Ein Vorschlag

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Textdaten
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Autor: M– H–.
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Titel: Ein Vorschlag
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 3, S. 52
Herausgeber: Ernst Keil
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1874
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[52] Ein Vorschlag. Wir erhalten aus Wien folgende Zuschrift, die wir vorläufig ohne alle Weiterbemerkung der Oeffentlichkeit übergeben.

Hochgeehrte Redaction!

Es ist leider eine unleugbare Thatsache, daß jedes Jahr die gräuliche Anarchie in der deutschen Orthographie größere, bedauerlichere Fortschritte macht; die Klagen der Erzieher, Professoren, Literaten sind nicht minder an der Tagesordnung als die Beschwerden des großen Publicums, welches fast bei jedem Autor, bei jeder bedeutenden Zeitung verschiedene, oft ganz willkürliche Systeme nicht nur der Orthographie, sondern auch zuweilen der Grammatik angewendet findet, ohne bisher eine Autorität als allein maßgebend in diesem Wirrwarr zu kennen.

Es ist wahrlich die höchste Zeit, daß dieser schnöde Makel von unserer herrlichen Sprache genommen und auch in dieser hochwichtigen Angelegenheit die Gemeinschaft, die Einigung des glorreichen Deutschlands angestrebt und errungen werde.

Wo es sich um die Ehre Deutschlands handelte, hat die „Gartenlaube“ stets mit Energie entweder selbst den Impuls gegeben oder es verstanden, zur Durchführung einer volksthümlichen Reform, kraft ihrer Verbreitung und ihres gewaltigen Ansehens, thatkräftigst mitzuwirken.

Ich glaube nur das Echo der meisten Ihrer Leser und Millionen Deutscher zu sein, wenn ich die Bitte vortrage:

„Die löbliche Redaction der Gartenlaube möge es für gut finden, mit consequenter Energie dahin zu wirken: daß seitens der kaiserlichen deutschen Reichsregierung eine Commission berufener Professoren und sonstiger Gelehrten, Mitglieder der Akademien etc. aus allen Stämmen (Universitäten) Deutschlands mit der Aufgabe betraut werde, mit thunlichster Beschleunigung eine endgültige, für alle Schulen Deutschlands streng maßgebende grammatikalisch richtige Orthographie aufzustellen, welche, wie es bei der Académie française und der bekannten Sprachreinigungsgesellschaft Crusea in Florenz der Fall war, unbedingte Gesetzkraft für alle öffentlichen Schulen im ganzen Reiche und bei allen Behörden zu erlangen hat.“

Vielleicht wäre auch dadurch eine Präcedenz gegeben zur Errichtung der schon so lang ersehnten allgemeinen deutschen Akademie.

Die kaiserlich-königlich österreichische Regierung, welche mehr als zwanzig Millionen deutsch sprechende oder wenigstens verstehende Einwohner zählt, wäre einzuladen, sich diesem Congreß und seinen Bestimmungen anzuschließen, und dürfte mit Freuden die Gelegenheit benützen, dem schauderhaften Chaos der Orthographie-Usancen in ihren Schulen ein Ende zu machen.

Genehmigen Sie die Versicherung meiner hochachtungsvollsten Ergebenheit.

Wien, 7. Januar 1874.

M– H–.