Die neue Aera der Polarforschung

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Autor: August Woldt
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Titel: Die neue Aera der Polarforschung
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aus: Die Gartenlaube, Heft 9, S. 146–148
Herausgeber: Ernst Ziel
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Erscheinungsdatum: 1882
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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Die neue Aera der Polarforschung.

Von A. Woldt.

„Den Pol erreichen!“ Das ist die große Losung des Gigantenkampfes schon seit jener Zeit, in der die Wikinger ihr heißes Blut an den Gletschern Grönlands abkühlten und ihre von Raub und Mord befleckten Hände im arktischen Schnee rein wuschen; das ist die Losung des großen Zeitalters der geographischen Entdeckungen, das war bis jetzt die offene und versteckte Losung fast aller Polarexpeditionen des gegenwärtigen Jahrhunderts. „Den Pol erreichen!“ Die Flagge des eigenen Landes auf dem Pol aufpflanzen, das war das Bestreben jeder Nation, welche sich an diesem internationalen Wettkampfe betheiligte. Hinauf zum Norden, nach dem sehnlichst erstrebten Ziele ging die Jagd der Engländer und Amerikaner durch jenen schrecklichen Engpaß zwischen Grönland und der Inselwelt des arktischen Amerika; hinauf ging die Jagd der Schweden und Holländer in jene tiefe Höhlung bei Spitzbergen hinein, welche fast alljährlich bis über den achtzigsten Breitegrad hinaus ein eisfreies Meer bildet; hinauf ging der Marsch der Deutschen gegen die furchtbaren Schneestürme der eisstarrenden Ostküste Grönlands; hinauf die Fahrt der Oesterreicher in die verworrenen Eisstrudel des Franz-Joseph’s-Landes. Sie alle haben ihr Leben dafür gewagt, daß die Flagge ihrer Nation zuerst am Pole wehen sollte; sie alle haben dabei aber auch jenes graße Ziel der Menschheit verfolgt, sich überall auf Erden die Herrschaft über die Mitgeschöpfe und über die Naturgewalten zu erobern. Es war, als wenn eine Schaar alter heroischer Diskuswerfer im Wettkampfe auftrat und jeder Held seine Scheibe noch weiter zu schleudern trachtete, als alle seine Vorgänger.

Worin besteht die Bedeutung des Pols? Verbirgt er in seiner entlegenen Einsamkeit eine Summe von wunderbaren Naturgeheimnissen, die im Dienste und Interesse des Menschengeschlechtes erforscht werden müssen? Bildet er eine Wetterscheide für die Gebiete seiner näherer oder ferneren Umgebung? Ist er aus Land oder Wasser, aus festem oder beweglicher Eise gebildet? Ist es überhaupt möglich, mit Hülfe unserer Meßinstrumente seine Lage wissenschaftlich genau zu bestimmen?

Die Antwort darauf lautet: Der Schwerpunkt der Polarforschung liegt nicht in der speciellen Bedeutung der beiden Pole selbst, welche rein geographische Punkte sind, wie beispielsweise alle Kreuzungspunkte des Gradnetzes unserer Erde; er liegt vielmehr in denjenigen Errungenschaften, die uns die wissenschaftliche Erforschung der gesammten arktischen und antarktischen Gebiete, d. h. Nordpol- und Südpol-Gebiete, verschaffen wird, welche mit einem Flächeninhalt von mehr als einer halben Million deutscher Quadratmeilen den mächtigen Erdtheil Afrika an Größe übertreffen. Dieses gewaltige Doppelgebiet umfaßt also beinahe den sechszehnten Theil der gesammten Erdoberfläche und ist fortwährend der Schauplatz der gewaltigstem meteorologischen, magnetischen und anderer wissenschaftlich hoch bedeutender Vorgänge.

[147] Hier liegt der Schwerpunkt der Polarforschung; hier hat die Wissenschaft ihre Instrumente anzusetzen, um jene großen allgemeinen Naturgesetze zu studiren, deren Wirkungskreis sich, weit über die politischen und nationalen Ländergrenzen hinaus, über mächtige Gebiete der Erde erstreckt.

Schon im Jahre 1823 bahnte Sabine die Erforschung eines der von den Polargebieten verhüllten Geheimnisse an, indem er mit Clavering an der Ostküste Grönlands durch seine berühmten Pendelversuche Schlüsse über die wahre Gestalt der Erde machte. Acht Jahre später entdeckte James Clarke Roß im Norden von Amerika die damalige Lage des magnetischen Poles.[1]

In den fünfziger Jahren bahnte Otto Torell, der gegenwärtige Chef der geologischen Landesaufnahme Schwedens, mit Unterstützung des damaligen Kronprinzen, jetzigen Königs Oscar, jene lange Reihe von Expeditionen an, in denen unser nordisches Nachbarvolk unter Führung des genannten Gelehrten und seines großen Schülers Nordenskjöld die Polarregionen im Lichte längst verschwundener geologischer Zeitalter reconstruirte. Auch die deutsche Nordpolexpedition unter Capitain Koldewey im Jahre 1870 brachte reiche wissenschaftliche Resultate mit nach Hause, wie überhaupt seitdem fast jede Polarexpedition.

Bis in die Mitte des vorigen Jahrzehnts war indessen noch keine entscheidende Wendung in der Polarforschung eingetreten; denn es stand immer noch das Interesse im Vordergrunde, möglichst hohe Breiten zu erreichen. Da kehrte im Herbst 1874 Weyprecht mit seinen kühnen Gefährten zurück, und von nun an wurde die Parole ausgegeben, daß Entdeckungen in möglichst hohen Breiten nicht mehr den Hauptgegenstand der Polarexpeditionen bilden, sondern daß die Nationen sich zu gründlicher wissenschaftlicher Erforschung der leichter erreichbaren Gebiete hoher Breite die Hände reichen müßten. Dieses Verdienst, von dem Wettlauf nach dem Nordpol mit Erfolg abgerathen zu haben, gebührt unbestritten dem österreichischen Polarfahrer Weyprecht, welchen man auch seitdem fast allgemein als den Vater der gegenwärtigen neuen Aera der wissenschaftlichen internationalen Polarforschung bezeichnet hat.

Man muß indessen hier zwei Dinge genau aus einander halten, nämlich: die Einstellung der alten Methode und die Aufstellung des Planes der neuen gemeinsamen Forschung. Das Verdienst, die letztere zuerst angeregt zu haben, darf unser verdienstvoller Gelehrter, der gegenwärtige Director der deutschen Seewarte, Professor Neumayer, unbedingt für sich beanspruchen. Gerade an dem Tage, wo Weyprecht nach zwei Polarwintern, die er mit allen ihren Schrecknissen unter den furchtbarsten Eispressungen an Bord des „Tegetthoff“ durchlebt und durchlitten hatte, zu den Schlittenreisen Vorbereitungen traf, die das noch unbetretene Franz-Joseph-Land erforschen sollten, – gerade an dem Tage (am 25. Februar 1874) hielt Neumayer in Berlin einen öffentlichen Vortrag über das Thema: „Die geographischen Probleme innerhalb der Polarzonen, in ihrem inneren Zusammenhange beleuchtet.“ Aus diesem Vortrage, der in den „Hydrographischen Mittheilungen“ Nr. 7 vom 4. April 1874 abgedruckt ist, citire ich wörtlich folgende Stelle:

„So hätte ich Ihnen denn im Norden, wie im Süden, auch die Wege bezeichnet, welche die größte Wahrscheinlichkeit für eine erfolgreiche Bearbeitung der Probleme, die ich in ihrem inneren Zusammenhange zu beleuchten hatte, darbieten. Ich habe in den behandelten Punkten ein Gewicht auf die Gleichzeitigkeit der Forschungen gelegt und bin, von solchen Gesichtspunkten geleitet, auch der Ansicht, daß auf den bezeichneten Wegen gleichzeitig und im Einklange, das heißt in gemeinsamer wissenschaftlicher Organisation, vorangegangen werden müßte, um im Herzen der Polarregionen, in Observatorien, die während einer längeren Periode in Thätigkeit zu sein hätten, die verschiedenen Aufgaben der Physik unserer Erde zu bearbeiten. Für diesen Zweck aber ist es wichtig, daß der richtigste, der ergiebigste Moment gewählt werde, und als solcher steckt sich die nächste Maximalperiode magnetischer Thätigkeit und der Polarlichterscheinung 1881 bis 1882 sofort dar, welche zugleich auch sehr heranrückt an die Zeit der zweiten Wiederkehr des Vorüberganges der Venus vor der Sonnenscheibe in unserem Jahrhundert, welcher in hohen südlichen Breiten mit Vortheil beobachtet werden kann. Wollen wir hoffen, daß alle gebildeten Nationen alsdann ebenso, wie sie sich jetzt rüsten, um in gegenwärtigem Jahre einer großen wissenschaftlichen Pflicht zu genügen, zur Förderung unserer Probleme sich rüsten werden!“

Auf der Naturforscherversammlung zu Graz, im Herbst 1875, nahm die Idee der neuen Forschung eine bestimmtere Form an, indem der damals sehr gefeierte Weyprecht sich zum Verkündiger des neuen Planes machte, eine Reihe von internationalen wissenschaftlichen Beobachtungsstationen in den arktischen Gegenden anzulegen. Wohlbemerkt, dies war noch nicht das ganze wissenschaftliche Programm; denn es fehlte hierbei die Betonung der Nothwendigkeit einer gleichzeitigen Erforschung des antarktischen oder Südpolargebietes. Nichts war natürlicher, als daß der begeisterte Vorkämpfer für diese Idee, Neumayer, welcher bereits im Jahre 1854 in einer Eingabe an das Cabinet des damaligen Königs von Baiern auf die Wichtigkeit der Erforschung des Südpolargebietes – mit Melbourne Observatory als Basis – aufmerksam gemacht hatte, die Aufnahme der Südpolarforschung als einen integrirenden Theil des Programms empfahl und dieses auch durchzuführen wußte, wie denn Weyprecht selbst diese Priorität Neumayer’s späterhin stets offen anerkannt hat. Nachdem der Plan auf dem internationalen Meteorologencongreß 1879 besprochen worden, wurde er noch in demselben Jahre auf der ersten internationalen Polarconferenz in Hamburg unter Neumayer’s Vorsitz programmmäßig durchberathen und erhielt dann 1880 in Bern und 1881 in St. Petersburg unter Vorsitz des gegenwärtigen Directors der internationalen Polarconferenz, Professor Wild, seine definitive redactionelle Fassung, in der er gegenwärtig von den betheiligten Nationen angenommen worden ist und ausgeführt werden soll.

Die dritte internationale Polarconferenz in St. Petersburg war von zehn Delegirten der Staaten Dänemark, Frankreich, Norwegen, Holland, Oesterreich, Rußland und Schweden besucht, von welch letzteren nur Frankreich und Holland ihre definitive Theilnahme noch nicht zugesagt hatten, während von Rußland und den Vereinigten Staaten von Nordamerika Zusicherungen für die Besetzung von je zwei Stationen vorlagen. Deutschland war leider nicht vertreten, da bei uns eine Betheiligung von Reichswegen vorläufig wegen mangelnder Fonds durch den Reichskanzler abgelehnt worden war.

Auf der Petersburger Conferenz ergab sich als ganz gesichert die Besetzung einer Reihe von Punkten, deren Gruppirung um den Nordpol den Lesern der „Gartenlaube“ durch das diesem Artikel beigefügte Kärtchen veranschaulicht wird. Wir finden da folgende Orte, an welchen Stationen errichtet werden sollen, durch schwarze Punkte angedeutet: Point Barrow (A) an der Nordküste von Nordamerika und Lady Franklin-Bai (C), hoch im Norden, in der Mitte des zweiundachtzigsten Breitegrades, beim Robeson-Canal, durch die Vereinigten Staaten von Nordamerika; ferner Upernavik (D) in Westgrönland durch Dänemark; Insel Jan Mayen bei Island (F) auf Kosten des Grafen Wilczek durch Oesterreich; die Mossel-Bai auf Spitzbergen (G) auf Kosten des Kaufmanns O. Smith in Stockholm durch Schweden; Bossekop bei Alten im äußersten Norden Europas (H) durch Norwegen; die Lena-Mündung (L) auf Kosten der Kaiserlich Russischen Geographischen Gesellschaft durch Rußland; die Möller-Bai auf Nowaja-Semlja (J) und Port Dickson an der Ob-Mündung (K) durch Rußland oder Holland. Ferner galt als wahrscheinlich die Besetzung von Fort Simpson in Canada (B) durch Canada, während deutscherseits später die Pendulum-Insel (E) auf der Ostküste von Grönland in’s Auge gefaßt wurde. Was die Errichtung von Stationen am Südpol anbelangt, so sind bis jetzt nur die Besetzung von Cap Horn durch Frankreich und der Süd-Georgien-Insel durch Deutschland beabsichtigt worden.

Im deutschen Reiche begann inzwischen die Lage der Dinge sich günstiger für das Unternehmen zu gestalten, als bis dahin. Das Reichsamt des Innern ernannte im December 1881 eine deutsche Polarcommission, und außerdem wurde im Etat des Reichsamtes des Innern für das Etatsjahr 1882 bis 1883 die Summe von 300,000 Mark als Kosten der Betheiligung des Reichs an internationalen Polarforschungen festgesetzt.

Die deutsche Polarcommission beschloß, daß von Deutschland eine arktische Station, womöglich im Gebiete des Atlantischen Oceans, und mindestens eine antarktische Station zu besetzen sei. [148] Für die Südhemisphäre wurde Süd-Georgien und für die Nordhemisphäre die Pendulum-Insel auf der Ostküste von Grönland in’s Auge gefaßt. Der letztgenannte Punkt ist indessen wieder in Frage gekommen, da er wegen der furchtbaren Vereisung des ostgrönländischen Meeres ohne ein besonderes Expeditionsschiff schwer zu erreichen sein dürfte und zur Erbauung eines solchen Zeit und Geld fehlt. An Stelle von Ostgrönland ist neuerdings einer der Punkte links oder rechts von der Davis-Straße respective Baffins-Bay vorgeschlagen worden.

Betrachten wir nunmehr das wissenschaftliche Programm für die internationalen Polarexpeditionen, wie dasselbe endgültig in St. Petersburg festgestellt worden ist! Der Zweck des Unternehmens ist die Erforschung der physikalischen Verhältnisse überhaupt, speciell aber der meteorologischen und erdmagnetischen Erscheinungen der Polargebiete und der unmittelbar an dieselben angrenzenden Zonen der Erde nach einem gemeinsamen durch internationale Uebereinkunft festzusetzenden Plane. Die Beobachtungen erfolgen, um ihre Sicherheit zu erhöhen, in besonders erbauten festen Observatorien; sie werden mindestens alle Stunden ausgeführt und umfassen ein volles Jahr vom August 1882 bis 1. September 1883; sie geschehen auf allen Stationen nach demselben Plane und theilweise auch zu absolut gleichen Zeitmomenten, damit man den Eintritt und die Fortpflanzung der magnetischen Störungen verfolgen kann. Die Beobachtungen werden eingetheilt in obligatorische, welche als das Minimum des von allen Expeditionen zu Fordernden anzusehen sind, und in facultative, also freiwillige. Zu den obligatorischen gehören stündliche magnetische und meteorologische Beobachtungen, also Bestimmungen der Temperatur der Luft, des Meereswassers, des Luftdrucks, der Feuchtigkeit der Atmosphäre, des Windes, der Wolken, des Niederschlags, wie überhaupt des Wetters; ferner Bestimmungen des Erdmagnetismus und der Polarlichter.

Die am Nordpol projectirten Stationen der internationale
Polarexpeditionen in den Jahren 1882–1883.

A und C Stationen der Vereinigten Staaten von Nord-Amerika, B englische, D dänische, E deutsche, F österreichische, G schwedische, H norwegische, J holländische Station, K und L russische Stationen.

Am ersten und fünfzehnten jeden Monats ist sogenannter „Termintag“, an welchem auf allen Stationen „von Mitternacht zu Mitternacht Göttinger Zeit“ verschärfte Beobachtungen stattfinden werden. Die Lesungen der magnetischen Elemente geschehen während dieser vierundzwanzig Stunden von fünf zu fünf Minuten, außerdem während einer vollen Stunde nach je zwanzig Secunden. Aber die Beobachtungen an den Termintagen werden sich nicht ausschließlich auf die Polarstationen selbst erstrecken, sondern es sind nach einem Petersburger Beschluß Schritte gethan, daß während der Dauer der Polarexpeditionen und ihrer Beobachtungen auch die sämmtlichen meteorologischen und magnetischen Observatorien der Welt und ebenso die Handels- und Kriegsmarine der verschiedenen Nationen durch sorgfältigere Beobachtungen atmosphärischer und magnetischer Erscheinungen die Thätigkeit der Polarexpeditionen vorzugsweise während der Termintage vervollständigen und daß an den Termintagen und zur Zeit magnetischer Störungen die elektrischen Ströme in den Telegraphenleitungen überall speciellerer und sorgfältigerer Untersuchung unterworfen werden.

Das großartig vereinbarte Unternehmen hat bereits einen glücklichen Anfang zu verzeichnen, indem die beiden amerikanischen Stationen bereits im Sommer 1881 besetzt worden sind. Hochinteressant ist die äußerst glückliche Fahrt, welche die zur Besetzung der Lady Franklin-Bay bestimmte Expedition gemacht hat. Die Errichtung der Station geschah sofort nach der Landung. Die unter Lieutenant A. W. Greeley stehende „Colonie“ gedenkt, wenn der erste lange Winter glücklich überstanden sein wird, ein oder zwei Grad weiter nordwärts eine Tochtercolonie anzulegen, hierselbst den zweiten Winter zuzubringen und im darauffolgenden Sommer möglichst den Nordpol zu erreichen; jedenfalls die vom Capitain Nares in den Jahren 1875 und 1876 erreichte nördliche Breite von 83° 201/2’, die nördlichste Grenze, zu welcher bis jetzt die Polarforscher vorgedrungen waren, zu überschreiten.

Was nun unser deutsches Reich betrifft, so hat die deutsche Polarcommission, deren Präsident Director Neumayer ist, eine Executivcommission ernannt, welche Anfang Februar 1881 eine mehrtägige Sitzung in Hamburg abgehalten hat. Den Berathungen zufolge sollen die Baulichkeiten jeder der beiden deutschen Stationen aus einem Wohnhaus und zwei Observatorien bestehen. Das Personal jeder Station setzt sich zusammen aus einem Gelehrten mit praktischer Erfahrung im Beobachten als Vorsteher der Station, aus einem Stellvertreter des Vorstehers und Leiter der magnetischen Arbeiten von gleicher Befähigung, aus drei Assistenten für den magnetischen Theil des Beobachtungsprogramms, aus zwei Assistenten für den meteorologischen Theil des Beobachtungsprogramms, aus einem Mechaniker, welcher sich auch an den Beobachtungen zu betheiligen hat, und aus drei Seemännern für Küche, Haushalt, Tischlerei, Zimmermannsarbeit und Bedienung. Die Ausstattung an Instrumenten ist eine ausgezeichnete. Aber mit dieser rein meteorologischen und magnetischen Forschung ist das umfassende Gebiet der wissenschaftlichen Eroberung der Polarländer durchaus nicht abgeschlossen. Deshalb hat Director Neumayer durch ein Circulair vom 10. Januar 1882 den bei der Polarforschung noch außerdem interessirten wissenschaftlichen Instituten und Gelehrten Deutschlands Mittheilung über den Stand der Frage gemacht und sie zu Aeußerungen darüber veranlaßt, welche weiteren Zwecke, außer den bereits als obligatorisch festgesetzten, sie zu vertreten wünschten, welche Geldmittel, respective Apparate von ihrer Seite hierzu zur Verfügung gestellt werden könnten, eventuell welche Personen sie für die Theilnahme an den Expeditionen zur Ausführung ihrer speciellen Wünsche in Vorschlag bringen würden. Dieser Theil der Polarforschung befindet sich noch im Stadium der Vorbereitung, und gedenken wir darauf noch zurückzukommen.




  1. Die Erdkugel ist bekanntlich so stark mit Magnetismus geladen, daß sie als ein Magnet gelten kann. Als solcher aber muß sie, wie jede Magnetnadel, zwei magnetische Pole, den magnetischen Nordpol und den magnetischen Südpol, besitzen. Der eine von ihnen liegt im nordamerikanischen Eismeer, in der Nähe der Insel Melville, der andere im südlichen Eismeer südlich von Neuholland. Auf diesen Polen nimmt die freihängende Magnetnadel eine verticale Stellung ein.