Eberhard der Gütige

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Autor: Gustav Schwab
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Titel: Eberhard der Gütige
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aus: Gedichte. 1. Band, S. 337–339
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Erscheinungsdatum: 1828
Verlag: Cotta
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Erscheinungsort: Stuttgart und Tübingen
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Quelle: Google und Scans auf Commons
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[337]

Eberhard der Gütige

zu Göppingen am Brunnen.

Ach Graf, ihr seyd so bleich und krank,
Euch kann der kühle Felsentrank
Aus unserm Quell nicht heilen!
Nehmt Abschied euch von Berg und Flur,

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Und denkt an eure Seele nur,

Sie will von hinnen eilen!

Der Arzt mit traurigem Gesicht
Zum güt’gen Eberhard es spricht;
Mit Lächeln der es höret:

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„Dich lob’ ich, daß du ehrlich bist,

Doch hat mich noch zu dieser Frist
Die Warnung nicht verstöret.“

„„O schmäht nicht, Herr, die treue Kunst!““
„Nicht schmäh’ ich, doch des Himmels Gunst

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Gab mir ein bess’res Zeichen.

Wohl fertig bin ich längst zu gehn,
Doch eh’ zwei Dinge sind geschehn
Darf ich noch nicht erbleichen!“

„Du siehst mich an und gläubst mir nicht,

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So höre, was des Herrn Gesicht

Im Traume mir verheißen:

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Mir soll, eh’ läßt das blüh’nde Weib,

Die Nachbarin, den jungen Leib,
Das Lebensband nicht reißen.“

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Der Arzt blickt aus dem Fenster bang,

Es ruht die Straße breit und lang,
In öder Mittagsstunde,
Nur aus dem stillen Nachbarhaus
Ein grauer Priester wankt heraus,

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Und fleht mit leisem Munde.


Der Graf ermannet sich und spricht:
Verbergt mir, frommer Vater, nicht,
Wem habt ihr zugesprochen?
Da ruft ihm zu der ernste Greis:

35
Es hat ein jung und blühend Reis

Der Gärtner abgebrochen!

Und mit dem heil’gen Sakrament,
Und mit dem Docht, der zagend brennt,
Wankt so der Alte weiter:

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Doch ob der Arzt auch seufzt und schweigt,

Und sein betrübtes Antlitz neigt,
Des Grafen Blick ist heiter!

„Ja zarte Blumen welken bald!
Die Bäume stehn und werden alt,

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Drum bleib’ ich ungestorben!

Mein zweiter Traum mir treu verspricht,
Daß meiner Hütte Bau nicht bricht,
Eh’ daß ein Baum verdorben!“

[339]
„Siehst du dort in des Hofes Raum
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Den schlanken, mächt’gen Eichenbaum?

Er grünt vom Fuß zum Gipfel.
Das ist der zweite sich’re Spruch,
Ihr legt mich nicht in’s Leichentuch,
Eh denn verdorrt sein Wipfel.“

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Und sieh, der Sonne Schein vergeht,

Und sieh, die schwüle Windsbraut weht,
Am Himmel zürnt das Wetter,
Der erste Strahl der niederfährt,
Der hat den Eichenstamm versehrt,

60
Versengt ihm alle Blätter.


Der Graf hebt sich von seinem Sitz,
Er glaubt dem Donner und dem Blitz,
Er hört des Herren Stimme.
„Ich komme bald, ich bin bereit,

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Laß nur zur Beichte, Herr, mir Zeit,

Nicht ford’re mich im Grimme!“

Hin wankt er, wo der Quell sich rührt,
Vom Priester und vom Arzt geführt,
Zu beichten und zu lauschen.

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Er schlummert ein bei’m Sprudel hell,

Erwachend hört er dann den Quell
Des ew’gen Lebens rauschen.