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Die früheste dichterische Schilderung Dresdens

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Zur Geschichte der Lebensmittelversorgung der Stadt Dresden Die früheste dichterische Schilderung Dresdens (1900) von Otto Richter
Erschienen in: Dresdner Geschichtsblätter Band 2 (1897 bis 1900)
Verfassung des Hauptzeughauses in Dresden zu Anfang des 18. Jahrhunderts
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Die früheste dichterische Schilderung Dresdens

findet sich in der von Günther Strauß in Versen abgefaßten „Wahrhaftigen neuen Zeitung von dem Abgott zu Meißen und seinem Nachbarn, dem schwarzen Herrgott zu Dresden“, einer im Jahre 1539 gedruckten protestantischen Spottschrift auf die Heiligsprechung des Meißner Bischofs Benno. Das Gedicht behandelt den neuen Heiligen als ein Seitenstück zu dem „alten Abgott“ in der Kreuzkirche zu Dresden, einer von Alters her vielverehrten Figur des Gekreuzigten, die, angeblich mit Menschenhaut überzogen, [240] von dem Qualm der Kerzen schwarz geräuchert war und von der es im Gedichte heißt:

Hört, was geschehen ist den Pfarrn:
Ihr Bischof Benn, der Abgott groß,
Sprach an zu Dresden sein Genoß,
Den schwarzen Herrgott (dem aldo
Die alten Weiber gar geno
Die Füß vor lauter Innigkeit
Abfressen han). Es wär ihm leid u. s. w.

Im Eingange des Gedichts wird Dresden und seine Umgegend mit folgenden Worten geschildert:

Ein luftig Au, vom Böhmerland
Bei sieben Meil, streicht durch den Sand,
Drin liegen Städt und Schloß gar viel,
Nur etlich itzt ich nennen will.
Der Königstein ist ein hohes Haus
Nah an der Grenz, da sieht man aus
Den Lilgen- und den Pfaffenstein,
Auch ander Berg do seind gemein.
Ein Kloster ward gestift darauf
Vom Oyben, Münch ein guter Hauf
Dahin gesetzt, die sollten Gott
Abbitten, was gesündigt hot.
....................................
Pirn, Schloß und Stadt, dem folget bald
Dresden das fürstlichst Lagr gezahlt,
Mit schöner Bruck ganz wohl geziert,
Ein Fürstenhaus, ist hübsch staffirt,
Die Stadt ist klein, doch wohl erbaut,
Nothfest; wen jucken thät die Haut,
Der möcht ihm dselbst sie krauen lan.
Ein lustig Heid leit bald daran,
Von Wilpret viel, hat nicht ihr gleich.
Die Elb von Fischen ist gar reich.
Von dannen an seind Weinberg viel
Die Au hinab bis an das Ziel,
Da Meißen leit. Die Wein seind gut,
So wachsen da, manch guten Muth
Sie machen; wers nicht glauben wil,
Der mags versuchn, doch nicht zu viel,
Denn Bacchus, übern Wein ein Gott,
Ihm große Kräft gegeben hot,
Er wirft manch Stolzen in den Koth[1].
  u. s. w.


  1. In neuerer Schreibweise, nach dem Originaldruck in der Königl. öffentlichen Bibliothek (Hist. Sax. G. 202).