Ein Erinnerungsblatt für die Opfer von Laon

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Titel: Ein Erinnerungsblatt für die Opfer von Laon
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aus: Die Gartenlaube, Heft 48, S. 832
Herausgeber: Ernst Keil
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Erscheinungsdatum: 1870
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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[832] Ein Erinnerungsblatt für die Opfer von Laon. Im Kugelregen, im Sturm der Schlacht den raschen Tod erleiden, – da es auf der Welt doch einmal gestorben sein muß – das nennt Jedermann einen seligen Tod, wie bittere Thränen auch den Gefallenen beweinen. Aber einem Mord erliegen, ahnungslos dem Leben plötzlich entrückt werden, das ist grauenvoll, das erschüttert unsere Seele, so oft wir an ein Opfer solcher Missethat gedenken.

Das Grauenvollste dieser Art in unserem furchtbaren Kriege vollbrachte der Teufel der Rachgier bei der Uebergabe von Laon am neunten September. – Die braven deutschen Soldaten, welche dort ihr Ende fanden, verdienen ein Erinnerungsblatt um so mehr, als auch ihnen die freudigen Ehren des Siegers gebührt hätten, die so manche Brust ihrer Kampfgenossen schmückt. Jetzt ruhen ihre zerschmetterten Glieder in der fremden Erde, wo Niemand einen Kranz auf ihre Gräher legt.

Wie äußerten sich über das Ereigniß die Franzosen, soweit die Presse den Geist derselben vertritt? Ohne die Untersuchung abzuwarten nahmen sie das Scheußlichste als wahr an und priesen es als heroische That. Wir haben schon so viel die Menschenwürde Beschämendes in dem unglücklichen Lande erfahren, Nichtswürdigeres noch nicht, als hier die Presse verbrochen hat. Sie setzt insgesammt – mit einer einzigen Ausnahme – voraus, der Commandant habe capitulirt, zuvor aber schon die Mine bereitet gehabt und die Preußen nur in der Absicht in die Citadelle gelockt, um sie in die Luft zu sprengen. Und einen solchen Act des niederträchtigsten Verrathes und der elendesten Hinterlist nennt die „Independance Belge“ möglichst frivol ein heroisches Auskunftsmittel; der „Electeur Libre“ ruft voll Begeisterung aus: „Wir schreiben mit Stolz den Namen des Generals Theremin und bedauern nur, daß wir nicht auch den Namen des einfachen Soldaten kennen, dieses unbekannten Heros, der das Feuer an das Pulver gelegt hat.“ – „Ein Land“ – stimmt die „France“ ein – „wo solche Thaten geschehen, wird nie der fremden Invasion sich beugen. Das Alterthum bietet nichts Größeres, die Geschichte des Commandanten von Laon wird zur Legende werden!“ – Und „Siècle“ vollendet den Triumphchor mit dem Aufruf: „Ehre diesen würdigen Waffenbrüdern der glorreichen Vertheidiger von Straßburg! Sie haben sich um die Republik verdient gemacht.“ – Armes Frankreich, wenn dein Volk nicht besser ist, als seine Presse! –

Nach dem Berichte des Herzogs Wilhelm von Mecklenburg, welcher selbst am Schenkel verwundet worden war, stellte sich der Verlust auf unserer Seite so heraus: ein Officier todt, acht Officiere verwundet, vierunddreißig Unterofficiere und Soldaten todt, dreiundsechszig Unterofficiere und Soldaten verwundet, sieben Pferde todt. Den Verlust der Mobilgarden (etwa vierhundert) und der Einwohner in der Stadt, deren der Citadelle zunächst liegender Theil stark zertrümmert war, schätzt man auf mehr als Siebenhundert. Die Schuld an dem großen Unglück so vieler Menschen wird auf einen Artilleristen geworfen, der schon einige Tage vor dem Heranrücken der Deutschen äußerte: „es sei möglich, daß man bald viel von ihm reden werde“ – und der seitdem verschwunden ist.

Unsere Todten sind begraben; sie ruhen beisammen und an ihrem rechten Flügel ein Fähndrich und der Hauptmann der Artillerie, Mann. Zum Gedächtniß Aller sei das Bildniß dieses einzigen Officiers der todten Schaar hierher gesetzt. Er erhalte das dankbare Andenken an die braven Männer, welche mit ihm in so grauenvoller Weise für das Vaterland gefallen sind.

Hauptmann Mann.