Ein Prinz und Maler Indiens
Von Friedrich Hofmann.
In einem Zimmer des sogenannten Cavalierhauses zu Gotha saßen zwei junge, im Anfang der glücklichen Dreißig stehende Männer, der eine ein Verwandter, beide Gäste des Herzogs, beim gemeinsamen Frühstück. Ein Kenner militärischer Sitte würde in dem fürstlichen verwandten, an dessen Haltung und namentlich an dem in morgentlicher Ungezwungenheit lang herabhängenden Schnurrbart, der offenbar bestimmt war, gerade gedreht und steif gewichst, eine Freude ungarischer Husaren zu sein, ebenso leicht den österreichischen Officier, wie Jedermann im Andern an Farbe und Form des Gesichts und der orientalischen Hauskleidung auf den ersten Blick das Kind des fernen Morgenlandes erkannt haben. Im Zimmer deuteten Staffelei, Palette, halbfertige Bilder, Cartons und Skizzen aller Art an, daß man hier ernstlich der Kunst huldige.
So war es auch, und zwar von Seiten beider junger Männer; nur begnügte sich der Officier mit einer dilettantischen Pflege seines schönen Talents, während der Orientale für seine geniale Begabung die bildenden Meister in Paris und Dresden gesucht und durch seine Werke schon damals die Beachtung der Kunstwelt [395] gefunden hatte. Gehören die Bilder desselben zu den Schmuckstücken jeder Sammlung, fesseln sie den Laien durch die Wahl des Stoffs, wie den Künstler durch die Kraft und Treue der Ausführung, so mußten sie noch weit höheres Interesse bei dem gewinnen, welcher die eigenthümliche Art der Entstehung vieler seiner Gemälde beobachten konnte. Er modellirt nämlich, wie sein Freund uns erzählte, sich meisterhaft die Figuren seiner Bilder und zeichnet dann darnach, und wenn dies geschehen ist, knetet er die herrlichen Modelle zusammen und wirft sie in einen Winkel. Welche Reihe plastischer Kunstgebilde ist so durch die wunderliche Bescheidenheit eines Künstlers verloren gegangen, der sie der Erhaltung wohl nur deshalb nicht für werth hält, weil sie für die von ihm mit ganzer Seele gepflegte Kunst der Malerei ihm nur als Hülfsmittel dienen.
Während die Freunde noch am Frühstückstisch traulich beisammen saßen, schwänzelte der Liebingsdachs der Frau Herzogin Alexandrine ins Zimmer. „Da fiel es ihm ein, ihn zu modelliren, und zwar in aufwartender Stellung. Ich mußte ihn dazu halten, und unter vielem Lachen und Scherzen ward das Werk vollendet. Wie gewöhnlich wollte er das reizende Modell, nachdem es diesmal zur Unterhaltung seine Dienste geleistet, zerdrücken und in den Winkel werfen; ich fing ihm aber die Hand und eroberte es, und so prangt nun das Dächschen in Gyps und Bronze ausgeführt auf den Schreibtischen vieler seiner Freunde – als das einzige gerettete Zeugniß einer Kunstfertigkeit, das um so mehr das viele Verlorene bedauern läßt. Ich lege Ihnen eine kleine Zeichnung der Scene bei, vielleicht eignet sie sich zu einer Illustration.“ Diese Zeilen müssen den Leser von der Treue unseres vorstehenden Bildes um so mehr überzeugen, als sie beweisen, daß es von derselben Hand herrührt, die das Dächschen schmeichelnd still hielt. Der Modelleur des Hündchens ist der berühmte Morgenlands-Landschaften- und Thiermaler Radhen Saleh aus Java und sein Freund der kaiserliche Husarenmajor Graf Arthur Mensdorff-Pouilly (jüngster Bruder des jetzigen Ministers von Oesterreich), der, nachdem er unter Radetzky in allen Schlachten und Gefechten des damaligen italienischen Kriegs mitgekämpft, nun in einem der lieblichsten Thäler Steiermarks dem Glück des stillen Heerds, dem Studium und dem Genuß der Natur und der Uebung der Kunst lebt.
Radhen (das ist: der Sohn eines der ehemals unabhängigen Fürsten auf Java, also so viel wie unser Prinz) Saleh ist im Mai 1816 zu Djokjokarta geboren. Die Engländer, welche 1811 Herren der Insel geworden waren, hatten die bis dahin unabhängig gebliebenen Fürsten geschont; im Geburtsjahre Saleh’s kehrten die Holländer zurück und betrieben fortan die Ausbreitung ihrer alleinigen souverainen Macht über die gesammte Bevölkerung der Insel ziemlich energisch. Saleh’s Vater scheint mit am längsten dem holländischen Andrang widerstanden zu haben, wie wenigstens aus der heiteren Seelenstimmung zu schließen ist, von welcher sein Sohn gar Ergötzliches dem Freunde mitgetheilt hat.
„Mein Vater,“ so erzählte Radhen Saleh dem Grafen Arthur Mensdorff, „war stets mit Wissenschaften beschäftigt und ein großer Gelehrter, und er stand deshalb in Relation mit vielen anderen Gelehrten unseres Volks. Da kam denn einst ein sehr gelehrter Mann, der viel mit meinem Vater verhandelte, ohne daß ich ihn je zu Gesicht bekam. Eines Morgens ließ mein Vater mich rufen und sagte zu mir: ‚Du wirst von nun an täglich zu meinem gelehrten Freund gehen, und er wird Dich den Koran singen lehren.‘ Ich war entzückt, nicht über die Aussicht auf den Singunterricht, sondern über die Gelegenheit, mich nun selbstständig außer dem Hause herumtreiben zu können. Mein Debüt bei den Gassenbuben war, daß ich mir von einem derselben eine Laus geben ließ, und diese mußte mit einer Ameise kämpfen. Das ist eines der interessantesten Thiergefechte, die man sehen kann. So trieb ich’s denn alle Tage, hatte bald eine Schaar von Vasallen unter den Straßenkindern und ging eben nie zu dem Gelehrten. Nachdem ich hübsch lange in dieser Art meine Freiheit genossen hatte, rief mich eines Tagen mein Vater, legte mir sehr ernst und stillschweigend den Koran vor und sagte dann: ‚Singe!’ Einen Augenblick ward mir höchst unheimlich zu Muthe, aber ich besann mich schnell, suchte in meinem Gedächtniß nach Melodien, die ich von den Gassenkindern gehört, und sang frischweg nach diesen profanen Tönen die heiligen Worte des Koran. Mein Vater betrachtete mich mit Zufriedenheit und sagte: ,Du hast nun nicht mehr nöthig zu dem Gelehrten zu gehen und kannst bei Hausandachten den Koran vorsingen.’ So schien mein Unrecht heimlich zu bleiben. Aber siehe, da kam eines Tags der Gelehrte wieder auf Besuch zum Vater, der ihn nun mit Lobsprüchen und Danksagungen über den Eifer und Erfolg überhäufte, mit dem er mich so schön den Koran singen gelehrt. Nun wurde es mit einmal offenbar, daß der Gelehrte mich noch gar nicht gesehen hatte. Also sollte die Strafe doch nicht ausbleiben. Mein Vater rief mich, ließ mich an eine Säule binden und gebot meiner Schwester, mir Hiebe auf den bloßen Rücken zu geben. Sie fing aber an zu weinen und sträubte und weigerte sich so sehr dagegen, daß mein Vater dem ältesten Sclaven befahl, statt ihrer die Strafe an mir zu vollziehen. Aber auch dieser wollte mich nicht schlagen, sondern berührte mich nur ganz leicht mit der Peitsche. Da sprach mein Vater zu dem Gelehrten: ‚Sie sehen selbst, dieser kleine Kerl ist so böse, daß ich Niemanden finde, der ihn schlagen möchte. Ich denke, wir schenken ihm die Strafe und den Gesang dazu.’ – Ich wußte freilich vorher, daß es nicht gar schlimm werden würde, da die Schwester und die Sclaven mich sehr lieb hatten und der Vater so gut war.“
Wie bescheiden im Umgang mit der abendländischen Gesellschaft Radhen Saleh auch stets sich zeigte, so wahrte er doch, wie jeder tüchtige Mensch, seinen Nationalstolz. Er rühmte sich gern seiner rein arabischen Abkunft und verbarg ebendeshalb die nationale Geringschätzung nicht, die er gegen die Chinesen wegen ihrer niedrigen und eigennützigen Eigenschaften hegte. Wie schon im Knaben dieser Stammesstolz gegen die Chinesen sich äußerte, darüber erzählte er dem Grafen Arthur Mensdorff eine andere Geschichte, die nicht weniger ergötzlich ist, als die erste. Sie lautet:
„Ein chinesischer Gelehrter kam nach Djokjokarta und machte meinem Vater seine Aufwartung. Da derselbe einen kleinen Sohn hatte, so nahm mein Vater, als er dem Chinesen den Gegenbesuch abstattete, auch mich mit. Während die Männer im Hause sich besprachen, spielten wir Kinder im Hofe. Da ward ich plötzlich eines abscheulichen, dickbäuchigen Götzen gewahr, der unter einer Art Tempelchen im Eck des Hofes stand. Ich zeigte mit dem Finger darnach und frug den kleinen Chinesen, was das für ein garstiger Kerl sei. Dieser aber wurde ganz bleich vor Angst und schrie: ‚Zeige nicht nach ihm, sonst wird Dir der Arm steif, denn das ist ein sehr grimmiger Gott!’ Das mußte ich doch untersuchen, und so ging ich nun auf den dicken Pagoden zu, zeigte einmal mit dem linken, einmal mit dem rechten Arm nach ihm, indem ich immer dem kleinen Chinesen zurief: ‚Siehst Du, mein Arm ist noch nicht steif!’ Je näher ich aber dabei dem Götzen rückte, desto höher stieg die Angst des Chinesen, und als er sah, daß ich Anstalt machte, dem Pagoden ein paar Ohrfeigen zu geben, floh er unter einem Zetergeschrei zu seinem Vater. – Ich hatte mich indessen mit wahrer Herzenslust über den Dicken hergemacht, ihn derb abgeprügelt, von seinem Sitz geworfen und kugelte ihn eben im Hofe herum, als mein Vater und der gelehrte Chinese herzukamen. Mein Vater verwies mir mit einem Gesichtsausdruck, in welchem wenigstens ich ein Lächeln erkennen konnte, mein respectwidriges Benehmen gegen den fremden Gott und ließ mich sogleich fortführen. Als er nach Hause kam, mußte ich ihm den ganzen Vorgang erzählen, und er lachte herzlich darüber.“
Wir wissen nicht, ob die Kindheit Saleh’s so heiter endete, wie sie nach diesen Erzählungen gewesen sein muß. Sein Vater konnte der Macht der Holländer nicht länger widerstehen, auch er mußte sich ihnen unterwerfen; aber der Kummer über den Verlust der Ehre der Selbstständigkeit soll ihm am Leben gezehrt haben, so daß er bald darauf starb. Sicher ist dagegen, daß Radhen Saleh in seinem vierzehnten Jahre nach Holland kam und daß er von 1830 an fast dreiundzwanzig Jahre in Europa blieb.
Es lag offenbar im Interesse der holländischen Regierung, unter den jungen Abkömmlingen der geachtetsten Fürstenhäuser die Begabtesten auszuwählen und in ihnen ein europäisch gebildetes, willfährigeres Geschlecht zu erziehen. Sie sparte für diesen Zweck keine Kosten, und so wurde denn Radhen Saleh mit allen Mitteln versehen, um fürstlichen Ansprüchen zu genügen. Er widmete sich im Haag der Kunst und dem Studium europäischer Sprachen. Im Holländischen, Französischen und Deutschen brachte er es zu seltener Fertigkeit, wenn es auch im Eifer der Rede bisweilen geschah, daß er irgend einen Ausdruck aus der Sprache nahm, in welcher er ihm zuerst beifiel, einerlei, in welcher er eben conversirte.
[396]In der Malerei nannte er sich selbst einen Schüler des Horace Vernet. Man möchte daraus schließen, daß er längere Zeit in Paris verweilt habe, ehe er, von der Liebe zur Kunst fester, als die holländische Regierung berechnet hatte, an Europa gefesselt, sich entschloß, zu seiner weiteren Ausbildung nach Deutschland zu gehen.
Die Regierung gewährte ihm gern seinen Wunsch, gab ihm Mittel und Empfehlungen seines Ranges würdig, und so zog er denn nach Dresden. Ausflüge nach Berlin und Wien abgerechnet, verweilte er in der königlich sächsischen Residenz- und Kunststadt volle acht Jahre. Man kam ihm dort mit der Rücksicht und Theilnahme entgegen, die er in jeder Beziehung verdiente, denn höher, als den Reiz des Fremdländischen und Fürstlichen, schätzten Alle, die ihm näher treten konnten, die Klarheit und Erhabenheit seines Geistes bei der Reinheit und Kindlichkeit seines Gemüths – und diese vortrefflichen Eigenschaften öffneten ihm die Herzen der Künstler bis zu den hervorragendsten Leitsternen der Akademie hinauf und die Thüren vieler Familien von Auszeichnung, so namentlich das Haus des hochverdienten Majors Serre auf Maxen und selbst den königlichen Hof. Den innigsten Freundschaftsbund aber schloß er dort mit dem Herzog (damals noch Erbprinzen) Ernst von Coburg-Gotha; beide junge Männer von gleich regem Geist, gleicher ritterlicher Lebensrüstigkeit und gleichem Kunststreben schlossen sich so eng aneinander an, daß sie sogar ein gemeinschaftliches Atelier besaßen.
Als Erbprinz Ernst nach Coburg zurückkehrte, folgte Radhen Saleh einer Einladung des Leipziger Kunstmäcen Schletter. Saleh’s berühmtestes Dresdener Bild, der „Anfall eines Löwen auf ein Pferd, das mit ihm in einen Abgrund stürzt, während der Reiter an einem Aste festgeklammert vielleicht sich rettet“, hatte Schletter’s sehr schätzenswerthen Beifall in einem Grade, daß ihm nach dem eigenen Besitz eines Gemäldes von Saleh verlangte. So entstand in Leipzig die „Stierjagd im Orient“, die jetzt ein schöner Schmuck des dortigen Museums ist. (Das Bild hängt im rechten Eckzimmer nach der Augustusplatzseite über der Thür, leider nicht in günstigem Licht und für die Größe der Figuren zu hoch.) Nach etwa einjährigem Aufenthalt in Leipzig folgte Radhen Saleh endlich dem Freundschaftswinke des nunmehr (1844) zur Regierung gelangten Herzogs nach Coburg und Gotha, wo wir ihn Eingangs dieses Artikels mit dem Grafen Mensdorff bereits in treuem Seelenbund gefunden haben.
Der Aufenthalt am coburgischen Hofe scheint, nach der künstlerischen [397] Fruchtbarkeit zu schließen, Saleh’s glücklichste Zeit in Europa gewesen zu sein. Im freundschaftlichsten Verhältniß zu den Gliedern der Familie stehend und in fürstlichen Ehren gehalten, theilte er mit ihnen die Wohnung in all den reizenden Schlössern, die zu den Perlen der Natur und der Baukunst Thüringens und Frankens gehören: Gotha, Reinhardsbrunn, das Jagdschloß Oberhof, Coburg, Kallenberg und die Rosenau sahen den sinnigen, südlich lebhaften Künstler, und zwar stets mit dem Skizzenbuch in der Hand, abwechselnd (mit kurzen Unterbrechungen, namentlich im Jahre 1846, wo der Herzog mit seiner Gemahlin und dem Grafen Mensdorff nach Marokko reiste) als ständigen Gast bis zum Jahre 1849. Er begleitete die fürstliche Familie auf allen Jagden und Ausflügen und war der Liebling Aller, die mit ihm in nähere Berührung kamen; auch die Damenwelt war dem braunen Mann mit den geistreichen Augen sehr zugethan, mag sie auch nur von dem Ungewöhnlichen der Erscheinung angezogen worden sein.
Die meisten der in Coburg und Gotha vollendeten Bilder Saleh’s beschäftigen sich ebenfalls mit dem Jagdleben auf Java, mit der Tropennatur und haben groteske Staffagen. Sein werthvollstes Gemälde, im Besitze des Herzogs, stellt eine Jagd indischer Fürsten auf Hirsche im hohen Grase dar, wobei ein auf einem Büffel reitender Treiber von einem Tiger angefallen wird. Für den Grafen Mensdorff malte er eine Löwenjagd in der Wüste. Außer anderen indischen Thier- und Landschaftsbildern entstanden dort auch Seestücke und viele treffliche Portraits fürstlicher Familienglieder.
Ungern, ja schwer schied Radhen Saleh aus dem lachendgrünen, gemüthswarmen Thüringen, um vor seiner Heimkehr nach Java in Paris gleichsam noch einmal zu repetiren, was er an europäischer Kunst und Sitte gelernt hatte. Jedenfalls war dies mehr, als man in seiner Heimath wohl gut geheißen hätte. Er las einst dem Grafen Mensdorff einen Brief seines Oheims vor, in welchem dieser ihn streng verwarnt hatte, europäische Kleidung zu tragen oder gar von seinem Glauben abzufallen. – Saleh trug stets europäische Civilkleidung, nur bei besonderen Gelegenheiten und größeren Hoffesten erschien er in seiner orientalischen Tracht. Dagegen war er seiner Religion getreu, war Mohammedaner geblieben, discutirte aber sehr gern über kirchliche Fragen und besuchte fleißig christliche Kirchen jeden Bekenntnisses. Graf Mensdorff erzählt, daß Saleh während ihres Zusammenlebens in Gotha und Coburg jeden Morgen auf einem ausgebreiteten Teppich sein Gebet verrichtet und daß Saleh ihm oft gesagt habe, wie viel Mühe man sich gegeben, ihn zum Christen zu machen; „aber,“ fügte er hinzu – „eine Religion, die so wenig schöne Resultate liefert, wo Religionsstreit an der Tagesordnung ist, kann ich nicht als die meinige annehmen.“ In seinen Religionsgebräuchen war er so streng, daß er den bei Tafel neben ihm sitzenden Grafen Mensdorff einmal bat, ihn unter dem Tisch mit dem Fuße zu stoßen, wenn Schweinfleisch oder Etwas vom Schweine käme, damit er nicht davon esse. Wie er sagte, hatte er auch, wohl als Kind mit seinem Vater, die Wallfahrt nach Mekka vollbracht.
Wie fast alle Indier von zierlichem Körperbau und höchst gewandt zeigte sich Radhen Saleh als ebenso kühner Reiter wie leidenschaftlicher Jäger und erfindungsreicher Angler. Als ihm beim Angeln einmal der Köder ausging, riß er einem Jagdhund einige Schweifhaare aus und gestaltete aus denselben eine künstliche, so täuschend gelungene Fliege, daß er in der nächsten Minute eine Forelle damit fing. Das Staunen der Umgebung darüber erregte dann erst recht seine kindliche Verwunderung.
Saleh war nie in Italien und bezeigte große Lust, den Grafen Mensdorff, als dieser zu seiner damaligen Garnison in Florenz zurückkehrte, dorthin zu begleiten; die holländische Regierung schien dem Wunsch jedoch nicht günstig zu sein, und so ging er denn nach Paris, um von da über Holland um das Jahr 1853 nach Java zurückzukehren. „So heiter und voll köstlichen Humors er gewöhnlich war,“ – schreibt Graf Mensdorff, – „so traurig war er die letzte Zeit vor seiner Heimreise. Er vertrug unser Klima nicht und hatte Heimweh, obgleich er, wie er mir oft sagte, fürchtete, daß ihn die heimathlichen Zustände auch nicht viel heiterer stimmen würden, – „denn,“ sprach er, „wenn ich auch meine Bildung der holländischen Regierung, besonders dem König verdanke, was ich nie vergessen, nie mit Undank lohnen werde, so wird man mir doch verzeihen, wenn ich die tiefe Stufe der Cultur, auf der meine Landsleute stehen, sowie ihre Unterjochung stets betrauere.“
Wer gewinnt den Mann gerade um dieser Aeußerung willen nicht doppelt lieb? Ja: „er war von Gemüth einer der ausgezeichnetsten Männer, wahrhaftig und treu, voller ritterlichen edlen Gesinnungen, poetisch und kindlich orientalisch in seinen Auffassungen, bestimmt und wohlwollend in allen seinen Handlungen,“ – so charakterisirt ihn Herzog Ernst, dem dieser Artikel nicht nur viele werthvolle Notizen, sondern auch die Illustration verdankt, welche Radhen Saleh’s Landschlößchen auf Java darstellt. Die Worte, die Saleh den Herren der Novara-Expedition bei deren Besuche auf Java wiederholt zugerufen: „Ich habe Deutschland so Vieles zu danken, meine Gedanken und Gefühle sind immer in Deutschland!“ – diese Worte hat er hier in Stein ausgeführt, denn die liebe Erinnerung an das Bild Reinhardsbrunns ist in den gothischen Giebelwänden so wenig zu verkennen, wie im Altan und in den Altansäulen die an die Terrasse des Kallenbergs, seiner beiden Lieblingsplätzchen in Deutschland. – Nach einer Photographie, die er im vorigen Jahre an den Herzog nach Gotha gesandt und die uns mit vorgelegen, ist er sehr gealtert; dafür ist die Aehnlichkeit unseres Mensdorff’schen jugendlichen Portraits auch mit dem jetzigen Radhen Saleh uns um so erfreulicher gewesen.