| Zweite Stunde. Montag Abend.
O HErr JEsu Christe, Du ewiger Erbarmer, der Du uns willst die Gnade verleihen, daß wir aus dem Aufblick zu Dir neue Kraft zum Dienen und Leiden erhalten, wir bitten Dich, verleihe uns immer mehr Erleuchtung unseres Geistes, daß wir Dich erkennen in Deiner Gewalt und in Deiner Gnade. Amen.
In der Welt habt ihr Angst, aber seid getrost, Ich habe die Welt überwunden. Es ist, ehe wir uns über dies Wort unseres HErrn und Heilandes noch kurz besprechen, notwendig, uns klar zu machen, was die Schrift unter „Welt“ versteht. Man kann nur das meiden, was man kennt. „Welt“ ist ein vieldeutiger Begriff. Man hat wohl eine allgemeine Umfassung des Begriffs, man ordnet alles Mögliche, vielleicht was einem unsympathisch ist, in diesen Begriff ein und giebt sich die Mühe nicht, klar zu sehen. Die Welt nach der Schrift ist zunächst die aus Seiner Hand hervorgegangene, mit dem Prädikat „sehr gut“ geschmückte, von Seinem Willen getragen, von Ihm geordnet, trug sie den Stempel Seiner Herrlichkeit. Durch die Sünde ist eine falsche Mischung hereingekommen, nun setzt der Gegensatz ein. Es ist nicht richtig, daß man Welt identifiziert mit dem Reich des Bösen. Das eigentliche Wesen der Welt nach den Worten unseres HErrn und Seiner Apostel ist die Zwieschlächtigkeit, die
| untemperierte, ungeordnete Mischung zwischen Licht und Finsternis, Wahrheit und Lüge. Auf der einen Seite heißt es: „Habt nicht lieb die Welt,“ auf der anderen: „Also hat GOtt die Welt geliebt.“ Auf der einen Seite haben wir das Verbot, diese Welt zu lieben, auf der anderen Seite wird uns gezeigt, wie sehr GOtt die Welt geliebt hat. Also das eigentliche Wesen der Welt ist die Mischung zwischen Wahrheit und Irrtum, Licht und Finsternis. Kein Mensch auf Erden ist so geliebt und so gehaßt worden, wie unser HErr JEsus Christus, keiner so glühend, so mit der ganzen Seele erfaßt und wiederum keiner so feindlich ausgestoßen, aus dem einfachen Grunde, weil bei Ihm alles klar war. Wäre in unserem HErrn eine Mischung gewesen, nur eine ganz kleine Beimischung, nur eine scheinbare Trübung dieser ewigen Klarheit, so würde eine Teilstellung, ein „sowohl als auch“ bei Ihm gegenüber möglich gewesen sein. Lieben aber mit dieser Hingabe, wie Seine Jünger, wie St. Johannes, kann man nur Einen, und das ist ER, weil in Ihm eine solche Fülle von Anziehungskräften ruht, daß der Mensch mit Leib, Seele und Geist, mit sämtlichen Funktionen Seines Seins auf Ihn hinarbeiten muß. Im Gegenteil liegt in Ihm wiederum eine solche Fülle von abwehrenden, unbedingt zurückwerfenden Elementen, daß der Haß gegen Ihn ein dämonischer sein muß. Judas und Johannes. –
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Es ist ein und dieselbe Person, diese Fülle von Anziehungskräften, der wir bis zur Stunde erlegen sind, und, so GOtt will, erliegen wollen. – Er wurde darum mit solcher Glut geliebt und gehaßt, weil Er die in Sich abgeschlossene Persönlichkeit war, ohne jeden Zusatz von Finsternis, Unwahrheit und Unklarheit. Die Welt ist vermischt, sie ist nicht schlechthin „das Schlechte“; wollte GOtt, es wäre so, dann würden wir uns leichter thun; aber das macht uns die Entscheidung manchmal so peinlich, daß wir sagen müssen: „Das ist Fleisch von meinem Fleisch und Blut von meinem Blut.“ Sie ist mit Lichtgedanken und Wahrheitselementen durchzogen. Diese Lichtgedanken und Wahrheitselemente sollten wir festhalten und doch nicht mit der Welt paktieren (Verträge schließen). Darin liegt das Geheimnis der Nachfolge
| Christi. Es ist das sehr einfach, die Welt obenhin schlecht zu nennen, aber es ist eine Lüge. Es ist die Welt eine Mischung, auf der einen Seite mit dämonischem Haß erfüllt, auf der anderen Seite kann sie von Impulsen so fortgetrieben werden, daß sie rufen möchte: „Hosianna, möchte es Ihm gelingen!“ Darin liegt das Wesen der Welt, daß sie, weil selbst widerspruchsvoll, in unser Inneres einen Widerspruch hineintragen will. Der HErr knüpft an die Mischung, an den Widerspruch an und sagt: Entscheide dich für Mich.“ Die Welt knüpft ebenfalls an diesen Widerspruch an und will uns auch zum Siege führen, aber zum Siege des Bösen in uns. Das ist nichts Dogmatisches, sondern etwas unendlich praktisches für unser ganzes Christenleben. Den Feind muß man kennen, der Feind ist die Welt, die Welt aber ist nicht in der Peripherie um uns, sondern central in uns, darum der Trost: In der Welt habt ihr Angst, Bedrängnisse, schwere Qual, werdet ihr in die Enge getrieben, in die Enge der Entscheidung; aber fasset Mut, Ich habe die Welt überwunden. Unser HErr JEsus Christus hat auch das Versuchliche der Welt geschmeckt, bis zur Grenze des für Ihn Möglichen, es ist an Ihn herangetreten in drohender und verlockender Weise, es hat Ihn gefaßt in freundlicher und in feindlicher Weise; Er hat gelernt und uns das Vorbild des Lernens gegeben, Er hat gedient und damit das Beispiel des Dienens eröffnet, Er hat gelitten und damit das Leiden verherrlicht. Er mußte eine Entwickelung durchmachen, nicht prinzipiell, aber praktisch. „Ich habe die Welt überwunden, aus diesem Vermächtnis heraus sehen wir, welche Lasten sich von Seinem Herzen gewälzt haben, als Er überwunden hatte. Er weiß, wie es Ihn nur ein einziges Wort gekostet hätte, um diese Welt zu Seinen Füßen zu sehen. Daß Er dies Wort ungesprochen lassen mußte, aus Gehorsam gegen Seinen Vater, daran hat Er schwer genug getragen; aber „Ich
habe überwunden.“ Damit ist auch Ihnen der höchste Trost gegeben. Wir stehen in der Welt, in einer Welt noch nicht, die sich direkt gegen Christum entschieden hat, – so weit sind wir noch lange nicht, – die manch freundlichen Zug aufzuweisen hat
| und manches Verständnis für Ihn, und eben darum ist uns manchmal sehr bange.
„Mache den Gedanken bange,
Ob das Herz es redlich mein’,
Ob wir treulich an Dir hangen,
Ob wir scheinen oder sein.“
Eigentlich ist es das Allerschwerste, jene Kritik zu üben, die unser HErr Christus verlangt, wenn Er sagt: „Habt Salz bei euch“, das Salz der ätzenden, durchgreifenden Kritik. Wir haben eine unsichere Hand und ein schwankendes Auge. „Es ist ein köstlich Ding, daß das Herz fest werde.“ Diese Festigkeit geschieht durch die Gnade des weltbesiegenden Heilandes, der da spricht: „Ich habe die Welt
in euch und
um euch überwunden.“ Damit ist klare Bahn gemacht. Alles das, was uns nicht klar sehen, nicht stracks vor uns hingehen läßt, ist Welt, und wenn es im Gewand des Idealen wäre. Wir reden den Idealen das Wort; aber, wie einer gesagt hat: „Der Mensch stirbt an seinen Göttern,“ an seinen Idealen, weil diese Ideale Mischung von Unklarheit und Wahrheit, von GOtt-Wohlgefälligem und von GOtt-Verwerflichem sind. Da mag es Ihnen bange werden, es soll Ihnen bange werden, denn dazu sind Sie hierher gekommen, daß es Ihnen bange werde. Da seien Sie versichert, wir können nicht Friede rufen, wo kein Friede ist, wir können nicht von Herrlichkeit sagen, wo wir nur Knechtsgestalt schauen. Aber wenn ich im Auftrag meines HErrn Ihnen von der Angst und Bedrängnis sage, dann habe ich auch im Auftrag meines HErrn Mut, Ihnen zu sagen: „Seid getrost.
Ich habe die Welt überwunden. Ich habe sie in euch auch überwunden.“ Wir haben nur Seinen Sieg auszumünzen für uns selbst. Sein Sieg ist unser Sieg, Sein Leben unser Leben. Was Er vor uns, für uns gethan, das hat Er ein für allemal uns zu gute gehandelt, daß wir sämtliche Aufgaben und Konflikte unseres Lebens Ihm befehlen können. In Seinem Siege sind sie gelöst. Das ist nicht eine Betrachtungsform, sondern das ist so. So sollen wir mit unserem HErrn Christus handeln, daß wir nicht einzelne Züge aus Seinem Leben ziehen, das ist Ihm ein Greuel, nicht einzelne
| Verhaltungsmaßregeln aus der Schrift ziehen; dann wäre zersplittert, was der HErr ganz haben will. Wir sollen
Ihn in Seiner Ganzheit, Abgeschlossenheit auf uns wirken lassen, als den Sieger über alles. Die Schrift erspart uns nicht das eigene Nachdenken, wir sollen nicht einzelne Stichworte suchen, es ist das sehr bequem, aber so beginnt man das, was der Apostel Zerteilung Christi nennt, und das ist Sünde: Christus wird nicht zerteilt. Lassen Sie Ihn in Seiner Ganzheit auf sich wirken, lassen Sie ein solches Leben in sich aufwachen, daß, mit mancher Schwachheit und Sünde, aber doch Er der Regierende in Ihnen ist. Dann brauchen Sie nicht in einzelnen Fällen Ihn zu fragen, dann rät Er Ihnen selbst. Christus
in Ihnen ist der einzige Weg zur Welterkenntnis und Selbsterkenntnis. Die Gesamtpersönlichkeit, von der St. Paulus rühmt, daß in ihr verborgen seien alle Schätze, holen Sie und nehmen Sie und brauchen Sie. Er wird nicht arm, und Sie werden dann reich.
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Es eröffnet sich Sein Herz im hohepriesterlichen Gebet. Nachdem Er Sich Kapitel 14–16 tröstend, ermahnend, verheißend geäußert hat, geht Er über zum hohepriesterlichen Gebet, welches ebenfalls in drei Teile zerfällt:
Erstens für Sich Selbst, zweitens für Seine Jünger, drittens für die gesamte Gemeinde, für die gesamte Kirche. Vers 1–3. Wie der HErr Christus Kapitel 16 Sich Seines Sieges getröstet hat, der für Ihn grundsätzlich allewege feststand, ohne daß Er ihn schon wirklich ganz erfochten hatte, so erscheint im hohepriesterlichen Gebet Ihm schon die Stunde der Verklärung gekommen, obwohl zunächst noch in der Hoffnung. In dem die Welt überwindenden Glauben konnte Er über den Abstand hinüberblicken, wirklich war der Sieg für Ihn erfochten, die Stunde der Verklärung gekommen, obgleich es noch durch tiefe Thale des Todes gehen mußte. „Vater, die Stunde ist hier,“ – ein Wort in seiner Einfachheit, nur aufgenommen von dem letzten Wort: „Vater, in Deine Hände etc.“ Bengel sagt: „Ein Wort, einfach in Buchstaben, aber von dem tiefsten Sohnesbewußtsein durchdrungen.“ „Die Stunde ist hier, daß Du Deinen Sohn im Himmel
| verklärest, damit Dich Dein Sohn auf Erden verkläre.“ Wie diese Verklärung unser HErr Christus Sich denkt, steht in Vers 5: „Verkläre mich mit der vorweltlichen Klarheit, gieb mir, Mein Vater, die vorweltliche Klarheit, damit ich sie mache zur innerweltlichen.“ Das heißt, wie ich bislang in Leidensform Dich verklärte, so schenke mir jetzt, daß ich in Herrlichkeitsgestalt Dich verkläre, verkläre mit vorweltlicher Klarheit Deinen Sohn, damit Dich Dein Sohn verkläre mit innerweltlicher Klarheit. Was heißt verklären? Gieb Mir die Herrlichkeit, die triumphierende Gestalt, nachdem Ich um der Welt willen die Knechtsgestalt getragen habe, so will Ich, nachdem Ich bislang die Knechtsgestalt der Welt auf mich genommen, ihr nunmehr meine Herrlichkeitsgestalt auf- und einprägen. „Gleichwie Du Ihm Macht gegeben hast,“ „
Gleichwie“: nach dem selben Maße, nachdem Du Mir in leidentlicher Beschränkung die Herrschaft über
diese Welt gabst, gieb Mir jetzt die Herrschaft über die triumphierende. Wie Du Mir bisher die Möglichkeit gegeben hast, auf dem Wege des Leidens der Welt näher zu kommen, so verkläre mit dem Träger der Vollmacht auch die Aufgabe, zu der Du Vollmacht gegeben hast, verkläre Mein Erlösungswerk. Führe Mein Erlösungswerk heraus aus der Gebundenheit in die Freiheit, aus der Vereinzelung in die Zusammenschließung mit Dir.“ Er hat das Eigenbelieben der ganzen Welt am Kreuz geopfert, Er hat es geopfert im Leidensgehorsam. „Gieb Mir jetzt wieder die Herrlichkeit, die Ich nicht als einen Raub, sondern als ein teures Recht beanspruche, damit Ich ewiges Leben gebe
allen, über die Du Mir Macht gegeben hast, Macht der Gnade.“ – Dem gegenüber steht das Wort: „So viele Ihn aufnahmen, denen gab Er Gewalt, GOttes Kinder zu werden.“ – „Allen, die Du Mir zur Beute gegeben hast, will Ich ewiges Leben geben.“ Was ist ewiges Leben im Sinne JEsu? Nun kommen wir wieder auf einen fundamental-praktischen Begriff. Für unseren HErrn Christus giebt es weder ein Diesseits noch ein Jenseits, Ihm leben sie alle, die in den Gräbern sind, und Ihm sind sie alle gestorben. Das ewige Leben hebt für die Seinen an in dem Augenblick, in dem es
| heißt: „Christus lebet in mir!“ „Auf daß ich ewiges Leben gebe allen, die Du Mir zur Beute gegeben, indem Ich
Mich gebe.“ Er ist das ewige Leben. „Du hast Mir die Gnade gegeben,
Mich zu geben einer Welt, die sich vereinzelt, verödet. Dem Egoismus der Welt gegenüber hast Du Mir die Gnadenfreiheit geschenkt, das Gegenteil des Egoismus zu sein, Mich auszuströmen in Liebe. Du hast Mir die Gnadenfreiheit geschenkt, Mich auszugeben, auszuströmen in Liebe gegenüber einer liebearmen Welt. „Denn das ist das ewige Leben, daß sie Dich, daß Du allein wahrer GOtt bist, und den Du gesandt hast, JEsum Christum, erkennen.“ Das ist das ewige Leben, das schon in der Zeit anhebt, Gestalt gewinnt, daß sie Dich erkennen, den allein wahren GOtt, den
nur wahren GOtt erkennen.“ Das liebende Erkennen ist hier gemeint, „So viel wird GOtt erkannt,“ sagt Anselm von Canterbury († 1109), „als Er geliebt wird.“ Das ist eine der Stellen, wo unser HErr JEsus Christus Sich mit Seinem himmlischen Vater unlösbar verbindet, Das
ist ewiges Leben (nicht, das
führt zum ewigen Leben), daß wir Ihn erkennen, unsern einigen, wahren GOtt, durch die Gnade Christi.
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Knechtsgestalt und verklärte Gestalt im Christenleben, im Leben der Diakonie. Wenn wir uns rühmen wollen, dann wollen wir unserer Schwachheit uns rühmen, wenn wir etwas preisen wollen, so wollen wir unsere Knechtsgestalt preisen. Unseres HErrn Christi Verklärung hob an von Seiner dienenden Gestalt aus; die Verklärung Seines Werkes kann nicht anders anheben. Nur das ist vor Ihm Dienen, des Namens Dienen wert, was
in Seiner Schwachheit
und Seiner Schwachheit gedient ist. Alles andere kann jede Arbeiterin, jede Löhnerin ebensogut und noch besser. Was Sie können, das können Sie nur im dienenden Gehorsam, der die Phrase scheut, der zunächst nicht auf die Verklärung, sondern nur aufs Dienen sieht. Es sind in Ihrem bisherigen Leben schwierige Fragen an Sie herangetreten, es wird noch schwerer kommen. Es wird eine Zeit kommen, wo die
Welt, nicht der HErr, Ihr Dienen erproben will. Die Zeit ist
| vielleicht nach dem alten Grundsatz, daß Extrem auf Extrem folgt, nicht allzufern, wo die Welt sich lediglich beobachtend verhält, ob Sie so dienen können, wie unser HErr Christus gedient hat. Es wird eine Zeit kommen, und ich glaube, ich sehe recht, daß sie nicht allzufern ist, wo eine Menge Häuser mit Dienerinnen der sogenannten Barmherzigkeitsübung entstehen werden, die manches weit besser können werden, als Sie, denn sie werden
bloß technisch gebildet. Wehe uns, wenn
wir bloß technisch ausbilden würden! Die Zeit wird kommen, wo sich die Frage erheben wird zwischen
technischer Ausbildung und
christlicher Ausbildung. Es wird die Zeit kommen, wo speziell unser Mutterhaus, vielleicht auch mit durch unsere Schuld, von einem Gebiet nach dem anderen verdrängt wird, und man uns nur noch übrig läßt, was die Welt nicht mag. Man wird uns die Schulen nehmen, überhaupt jegliche Kindererziehung, die Krankenpflege zum Teil, man wird uns nur noch übrig lassen den Abschaum der Menschheit, die Pflege der Elendesten, der Idioten, der sittlich Gefallenen, der Krüppel. Da werden wir der Welt ein Schauspiel, ob wir Ihm dienen wollen, Ihm in Seinen Armen und Elenden, und dann wollen wir uns freuen mit unermeßlicher Freude, nicht, weil es uns leicht würde, sondern es wird uns bitter hart und sehr leid sein, dies Scheiden wird durchs Herz gehen, aber mit Ihm können wir es, und sollen wir es und sagen: „Jetzt sehen wir, daß wir Deine Nachfolger sind.“ Ehe der HErr unsere Diakonissensache, die Sache am hiesigen Orte, ehe Er Sie und mich verklären kann, muß Er uns noch weit tiefer ins Leiden hineinführen. Er wird uns nehmen alle liebgewordenen Pläne, Hoffnungen, Arbeitsgebiete – es ist der HErr, Er thue, was Ihm wohlgefällt. Aber aus diesem Beraubtsein heraus kommt das „die Stunde ist da.“
Wann? Wenn das Leiden auf seinen Höhepunkt gekommen, wenn schwere, unerträgliche Lasten, unermeßliche Leiden hereinbrechen, dann ist die Stunde der Verklärung gekommen. Zum Schluß zwei Gebetsworte: Das erste von Melanchthon, das er bei jeder Vorlesung seinen Schülern vorgebetet: HErr, gieb, daß ich möge zeigen, wie so
| selig Dir zu eigen, mit Dir leiden, mit Dir streiten, Dir einst ewig stehen zur Seiten. – Das zweite aus der Brüdergemeinde: „König, dem wir alle dienen, ob im Ernste, das weißt Du, rette uns durch Dein Versühnen aus der ungewissen Ruh. Mache den Gedanken bange, ob das Herz es redlich mein’, ob wir treulich an Dir hangen, ob wir scheinen oder sei’n.“ Der Schein tötet, denn er hat kein Leben in sich, aber das Sein macht lebendig, denn es ist aus Seinem Sein erflossen. So schenke Ihnen der HErr als erste Frucht des ersten Tages unseres Zusammenseins, die Frage ernstlich zu bewegen, ob das Herz es redlich mein’, ob Sie treulich an Ihm hangen, ob Sie scheinen oder sei’n.
Zeige mir, HErr, ob ich auf verkehrtem Wege bin. Erforsche mich, GOtt, und erfahre mein Herz, prüfe mich und erfahre, wie ich es meine, und siehe, ob ich auf bösem Wege bin, und leite mich auf ewigem Wege.
Heilige uns, HErr, in Deiner Wahrheit, Dein Wort ist die Wahrheit.
Treuster Heiland, der Du siehest unsere mannigfache Schwachheit, der Du kennest den Irrtum aller unserer Wege und das Fehlen aller unserer Gedanken, wir bitten Dich, laß leuchten Dein Antlitz, auf daß wir erkennen unsere Sünde, aber noch weit mehr Dich, unsern Erlöser, und in dieser Erkenntnis uns ewiger Friede werde. Amen.