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Ein deutscher Erzengel bei den Magyaren

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Textdaten
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Titel: Ein deutscher Erzengel bei den Magyaren
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 47, S. 792
Herausgeber: Ernst Keil
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Erscheinungsdatum: 1871
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[792] Ein deutscher Erzengel bei den Magyaren. Vor einiger Zeit wurde im Feuilleton der „Neuen freien Presse“ in Wien ein ungarisches Volksmärchen in einer launigen Form mitgetheilt, die wohl vom Zweck des betreffenden Artikels dictirt gewesen sein mag, aber vom naiven Ton des Originals nichts übrig behielt. Wir erachten es daher nicht für überflüssig, hier eine wörtliche Uebersetzung des in Rede stehenden Märchens mitzutheilen, wie es von den Ungarn in Siebenbürgen unter dem Titel „Die drei Erzengel“ erzählt wird:

„Als Gott der Herr entschlossen war, Adam und Eva aus dem Paradies zu jagen, schickte er zu diesem Zweck zuerst den ungarischen Engel Gabriel zu ihnen. Adam und Eva waren durch die Frucht des verbotenen Baumes sehr klug geworden, und strebten auf jede Weise sich zu helfen. Sie empfingen den Engel Gabriel mit einem großen Gastmahl, mit schönen Reden und mit Schmeicheleien, um sich ihn auf irgend eine Weise zu verpflichten. Sie erreichten auch ihren Zweck; denn dem Engel Gabriel that es allmählich so leid, seine freundlichen Wirthe aus ihrem Aufenthalt treiben zu sollen, daß er zurückging und Gott den Herrn bat, einen Anderen mit der leidigen Sache zu betrauen.

Da schickte Gott den walachischen Engel Florian, denn er wußte, daß dieser viel gehorsamer und nicht so großmüthig sei. Adam und Eva saßen gerade bei Tisch, als Florian ankam, in Bundschuhen, den Hut unten, und einen Stock in der Hand. Er wünschte unterwürfig guten Tag, und sagte, weshalb er gekommen sei. Hierauf schreit Adam ihn an, und fragt ihn ‚Hast Du eine Schrift?‘

‚Nein,‘ stammelte Florian, erschrak und ging zurück in den Himmel.

Jetzt schickte Gott den deutschen Engel Michael hinunter. Vor diesem erschraken Adam und Eva, und sie richteten eine noch größere Mahlzeit an, um ihn zu erweichen. Sie trugen Alles auf, besonders gute Würste und starkes Bier. Der Engel Michael ließ sich beides schmecken; als er sich dann bis hinauf satt gegessen hatte, zog er sein Schwert heraus und sagte: ‚Na, jetzt packt Euch hinaus!‘

Adam und Eva baten ihn sehr, er möge barmherzig, er möge gnädig sein, er möge bedenken, wie gut sie ihn bewirthet hätten.

Engel Michael aber ließ sich nicht erweichen, sondern sagte: ‚Mußáj,‘ und trieb sie hinaus.

Seitdem muß Jedermann dem ‚Mußáj‘ gegenüber nachgeben.“

„Mußáj“ ist ohne Frage das deutsche „Es muß sein“, und in dieser Bedeutung in der ungarischen Volkssprache eingebürgert.