Die gewonnene Schlacht
Die gewonnene Schlacht.
Von Ludwig Storch.[1]
Emmerich, der Ungarkönig, und sein Bruder Andreas
Sind in bösen Zwist gerathen. Liebe kehrte sich in Haß.
„Ha! so wagt es dieser Knabe gegen mich sich zu empören,
Wider seinen Herrn und Bruder sich mit Buben zu verschwören!“ –
Und bald schlägt des Aufruhrs Flamme in Pannonien empor.
Bald auch glückt es dem Rebellen kühne Schaaren anzuwerben,
Und sein ungezähmter Hochmuth strebt den König zu verderben.
Emm’rich führt mit Seelenschmerzen gegen ihn die Heeresmacht,
Plötzlich tritt aus seinem Lager in des Feindes wilde Banden
König Emm’rich ohne Waffen, nur mit seinem Stab zu Handen.
Mit erhobnem Haupte schreitet stolz der Fürst voll Heldenmuth.
„Welcher Krieger wagt’s, zu färben sich mit königlichem Blut?“
Und des Königs hohe Würde hat fürwahr nichts zu befahren.
Zum Gezelt des jungen Prinzen hat Herr Emm’rich sich gewandt,
Den erschrockenen Rebellen nimmt er freundlich bei der Hand.
„Komm’ im Namen unsrer Mutter! Laß von meiner Hand Dich leiten
Und so führt er ihn hinüber in sein eigenes Gezelt,
Wo er weinend ihn umschlungen an dem Bruderherzen hält.
„Sieh, die Schlacht ist schon gewonnen!“ Es zerstreuen sich die Heere,
Und kein Blut befleckt die Erde und die hohe Fürstenehre.
- ↑ Ludwig Storch, der einst als „Thüringer Edeltanne“ unsern Lesern bekannt und lieb gewordene Dichter und Erzähler, welcher im April dieses Jahres seinen siebenzigsten Geburtstag auf schwerem Krankenlager gefeiert hat, tritt nun als weißbärtiger Barde noch einmal vor seinem lieben deutschen Volke auf. Der Schatz seiner „Balladen und Romanzen“ ist soeben im Druck erschienen und verdient nach Inhalt und Ausstattung eine um so wärmere Empfehlung, als in so hohem Alter die Herausgabe eines abgeschlossenen Werkes, das noch von solcher Geistesfrische zeugt, gewiß zu den literarischen Seltenheiten gehört. D. Red.