Ein neuer Ehrentag der Wartburg

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Autor: Livius Fürst
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Titel: Ein neuer Ehrentag der Wartburg
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aus: Die Gartenlaube
Herausgeber: Ernst Keil
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Erscheinungsdatum: 1863
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Ein neuer Ehrentag der Wartburg.
Festerinnerungen von Livius Fürst.

Es ist noch nicht lange her, daß die Augen von ganz Deutschland auf die freie Reichsstadt, das alte Frankfurt gerichtet waren, in dessen Mauern die deutschen Fürsten sich versammelt hatten, um die Wiederherstellung eines einheitlich gestalteten Vaterlandes aus eigenem Antriebe zu bewirken. Aufmerksam lauschte die Presse den Ergebnissen jenes Congresses; alles Andere schien für einige Zeit in den Hintergrund gedrängt.

In diesen Tagen – vom 17. bis 21. August – fand im Herzen Deutschlands ein Fest statt, das jedem Theilnehmer unvergeßlich bleiben wird. Wir meinen die achte allgemeine deutsche Künstlerversammlung zu Weimar. Dieselbe hatte während der vergangenen Jahre im kunstprächtigen Antwerpen und im lieblichen Salzburg getagt. Jetzt war sie in der Wahl ihres Versammlungsortes auf eine von den Schutzgeistern der Poesie, Wissenschaft und Kunst geweihte Stätte geleitet worden, die freilich weder die Kunstschätze Belgiens und der Niederlande, noch die imposanten und einzigen Naturschönheiten des Salzkammergutes darbietet, aber durch den Zauber ihrer Erinnerungen und durch die von einem kunstsinnigen Fürsten wiedererweckte Zeit der classischen Blüthe Deutschlands ehrenvoll dasteht.

Hier auf geweihtem Boden, inmitten von Denkmälern einer ewig unvergeßlichen Zeit, wo jeder Stein dem Wanderer von Geistesheroen erzählt, wo jedes Rauschen der schattigen Wipfel im Park oder auf dem reizenden Belvedere uns gewaltige Namen in’s Ohr flüstert und über den grünen Ufern der Ilm noch ein Hauch aus glänzenden Tagen weht, hier mußte es deutschen Künstlern wohl sein. Aber es wäre doch nur jene halb traurige Empfindung gewesen, deren wir beim Besuche einer denkwürdigen Ruine uns nicht erwehren können, jenes Gemisch von Ehrfurcht und Mitleid, das man einstigen Größen zu widmen pflegt, gehörte Weimar unter die nur durch das ihnen anhaftende Andenken werthen Trümmer. Dem ist nicht so. Sind auch die Zeiten von Weimars unerreichtem Glanze ein wohl nie wiederkehrendes Bild, so erfüllte es doch jeden Besucher des diesmaligen Festes mit innigem Vergnügen, zu sehen, wie unter der Hand des jetzigen Großherzogs Carl Alexander, eines von Pietät für das Ererbte und von künstlerisch-begabtem Streben nach Neuem gleich erfüllten Fürsten, Weimar einer hinsichtlich der Kunst schönen Zukunft entgegen geht. Es ist unnöthig, in die Rolle des Lobredners eines Fürsten zu fallen, wenn man sieht, wie es ihm um die Wiederbelebung des geistigen Elementes, um die Förderung künstlerischer Interessen und um die rege Theilnahme am Anordnen und Schaffen so tiefer Ernst ist, wie bei dem Regenten Weimars. Hier trifft das Auge des Künstlers nicht auf jenes willkürliche Spielen mit verbrauchten oder halbverstandenen Ideen, nicht auf jenes Haschen nach schimmerndem Wechsel und blendender Ueberfülle. Was jedem Besucher die Stadt so werth macht, ist der aus allen neuen Schöpfungen und Aeußerungen des Kunstsinnes sprechende Grundsatz, daß Weimar unter ehrfurchtsvoller Schonung des Alten durch reges und ernstes Streben auf eine künstlerische Höhe gelangen soll, welche seines Namens und seiner von Carl August überkommenen Bedeutung würdig ist. Daß dies die schönste Gesinnung ist, in welcher das Erbe jenes Fürsten übernommen und ausgebaut werden konnte, daß der Enkel jenen Geist treffend erfaßt und richtig verwerthet hat, wird ihm persönlich aus der innersten Befriedigung hervorgehen, mit welcher die in Weimar versammelten deutschen Künstler jene Bestrebungen erkannt und gewürdigt haben.

Ich will es nicht unternehmen, dem Leserkreise der Gartenlaube eine ausführliche Schilderung jener Festtage zu bieten. Mit Fug konnte ich dies den zahlreichen Tagesblättern überlassen, deren Berichte mehr oder weniger als historisches Material gelten mögen. Wo man für eine Million von Lesern schreibt, bemächtigt sich des Geistes ein Gefühl von Weihe, das die Feder über die Einzelheiten und den Verlauf eines solchen Festes schnell hinweggehen läßt. An dieser Stelle gilt es, einen höheren Gesichtspunkt einzuhalten und im Vollgefühle der empfangenen Eindrücke, sowie mit beschaulicher Ruhe das Erlebte seiner geistigen Bedeutung nach zu schildern.

Weimars Künstler waren mit großer Aufopferung in den Vorbereitungen thätig gewesen, so daß man nur bedauern konnte, durch Wetters Ungunst manches Schöne vereitelt sehen zu müssen. In ungetrübter Stimmung sind Allen jene Tage verrauscht, nachdem Dichtergruß und Ansprachen Seitens der Behörden sie in wohltuendster Weise eingeleitet hatten. Angenehm, ungezwungen, ja herzlich war der Ton, in welchem sich hier die Genossen der nach einem Ideale strebenden Kunstrichtungen zusammenfanden. In diesem Sinne rief Hans Köster den Gästen zu:

„So – durch Begegnen, Finden, Namennennen,
Als einer Mutter Söhne sich bekennen,
Und aus dem Eins im engeren Verband
Das Eins empfinden mit dem Vaterland,
Das ebnet mehr den Weg zur Festesreise
Als Dampfesroß und eiserne Geleise!“

In demselben Sinne begrüßte auch Weimars Regierung die Kunstgenossen, indem sie den Grundsatz aussprach, „daß eine wahrhaft edle Kunst ihre tiefsten Wurzeln in der Liebe zum Vaterlande schlägt und aus der Größe des Vaterlandes ihre edelste Nahrung saugt.“

Und – wahrlich – nöthig war dieser Alles erregende Geist, besonders da im Stern des Weimarischen Parkes das poetische Festspiel Wilhelm Genast’s „Der Deutschen Hort“ so wie die darauf folgenden und mit viel Aufopferung angeordneten Volkslustbarkeiten im wahrsten Sinne des Wortes zu Wasser wurden. In weihevoller Stille lauschten Tausende jener Fest-Dichtung, die inmitten rauschender Waldeswipfel auf hoher Bühne in erhebender Darstellung zum Ausdrucke kam und in ihrer schönen Einfachheit an die Schauspiele der Alten erinnerte. Bild und Wort vergegenwärtigten jenen Hochgedanken, daß Kunst und Wissenschaft stets mit den Geschicken unseres Vaterlandes Hand in Hand gegangen sind, daß sie in den Tagen des Unglücks das deutsche Volk ermuthigt, in den Zeiten der Blüthe es veredelt haben.

Leider trieb ein Regenguß, gerade als die „Germania“ von dem umwölkten politischen Horizonte sprach, die harrende Menge auseinander, und nur hier und da fanden sich später wieder engere Kreise zusammen, um sich in traulicher Vereinigung über gemeinsame Interessen auszusprechen. So schwand die Zeit in Weimar dahin, in einer besonders beim Festmahle gehobenen Stimmung, aber doch im Gefühle peinlicher Unsicherheit über das Gesicht, das der Himmel zeigte. Jeden belebte die ahnungsvolle Hoffnung, daß der Tag auf der Wartburg, zu welcher der fürstliche Burgherr die Künstler geladen hatte, die Spitze des ganzen Festes bilden würde.

Und der Morgen kam. War es auch nicht einer jener Sommermorgen, an welchen die Sonne hell und freundlich über die von Frühthau blitzenden Wiesen scheint, die frisch-grünen Zweige der Bäume sich in leisem Hauche wiegen und in der Ferne die Berggipfel wie in leichten Nebelschleier gehüllt dastehen, so war es doch ein frischer, duftiger Morgen, zum Bergsteigen wie geschaffen. Also froh hinauf zur Wartburg!

Durch wenige holprige Straßen des alten Eisenach windet sich der in Ungebundenheit dahinschreitende Künstlerzug, mit grünem Eichenlaube geschmückt und vom Künstlerbanner geleitet. Noch eine Biegung des Wegs – und da steht sie vor uns, die alte, sagenreiche, ehrwürdige Wartburg – die Königin deutscher Burgen!

Rings, welche herrliche Fülle grüner Wälder und Höhen, die sich – wie ein reicher Teppich um den Altar – ausbreitet! Je höher wir steigen, desto mehr vergrößert und verschönert sich das uns umgebende Bild. Die Ferne mit ihren Felsen, Waldesgründen und lachenden Fluren taucht uns auf. Bald sind wir vom Dickicht des Waldes umgeben, bald stehen wir frei auf dem Felsen und fühlen uns von einem seltsamen Zuge emporgehoben. Und horch! – Jetzt donnern von der beflaggten Veste die Geschütze uns ihren Gruß, und wieder, und abermals. Der weiße Dampf verfliegt langsam, und von den fernen Bergen hallt ein langes Echo die Donnerstimmen nach, daß sie erwachen in ihren Schluchten und Klüften, die Geister der Sage, das Volk im Hör-Seelen-Berge mit dem verzauberten Frankenritter Tannhäuser, der treue Eckart und der seit lange schlummernde wilde Jäger. Und verwundert reiben sie sich die Augen, erstaunt ob des befremdenden Anblicks.

Ehe wir die Burg betreten, gilt es, in mittelalterlicher Weise Einlaß zu begehren. Ein „Wer da?“ ertönt vom Commandanten,

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Der Empfang der Künstler auf der Wartburg.

dem bekannten, kunstverständigen Arnswaldt. Und auf die Antwort: „die deutsche Kunstgenossenschaft!“ und den Gegenruf: „Thore offen!“ rasselt die alte Zugbrücke nieder, über welche schon manch’ würdige Gestalt geschritten, und jubelnd zieht die Schaar der Künstler ein in die alten Hallen.

Vorbei geht es an dem noch völlig im Gewande der Reformationszeit dastehenden Ritterhause, in welchem die denkwürdige Wiege der Bibelübersetzung, die Stube Luthers, sich befindet. Der mit Wappen geschmückte Burghof empfängt uns. Und weiter schreiten wir durch den Raum der ehemaligen Vorburg nach dem im Sinne der Vorzeit neu erstandenen und wieder hergestellten Theile der Wartburg, kaum ahnend, daß noch Manches im Schooße der Erde schlummert, die jetzt unser Fuß betritt. Aber bald wird auch hier Alles so schön vollendet sein, wie der Prachtbau des Landgrafenhauses, vor dem in weitem Halbkreise die Künstlerschaft sich aufstellt.

Der umzogene Himmel ist indessen auf einige Augenblicke freundlicher geworden. Vor dem in seiner stylvollen Wiederherstellung imponirenden Gebäude herrscht mit einem Male lautlose Stille. Jetzt werden die Künstler von der Freitreppe herab durch die Herrin der Burg, die Frau Großherzogin, und durch den Erbgroßherzog in herzlichster Weise begrüßt. Ein Jubel antwortet diesem Willkommen. Die Mauern schallen von dem freudigen und begeisterten Dankesrufe der Menge; die feurigen Töne der Musik ertönen durch Hallen und Räume; lustig weht das Banner über die vielen kunstgeweihten Häupter hin – kurz, das Bild ritterlichen Wartburgslebens scheint neu erwacht.

Der Augenblick war in der That erhebend. Das reichgeschmückte, durch Ritgen so herrlich wiederhergestellte Landgrafenhaus, unten mit seiner alten Vorhalle oder Laube, wo sich einst Knappen und Diener mit den Edelfalken tummelten, mit seinen einen tief-symbolischen Sinn andeutenden Capitälen und Ornamenten, oben mit [622] den alterthümlichen Fensterbrüstungen, in denen einst die holden Frauen gesessen, und dann rings das im alten Gewande Neugeschaffene, die Thürme mit ihren schützenden Zinnen, mit ihren vom Morgenregen lebhafter gefärbten und schimmernden Mauern – alles dies gewährte ein Bild, das, belebt von der geschmückten Künstlerschaar, wie ein Nachklang aus vergangenen Zeiten erschien.

Stern edler Ahnen! Ludwig, kühner Springer,
Dem diese Halle Sein und Namen dankt;
Du, Landgraf Hermann, und Ihr Meistersinger,
Die Ihr Euch um den Heldenstamm gerankt;
Du, Geist Elisabeth’s, der heil’gen Mutter,
Die gläubig hier gelitten und gelebt,
Und Du, verklärter Schatten eines Luther –
Wie habt Ihr uns an jenem Tag umschwebt!

Wahrlich, man brauchte kein übersentimentales Herz zu besitzen, um zu dieser Stunde in einem Hochgefühle aufzugehen. Jeder – das sah man – war bemüht, dieses in unserer oft recht abstoßenden Gegenwart seltene Bild für immer dem Gedächtniß einzuprägen.

Da tönt es: „Zu den Tafeln!“ Und in alle zum Speisen ausgeschmückten Räume ergießt sich die Schaar der Gäste. Bald werden die im edelsten künstlerischen Geschmacke des Mittelalters decorirten Schenk- und Speisetische umlagert, und kaum gewinnt man Raum und Zeit, einen Blick auf den überaus reichen und originellen Schmuck, die Humpen, Schleifkannen, Geräthe, die gewaltigen Bären- und Auerochsenfelle, kurz auf all das mittelalterliche Tafelzeug zu thun. Und welche Fülle ausgesuchter Genüsse, bei deren Anblick freilich dem Feinschmecker – wegen der Schwierigkeit der Wahl – das Herz ganz besonders klopfen mag!

Doch wozu soll ich alle jene Freuden, die der Gäste hier harrten, noch aufzuzählen versuchen? Es dürfte mir wohl Niemand für eine noch so lebhafte Erinnerung Dank wissen. Steigen wir daher lieber hinauf in den Sängersaal, damit wir an derselben geweihten Stätte, wo im Jahre 1207 jener gewaltige Sängerkampf stattgefunden, die Erinnerung an dies erhabene Moment aus der Wartburggeschichte auffrischen, das uns im Bilde verkörpert lebhaft vor Augen tritt. Hier ist noch die Sängerlaube, wo die Dichter auftraten; dort stehen noch die Stufen, von wo sich die Landgräfin niederbeugte, um Ofterdingen zu schützen, da die andern Meister nebst Stempfel, dem Henker, auf ihn einstürmten, um ihn in patriotischem Eifer für das Lob zu strafen, das er dem Herzog Leopold VI. von Oesterreich gespendet hatte. Hier haucht uns noch die Sage von Klingsor, dem siebenbürgischen Meister der schwarzen Kunst, an, welcher durch seine überirdischen Kräfte und mit Hülfe seines Höllengeistes Nasian nach Jahresfrist Ofterdingen den Kampf bestehen geholfen. Jetzt hallen jene Wände nicht mehr wieder von Gesang und Saitenspiel; aber zu dem Wanderer, der ein Herz mitbringt, sprechen sie in Zaubertönen deutlich und verständlich, so daß er wähnt, das alte Leben erwache wieder. Das ist das selige Träumen, das Jeden auf dem sagenreichen Boden dieses Felsens beschleicht.

Wieder ertönen Trompetenklänge und rufen alle Gäste hinauf in den Festsaal. Wir steigen die Wendeltreppe hinan, oben begrüßt von alten Steinbildern, einem gewappneten Wächter, einem lustigen Spielmann und einem von dem Treiben sich entsetzt abwendenden Mönche. Noch einige Schritte, und wir begrüßen sie, die schimmernde Halle mit ihrem lustigen Söller, ihren Symbolik athmenden Ornamenten, die in den verschiedensten Beziehungen zu Glauben, Sage und Volksleben stehen. Ueber uns die den Himmel versinnlichende Decke und die von scheinbar abenteuerlichen, aber vielbedeutenden Gestalten ausgehenden Dachbinder. Hohe, würdige Gestalten blicken von den Wänden auf uns herab. Hier Karl der Große, der Stammvater der thüringischen Fürsten, dort Ludwig der Springer, dort wieder Hermann I. und Elisabeth, seit dem Mai 1234 die Heilige benannt. Und hinaus schweift unser Blick aus den nach Süden gelegenen Fenstern, und wir treten auf den Balcon, auf dem auch eine leidende Mutter und flüchtige Fürstin oftmals gesessen und in die Ferne geblickt hat. Hier war das Lieblingsplätzchen der Herzogin Helene von Orleans. – Doch genug der Betrachtung. Eine geistige Feier harrt hier unser, eine Feier durch Wort und Lied im Sinne entschwundener, uns jetzt verklärt erscheinender Zeiten. Das war nicht eine streng-künstlerische Feier, keine Aufführung, kein zu berechnendes Programm. Hier brach die vaterländische Begeisterung, nachdem sie, wie die Flamme am Hause, an einzelnen Stellen hervorgeleuchtet hatte, endlich mit Macht durch und schlug aus allen Herzen lodernd empor. Hier wurde das Künstlerfest im edelsten Sinne ein vaterländisches, bei dem sich alle Gäste als Brüder eines Stammes, als Deutsche die Hand drückten. Darum zündeten jene Worte so, mit welchen der von einem Sängerchor uns entgegengebrachte Wartburggruß schloß:

„Und regt sich einst sehnsüchtig leise
Im eignen Herz die Schöpferkraft,
Daß Ihr in vaterländ’scher Weise
Ein Werk schafft, kühn und heldenhaft:
Dann seid gewiß, Ihr deutschen Meister,
Wo Ihr auch weilt im deutschen Land,
Daß Euch der Wartburg gute Geister
Von Neuem ihren Gruß gesandt.“

Und als Niemann aus Hannover in hinreißendem Vortrage das populär gewordene Lied des Ivanhoe aus Marschner’s „Templer und Jüdin“ mit einem trefflich unterlegten Texte sang, wovon die eine Strophe der Kunst, die andere dem Fürsten, die letzte dem Vaterlande galt: da war die Theilnahme der den Saal füllenden Menge so gewaltig, daß der Sänger kaum enden konnte, vielmehr Alles von selbst in die Schlußworte einstimmte. Von den Wänden dröhnte der Ruf „dem deutschen Vaterland!“ wieder, begeistert schwenkte Jeder – der Erbgroßherzog voran – den Hut, und Jeder fühlte und gestand es, daß hier das schöne Fest seinen Gipfelpunkt gefunden haben müsse.

Und so ist es auch gewesen. Fröhlich und befriedigt sind bald darauf die deutschen Künstler von der alten, Allen so lieb gewordenen Wartburg herabgestiegen in die grünen thüringischen Thäler. Sie haben sich wieder in alle Winde verstreut, Jeder nach seiner Heimath, um im gewohnten Kreise weiter zu schaffen und zu wirken. Aber Eins haben sie mitgenommen, das ist ein Gefühl der frischen Zusammengehörigkeit, ein Gefühl der Verehrung für ein von echter Kunst- und Vaterlandsliebe beseeltes Fürstenhaus, ein Gefühl festlicher Stimmung, das sie bis zum nächsten Beisammensein geleiten und ihnen das Andenken an diesen neuen Ehrentag der Wartburg frisch erhalten wird.

Als wir später durch’s Thal zogen, schimmerte die Wartburg in feurigem Glanze, wie verklärt. Mancher gedachte dabei der schönen Worte Tiedge’s, die er in das Gedenkbuch der Veste geschrieben und mit denen auch wir vom Leser Abschied nehmen wollen:

Das, was die Zeit verschlungen,
Geht morgenröthlich aus,
Und aus Erinnerungen
Blüht helles Leben auf. –