die Zucht begann 1853 und hat sich durch rastlose Thätigkeit und Umsicht des keine Opfer scheuenden Unternehmers in dieser kurzen Zeit so gehoben, daß er jetzt jährlich 6–700 verkäufliche Ferkel erzielt. Es werden hier alle bei den Landwirthen berühmt gewordenen Raçen, z. B. englische, gezogen.