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Ein historisches Wunder

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Titel: Ein historisches Wunder
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 35, S. 594
Herausgeber: Ernst Keil
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Erscheinungsdatum: 1877
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[594] Ein historisches Wunder. Der durch seine Farbenuntersuchungen bekannte Naturforscher Chevreul theilte vor einigen Wochen der Pariser Akademie die Erklärung eines Wunders mit, welches einst die Bewohner des Louvres mit Schrecken erfüllt hat. Einige Tage vor der Bartholomäusnacht spielte Heinrich von Navarra, der Bräutigam der Bluthochzeit und spätere König von Frankreich, mit dem Herzog von Alençon und dem Herzog von Guise, dem man wegen seiner Gesichtsschmarre den Beinamen „le Balafré“ gegeben hatte, Würfel im Louvre, als es plötzlich den Spielenden vorkam, als ob die Würfel blutig seien, was ihnen bei der bereits herrschenden schwülen Atmosphäre sehr unheimlich erschien. Man hat nachher gemeint, die Ereignisse hätten ihre blutigen Schatten vorausgeworfen, während es sich doch nun um eine Augentäuschung handelte, die man jeden Augenblick haben kann. Voltaire, der die Geschichte in seinem Buche über die Sitten der Völker erzählt, erkannte ganz richtig, daß die schwarzen Flecken der Würfel dabei ihre Rolle gespielt haben, und meinte, schwarze Flecken sähen, in einer gewissen schiefen Richtung betrachtet, überhaupt roth aus. Im Jahre 1770 bemerkte der Berliner Akademiker Beguelin, als er bei tiefstehender Sonne eines Abends die Zeitung las, daß die Buchstaben plötzlich blutroth aussahen, und er erklärte sich dies, indem er an den von Voltaire mitgetheilten Fall erinnerte, durch die rothe Färbung, welche das durch die halbgeschlossenen Lider dringende Licht annehme. Diese Erklärung ist indessen, wie Chevreul gefunden hat, falsch. Wenn man sich auf einen Stuhl in die Sonne setzt, so etwa, daß ihre Strahlen das eine Auge unter einem Winkel von zwanzig bis fünfundzwanzig Grad treffen, während man das andere Auge geschlossen hält, und nach zwei Minuten das geblendete Auge auf einen nicht direct von der Sonne getroffenen Tisch wendet, auf welchen man eine weiße und eine schwarze Feder neben einander auf eine graue Unterlage gelegt hat, erscheint die weiße Feder smaragdgrün, die schwarze roth, während das durch den Augendeckel beschienene Auge beim Oeffnen diese Farben nicht erblickt. Chevreul schließt hieraus, daß das Roth der dunklen Flecken nur die Ergänzungs- und Contrastfarbe zu dem smaragdenen Glanze ist, in welchem weiße Gegenstände (dort die Würfel) dem von der Sonne geblendetem Auge erscheinen.