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Ein kühler Trunk im kommenden Sommer

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Textdaten
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Autor: C. Falkenhorst
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Titel: Ein kühler Trunk im kommenden Sommer
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 11, S. 180
Herausgeber: Adolf Kröner
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Erscheinungsdatum: 1893
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[180] Ein kühler Trunk im kommenden Sommer. Die Erfahrungen der letzten Zeit haben leider gezeigt, daß wir in Bezng auf die Wasserversorgung nicht überall auf dem wünschenswerthen und, man könnte beinahe sagen, selbstverständlichen Standpunkt angelangt sind, daß die menschlichen Wohnstätten, von den Großstädten bis herab zu den Dörfern, mit gesunden Brunnen und Wasserleitungen versorgt wären. In sehr vielen Orten muß das Trinkwasser vor seiner Benutzung verbessert oder gutes Wasser von weither geholt werden. Dadurch büßt es an Frische ein, und vor allem wird es im Sommer warm. Das Trinken dieses warmen Wassers bietet nun keine Erquickung, und das ist u. a. der Grund, warum so oft die hygieinischen Rathschläge, welche von Aerzten und Behörden ausgehen, nicht beächtet werden, warum so oft das Wasser roh, frisch vom Brunnen oder von der Leitung weg, getrunken wird. „Dem Uebelstand kann man leicht abhelfen, indem man das warm gewordene Wasser abkühlt!“ wird vielfach auf ähnliche Klagen zur Antwort gegeben. Allerdings, und wir haben auch für den heißen Sommer ausgezeichnete Kühlmittel: Eisvorräthe und kühle Keller. Leider sind diese Mittel nicht zureichend.

Was das Eis anbelangt, so ist seine Verwendung im Sommer mit Geldausgaben verknüpft, die sich nur Familien erlauben können, welche sich einer gewissen Wohlhabenheit erfreuen. Gute kühle Keller sind auch nicht überall vorhanden, am allerwenigsten in Großstädten. Aber selbst wo sie vorhanden sind, werden sie von den Leuten schwerlich zum Abkühlen von Trinkwasser benutzt werden. Die Hausfrau, die in einfacheren Verhältnissen ohnedies genug zu thun hat, wird sich schwerlich entschließen, das Trinkwasser, nachdem sie es abgekocht hat, behufs Abkühlung in den Keller zu bringen und es dann mehrmals des Tages, wenn die Familie durstig ist, wieder drei oder vier Treppen hoch hinaufzutragen.

Es giebt aber wohl ein Mittel, mit welchem man das Wasser ohne Eis und ohne einen guten Keller kühl machen kann; nur wird es bei uns sehr wenig oder gar nicht angewandt. Auf Wüstenreisen durch die sonnverbrannte Sahara führt man kein Eis mit sich, und doch preist Gustav Nachtigal in seinem Werke „Sahara und Sudan“ wiederholt die „eisige Kühle“ des Wassers, das er durstig aus den Schläuchen sog. Diese Wasservorräthe der Wüstenreisenden werden durch Verdunstung abgekühlt. Die Wasserschläuche aus Ziegenfellen, so sauber man sie auch zusammennäht und verpicht, sie bleiben doch porös, und durch diese Poren verdunstet ein Theil des Inhalts. Indem aber Wasser sich in Dampf verwandelt, entzieht es der Umgebung Wärme, kühlt es den zurückbleibenden Rest ab. In südlichen Ländern, wie z. B. in Spanien, bewahrt man nach demselben Grundsatz das Wasser in irdenen unglasierten Krügen auf. Die Wandungen dieser Krüge sind ebenfalls porös, durch die Poren sickert Feuchtigkeit durch, die an der äußeren Fläche verdunstet. Dadurch wird der Wasservorrath im Kruge abgekühlt, namentlich, wenn man diesen oben verschließt oder zudeckt, damit warme Luft nicht eindringen kann.

Hier und dort findet man in Deutschland, häufiger wohl in Oesterreich, ähnliche Vorrichtungen zum Kühlhalten der Butter. Die Leute pflegen sich einen sehr einfachen „Butterkeller“ in der Speisekammer zu bauen. Sie nehmen einen möglichst großen unglasierten irdenen Blumentopf, verkitten mit Gips oder Siegellack die untere Abflußöffnung, indem sie zugleich ein Stück Holz darin befestigen, so daß der Blumentopf umgekippt eine Glocke mit einem Griffe bildet. Dann nehmen sie eine entsprechend große Schüssel und füllen sie mit Wasser, in dieses stürzen sie einen kleineren flachen Topf, auf den das Gefäß mit Butter zu stehen kommt. Darüber wird dann die oben erwähnte irdene Butterglocke gestülpt. Der Rand des Blumentopfes taucht in das Wasser der Schüssel, in den Poren des Thons steigt das Wasser empor, der ganze Blumentopf wird feucht, das Wasser an der Oberfläche verdunstet und die Butter unter dem Blumentopf bleibt kühl. Indessen, diese irdenen Gefäße entwickeln, sobald sie feucht werden, einen eigenthümlichen Erd- oder Thongeruch, der sich der Butter mittheilt und ihr den Wohlgeschmack nimmt.

Nicht so leicht wie die Butter nimmt das Wasser fremde Gerüche an. Darum ist die Anwendung von unglasierten Thonkrügen zum Abkühlen des Trinkwassers durchaus statthaft und empfehlenswerth. Damit aber die nöthige Sauberkeit herrsche, empfiehlt es sich, die gefüllte gläserne Wasserflasche in das Wasser des Kühlkruges zu stellen und sie aus diesem erst herauszunehmen, sobald man trinken will. In derselben Weise kann auch Bier aus Flaschen oder Wein zweckmäßig kühl gehalten werden. Die unglasierten irdenen Waren sind so billig, daß sicher jeder Hausvater sie zu beschaffen vermag. Für anspruchsvollere Leute könnte man sie ja mit Figuren à ia Terracotta verzieren.

Tausenden von Menschen, die weder über Eisschränke noch über gute Keller verfügen, könnten demnach irdene Kühlgefäße im Sommer zu einer wahren Wohlthat werden. Vielleicht sind sie hier und dort in vollendeter Form schon seit lange im Gebrauch. Freundliche Mittheilungen darüber aus dem Leserkreise würden im allgemeinen Interesse sehr erwünscht sein. C. Falkenhorst.