Zum Inhalt springen

Einem Todten

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor: Theodor Fontane
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Einem Todten
Untertitel:
aus: Gedichte, S. 221–224
Herausgeber:
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1851
Verlag: Carl Reimarus’ Verlag. W. Ernst.
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Berlin
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: UB Bielefeld und Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
[[index:|Indexseite]]


[221]
Einem Todten.[1]


Zwei Jahre kaum, als heitre Träume scheuchten
Der Sorgen dunklen Schwarm aus Deiner Brust;
Du riefst: „Ade!“ ich sah Dein Auge leuchten,
Und fühlte Thränen doch das meine feuchten,

5
Ich war der ew’gen Trennung mir bewußt.

Mein armer Wilm, das Roth auf Deinen Wangen,
Es war das Kleid des frischen Lebens nicht,
Der Tod nur, sichrer Dich in’s Netz zu fangen,
Ließ Rosen blühn auf Deinem Angesicht.

10
[222]
      Du sahst das Roß des Matadors sich bäumen,

Eh’ Deine Barke noch vom Ufer stieß, –
Gen Spanien ging’s, – Du durftest heiter träumen
Von duft’gen Mandel- und Kastanienbäumen,
Denn Deine Zukunft barg ein Paradies.

15
Doch statt vom Duft der Blüthen zu gesunden,

Hat Dich der Hauch des Todes angeweht,
Und ach, der Matador, den Du gefunden,
Als Sensenmann vor meiner Seele steht.

     Ich sah ihn längst Dich Schritt vor Schritt bewachen,

20
Gleich einem Schatten Dir zur Seite gehn,

Behende sprang er mit Dir in den Nachen,
Und immer schien er höhnisch mir zu lachen,
So oft du riefst: „auf fröhlich Wiedersehn!“
Auf Wiedersehn! wann, Freund? statt Herzensfrieden

25
Hat ew’ge Ruh die Ferne Dir geschenkt,
[223]
Und in die Gruft, die Deinem Schmerz beschieden,

Hat man Dich selber nun hinabgesenkt.

     Schön ist das Leben! ach, man lernt es lieben
Recht innig erst, wenn man es meiden soll,

30
Doch in die weite Welt hinaus getrieben,

Wo fremd wie wir auch unser Herz geblieben,
Da wird der Tod uns doppelt qualenvoll.
Auf welcher Wange sahst Du Thränen glänzen?
Wer hat Dein brechend Auge zugedrückt?

35
Mein armer Wilm, mit Immortellenkränzen

Hat flücht’ges Mitleid nur Dein Grab geschmückt.

Was half es Dir, daß schöner dort die Rosen,
Und goldner selbst des Himmels Sterne glühn?
Nun gilt es gleich – ob rauhe Stürme tosen,

40
Ob linde Weste mit den Blumen kosen,

Mit Blumen, Freund, die Deinem Grab entblühn.

[224]
Du ruhtest besser wohl am heim’schen Strande,

Im Dünensand, wo Du zu ruhn geglaubt:
Ein Kuß der Liebe hätt’ im Vaterlande

45
Dem Tode seinen Stachel noch geraubt.


     Doch jetzt, wo du den bittren Kampf bestanden,
Jetzt ruf ich: „Freund, wohl Dir! es ist vorbei.“
Schön ist das Leben, doch von tausend Banden,
Ob in der Heimath, ob in fremden Landen,

50
Macht erst der Tod die Menschenseele frei.

Mir löst die Pflicht, der strenge Kerkermeister,
Die Fessel nie, gleichviel ob Tag ob Nacht,
Und selbst von Deinem Grabeshügel reißt er
Mich unerbittlich, wenn der Tag erwacht.


  1. Wilhelm Krause starb zu Malaga 1842.