Die segensreiche Institution der Knabenhorte oder Knabenheime
[796] Die segensreiche Institution der Knabenhorte oder Knabenheime, auf welche wir zu Anfang dieses Jahres in einem ausführlichen Artikel („Der Knabenhort in München“ Nr. 2), hinwiesen, greift immer weiter um sich. So ist jetzt vom Verein für Knabenheime eine zweite derartige Anstalt in der Südervorstadt Bremens errichtet worden. In derselben finden sich, wie der „Kölnischen Zeitung“ geschrieben wird, die Knaben jeden Nachmittag nach vier Uhr ein und erhalten zunächst eine Schale Milch mit Brod, wofür wöchentlich 40 Pfennig zu erlegen sind. Dann machen sie ihre Schularbeiten: wer früher fertig wird, liest oder zeichnet. Hierauf folgt theils allerlei Spiel, auch im Freien auf einem dazu bestimmten Platze, theils Arbeit im Garten oder in der Werkstatt. Die letztere hat der Volksbildungsverein, der hier den Anstoß zur Einführung des Handfertigkeitsunterrichts gegeben hat, mit Hobelbänken und anderen Geräthen ausgestattet. Neben der Tischlerei wird auch Pappen und Buchbinden getrieben. Gemeinsamer Gesang hilft dafür sorgen, daß das Knabenheim nicht in eine förmliche zweite Schule ausartet. Der Jugendlust soll in ihm nicht gewehrt, sondern nur eine solche Richtung gegeben werden, daß sie die Kräfte für den Kampf des Lebens erhöht und veredelt, anstatt sie zu untergraben oder in’s Wilde zu mißleiten, wie es bei wüstem Umhertreiben auf der Straße geschieht. – Diejenigen deutschen Städte, welche bis jetzt keine Knabenhorte besitzen, sollten mit der Errichtung derselben nicht länger säumen, denn je weniger verwahrloste Kinder wir haben, desto mehr brave Bürger werden in Zukunft das allgemeine Wohl fördern helfen.