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Duo, dreistimmig

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Textdaten
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Autor: Kurt Tucholsky
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Titel: Duo, dreistimmig
Untertitel:
aus: Das Lächeln der Mona Lisa, S. 352-355
Herausgeber:
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1929
Verlag: Rowohlt
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Erscheinungsort: Berlin
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Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: ULB Düsseldorf und Scans auf Commons
Kurzbeschreibung:
Erstdruck in: Weltbühne, 22. Dezember 1925
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Duo, dreistimmig


Götz von Berlichingen und der General Cambronne
(derselbe, der damals in der Schlacht von
Waterloo nicht gesagt hat wie im Heldengedicht:
„Die Garde stirbt, doch sie ergibt sich nicht!“

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Sondern er sagte nur schlicht:

 Merde!“) –
dieser General Cambronne und Götz von Berlichingen
     trafen sich neulich im Café und täten daselbst singen:

„Wir, die Nationalheiligen zweier Nationen,

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die man uns anruft, wo nur Franzosen und Deutsche wohnen,

haben uns hier pro Nase einen Mokka Dubel bestellt
und betrachten zur Abwechslung einmal den Lauf der Welt.“

Der Götz begann:
     „Was hältst du, Bruderherz, von den Demokraten,

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     die noch in jeden Wein ihr Wasser abschlagen taten,

 vorsichtig,
 umsichtig,

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 nachsichtig,

 kurzsichtig –

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     und liegen immer unten. Was hältst du davon –?“

 Merde –!“ sagte Cambronne.

Und fuhr fort:
     „Was aber hältst du, Bruder, von den preußischen Richtern,
     diesen Vollzugsbeamten von Denkern und Dichtern?

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     Wie sie nichts hören und nichts sehn – aber zuschlagen

     und um sich Jammer verbreiten und Klagen.
     Wie sie die Wehrlosen fangen in ihren Schlingen…?“
 „…!“ sagte der Götz von Berlichingen.

Und fuhr fort:

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     „Kennst du aber die uniformierten Burschen in allen Ländern,

     die in ihren bekleckerten Indianergewändern
     den nächsten Krieg vorbereiten? Mit dem Anspruch aufs Pantheon?“
 Ah Merde –!“ sagte Cambronne.

Und fuhr fort:

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     „Kennst du aber die Theaterdirektoren?

     Jedem ist gerade ein neues Genie geboren,
     und besiehst du dir näher die göttliche Ware,
     ists ein Genie vom vorigen Jahre.
     Haben einen Augenfehler: schielen auf die Kritik

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     und sitzen in einer Konjunktur-Fabrik.

     Wär gar nicht übel. Nur:
     es ist immer die falsche Konjunktur.

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     Wirr. Unzuverlässig. Ja, was können sie denn vor allen Dingen –?“

 Da sagte es der Götz von Berlichingen.

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Und fuhr fort:

     „Was hältst du aber hingegen von den Parlamenten?
     Mit ihren Kommissionssitzungen und ihren Re- und Korreferenten?
     Bruder, sag mir, ist es bei euch das gleiche
     wie in unserm republikanischen Kaiserreiche?

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     Das Ganze nennt man Demokratie –

     ist aber nur eine politische Schwerindustrie.
     Gut vor hundert Jahren. Heute: so alt, so alt –
     Kluge verlangen eine neue Staatengestalt.
     Dumme beharren bei ihrem kindlichen Eifer –

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     Habt Ihr auch sozialdemokratische Dudelsackpfeifer?

     Wir haben sie. Prost, lieber Bruder, du!
     Was sagen nur unsre respektiven Wähler dazu –?
     Pfeift das nicht alles auf dem vorletzten Loche:
 Demokraten,

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 Theater,

 Offiziere,
 Richter –
     Was sagen sie überhaupt zu dieser Epoche –?“

     Da standen beide auf: der Götz und der General Cambronne

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     und zogen laut rufend die Konsequenz davon.

     Jeder sagte seinen Spruch. Die Tassen bebten. Und allen schien,
     als werde hier einem Weltenwunsch Ausdruck verliehn…

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Merde –!“ sagte Cambronne. Und der andre der beiden Recken:

„Sag ihnen allen, sie könnten mich und so weiter beklecken!“

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An der Wand, ganz heimlich, in guter Ruh,

steht Theobald Tiger und gibt seinen Segen dazu.