Ein Beileidsschreiben

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor:
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Ein Beileidsschreiben
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 31, S. 496
Herausgeber: Ernst Keil
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1869
Verlag: Verlag von Ernst Keil
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite

[492] Ein Beileidsschreiben. Vor einigen Wochen empfing ein österreichischer Schriftsteller von einem der Thüringischen Fürsten einen Orden und vierzehn Tage später das nachfolgende Condolenzschreiben, das wir mit Weglassung aller Namen unseren Lesern mittheilen. Es lautet:

„Wenn wir uns Ihnen heute in ernster Stunde nahen, verehrter Herr und Freund, so geschieht es nicht etwa allein, um Ihnen unser herzliches Mitgefühl und Beileid zu bezeigen, sondern auch zu versuchen, Ihnen in dem schweren und schmerzlichen Fall, der Sie betroffen, Trost einzusprechen.

Noch klammern wir uns allerdings an eine schwache Hoffnung: die Nachricht stand blos in einer Illustrirten Zeitung, und die Möglichkeit liegt vor, daß sie nur ein falsches Gerücht gewesen. Sie wissen ja selber am besten, daß sich im Glück Niemand um den Andern bekümmert, Unglücksfälle aber immer gleich und ausführlich gemeldet und verbreitet werden.

Sollte es aber doch wahr sein, sollten Sie wirklich, wie uns versichert wird, den

***orden ?ter Classe

erhalten haben, dann freilich ist Hülfe nicht mehr möglich, und nehmen Sie in dem Fall hier wenigstens den warmen Händedruck treuer, mitfühlender Freunde.

Wir waren so glücklich in W–, lebten so sorglos und vergnügt in den Tag hinein – Alle mit reinem Herzen und Knopfloch, und hofften auch, daß wir uns dereinst so wiederfinden sollten: – es hat nicht sein sollen! – Aber erinnern Sie sich, daß wir Sie gewarnt. Wir haben es Ihnen vorhergesagt: nach dem Toast war er unvermeidlich! – „Man sagt, er wollte sterben.“

Es ist freilich ein schlechter Trost, wenn ich nur den Arm breche und ein Freund nennt es noch ein Glück und erzählt mir einen Fall, wo ein Bekannter von ihm den Hals gebrochen hat – aber selbst ein schlechter Trost ist besser als gar keiner, und wir verweisen Sie deshalb auf B– A–, dem – schon vor längerer Zeit sogar – der Piepvogel letzter Classe versetzt wurde, ohne daß er körperlich darunter gelitten hätte.

Je kleiner der Vogel aber, desto kleiner auch das Leid, und mit Ihrer gesunden Constitution ist es ja doch möglich, daß Sie es überstehen werden – nur hüten Sie sich vor Hofluft und zu leichter Kleidung – wie Frack und Glacéhandschuhe, denn solche Anfälle wiederholen sich manchmal und sind dann um so gefährlicher. Ja, wir kennen Beispiele, wo Menschen einen solchen Ausschlag über die ganze Brust und selbst an den Hals bekommen haben.

Aber das Unglück ist einmal geschehen; so tragen Sie es denn männlich (mit oder ohne Stern, wie Sie wollen – mit sieht aber hübscher aus) und seien Sie versichert, daß Ihnen aller Orten Freunde leben, die sich zwar nicht in eine solche Lage hineindenken können, aber doch recht gut begreifen und mit Ihnen fühlen, wie Ihnen jetzt etwa zu Muthe ist.

Damit zeichnen wir uns, verehrter Herr, als Ihre treuen und tief mit Ihnen empfindenden Freunde

hochachtungsvoll und unterthänigst  

G. D. und D.“ 
Sollte vielleicht Gerstäcker der Verfasser des Briefes sein? Einige Wendungen lassen es fast vermuthen.