Eine Täuschung

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Textdaten
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Autor: E. R.
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Titel: Eine Täuschung
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 47, S. 779
Herausgeber: Ernst Ziel
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1884
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[779] Eine Täuschung. Vor Kurzem machte die Mittheilung eines Erlebnisses, welches der unlängst verstorbene Herzog von Braunschweig einst bei Krantzler in Berlin mit dem damaligen Polizeirath Duncker gehabt haben sollte, die Runde durch die Tagesblätter. Nun ist allerdings bei Krantzler in Berlin eine ähnliche Begegnung, wie die erzählte, zwischen einem Fürsten und dem Polizeirath Duncker vorgekommen; der Fürst war aber keineswegs der Herzog von Braunschweig. Da bei diesem Vorfall, wenn auch nicht als Hauptbetheiligter, kein Geringerer genannt wird, als der damalige Prinz von Preußen, unser Kaiser Wilhelm, so sei uns gestattet, einen anderweitigen Bericht über das Vorkommniß hier so wieder zugeben, wie wir ihn in der von Ernst Keil seiner Zeit herausgegebenen Zeitschrift „Unser Planet“ finden. Dort heißt es im Feuilleton der Nr. 45 des Jahrgangs 1843:

„Es war in Berlin, bei Krantzler unter den Linden, in der fashionablen Conditorei mit den hübschen blassen Ladenmädchen, den geschnürten Lieutenants und langhaarigen Löwen. Seit einigen Tagen kam des Morgens ein hübscher junger Mann, trank stillschweigend seine Tasse und bezahlte dafür regelmäßig einen Ducaten, ohne von dem Mädchen etwas wiederzunehmen. Diese (das Mädchen) war beim ersten Male erfreut, zumal sich’s auswies, daß das Goldstück echt sei. Beim zweiten und dritten Male wurde sie ängstlich und sprach mit ihrem Principal. Dieser erzählte die Geschichte dem Polizeirath Duncker, der sich auch am folgenden Morgen einfand. Bald darauf erschien der junge Mann und Duncker verwickelte ihn in ein Gespräch, konnte aber nichts über die Verhältnisse des Andern erfahren.

Inzwischen wollte der junge Mann bezahlen und zog seine Börse, die von Ducaten strotzte.

‚Sie haben da einen schönen Vorrath,‘ sagte Duncker.

‚Nicht mehr, als ich so im Laufe des Tages ausgebe,‘ antwortete der Fremde.

‚Dürfte ich Sie wohl um ein kleines Geschenk bitten, ich sammle für einen wohlthätigen Zweck und ersuche Sie freundlichst etc.‘

‚O, ja,‘ erwiderte der junge Mann, ‚aber da müssen Sie schon mit in meine Wohnung kommen.‘

Das war es eben, was Duncker wollte. Sie gingen, und der schlaue Polizeirath wollte bemerken, daß der Andere im Gedränge vor den Bilderläden oft stehen blieb, als wolle er entschlüpfen. Aber er verlor ihn nicht aus den Augen. So kamen sie an das Schloß.

‚Ich gehe durch den Schloßhof,‘ sagte der junge Mann.

‚Schön,‘ dachte Duncker, ‚da giebt es viele Wachen.‘

In dem Augenblick trat der Prinz von Preußen (unser Kaiser) durch das Portal.

‚Na, Esterhazy! Wieder zurück?‘ fragte der Prinz.

Duncker war wie vom Blitz getroffen; der Verdächtige war der junge reiche Fürst Esterhazy, der seit einigen Tagen in Berlin weilte. Er suchte davon zu kommen, aber der Fürst rief:

‚Warten Sie! Ich will Ihnen ja Etwas für Ihre Sammlungen geben.‘ Und in seiner Wohnung gab er Duncker 100 Ducaten, die dieser mit verlegener Miene einstrich.“ E. R.