Ein spanisches Urtheil über das Duell

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Textdaten
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Autor: Dr. E. S.
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Titel: Ein spanisches Urtheil über das Duell
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 8, S. 140
Herausgeber: Ernst Ziel
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1884
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[140] Ein spanisches Urtheil über das Duell. Das Duell ist neuerdings wieder eine der brennendsten Tagesfragen geworden. Interessant dürfte es daher sein, daran zu erinnern, daß im vorigen Jahrhundert die Frage nach der Berechtigung des Duells eine geradezu wissenschaftliche Bearbeitung gefunden hat und zwar in dem seiner Ritterlichkeit wegen stets hochgerühmten Spanien. Jüngst fand ich einen Vortrag über diese Frage, welcher im November 1788 in einer der spanischen Rechtsakademien gehalten und im Jahre 1789 unter dem Titel „Discurso sobre los duelos“ abgedruckt wurde.

Der Zweikampf, so meint Don Antonio Coma, der Verfasser jener Rede, stammt von den barbarischen Nationen her. Dem spanischen Volke ursprünglich fremd, ist er nur durch die Invasion der Barbaren in Aufnahme gekommen. Die älteren Gesetze hatten dem Zeitgeiste nicht zu widerstreben vermocht, sie hätten sich daher damit begnügt, durch Festsetzung von Formalitäten den Zweikampf einzuschränken. Das Duell widerstrebt den ausdrücklichsten Satzungen der christlichen Religion, welche Mord, Rache, sogar bloße Zornesgedanken verabscheut und den Satz kennt: Wer nicht vergiebt, dem soll nicht vergeben werden. Nach Grundsätzen der Vernunft ferner kann man den Zweikampf nur als eine Art unvernünftiger Wuth oder zum Mindesten als einen hohen Grad von Verrücktheit bezeichnen. Wenn die Vertheidiger des Duells darauf hinweisen, daß sie ihre Ehre vertheidigten, so müsse er fragen, was denn eigentlich Ehre sei. Wäre denn dadurch, daß man Jemanden besiegt habe, die Unwahrheit des von Diesem Behaupteten erwiesen? Der Grund der Duelle ist meistentheils ein durchaus leichtfertiger: Ein hingeworfenes Wort oder der Streit um eine Dame. Was kümmert es aber die Ehre Jemandes, ob er von einer Frau geliebt oder verabscheut wird? Die Laune des weibllchen und eine falsche Ritterlichkeit des männlichen Geschlechts hatten es zuwege gebracht, daß die spanischen Helenen mehr Blutvergießen veranlaßt hatten, als die Tochter der Leda in den trojanischen Kämpfen.

Das Duell steht im Widerspruche mit den einfachsten juristischen Grundsätzen und fast alle Gesetzgebungen hatten daher gegen das Duell geeifert: das canonische Recht bis auf Benedict XIV., von weltlichen Gesetzgebungen namentlich die französische unter Ludwig XIII., und die spanische Gesetzgebung hatte mit den härtesten Strafen, wie ewige Infamie und Todesstrafe, gedroht.

Doch glaubt der spanische Rechtsgelehrte nicht an die Wirkung dieser Gesetze; denn wer kennt nicht die Macht eingewurzelter Vorurtheile? Es muß daher vor Allem der heranwachsenden Jugend dieses Vorurtheil genommen werden, und das sei eine Aufgabe der Erzieher. Sie müßten der Jugend unter denjenigen Lastern, welche sie verabscheuen solle, namentlich die falsche Ehre, die „Duellistenehre“, vorführen. Die Jugend soll lernen, daß die wahre Ehre darin besteht, daß man seine Handlungen mit den Grundsätzen der Vernunft und mit unseren natürlichen Gefühlen, welche uns Menschenblut zu achten heißen, in Uebereinstimmung bringe, und darin, daß man gelehrig sei für jene innere Stimme, welche uns Recht und Unrecht erkennen läßt. Auch die Literatur und vor Allem die Bühne müßten in dieser Hinsicht auf eine Hebung der allgemeinen sittlichen Anschauungen einwirken. Dr. E. S.