Zum Inhalt springen

Ein amerikanischer Cincinnatus

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor: unbekannt
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Ein amerikanischer Cincinnatus
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 38, S. 452
Herausgeber: Ferdinand Stolle
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1854
Verlag: Verlag von Ernst Keil
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite


[452] Ein amerikanischer Cincinnatus. Im Jahre 1814 wußte man in Süd-Carolina nicht, wen man zum Gouverneur wählen sollte. Es traten wohl Candidaten auf, aber nicht solche, wie man sie liebte. Man besprach sich deshalb mehrere Tage miteinander und doch wußte man keinen einzigen, für das Amt passenden Mann zu finden. Ein junger Mann, Namens O’Neall, fragte in dieser Verlegenheit, warum man nicht den General David Williams wähle? Kaum war der Name Williams ausgesprochen, als auch die ganze Legislatur rief: „Dies ist unser Mann!“

Der Wahltag kam und der General Williams wurde mit einer bedeutenden Mehrheit gewählt. Ein Bote wurde mit einem Briefe an ihn abgeschickt, um ihm seine Erwählung mitzutheilen. Nach einem scharfen Ritt kam der Botschafter an des Generals Wohnung im Marlborough-Distrikt an und fragte, ob der General zu Hause sei. Man sagte ihm, daß er sich auf seiner Plantage befinde, worauf der Bote sich dorthin auf den Weg machte, um dem General sobald wie möglich den Brief zu überreichen. Auf dem halben Wege begegnete ihm ein schöner Mann, welcher einen alten Kittel trug und ein Maulthier vor sich her trieb.

„Befinde ich mich auf dem Wege zur Plantage des General Williams?“ fragte der Bote.

„Ja, mein Herr, Sie haben noch eine Meile bis dorthin.“

„Ist der General zu Hause?“

„Nein, mein Herr.“

„Wo ist er?“

„Ich bin der General Williams.“ Der Bote schien dies nicht glauben zu wollen und rief: „Täuschen Sie mich nicht. Ich habe einen wichtigen Brief für General Williams, wenn dies Ihr Name ist; hier ist der Brief.“

Herr Williams öffnete den Brief und fand zu seinem Erstaunen, daß er ohne sein Wissen und Wollen zum Gouverneur von Süd-Carolina gewählt worden war. Er nahm den Boten in sein Haus und schrieb einen, Brief, um die Annahme der Wahl anzuzeigen und die Zeit zu bestimmen, in welcher er nach Columbia kommen werde. Der Bote kehrte zurück.

An dem festgesetzten Tage kurz vor zwölf Uhr kam ein Mann in einem Kittel in die Stadt geritten; er band sein Pferd an einen Baum und ging in das Kapitol, wo er eine große Menschenmasse versammelt fand. Nur wenige kannten ihn persönlich. Er setzte sich auf einen Stuhl und als der Glockenschlag die zwölfte Stunde anzeigte, stand der General auf und hielt eine meisterhafte Rede und versetzte die ganze Versammlung durch seinen Vortrag in Enthusiasmus. Einige Tage später trat er seinen Posten als Gouverneur an und es ist nur eine Stimme, daß er ein ausgezeichneter Beamter war.