Eine merkwürdige Lichterscheinung um die Sonne und den Mond
[319] Eine merkwürdige Lichterscheinung um die Sonne und den Mond. Am 7. Januar dieses Jahres herrschte in dem Orte Crisman in Colorado ungewöhnliche Kälte, selbst zur Mittagsstunde stand das Thermometer noch 12 Grad unter dem Gefrierpunkte. Dennoch eilte damals Nachmittags Alles vor die Thüren und schaute gegen den Himmel, denn die Sonne bot einen wunderbaren Anblick. Von einem in den Regenbogenfarben leuchtenden Ringe umgeben, strahlte die Sonnenscheibe auf die beschneite Erde. Ein glänzender Streifen Licht zog sich fast parallel dem Horizont durch die Sonne, und wo er den farbigen Kreis durchschnitt, glänzten zwei Nebensonnen. Endlich zog sich noch ein großer, farbiger Bogen, ähnlich einem leuchtenden Horn, um den Scheitelpunkt. So stand die Erscheinung leuchtend am Himmel, bis die Sonne sank. Als dann Abends der Mond emporstieg, wiederholte sich das wunderbare Schauspiel, wenn gleich weniger intensiv und einfacher. Unsere Abbildung zeigt die Lichterscheinung um den Mond.
Diese Erscheinung, welche an mehreren Orten in Colorado gesehen wurde und die seltsamsten Deutungen erfuhr, ist auch früher schon beobachtet worden, so am 15. September in der Nähe von Genf, wo die Landleute in Schrecken geriethen, weil sie glaubten, die Sonne habe sich vervielfältigt und werde die Erde in Flammen setzen. Die Physiker und Meteorologen haben die Ursache dieses Phänomens längst ergründet und gezeigt, daß alle diese Erscheinungen durch die Brechung des Lichtes in kleinen Eiskrystallen, welche in den hohen Regionen der Luft schweben, entstehen. Daß wirklich auf diese Weise das ganze prachtvolle Phänomen zu Stande kommt, hat schließlich der Naturforscher Brewster auch durch das Experiment nachgewiesen. Er ließ nämlich auf einer Glasplatte eine dünne Schicht Alaunlösung krystallisiren und hielt diese Tafel zwischen das Auge und die Sonne. In der That sah er nun farbige Kreise um die letztere, welche große Aehnlichkeit mit den Sonnenhöfen zeigten.