Zum Inhalt springen

Ein Heldengrab

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor: O.
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Ein Heldengrab
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 50, S. 851
Herausgeber: Ernst Keil
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1870
Verlag: Verlag von Ernst Keil
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite

[851] Ein Heldengrab. Es dürfte in unseren Tagen von Interesse sein, eines Grabes zu gedenken, welches vielleicht von Wenigen gekannt und noch weniger besucht ist, und dennoch schon ein halbes Jahrhundert existirt, von deutscher Treue und Standhaftigkeit zu zeugen.

Als 1813 die Niederlausitz unter dem Drucke französischer Herrschaft seufzte, desertirten fünf von den Franzosen gefangen genommene Westphalen (K. Mocke, H. Menke, F. Kersick, J. Westphal, A. Brenner). Sie wollten über die Grenze, um zu ihren deutschen Brüdern zu stoßen. In der Gegend von Cottbus machten sie Halt, den Pferden die nöthige Ruhe und Nahrung zu gönnen, als sie sich plötzlich von französischen Reitern umzingelt sahen. Ein Bauer aus Dissen, einem Dorfe bei Cottbus, hatte den Verräther an ihnen gemacht, an eine Flucht war nicht zu denken, und zum zweiten Male wanderten die braven Westphalen in die Gefangenschaft.

Nach dem Kriegsgesetze werden bekanntlich Deserteure erschossen.

Geht man, von Cottbus aus nördlich, an der Goyatzer Pferdebahn entlang, so kommt man zu der Stelle, wo die fünf Wackeren ihre That mit dem Leben büßen sollten. Eine zahlreiche Menschenmenge wohnte dem traurigen Acte bei, und noch leben in Cottbus Leute, welche die Execution mitangesehen haben.

Vier lagen hereits von Kugeln durchbohrt am Boden, da sprengte auf schaumbedecktem Roß ein Reiter heran, in der einen Hand die Begnadigung vom Kaiser haltend. Noch steht der Letzte, der eines Goldschmieds Sohn gewesen sein soll, als ihm seine und seiner Cameraden Begnadigung gebracht wird. Aber seine vier Genossen liegen todt vor ihm, er blickt auf sie nieder, sein Auge leuchtet stolz auf und: „So wie diese hier für’s Vaterland gestorben sind, so will auch ich mit ihnen in den Tod gehen,“ ruft er, und von feindlichen Kugeln sinkt auch er todt zusammen.

Jetzt bezeichnet ein einfaches Denkmal den denkwürdigen Ort. Akazien, Birke und Gesträuch fassen die Gräber der fünf Gefallenen ein. Als ich jüngst die Stelle besuchte, fand ich dort einen vertrockneten Eichenkranz und auf dem einen der Gräber einen Blumentopf. Das Kreuz war mit den Namen von mehreren Soldaten aus Westphalen beschrieben, welche das Grab ihrer Landsleute besucht hatten.

Auf der Vorderseite des Kreuzes befinden sich in lateinischer Schrift folgende Worte:

„Ruhestätte

der unter französischer Herrschaft am 16. Juli 1813 hier

erschossenen Krieger aus Westphalen“

Der Stein trägt die Namen der Erschossenen, wie ich sie oben angegeben, während auf der Rückseite des Kreuzes zu lesen ist:

„Liebe zum Vaterlande war ihr Tod.
Gesetzt von den Bewohnern der Stadt Cottbus und Umgegend. 1845.“

Der Stein selbst wieder ist mit den Worten geschmückt:

„Und schmücken Euch auch keine Ruhmeshallen,
Für Deutschlands Freiheit seid auch Ihr gefallen.“
Schließlich mag noch erwähnt werden, daß der verrätherische Bauer später ein Schicksal erfuhr, in welchem das Gerechtigkeitsgefühl des Volkes das wohlverdiente Strafgericht sah. Früher sehr wohlhabend, verarmte er allmählich derart, daß er am Ende seines Lebens hat betteln gehen müssen.
O.