Ein deutscher Dichter in Rom
[192] Ein deutscher Dichter in Rom. Unter der Ueberschrift „Meiner Mutter“ brachte die Gartenlaube in der ersten Nummer des laufenden Jahrgangs ein dem tiefsten Gemüth entsprossenes, durch anmuthsvolle Form und zarteste Innigkeit des Gedankens sich auszeichnendes Gedicht, von dem wir nicht mit Unrecht voraussetzen, daß es weit und breit die Herzen ergreifen und ein inniges Verständniß finden würde. Das Gedicht war einem eben ganz neu aus der Presse gekommenen Touristenbuche entnommen, auf das wir hiermit nachträglich unsere Leser aufmerksam machen wollen, da es zu dem Frischesten, Liebenswürdigsten und Gemüthreichsten gehört, was seit langer Zeit auf dem Gebiete der Reiseliteratur erschienen ist. „Römische Schlendertage von Hermann Allmers“ (Oldenburg, Schulze’sche Buchhandlung). Allmers hat nicht über Rom geschrieben, um ein Buch zu machen. Was er dort mit gebildetem Geist betrachtet, gedacht und erforscht, mit der seelenvollen Empfänglichkeit und dem frischen und hellen Auge des deutschen Poeten geschaut und beobachtet hat, das ist ihm während seines Aufenthaltes in einzelnen Tagebuchsnotizen, Aufsätzen und Dichtungen gleichsam auf’s Papier geflossen. Dadurch erhalten die Schilderungen einen Charakter anspruchsloser Originalität, einen Ton individueller Wärme und Lebendigkeit, der das ganze Buch, in welchem sie nun aneinandergereiht sind, ungemein anziehend und erquicklich macht. Der Inhalt ist ziemlich reich, vielseitig, nach mancher Seite hin auch bedeutsam durch Neuheit der Gegenstände und der Anschauung. Wir nennen in letzterer Beziehung z. B. nur die höchst interessanten Capitel „Der italienische Volkscharakter“, „Schutt und Scherben“, „Vegetationsbilder“, „Zwischen den Mauern“, „Eine vergessene Stadt“. Was Allmers schreibt, ist charakteristisch und vor Allem: es ist deutsch in jeder Faser des Denkens, Empfindens und des Ausdrucks.